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zeitrafferin

Julia Seeliger
  • 23. March 2010 | 7 Kommentare | Trackback | Internet ausdrucken
    scissors

    Avantgardistisch der Politcamp-Workshop mit Kontrollverlust-FAZ-Blogger @mspro zum Thema “Gruppen und Demokratie”. Der genaue Titel ist mir entfallen. @mspro definierte Gruppen (abgeschlossen, Regeln, …) und kam dann zu seiner These von der “Verteilten Realität”.

    Distributed Reality.

    Damit ist etwas gemeint, was ich für die persönliche Kommunikation absolut unterschreiben kann und auch schon in unterschiedlichen Umständen ebenfalls als These gebracht habe, ich nannte es aber “individualisierte Kommunikation”.

    Die Facette Freundeskreis

    Ich finde, jeder kann sich seine eigene Facette Freundeskreis modellieren. In der Praxis funktioniert das zum Beispiel über Spamordner, Twitter-Blocks, /ignore-Funktionen und andere derartige Aktionen. Sprich: Ich mache mir meinen eigenen Freundeskreis, und mit wem ich nicht reden möchte, mit dem muss ich auch nicht reden. Und es gibt ja auch stärkenorientierte Möglichkeiten.

    Das führt dann durchaus zu einer Auflösung von Gruppen, denn jedes Individuum hat seinen eigenen, selbst (durch Blocks und Favoriten) definierten Kreis, mit dem es kommuniziert. Hier hat das Netz etwas Neues möglich gemacht (gleichwohl ist auch richtig, dass es “früher” nicht notwendig war, sich mit Argumenten, die aus dem gesamten weltweiten Netz kommen, auseinanderzusetzen). Dennoch.

    Mein Dissens mit @mspro fängt bei seinen beiden anderen Beispielen an, die er über die persönliche Kommunikation hinaus nannte.

    Individualisierte Wahrheit

    Zum einen habe ich ein Problem mit individualisierter Wahrheit. @mspro nannte die Wikipedia – er stellte die These in den Raum, dass man doch einfach einen “Fork” – das ist eine Art Abzweigung, man kopiert den Artikel und schreibt ihn selbst auf einem anderen Server weiter – machen solle, wenn einem die in einem Wikipedia-Artikel genannten Wahrheiten nicht gefallen würden.

    Daran stört mich zum einen der Relativismus: Es gibt Fakten, die man verifizieren kann. Zum anderen finde ich eine solche Herangehensweise im Grundsatz neoliberal, es wird nur noch auf den Aufmerksamkeits-Markt gesetzt.

    Zum Glück funktioniert die Wikipedia so relativistisch genau nicht: Sie ist eine Enzyklopädie, sie ist keine Demokratie und schon gar nicht ist sie ein Markt. Über die in der Wikipedia genannten Fakten wird nicht abgestimmt, sie müssen vielmehr belegt werden.

    Demokratie braucht Fakten

    Die Übertragung des radikalen Individualismus bzw. die völlige Auflösung von Gruppen auf Demokratie bereitet mir noch mehr Sorgen. Man würde in einem solchen System sicherlich zu einer weniger wahrheits- und rechenschaftsbezogenen Form von Politik kommen. Charismatische Strömungen, die auf Gefühle setzen, könnten hier mehr Auftrieb bekommen.

    Geld, Interessen, Macht

    Zum Dritten sind demokratische Entscheidungen ein hartes Ringen um Interessen. Oftmals steht viel Geld auf dem Spiel, wie zum Beispiel bei der Frage, wie hoch der Hartz-IV-Satz sein soll oder ob die Macht der großen Energieunternehmen beschnitten werden soll.

    Viertens lassen sich Prozesse und Geldflüsse bei einem solchen individualisierten Modell schwerer transparent machen. Als Beispiel mag dienen, dass die Parteienfinanzierung klaren Vorgaben unterliegt. Schwieriger wird es schon bei den Bürger- und Volksbegehren. Schon hier lässt sich kaum herausfinden, wer die jeweilige Kampagne finanziert.

