Julia Seeliger
  • CSU, Alkohol am Steuer und Kiffen in Bayern

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    17. September 2008 | Trackback | Internet ausdrucken
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    Lichtblicke in Bayern in der Cannabispolitik? Bisher Fehlanzeige

    Lichtblicke in der Cannabispolitik? Bisher Fehlanzeige

    Passend zu den “Mit 2 Liter Bier fahr ich noch bis München” Äußerungen des bayerischen Noch- Ministerpräsidenten Beckstein hat der Deutsche Hanf Verband (DHV) “drogenpolitische Wahlempfehlungen” für Bayern herausgegeben.

    Ebenso wie Drogen nicht alles im Leben sein sollten, ist natürlich auch Drogenpolitik nicht der einzige ausschlaggebende Punkt bei einer Wahlentscheidung. Dennoch sagt Drogenpolitik mehr über die Gesinnung einer Partei aus, als nur die Frage, ob sie Cannabis legalisieren will oder nicht.

    Eine umfassende Analyse der Betäubungsmittel-Situation in Bayern führt in das Thema ein, die Wahlprogramme der einzelnen Parteien werden unter die Lupe genommen und alles in den Kontext mit wahrscheinlichen Wahlergebnissen und zu erwartendem praktischen Handeln im Landtag gestellt.

    So kommt es, dass die Grünen – trotz programmatischer Schwächen – mit der Linkspartei, die ein besseres Programm im Bereich der Drogenpolitik vorgelegt hat, gleichauf auf dem ersten Platz liegen.

    Bayern ist fest in Brauerhand

    Bayern ist fest in Brauerhand

    Bündnis 90/ Die Grünen bleiben mit ihrem Wahlprogramm in Bayern weit hinter ihrer üblichen Zielen zurück. Ob dies Ausdruck einer neuen “Ehrlichkeit” ist oder schlicht die Tür für eine schwarz-grüne Koalition offen halten soll, bleibt unklar. Wählbar sind die Grünen dennoch, haben sie doch (in Teilen) vergleichsweise liberale Ziele.

    Apropos CSU und Alkohol am Steuer: Da gibt es neben Becksteins Zwei-Liter-Tank in der CSU eine Menge anderer Beispiele

    • Otto Wiesheu, damals CSU-Generalsekretär, rammt 1983 im Suff (1,7 Promille) auf der Autobahn ein Auto. Der Fahrer kommt ums Leben. Wiesheus Karriere geht trotzdem ungeschmälert weiter, von 1993 bis 2005 ist er Bayerischer Minister für Wirtschaft, Verkehr und Technologie
    • Der Würzburger Stadtrat und Oberbürgermeister Jürgen Weber (CSU) verliert im Frühjahr 1984 seinen Führerschein wegen Alkohol am Steuer
    • Im November 1984 muss Ex-Bundesinnenminister Hermann Höcherl den Lappen wegen Alkohol am Steuer abgeben
    • ebenso der Landtagsabgeordnete Gustav Matschl (CSU)
    • Der CSU-Vize Landrat von Kelheim Hans Kirzinger verursacht im Dezember 1985 mit 1,23 Promille einen Unfall mit einem Toten
    • Mit 1,4 Promille Alkohol im Blut baut der ADAC-Ehrenpräsident Franz Stadler (CSU) 1989 einen Unfall mit 40.000 DM Sachschaden
    • Der Programmdirektor des Bayerischen Rundfunks Wolf Feller (CSU) bringt es 1994 mit 2,36 Promille zu zwei Totalschäden
    • Der Landrat des Landkreises Lindau/Bodensee Manfred Bernhardt (CSU) gerät 2000 mit 1,8 Promille in eine Alkoholkontrolle

    Ergänzungen erwünscht – wie war das zum Beispiel noch mal mit Eduard Lintner, dem ehemaligen Drogenbeauftragten? Ach ja, und apropos Drogenbeauftragte und CSU, Maria Eichhorn, eben genau in diesem Amt bei der CDU/CSU – woanders hieße das wohl “drogenpolitische Sprecherin” – warnte genau an dem Tag, als Beckstein die zwei Liter am Steuer empfahl, vor der Droge Alkohol

    Angesichts des Umfangs des Alkoholmissbrauchs in Deutschland ist es notwendig, alle Möglichkeiten auszuschöpfen, um Jugendliche vor gesundheitsschädlichem Alkoholkonsum zu schützen, aber auch Erwachsene zu einem verantwortungsbewussten und risikoarmen Konsum anzuhalten.

    Bildnachweise
    Cannabis: Lollyman cc-by-nc-nd
    Bier: viZZZual cc-by


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13 Responses to “CSU, Alkohol am Steuer und Kiffen in Bayern”

  1. drogenpolitik hat als wahlkampfthema bis gestern überhaupt gar keine rolle gespielt…jetzt hat beckstein immerhin mal ein fass aufgemacht. wird ihm aber wohl kaum schaden hier, ist eher so gängige haltung hier in niederbayern: sauliberal beim alkohol, keine tolerlanz bei anderen stoffen.
    insgesamt wird der grüne wahlkampf sehr über die themen energie und bildung geführt. fraktionschef dürr hat noch das thema säkularer staat eingebracht, was uns absurde und vernichtende kritiken in der lokalen presse beschert hat. ist wahrscheinlich gar nicht vorstellbar, wenn man in berlin wohnt? am samstag ist noch die demo in münchen (bürgerrechte, datenschutz, versammlungsfreiheit…), aber ich gehe nicht davon aus, dass wir damit noch einen sichtbaren akzent setzen können. also, die themen, von denen man glaubt, auch bürgerliche (in bayern: sehr konservative) schichten erreichen zu können, dominieren. die “kulturellen” themen liegen so ein bisschen brach. immerhin, der slogan “informationelle selbstbestimmung” findet sich im landesgrünen wahlprogramm. positiv: die csu hat bisher, trotz schwacher nerven, keinen anti-ausländer wahlkampf a la koch begonnen.

