zeitrafferin
Julia Seeliger-
29. April 2009 | 19 Kommentare | Trackback | Internet ausdrucken
Nach acht Jahren bin ich zum ersten Juli nicht mehr ver.di-Mitglied. Vielleicht war das doch nicht so das Richtige für mich. Schade!
Inzwischen abgeschickt: Post an ver.di
Sehr geehrte Damen und Herren,
ich werde jetzt meinen noch offenen Beitrag zur Mitgliedschaft überweisen. Zum 1.7. bin ich nach acht Jahren kein ver.di Mitglied mehr. Gerne trete ich wieder bei, wenn Sie mehr für Menschen in modernen Beschäftigungs-Verhältnissen tun. Ich warte!
Ein erster Schritt könnte sein, diese auf ihren Formularen angemessen zu berücksichtigen. Das war für mich nämlich der Tropfen, der das Fass entgültig zum Überlaufen brachte: Man kann bei Ihnen nicht mal ankreuzen, Freiberuflerin zu sein.
Sie mögen meinen, dass die Vertretung von Freiberufler/innen nicht zu den genuien Aufgaben von Gewerkschaften gehört und ihrem Auftrag evtl. sogar im Grundsatz widerspricht.
Ich würde ihnen nur raten, dies noch einmal grundsätzlich zu überdenken. Freiberufler/innen – gerade die vielen, die sich in prekären Beschäftigungssituationen befinden – können gute Bündnispartner/innen für das Engagement für die “gute Arbeit von morgen” sein.
Herzlichen Dank fürs Lesen und ein erfolgreiches weiteres Engagement wünscht
Julia Seeliger
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28. April 2009 | 52 Kommentare | Trackback | Internet ausdrucken
Dass Grüne in den 80ern gegen ISDN waren und sich gegen den Einsatz von Computern gesperrt haben, ist ja bekannt. Doch auch heutzutage lässt sich in unserer Partei bisweilen Technik-Kritik beobachten, die nicht immer von Klugheit geprägt ist.
Schöne Beispiele finden sich in den Änderungsanträgen zur BDK. Den ersten Streich machte der KV Fürth mit seinem Antrag, aus dieser Passage (Seite 66 Zeile 10)
Eine lückenlose Breitbandversorgung ist ebenso wie ein öffentlicher WLAN-Zugang wesentlicher Bestandteil öffentlicher Daseinsvorsorge
das W-Lan zu streichen.
- Gesamter Vorschlag zum Wahlprogramm (PDF)
Nun gut, dachte ich mir, das ist der obligatorische Anti-Strahlungs-Antrag, wie wir ihn kennen und lieben. Flankiert wird der KV Fürth nun allerdings von der Initiative der – von mir eigentlich sehr geschätzten – umweltpolitischen Sprecherin im Bundestag, Sylvia Kotting-Uhl.
Einen vermeintlichen Mittelweg bietet Jörg Rupp mit seiner Forderung nach “funknetzfreien Zonen” (PDF) an.
Der Antrag zu funknetzfreien Zonen:
einfügen nach nach Seite 66 Zeile 10
Wir treten jedoch dafür ein, dass in allen Gemeinden funknetzfreie Zonen geschaffen werden. Die Haftungsfrage bei Netznutzung ist dabei so zu regeln, dass künftig der Nutzer haftet, nicht derjenige, der Inhaber eines Zugangs ist. Damit verschwindet der Zwang für jeden, sich einen eigenen Zugang zuzulegen, wodurch sich gerade in eng besiedelten Wohngebieten Zugänge überlappen und die Strahlenexposition sich potenziert. Wenn sich WLANs öffnen, brauchen wir weniger Hotspots = weniger Strahlenbelastung bei gleichem, öffentlichen Zugang zu Information. Die Grenzwerte bei der Strahlungsaussendung sind zu senken, aber gleichzeitig soll man den Netzbetreibern zugestehen, engere Netze zu flechten. Es sollte nur jeweils ein Frequenzband für Funknetze geben.
Auszug aus der Begründung:
Gleichzeitig kann man bei kleineren Funkzellen erreichen, dass für elektrosensitive Personen eine Zone der Strahlungsfreiheit belassen wird. Dies können auch für Nichtsensitive attraktive Orte sein, um dort zu wohnen oder sich zurückzuziehen. Eine Mischung aus Wohn- und Freizeitgebiet käme dafür in Betracht.
