zeitrafferin
Julia Seeliger-
10. May 2008 | 20 Kommentare | Trackback | Internet ausdrucken
“Coole Kids tragen kein Palituch” – dieser Flyer ist in Insiderkreisen bekannt, gehasst und geliebt. Nun ist eine neue Version des Flyers herausgekommen: “Die Grenzen des Geschmacks”.
DIE GRENZEN DES GESCHMACKS – ODER WARUM DEIN PALITUCH NICHT STYLISH SEIN KANN
Vielleicht ist es auch gar kein „echtes“, ursprüngliches Palituch, sondern eine modische Abwandlung, wie man sie mittlerweile auch schon bei H&M kaufen kann. Vielleicht hast du ja auch eines der teuren Designerstücke erworben.
Im Vergleich zum Ursprungsflyer ist der Neue sprachlich “abgerüstet”, nicht so konfrontativ-spalterisch und mehr erklärend gehalten – finde ich gut, ich hatte schon mit Freund/innen überlegt, selbst einen neuen zu schreiben.
Leute behaupten, sie hätten kein Problem mit „Juden“, aber mit dem Staat Israel und seiner Politik. In Deutschland ist eine Ablehnung des Staates Israel aber oft auch eine Abwehr gegenüber der Schuld der Deutschen an der Shoah, da Israel eine ständige Erinnerung der Ermordung der europäischen Jüdinnen und Juden im Nationalsozialismus ist. Die Idee des Zionismus entstand im 19. Jahrhundert und war schon damals eine Reaktion auf den Antisemitismus in Europa. Die grundsätzliche Forderung war die nach einem eigenen Staat für jüdische Menschen, auch wenn sich im Laufe der Jahre verschiedene politische Strömungen im Zionismus entwickelten. Wer sich also als antizionistisch bezeichnet, stellt sich damit gegen die Existenz des Staates Israel als jüdischem Staat.
Weiterlesen
- WELT: “Massiv-Mode: Promis und Nazis tragen Palästinensertuch”
- Crisco Connection: “Das Antipali”
- Direktlink zur “Aktion Antipali”
- Wikipedia: Palituch
- Zeit Online Video: “Moderner Rechtsextremismus – Lifestyle und Jugendkultur”
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Verschlagwortet: palituch -
6. May 2008 | 5 Kommentare | Trackback | Internet ausdrucken
Vor kurzem wurde ja Polylux von der “Hedonistischen Internationale” verarscht. Dem ARD-Pop-Magazin wurde ein fingierter Speed-Konsument untergeschoben, ein Typ, der behauptete, er würde im Alltag Speed ziehen, um abzunehmen. Tita von Hardenberg hat inzwischen auf den Polylux-Hack geantwortet (dazu gibt’s auch schon eine Antwort):
Beeindruckend war nicht nur die schauspielerische Leistung des angeblichen Speed-Users, sondern auch die perfekte Mobilisierung der bundesweiten Presse noch in der Nacht der Ausstrahlung. Professionell gemacht, Hut ab! Und alle schrieben drüber. Trotzdem bleibt die leise Frage: Wozu das Ganze? Haben die Spaßguerilleros wirklich viel erreicht, wenn das Internet als Recherchemedium diskreditiert ist? Wenn Menschen jetzt fälschlicherweise denken, bei Polylux würden Praktikanten ausgebeutet? Wenn sich unsere Autoren ab sofort von ihren Interviewpartnern die Ausweise zeigen lassen? “Tim” hat am nächsten Tag eine Mail an die Autorin des Beitrages geschrieben, darin die Worte: „ Ich hoffe, du glaubst mir, wenn ich dir sage, dass (…) es mir nie darum ging, dich persönlich zu verarschen oder zu verspotten (und) wir in keinem Moment polylux einfach nur blossstellen wollten.” Aha. Schönen Dank auch, Tim. Aber was wollte er dann? Vielleicht die Relevanz der Droge Speed in Zweifel ziehen – und damit auch die anderen Protagonisten des Beitrags, die echt waren? Das jedenfalls ist gelungen. Wir werden diesen und andere Medienfakes am Donnerstag in der Sendung thematisieren und darüber meditieren, was dieser Funsport so alles bewirken kann. Denn, dass Medienfakes – ob sinnfrei oder nicht – Spaß machen, steht außer Frage. Am allermeisten, wenn man zufällig nicht gerade selbst betroffen ist.
Ich nahm die Zeile “die Relevanz der Droge Speed in Zweifel ziehen” in der Debatte auf netzpolitik.org als Anlass für eine längere drogenpolitische Auslassung, woraufhin ein User meinte, der “Hack” hätte doch gar nichts mit Drogenpolitik zu tun gehabt und es sei doch nur unpolitischer Spaß gewesen.
Diese Hedonisten haben sich einen Jux erlaubt. Weitergehende Botschaften zur Drogenberichterstattung oder Medienverantwortung sehe ich nicht.
Meine Antwort
Wie ich in einem Oberseminar, das ich in der Literaturwissenschaft besuchte, lernte, ist nicht relevant, was sich der Autor eines Werks dachte, sondern, was darin steckt, wenn man es sich ansieht.
Darüber hinaus wird den Hedonisten häufig “unpolitischer Jux” unterstellt. Das würde ich nicht so sehen – ich sehe die Hedonisten als durchaus politische Aktionsgruppe, die auf ihre Art Politik zu unterschiedlichen Themen (Globalisierung, Überwachung, Arbeit, Drogenpolitik) macht.