    Widerstreitende Positionen sind in @mspros Modell aber wohl kaum durchdacht. Das gipfelte in dem Witz “Unfollow the Police” (erdacht von @sebaso @moeffju und mir). Analog: “Unfollow the StVO”. Es geht nicht, dass sich jeder seine eigene grüne Ampel macht – für Geld und Gewalt hat sich mir in dem ansonsten aber sehr spannenden und unterhaltsamen Workshop keine Lösung präsentiert.

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  • 2. July 2008 | 60 Kommentare | Trackback | Internet ausdrucken
    scissors

    Aktuell kocht der Streit des BUND Freiburg mit der Wikipedia weiter hoch: Der BUND Freiburg behauptet immer noch, die Wikipedia lasse es kritiklos zu, dass dort die Atomlobby Meinung mache

    Links zu kritischen Organisationen werden zwar seltener als vor Beginn der Debatte gelöscht, die Links zu den AKW Betreibern werden nicht einmal kritisiert. Der Schornstein zur Abgabe von Radioaktivität heißt auf vielen Wikiseiten immer noch im schönsten Neusprech “Abluftkamin”.

    Kritisiert wurde vor allem, dass in Wikipedia-Artikeln über Atomkraftwerke Links zu kritischen Informationsangeboten über Atomkraft gelöscht wurden, Links zu den einzelnen AKW-Betreibern aber stehenblieben. Das sei völlig normal, sagt Mathias Schindler von Wikimedia Deutschland, es gebe klare Kriterien, und denen genügten die BUND-Links nicht. Man gehe nach dem Prinzip: “Bitte sparsam und vom Feinsten” vor, und dieses sei bei den BUND-Seiten nicht erfüllt. Schindler:

    Es hat sich gezeigt, dass die Seiten des BUND Freiburg meistens zu konkreten AKW keinerlei spezifischen inhaltlichen Mehrwert bieten, abgesehen von allgemeinen Abhandlungen über die Atomkraft. Wichtig ist dabei der Kontext. Gäbe es einen Artikel zu der BUND-Ortsgruppe Freiburg in Wikipedia, wäre ein Link auf deren Webseiten deutlich angemessener als zu einem x-beliebigen Thema, zu dem sich nur Allgemeinplätze auf den BUND-Seiten finden.

    Das hielt den BUND Freiburg aber nicht ab, einen Zivildienstleistenden damit zu betrauen, die entsprechenden Seiten wieder und wieder mit den BUND-Links zu bestücken. (Beschwerdemail von Mathias Schindler) Es ging hin und her – ein “Edit War” startete. Irgendwann war es der Wikipedia-Community zu bunt mit der Spammerei und die Seiten des BUND Freiburg kamen auf eine “Blacklist”. Das wiederum motiviert den BUND zu behaupten, dass auf Grund dieser “Blacklist” seine Seiten schlechter von Google gefunden würden. Sehr unwahrscheinlich, sagt Schindler:

    Mir ist kein solcher Zusammenhang bekannt, es steht aber jeder Person und jedem Unternehmen frei, eine Liste wie diese auszuwerten. Ob Google dies tut, entzieht sich meiner Kenntnis, ich persönlich gehe auch davon aus, dass dies zu kleinteilig wäre und zu wenige Spammer fassen würde.

    Und nun (kurz) zu etwas (gar nicht so) anderem:

    Als ich in den Parteirat gewählt wurde, bekam ich plötzlich einen Wikipedia-Eintrag. Schön und gut, dachte ich mir, mal schauen, wie der wächst. Und der Artikel wuchs, Leute aus meinem Bekanntenkreis schrieben dort eins ums andere hinein. Dann kamen die “Trolle” – in der Tat vornehmlich aus dem rechtskonservativen Lager – und forderten die Löschung des Artikels. Ich machte mir Gedanken, dass man die Wikipedia auch auch gut für einen “Kampf um die Köpfe” nützen könne.

