zeitrafferin
Julia Seeliger-
17. September 2008 | 13 Kommentare | Trackback | Internet ausdrucken
Passend zu den “Mit 2 Liter Bier fahr ich noch bis München” Äußerungen des bayerischen Noch- Ministerpräsidenten Beckstein hat der Deutsche Hanf Verband (DHV) “drogenpolitische Wahlempfehlungen” für Bayern herausgegeben.
Ebenso wie Drogen nicht alles im Leben sein sollten, ist natürlich auch Drogenpolitik nicht der einzige ausschlaggebende Punkt bei einer Wahlentscheidung. Dennoch sagt Drogenpolitik mehr über die Gesinnung einer Partei aus, als nur die Frage, ob sie Cannabis legalisieren will oder nicht.
Eine umfassende Analyse der Betäubungsmittel-Situation in Bayern führt in das Thema ein, die Wahlprogramme der einzelnen Parteien werden unter die Lupe genommen und alles in den Kontext mit wahrscheinlichen Wahlergebnissen und zu erwartendem praktischen Handeln im Landtag gestellt.
So kommt es, dass die Grünen – trotz programmatischer Schwächen – mit der Linkspartei, die ein besseres Programm im Bereich der Drogenpolitik vorgelegt hat, gleichauf auf dem ersten Platz liegen.
Bündnis 90/ Die Grünen bleiben mit ihrem Wahlprogramm in Bayern weit hinter ihrer üblichen Zielen zurück. Ob dies Ausdruck einer neuen “Ehrlichkeit” ist oder schlicht die Tür für eine schwarz-grüne Koalition offen halten soll, bleibt unklar. Wählbar sind die Grünen dennoch, haben sie doch (in Teilen) vergleichsweise liberale Ziele.
Apropos CSU und Alkohol am Steuer: Da gibt es neben Becksteins Zwei-Liter-Tank in der CSU eine Menge anderer Beispiele
- Otto Wiesheu, damals CSU-Generalsekretär, rammt 1983 im Suff (1,7 Promille) auf der Autobahn ein Auto. Der Fahrer kommt ums Leben. Wiesheus Karriere geht trotzdem ungeschmälert weiter, von 1993 bis 2005 ist er Bayerischer Minister für Wirtschaft, Verkehr und Technologie
- Der Würzburger Stadtrat und Oberbürgermeister Jürgen Weber (CSU) verliert im Frühjahr 1984 seinen Führerschein wegen Alkohol am Steuer
- Im November 1984 muss Ex-Bundesinnenminister Hermann Höcherl den Lappen wegen Alkohol am Steuer abgeben
- ebenso der Landtagsabgeordnete Gustav Matschl (CSU)
- Der CSU-Vize Landrat von Kelheim Hans Kirzinger verursacht im Dezember 1985 mit 1,23 Promille einen Unfall mit einem Toten
- Mit 1,4 Promille Alkohol im Blut baut der ADAC-Ehrenpräsident Franz Stadler (CSU) 1989 einen Unfall mit 40.000 DM Sachschaden
- Der Programmdirektor des Bayerischen Rundfunks Wolf Feller (CSU) bringt es 1994 mit 2,36 Promille zu zwei Totalschäden
- Der Landrat des Landkreises Lindau/Bodensee Manfred Bernhardt (CSU) gerät 2000 mit 1,8 Promille in eine Alkoholkontrolle
Ergänzungen erwünscht – wie war das zum Beispiel noch mal mit Eduard Lintner, dem ehemaligen Drogenbeauftragten? Ach ja, und apropos Drogenbeauftragte und CSU, Maria Eichhorn, eben genau in diesem Amt bei der CDU/CSU – woanders hieße das wohl “drogenpolitische Sprecherin” – warnte genau an dem Tag, als Beckstein die zwei Liter am Steuer empfahl, vor der Droge Alkohol
Angesichts des Umfangs des Alkoholmissbrauchs in Deutschland ist es notwendig, alle Möglichkeiten auszuschöpfen, um Jugendliche vor gesundheitsschädlichem Alkoholkonsum zu schützen, aber auch Erwachsene zu einem verantwortungsbewussten und risikoarmen Konsum anzuhalten.