Die “Hedonistische Internationale” ist eine kreative und unkonventionelle Aktionsgruppe – ursprünglich aus Berlin, inzwischen aber mit “Sektionen” in vielen anderen Städten. Ich hatte schon häufiger über die “Hedonistische Internationale” berichtet und finde das Konzept ziemlich ansprechend – man sollte sie nicht immer so schlecht reden. Die probieren es mit neuen Aktionsformen und einem anderen Politikansatz. Am ersten Mai beispielsweise werde ich mich erst auf die Gewerkschaftsdemo quälen, um dann am Nachmittag die Kür bei der Mayday-Demo zu genießen. Und da sind die “Hedonisten” garantiert auch dabei!
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30. April 2008 | 3 Kommentare | Trackback | Internet ausdrucken
Für den Tag der Arbeit habe ich mir eine Menge vorgenommen: Erst soll es auf die Gewerkschaftsdemo im “alten West-Berlin” gehen, dann heize ich nach Kreuzberg, zum Mariannenplatzfest, ein bisschen bei FrieKe aushelfen.
Und dann geht’s los: Mein Highlight des Tages startet ab 14 Uhr. Die Mayday-Demo läutet die Tanzdemo-Saison ein und ich habe für die GRÜNE JUGEND einen Flyer (PDF) geschrieben. Das Motto der diesjährigen Mayday-Demo ist “Streik” und ich habe in dem Flyer etwas weiter ausgeholt – nicht unpassend zu Grün, Solidarität umfassender zu diskutieren.
Mayday-Demo 2007: Schilder zum Mitnehmen – Foto: Sebastian BruxLetztes Jahr hat die Mayday-Demo eine Menge Spaß gemacht und das finde ich auch gut so – warum immer sauertöpfisch hinter schlechten Kasettenrekordern herlaufen, aus denen “Bella Ciao” herausschallt …
Demostrecke der Berliner Mayday-Demo
Auftakt wird um 14:00 auf dem Boxhagener Platz in Friedrichshain sein, über die Grünberger Str., Wedekindstr. geht es zur Marchlewskistr., bevor wir kurz vor der Warschauer Brücke wieder auf die Warschauer Strasse einbiegen. Hier auf der Brücke findet die erste Zwischenkundgebung statt, in der sich thematisch Mediaspree gewidmet wird. Weiter über die Oberbaumbrücke, die Skalitzer hoch, scharf rechts in die Wrangelstrasse, wo vor Lidl Kundgebung No. 2 stattfindet. Zurück auf die Skalitzer und ab zum Spreewaldplatz, wo der Abschluss stattfinden wird.
Danach werde ich es mir nicht nehmen lassen, die Veranstaltungen des “Schwarzen Block” aus einer hochgelegenen Wohnung in Kreuzberg 36 zu beobachten.
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29. April 2008 | 15 Kommentare | Trackback | Internet ausdrucken
Zu den aktuell diskutierten Netzsperrungen: Das war vorauszusehen, dass die Content-Industrie bei der Bundesregierung so lange Lobbying macht, bis diese weich wird und anfängt, ein Gesetz zu planen, das zwar nicht grundrechtskonform ist, aber zur Verfolgung böser Schwerstkrimineller – Filesharer und andere Wissens-Diebe – taugt.
Internetsperrungen für Tauschbörsennutzer – Absurd, aber in der derzeitigen, verfassungsblinden Zeit voraussehbar!
Tauschbörsennutzer vom Netz abklemmen? – Urheber/in (Lizenz)A propos: Internetsperrungen greifen in Grundrechte ein – ein Gutachten der Kommission für Jugendmedienschutz belegt genau dies.
Sperrverfügungen für Inhalte im Internet “greifen in erheblichem Umfang in die Meinungsfreiheit der Inhaltsanbieter, die Informationsfreiheit der Nutzer sowie die Berufsfreiheit der Internetprovider ein.
Auf EU-Ebene sieht das Parlament das übrigens ähnlich.
Calls on the Commission and the Member States to recognise that the Internet is a vast platform for cultural expression, access to knowledge, and democratic participation in European creativity, bringing generations together through the information society; calls on the Commission and the Member States, therefore, to avoid adopting measures conflicting with civil liberties and human rights and with the principles of proportionality, effectiveness and dissuasiveness, such as the interruption of Internet access.
Mein Bekannter Markus Beckedahl hat genau zu diesem Thema einen Kommentar für Zeit-Zünder verfasst. Weiterlesen zum Thema ist auch im entsprechenden Heise-Artikel möglich. Für Netzsperren gibt es aktuell keine gesetzliche Grundlage:
Technische Sperrmaßnahmen, die ins Fernmeldegeheimnis eingreifen, seien rechtlich nicht gedeckt. Sperrungen von IP-Adressen oder URLs würden daher eine Änderung des geltenden Rechts erfordern.
Mal sehen, wie die ein eventuelles Gesetz grundrechtskonform hinkriegen. Die Bundesregierung denkt sich wahrscheinlich: “Wie machen wir Filesharing zu einem besonders schweren Verbrechen? Vielleicht einfach das Strafmaß anheben?” und “Man kann ja mal versuchen, das Verfassungsgericht sagt dann schon bescheid, was man besser machen muss.”
Ich seh da ja noch kein Land, aber denen wird schon was einfallen. Vielleicht Terrorismus? Musikterrorismus? Datenterrorismus? Wissensterrorismus?
Wir werden sehen.
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Verschlagwortet: filesharing, internetsperren, netzsperren, netzsperrung, tauschbörsen