Wie man sich denken kann, finde ich keinen der Anträge akzeptabel.
(Funk)netzfreie Zonen sind zwar in der Tat ein großes Problem – aber auf einer ganz anderen Ebene. Nämlich im ländlichen Raum.
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17. April 2009 | 40 Kommentare | Trackback | Internet ausdrucken
Einen besseren Zeitpunkt hätte sich Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen kaum aussuchen können – am Freitag nach Ostern hat die CDU-Politikerin der Offenen Netzgesellschaft ein faules Ei ins Nest gelegt.
In Zusammenarbeit mit den Providern Alice (Hansenet, AOL), Telekom, Arcor, Kabel Deutschland, O2 und Vodafone – diese kontrollieren 75 Prozent der Internetanschlüsse in Deutschland – soll eine Infrastruktur aufgebaut werden, mit der Webseiten, die Kinderpornografie anbieten, kurzfristig gesperrt werden können. Es handelt sich bei dem heute abgeschlossenen Deal um einen Vertrag der Provider mit dem Bundeskriminalamt (BKA) und nicht um ein Gesetz – eine demokratische Kontrolle der Sperrungen ist nicht notwendig. Das öffnet der Willkür Tür und Tor.
Denkbar ist, dass die Technik, die jetzt aufgebaut wird, zu einem Zeitpunkt in der Zukunft auch für die Sperrung anderer Seiten als solche mit kinderpornografischem Inhalt verwendet wird. Auch deswegen kritisieren Bürgerrechtsorganisationen wie der CCC den heute unterzeichneten Vertrag. Der CCC spricht davon, dass “die Internetausdrucker Ernst machen”
Der hier vorliegende Versuch des Bundesinnenministers, eine ´freiwillige´ Vorzensur ohne gesetzliche Grundlage zu schaffen, ist ungeheuerlich. Flankiert durch die Bundesfamilienministerin von der Leyen wird hier das Thema Kinderpornographie instrumentalisiert, um eine Zensurautomatik für Internetseiten einzuführen. Mit dem vorliegenden Vertragsentwurf wird nicht nur deutlich, dass das Bundesinnenministerium offenbar überhaupt kein Interesse an einer Strafverfolgung gegen die Täter hat, sondern eine geheime Infrastruktur für das Zensieren von Internetseiten plant,
sagte CCC-Sprecher Andy Müller-Maguhn bereits am 13. Februar 2009 anlässlich der Veröffentlichung des Vertragsentwurfes. Wem das als Verschwörungstheorie einiger Computerhacker vorkommt, dem lege ich das Zeit-Interview “Missbrauchsopfer kämpfen gegen Internetzensur” mit Christian Bahls ans Herz. Bahls ist als Kind selbst missbraucht worden und ihm kommt bei Von der Leyens Vorschlägen “das Essen hoch”, denn
…da ist irgendwo im Internet ein Missbrauch dokumentiert und die Bundesregierung schaut weg. Und sagt uns Bürgern, wir sollen auch wegschauen. Was noch viel krasser ist: Es werden zwischen den Staaten nur die Sperrlisten für die Filter ausgetauscht. Doch niemand bekämpft in seinem eigenen Land die Server, auf denen die Inhalte lagern.
Bahls sagt, er habe dem Familienministerium sogar – per Mail – einen ihm bekannten Fall von Kinderpornografie genannt – schnell passiert sei gar nichts, die Mail sei dann erst einmal einige Zeit zwischen unterschiedlichen Referaten des Ministeriums zirkuliert.
Bahls vermutet, genau wie der CCC, dass etwas anderes hinter Von der Leyens Initiative steckt
Es wird eine schleichende Internetzensur aufgebaut, keine Strafverfolgung. Das alles ist nur möglich, weil das Tabu Kinderpornografie instrumentalisiert wird: Das ist so böse, da darf man gar nicht offen drüber diskutieren. Das ist das gleiche Muster wie in den Familien, in deren Umfeld Missbrauch geschieht.
Die Instrumentalisierung hat funktioniert – bisher hat sich kein wirklich hochrangiger Politiker zu dem heute unterzeichneten Vertrag geäußert. Es existiert zwar ein Statement von Brigitte Zypries aus einer Anhörung im Bundestag, im Fernsehen habe ich aber bisher nur Vertreter der Provider und Aktivisten aus der Zivilgesellschaft Kritik üben sehen.
