zeitrafferin
Julia Seeliger-
1. April 2008 | 6 Kommentare | Trackback | Internet ausdrucken
Im Grunde ist der D-01 ein sehr guter Antrag. In der Sache richtig, nach vorne schauend – wie auch immer man das als Kritiker/in der Otto-Kataloge finden mag – und harsche Kritik an den aktuellen Überwachungsphantasien Schäubles übend.
Jedoch hat sich ab Zeile 17 eine kleine Inkonsequenz eingeschlichen – während sich der Rest des Antrags mit Überwachung durch den Staat bzw. konkret mit dem BKA-Gesetz auseinandersetzt, finden sich dort einige kleine Zeilen zur Datensammelwut der Wirtschaft.
Datenschutz brauchen die BürgerInnen auch gegenüber der Privatwirtschaft. Die Datensammelwut im Internet und bei Privatunternehmen ist riesig. Von neuen Vertragsformen des elektronischen Handels geht es bis zu neuen Kommunikationsformen, die gerade von jungen Menschen genutzt werden. Nicht selten kommt später das böse Erwachen, wenn z.B. ihre Kommunikationsräume kommerzialisiert werden. VerbraucherInnen haben aber ein Recht darauf, über die Weitergabe ihrer Daten selbst zu entscheiden. Bürgerrechtspolitik ist für uns heute auch Verbraucherpolitik, mit der wir die Rechte im Alltag und im Berufsleben schützen wollen.
Leider wird dieser Aspekt – anders als andere, die in der Präambel angerissen werden – hinten nicht wieder aufgenommen. Platt gesagt: Er wirkt, als wäre er dort “lieblos hineingeklatscht” worden. Das möchte ich nicht so stehen lassen – hier mein Änderungsantrag.
Änderungsantrag
Zeile 17 – 24 streichen
Begründung:
Das Thema “Datensammelwut der Wirtschaft” ist ein sehr wichtiger Aspekt. Genau deswegen plädiere ich für eine Streichung: Anders als andere Aspekte kommt dieser Komplex im weiteren Verlauf des Antrags eigenständig nicht mehr vor.
Zudem befasst sich der Antrag mit dem Thema BKA-Gesetz, also mit Überwachung vonseiten des Staates. Im Sinne der inhaltlichen Stringenz plädiere ich dafür, inhaltlich dahingehend zu modifizieren, dass Klarheit hergestellt wird. Ein eigenständiger Antrag (PDF) zum Thema “Wirtschaft, Verbraucher/innen und Datenschutz” wurde beim Länderrat 2006 in Mainz beschlossen, ein Beschluss, der noch nicht sonderlich lange her ist. Sollte man in diesem Themenfeld beabsichtigen, Debatten zu forcieren, begrüße ich dies sehr – jedoch sollte dies fundiert geschehen. Die Einbettung des Aspekts “Wirtschaft und Datenschutz” wirkt im vorliegenden Antrag zu “Überwachung durch den Staat” bzw. zum BKA-Gesetz wenig überzeugend.
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26. March 2008 | 8 Kommentare | Trackback | Internet ausdrucken
Der Stern hat aufgedeckt, dass Lidl-Mitarbeiter/innen detailliert überwacht wurden. Auf stern.de finden sich auch die krassesten Zitate aus den Lidl-Protokollen.
Wahrscheinlich will Lidl seine Mitarbeiter/innen am liebsten an eine Matrix anschließen, sie künstlich ernähren – das Essen personalisiert mit Medikamenten versetzt – und ihr Liebesleben für Früh- und Spätschicht optimieren: Vier zufällige Zeugnisse einer vollends entfremdeten Arbeitsgesellschaft.
Alle vier Bilder sind Screenshots von stern.de
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19. March 2008 | 10 Kommentare | Trackback | Internet ausdrucken
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27. February 2008 | 4 Kommentare | Trackback | Internet ausdrucken
Juhu, wir haben ein neues Grundrecht!
Heute hat das Bundesverfassungsgericht das Urteil zur Online-Durchsuchung in NRW verkündet. Das NRW-Gesetz ist verfassungswidrig: Eine flächendeckende Online-Durchsuchung ist – wenig überraschend – nicht mit dem Grundgesetz vereinbar. Nur in besonderen Einzelfällen ist eine Ausspähung rechtens.
Zum ersten Mal wurde ein “Grundrecht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität von informationstechnischen Systemen” genannt.
Wiefelspütz machte ein komisches Gesicht, Ingo Wolf hat wohl heute auch nicht so einen guten Tag. Was das Urteil genau bedeutet, konnte auch der interviewte (sachverständige) Jurist noch nicht ganz absehen, sein erstes Fazit: Ein wichtiges Urteil, man habe ein neues Grundrecht geschaffen. Es seien zudem nun mehr Bereiche geschützt, man hätte aber nun auch mehr Möglichkeiten, in die geschützten Bereiche einzugreifen.
Ich frage mich, ob die heutige Entscheidung etwas für die kommende Entscheidung zur Vorratsdatenspeicherung bedeutet.
Die Grünen haben heute morgen den Bundestrojaner in Karlsruhe aufgefahren, ich suche aktuell noch nach Fotos. Bisher habe ich nur ein Bild vom foebud, Lizenz und Urheber mir unbekannt.
Es gibt jetzt ein ganz lustiges Bild mit Claudia und einem Riesen-Computer – Lizenz und Urheber mir ebenfalls unbekannt, man soll aber wohl auf gruene.de verweisen.
Weiterlesen
- Leitsätze zum heutigen Urteil zur Online-Durchsuchung
- Mitschnitt der Urteilsverkündung auf Google Video
- Pressemitteilung Bundesverfassungsgericht: Vorschriften im Verfassungsschutzgesetz NRW zur Online-Durchsuchung und zur Aufklärung des Internet nichtig
- netzpolitik.org: “Die Entscheidung: Online-Durchsuchung beim Bundesverfassungsgericht”
- Lawblog: “Neues Grundrecht”
- Heise Netze: “Karlsruhe lässt kaum Raum für heimliche Online-Durchsuchungen”
- Foebud: “Freude über Urteil zur Online-Durchsuchung”
- GRÜNE JUGEND: “Datenschutz ist Grundrecht”
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