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1. June 2008 | 15 Kommentare | Trackback | Internet ausdrucken
Jetzt bei Amazon gefunden: “Rauschzeichen” von Hanfparade-Aktivist Steffen Geyer.
Das Buch wird allerdings in zweifelhafter Nachbarschaft angeboten.
Klicken, um das Bild größer zu machen.Mein Vorschlag: Kaufen Sie zwei, schmeißen sie eines weg!
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8. May 2008 | 32 Kommentare | Trackback | Internet ausdrucken
Jetzt gibt’s noch einen ziemlich peinlichen Änderungsantrag.
Oder: Wenn linksliberale Mittelschichtskinder Drogenpolitik machen.
Problem Prohibiton: Hanffeld in Vietnam – Urheber/in (Lizenz)So ist das – wenn man älter wird, macht die Jugend nicht mehr, was man selbst toll findet, sondern irgendwelche anderen Dinge, die man selbst – im schlimmsten Falle – “total hirnrissig” und “peinlich” findet. Und die “Abwirtschaftung des eigenen Lebenswerks” muss man dann auch noch verhindern – Parallelen zum Verhalten Ex-Rot-Grüner Verantwortungsträger/innen tun sich auf.
So zu beobachten beim Cannabis-Antrag, der für den kommenden Bundeskongress der Grünen Jugend eingebracht wurde. Mit dem “Lebenswerk” ist gemeint, dass ich mit anderen in Anspruch nehme, der Drogenpolitik innerhalb der Grünen Jugend den “Konsumspaß-Charakter” ein wenig genommen zu haben und das ganze auf sachlicheren Boden gestellt zu haben. Beispielsweise hatten wir in unseren Presseerklärungen die Prävention mehr in den Vordergrund gestellt und auch die übermäßige Repression kritisiert.
Der vorliegende Antrag fordert:
Der Bundesvorstand hat Sorge zu tragen dass allen Bundeskongress-TeilnehmerInnen, welche Cannabis konsumieren möchten, ausreichend Cannabis mit Fünf-Punkte-Zertifikat zur Verfügung gestellt wird.
Das 5-Punkte-Zertifikat
- Herstellung und Verarbeitung nach den Kriterien der EG-Verordnung Nr. 2092/91, d.h. auch keine genetische Manipulation der Pflanzen!
- Dezentraler Anbau, Verarbeitung und Verkauf um unnötige, klimaschädliche Transporte z.B. aus dem europäischen Ausland zu vermeiden!
- Einführung und Wahrung der Menschen- und Arbeitsrechtsstandards sowie derer für einen fairen Handel während der Produktion, Transport und Verkauf des Cannabis!
- Die Energie für die Beleuchtung während der Aufzucht der Pflanzen kommt von einem zertifizierten Ökostromanbieter oder extraterrestrische Kernfusion!
- Keine Beimischungen, beigemischte saure Gurken akzeptieren wir nur mit Rückgrat!
Komisch, dass die Antragsteller/innen nicht wissen, was sogar das BKA und Sabine Bätzing (Statement zu Gen-Gras auf abgeordnetenwatch) inzwischen zugegeben haben: Es gibt kein Gen-Gras, auch wenn dies immer wieder aufkeimende Gerüchte suggerieren mögen.
Auch angesichts einer steigenden Repression gegen Cannabisbenutzer/innen und angesichts der Untätigkeit der Bundesregierung im Bereich Cannabispolitik – zum Beispiel das bleiern-gelähmte Nichtstun Bätzings trotz großer Probleme mit verunreinigtem Cannabis – ist der Antrag kritisch zu bewerten. Bei Cannabispolitik geht es nicht um Konsum-Spaß, da geht es um Knast für Kiffer/innen, um schwerkranke Menschen, denen – für die Krankenkassen kostengünstige und wirksame – Linderung verwehrt wird, es geht um Rechtsungleichheit zwischen den Bundesländern, um ungerechte Führerscheinregelungen und nicht zuletzt um einen grundlegenden Wandel zu einer nicht-prohibitiven Politik.