    Und jetzt der Schlenker zum Casus BUND

    Weil mir das Sorgen machte, fragte ich bei Wikipedia mal nach. Hätte der BUND ja auch mal machen können, anstatt Verschwörungstheorien zu spinnen. Und nun haben wir den Salat und alle schreiben es ab. Hoffen wir, dass nicht noch mehr Medien auf das Geschrei des BUND Freiburg hereinfallen.

    Keine Frage: Denkbar ist es, dass die Atomlobby Leute bezahlt, damit sie bei Wikipedia Artikel editieren. Da die Wikipedia-Gemeinschaft sehr klare und ausdifferenzierte Regeln und Kriterien hat, ist es zweifelhaft, ob ein solches Ansinnen langfristig von Erfolg gekrönt sein würde. Dann müsste man vonseiten der Atomindustrie schon eine sehr langfristige Strategie fahren und die Wikipedia derart unterlaufen, dass man die Relevanzkriterien bei der Wikipedia ändern kann. Man müsste also Leute bezahlen, die sich sehr langfristig bei der Wikipedia engagieren, Moderatoren bzw. Admins werden, auch zu Stammtischen gehen oder sich gar in Ämter wählen lassen.

    Ansonsten halte ich die Struktur von Wikipedia für stark genug, sowohl Angriffe von Nazis und Geschichtsfälscher/innen als auch von der Atomindustrie zu überstehen.

    Zum Weiterlesen

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  • 12. March 2008 | 7 Kommentare | Trackback | Internet ausdrucken
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    Dat jibbet sischa schon lange, mir isset aber eben erst uffjefalle:

    Wikipedia op Kölsch

    De Wikkipedija op ripoarÄ

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  • 5. February 2008 | 31 Kommentare | Trackback | Internet ausdrucken
    scissors

    Wie die New York Times berichtet, ist die englischsprachige Wikipedia wegen Mohammed-Darstellungen in die Kriktik muslimischer Gläubiger geraten. Die Wikipedia erhält zahlreiche Mails, und außerdem findet sich im Netz auch noch eine Petition (inzwischen mit mehr als 80.000 Unterzeichnungen), initiiert von einem Wikipedia-User namens Faraz Ahmad, die die Darstellung Mohammeds unterbinden will. Dass man dies zulasse, beleidige die Gefühle zahlreicher Muslime, ein Bild des Propheten darzustellen – man müsse die Bilder sofort entfernen.

    Wikipedia Muhammed Zensur

    Dem widerspricht Jay Walsh, Wikimedia Foundation (San Francisco). Walsh administriert mehr als 250 Online-Enzyklopädien in unterschiedlichen Sprachen und beobachtet seit etwa Mitte Januar eine starke Zunahme derartiger Aktivitäten. Den Zensoren im Namen Allahs erteilt die Wikipedia-FAQ selbst eine klare Absage: Bei Wikipedia gelte das Prinzip des “Neutralen Standpunkts”, Zensur auf Grund von Partikularinteressen gebe es nicht.

    Diejenigen, deren Gefühle durch die Mohammed-Darstellungen beleidigt werden könnten, finden bei der Wikipedia übrigens eine Anleitung, wie sie die Mohammed-Bilder bei sich ausblenden können.

    Man muss nur eine neue Seite in seinem persönlichen Wikipedia-Account erstellen, und zwar unter User:YourUsername/monobook.css. In diese Datei (monobook.css) muss folgender Code eingefügt werden body.page-Muhammad img {display: none;} und schon werden die umstrittenen Bilder – so lange man bei der Wikipedia eingeloggt bleibt – nicht mehr angezeigt.

    Eine gute Idee, die man mal programmieren sollte, wäre eine entsprechende Firefox-Extension – es scheinen ja mindestens 80.000 Menschen – eher viel mehr! – einen Bedarf zu haben. Warum kompliziert und mit viel Wind, wenn es auch ganz einfach geht, frage ich mich.

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