Das ist angesichts der gravierenden Einschnitte in die Freiheit des Internet, die heute auf den Weg gebracht wurden, ein Armutszeugnis für die parlamentarische Demokratie. In Wahlkampfzeiten ist das verständlich – verzeihlich ist es nicht.
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Verschlagwortet: internet, kinderpornografie, netzsperren, von der leyen, zensursula -
7. April 2009 | 108 Kommentare | Trackback | Internet ausdrucken
“Jede Gesellschaft und jede Gesellschaftsschicht hat in der Vergangenheit die ihr gemäße Form der Familie, ihren sozialen und ökonomischen Möglichkeiten entsprechend, hervorgebracht. Werturteile verbieten sich von daher ebenso wie der nostalgische Wunsch nach der Familie der guten alten Zeit.”
Zitat von Ingeborg Weber-Kellermann, gefunden in “Familienleben in Deutschland” (PDF)
Am Mittwoch, den 8.April, werde ich von 21:45 bis 23:00 Uhr im Ersten zum Thema Familienpolitik bei “Hart aber Fair” zu sehen und zu hören sein. Mit dabei sind auch Joachim Fuchsberger, Gabriele Pauli, der Paartherapeut Friedhelm Schwiderski und Michaela Freifrau Heereman.
Die Gästefamilie bei Hart aber Fair
Sehnsucht Ehe, Endstation Scheidung –
wie viel Treue braucht der Mensch?Schutz für die Ehe verspricht der Staat und gibt Verheirateten einen Steuerrabatt. Weg damit, fordern Kritiker. Sie sagen: Die Ehe ist nur eine von vielen Formen der Partnerschaft und lebenslange Treue nur eine Illusion! Brauchen nur noch Kinder die heile Familie? Und was machen die Erwachsenen, wenn das Alter kommt?
Mein Anliegen ist es, in dieser Runde eine Lanze zu brechen für eine moderne, pragmatische Familienpolitik. Herzstück dieser Familienpolitik ist die Ergänzung der klassischen Ehe durch einen so genannten Familienvertrag.
Den Staat hat es nichts anzugehen, ob die Eltern einen Trauschein haben: Unser Leitbild ist die gesellschaftliche Akzeptanz und staatliche Neutralität in Bezug auf die verschiedenen gelebten Familienformen. Deswegen muss Schluss sein mit den Privilegien der Ehe, zum Beispiel dem Ehegattensplitting. Unser Ansatz ist es, Kinder direkt zu fördern und nicht die Möglichkeit, Kinder zu bekommen. Die Bevorzugung der Ehe führt auch zu materieller Ungleichheit. Familien jenseits der Ehe, vor allem Alleinerziehende und bildungsferne Familien, überwiegend mit Migrationshintergrund, sind besonders stark von Armut betroffen.
Wichtiges Ziel beim Familienvertrag ist es, die sozialen Eltern zu stärken, ohne die biologischen zu schwächen: Das geht nur mit Mehrelternschaften. Wir schlagen deswegen den Familienvertrag als neues familienrechtliches Institut vor, denn er ermöglicht mehr Flexibilität.
Ich hoffe, dass das Ganze nicht ausartet in ein “Jetzt erzählt jeder mal ein bisschen aus seinem persönlichen Leben und von seinen Beziehungen”, auch wenn sich dies im Vorgespräch ein wenig ankündigte. Gleichwohl ist von “Hart aber Fair” grundsätzlich Politik-Niveau zu erwarten – Lassen wir uns einfach überraschen.
sie und sie und er: Gemeinsame Verantwortung für die Kleinen und Schwachen
Weiterlesen
- Bundeszentrale für politische Bildung “Familienleben in Deutschland” (PDF)
- Genauere Interpretation der NICHD-Studie (Thema: Kinderbetreuung)
- Themenschwerpunkt “Familie” bei der grünen Bundestagsfraktion
- Zusammenfassung Beiträge zu “Monogamie ist keine Lösung”
- T-Shirt Kollektion “Monogamie ist keine Lösung”
- Der Familienvertrag – inklusive Beschluss der Berliner Grünen
- Beschluss der NRW-Grünen
- Gästebuch zur Sendung
- Die Sendung im Internet anschauen
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