Weiterlesen
- Gegen Repression und Rechtsungleichheit: Reisewarnung Bayern
- Deutscher Hanf Verband: Übersicht Drogenpolitik
- Presseaussendung: “Bleivergiftungen in Leipzig – Ist die Bundesdrogenbeauftragte Bätzing noch tragbar?”
- Stadt Leipzig: Warnung vor kontaminiertem Marihuana
- DHV Thema: “Gestrecktes Gras – Vom Naturprodukt zum Chemiecocktail”
- Der Protestmailer “Stoppt den Chemiecocktail – Eigenanbau legalisieren!”
- DHV Thema: “Informationen über bleihaltige Cannabisprodukte”
- Informationen der Bundesdrogenbeauftragten über Risiken des Cannabiskonsums
Natürlich ist es so, dass es immer mal wieder “Spaß-Anträge” gibt – aber muss das gerade in diesem Politikfeld sein? Ich mache doch auch keine Späße über Tierrechte, Atom- oder Kriegspolitik.
Der Antrag macht deutlich, dass die Dimension von Drogenpolitik von den Antragsteller/innen nicht ernst genommen wird. Das ärgert mich – es geht Drogenpolitiker/innen nicht darum, ihre Stoffe zu legalisieren, damit sie im Hedonismus schwelgend den nervigen Gang zum Dealer vermeiden können! Der Antrag macht ein verkürztes und flapsiges Bild von Drogenpolitik deutlich, das ich kritisiere. Genau mit dieser Ignoranz wird man nämlich (auf grünen Parteiveranstaltungen) behandelt, und das nervt! Dass dies jetzt auch bei der Grünen Jugend um sich greift, macht Sorgen.
Wer soll das bezahlen?
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Und ganz praktisch: Was kostet das? Mich interessieren die Haushaltsfolgen – wieviel Gramm faires Bio-Cannabis soll pro Teilnehmer/in gekauft werden? Wie soll das gegenfinanziert werden? Ist das Bundeskongress-Cannabis beim Schiedsgericht einklagbar?
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25. March 2008 | 5 Kommentare | Trackback | Internet ausdrucken
HINTER DEN KULISSEN: Hintergründiges vom Tagesspiegel aus dem Berliner Abgeordnetenhaus. Diesmal: Bene Lux als Bob Marley.
5 KommentareIm weiteren Sinn hat auch der grüne Rechtspolitiker Benedikt Lux mit Jamaika zu tun. Der sich im Referendariat befindliche Jura-Student hatte sich für die Straffreiheit bei einem Eigenanbau von maximal fünf Hanfpflanzen ausgesprochen. Das solle Konsumenten vor gefährlichen Schadstoffen im Cannabis schützen, sagte Lux, nachdem in Leipzig mit Blei versetztes Cannabis aufgetaucht war. Und der Senat, so Lux damals, könne doch Haschisch-Konsumenten nicht solchen Gefahren bei der Beschaffung aussetzen. Deshalb müssten beschlagnahmte Drogen auf Schadstoffe getestet werden – und der „Heimbedarf“ von fünf Hanfpflanzen pro Haushalt erlaubt werden. Mit dieser Forderung erntete Benedikt Lux wenig Verständnis bei den Strafverfolgungsbehörden und fand auch keine Mitstreiter in den anderen Parteien. Seitdem wird er vom Wachpersonal des Abgeordnetenhauses „Bob Marley“ genannt. Vor ein paar Tagen fand der grüne Abgeordnete in seiner Post eine CD der Berliner Reggae- und Dub-Band „Seeed“ vor. In einem der Songs wird über das Ganjarauchen philosophiert. Als Ganja wird in Jamaika Marihuana bezeichnet. Benedikt Lux hat sich über die CD von Seeed sehr gefreut und mutmaßt nun, dass sich hinter einem der Wachmänner des Preußischen Landtags ein „Bruder im Geiste“ verbirgt.
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