  2. @johannes Drogenpolitik war für den DHV schon immer ein Wahlkampfthema. Die umfangreichen Infos rund um die Bayernwahl, habe ich mir ja nicht über Nacht einfallen lassen 🙂

    Ich drück den Bayern die Daumen, dass sie die Chance zur “echten” Demokratie erkennen, die diese Wahl darstellt. Wollen wir hoffen, dass sie endlich mal wo anders ein Kreuz machen!

    Mit hanfigen Grüßen
    Steffen

  3. Naja, die Kollegin Eichhorn hat aber auch gefordert: “…das Einstiegsalter in den Alkoholkonsum von derzeit 11,8 Jahren erheblich zu senken
    Hat es aber inzwischen auf ihrer Website geändert. 🙂

  4. Hatte ich auch mitgekriegt, aber leider keinen Screenshot gemacht.

    🙁

    Die CDUCSU und Drogenpolitik – finster, finster!

  5. @steffen geyer: ich meinte natürlich in keinster weise die rührigen bemühungen des dhv, sondern die bayerische öffentlichkeit im allgemeinen. und auch die bayerischen grünen, die in der öffentlichkeit auf andere themen setzen. sei es aus gleichgültigkeit oder weil man denkt, dass befürworter einer liberaleren drogenpolitk in bayern eh grün wählen. dass mit der linken ein neuer player auftaucht und lt. dhv sogar noch bessere konzepte anbietet, ist natürlich zu begrüßen. persönlich glaub ich halt net so recht an deren bürgerlich-liberalen ansagen. aber mei…

  6. Na ja, die Bayern trinken gerne Bier, das ist OK.

    Sie stolpern halt (in Wahlkampfzeiten) über die eine oder andere Meinung.
    Ich glaube, dass dieser Spruch “zwei Liter Bier … Auto fahren” kein Zufall war.

    Damit sollten wohl die Leute angesprochen werden, die immer noch glauben, dass Hasch gespritzt wird und Bier eigentlich nur ein Lebensmittel ist, dass man so wie Milch oder Kaffee trinkt.

    Letztendlich denke ich, dass die bewußte Falsch-Information über Hanf in Bayern noch immer am glaubwürdigsten vertreten und und somit auch von den (CSU)-Bürgern geglaubt wird.

    Diese jetzt anstehende Landtagswahl könnte das hoffentlich ändern. Jedenfalls habe ich mir Eure Wahlempfehlungen durchgelesen und wähle auch genau Eure beste Empfehlung…

    Michael B.

  7. Guter Artikel! Die Alk-am-Steuer-Aufzählung finde ich super 🙂

    Noch superererer finde ich übrigens den DHV-Text:

    SPD-Planspielen einer Viererkoalition mit Grünen, Linken und der FDP stehen Bündnis 90/ Die Grünen skeptisch gegenüber.

    SPD, Grüne, Linke und FDP? Netter Cocktail…

  8. Das Beckstein-Zitat und der Flüchtigkeitsfehler bei Eichhorn sollten nicht darüber hinwegtäuschen, dass die CSU auch beim Alkohol sich in eine Anti-Richtung bewegt. Beckstein hat wohl gemerkt, dass die Bevormundungsschiene, siehe Rauchverbot, der CSU ein wenig das Genick brechen könnte und hat auf schlichte, aber öffentlichkeitswirksame Weise gegensteuern wollen.

    Hier Wahlempfehlungen aus der Perspektive Tabakrauchen:

    http://www.bayernwahlen.de/

  9. Christoph, so weit möchtest du doch nicht wirklich gehen, dass du Alkohol am Steuer als “antiprohibitionistisch” verteidigst?

  10. […] CSU, Alkohol am Steuer und Kiffen in Bayern Die Frau Zeitrafferin hat mal aufgelistet, was für Alkoholprobleme die CSU in der Vergangenheit hatte… (tags: politik) […]

  11. Christoph, so weit möchtest du doch nicht wirklich gehen, dass du Alkohol am Steuer als “antiprohibitionistisch” verteidigst?

    Ach, man könnte zu Promillegrenzen und “Fahr(un)tüchtigkeit” eine Menge sagen.
    Ich will nur darauf hinweisen, dass eine solche Aussage – was auch immer davon zu halten ist – verschleiert, dass eben auch in der CSU die Anti-Alkohol-Fraktion immer stärker wird (wie anderswo auch).

  12. In Bayern ticken die Leute eben etwas anders als nördlich des Weißwurst-Äquators.

    Ob die Anzahl der Alkoholvergehen nun aber wirklich drastisch höher als der Bundesdurchschnitt ist, oder man wieder mal gekonnt die Wiesn für politische Kampagnen gegen die CSU ausnutz – ich persönlich halte das für mehr als fraglich.

    Erwartest du jetzt, dass es im streng konservativen Bayern eine lockere Drogenpolitik gibt? Bier hat immerhin eine Tradition von knapp tausend Jahren in Europa. Veränderungen passen da einfach nicht ins Weltbild.

  13. […] von fast 18 Prozent einen Regierungsauftrag des Wählers zu sehen glaubt, wohl mehr als die sprichwörtlichen zwei Mass Bier getrunken habe. Sepp Dürr erinnerte daran dass die Grünen nicht nur als einzige im Landtag […]