zeitrafferin
Julia Seeliger-
16. February 2008 | 72 Kommentare | Trackback | Internet ausdrucken
Wollen wir wetten, wer als nächstes herauskommt? Werden ja in den nächsten Wochen bestimmt so einige sein – Schwerpunkt der Ermittlungen wird erst einmal die Gegend um Köln und Düsseldorf sein, wie die NZZ berichtet. In der NZZ findet sich auch ein lustiger Kommentar – es ist immer wieder frappierend zu sehen, wie sehr politische Bewertungen differieren
Bei allem Moralisieren geht zudem oft vergessen, dass der Staat mit seinen Regeln die Probleme oft noch verschärft, etwa durch konfiskatorisch hohe Steuern oder einen immer stärkeren Eingriff in die Privatsphäre. Solches führt erst recht zur Abwanderung von Firmen, Menschen und Kapital ins Ausland. Doch statt solche Ursachen im Auge zu behalten, wird sofort die Forderung nach mehr Steuerfahndern aufgestellt. Alle Erfahrungen zeigen aber, dass die Steuerehrlichkeit nicht durch eine Verschärfung der Kontrolle zu erreichen ist, sondern viel eher durch eine Reduktion der Belastung.
So einfach sollte man es sich nicht machen. Eine Übersicht über die bisherigen staatlichen Initiativen gegen Steuerflucht findet sich bei Wikipedia. Auch attac hat zu dem Thema eine Pressemitteilung (“Katzenjammer hilft nicht”) herausgegeben. Aus Sicht des attac-Steuerexperten Sven Giegold handelt es sich bei den Erfolgen der Bochumer Staatsanwaltschaft um “Zufallstreffer”, die Masse der Steuerflüchtlinie bliebe ungeschoren.
„Auf internationaler Ebene versteckt sich die Bundesregierung seit Jahren hinter unwirksamen Anti-Steueroasen-Maßnahmen von OECD und EU“. Die OECD-Initiative gegen „unfaire Steuerpraktiken“ steckt seit 2001 in einer Krise und hat faktisch nichts erreicht. Die Zinsrichtlinie der EU kann leicht umgangen werden und sei damit „löchrig wie ein Schweizer Käse“
Giegold fordert deswegen die Bundesregierung auf, nun „national und international konsequent gegen Steuerflucht und Steueroasen aktiv zu werden“. Die Maßnahmen müssten in einem Aktionsprogramm zusammengefasst und von einer Task Force koordiniert werden. Zudem müsse die Zivilgesellschaft an der Erstellung dieses Programms beteiligt werden.
Späßchen zum Schluss: Anzeige der Raiffeisen-Bank Liechtenstein in der Wochenend-Ausgabe (16./17.2.) des Kölner Stadt Anzeigers. Einfach mal anrufen!
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12. February 2008 | 5 Kommentare | Trackback | Internet ausdrucken
Berlins Finanzsenator Thilo Sarrazin feiert heute seinen 63. Geburtstag. Die Grünen in Friedrichshain-Kreuzberg haben ein besonderes Festmahl für Sarrazin vorbereitet:
“Wir laden hiermit den Finanzsenator zu einem Hartz-IV- Geburtstagsmenü ein”, sagt Tine Hauser-Jabs, Fraktionsvorsitzende der grünen BVV-Fraktion. Gekocht werde “à la Sarrazin”- also gemäß der kürzlich veröffentlichten Ernährungsempfehlungen des Senators für ALG-II-Empfänger.
Mark Seibert von der Linken ist inzwischen schon beim dritten Tag seines Selbstversuchs angekommen: Er probiert aus, wie es sich mit Sarrazins Hartz-IV-Speiseplan im Ernstfall leben lässt.
Ich kann aber nur sagen: Hände weg von dem Kartoffelsalat aus dem Lidl. Und auch von dem Leberkäse, der schon ominös aussah und teilweise eine knorpelartige Konsistenz hatte.
Die fehlenden Getränke auf dem Speiseplan werden immer mehr zum Problem. Leitungswasser kann das nicht hinreichend ersetzen.
Wie vermutet hat sich die Gemüsesuppe als Highlight herausgestellt. Allerdings vor allem deshalb, weil ich von Sarrazins Plan abeichen musste.
5 KommentareIch werde hungrig zu Bett gehen.
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12. February 2008 | Comments Off on BAG Frauenpolitik II: Thema Pflege | Trackback | Internet ausdrucken
Am zweiten Tag der BAG-Sitzung (hier der Bericht über den ersten Tag) sprach Barbara Steffens aus dem NRW-Landtag über Pflegepolitik. Stichwort “Sandwich-Generation – Unten Kinder – Oben Pflege”. Auch internationale Auswirkungen des bundesdeutschen Pflegenotstands spielten eine Rolle in der Debatte.
Wohin mit der Pflege? Bildquelle (Lizenz)
Viele können die Pflege von Angehörigen nur noch realisieren, wenn sie durch (illegale) Kräfte – zu Dumpingpreisen – gemacht wird. Hier sollte die Bundesregierung schleunigst reagieren, wenn sie ihr Engagement für ältere Menschen ernst meint.
Das ist auch im Sinne einer ehrlichen und pragmatischen Migrationspolitik geboten: Denn große Probleme bereitet die (temporäre) Arbeitsmigration auch für die Heimatdörfer der Wanderpflegerinnen aus Osteuropa – diese sind für lange Zeiträume praktisch frauenlos. Die Frauen arbeiten derweil unter harten Bedingungen in Deutschland oder Österreich für einen Dumpinglohn, immer in Sorge darum, erwischt zu werden. Es ist nicht richtig, dass die Bundesregierung die Augen verschließt und diese altenpolitischen Probleme durch Ausbeutung von Menschen aus anderen Ländern löst!
Aus frauenpolitischer Sicht ist hier auch von Bedeutung, dass Pflege durch echte sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse realisiert werden muss. Ansonsten bleibt die Pflege auch an den Ehefrauen oder Schwiegertöchtern hängen, denn diese pflegen oft jahrelang ihre Angehörigen und erwerben in dieser Zeit keine Rentenbeiträge. Das rächt sich: Altersarmut ist weiblich. Zweites frauenpolitisches Problem ist auch das internationale, vorher genannte – die Pflegerinnen aus Osteuropa.
Überhaupt muss in diesem Bereich umgedacht werden, die vielfach erwähnten Mehrgenerationenprojekte und Alten-WGs sind eine gute Idee – hier muss die Bundesregierung noch mehr unternehmen. Innovative Lösungen tun not, wenn unsere alternde Gesellschaft menschlich bleiben soll!
Im Internet habe ich zu diesem Thema hauptsächlich Verlautbarungen der österreichischen Grünen gefunden. Dort gibt es aktuell die Bestrebung, illegale Pflegerinnen zu legalisieren. Das ist offenbar Anlass für eine Pflegedebatte in Österreich
Das Pflegesystem müsse geändert und in Solidarsystem umgewandelt werden, forderte Grünen-Sozialsprecherin Katharina Wiesflecker.
Das derzeitige Finanzierungssystem mit einem Vermögenszugriff durch die Sozialhilfe führe dazu, dass Menschen mit einem gewissen Wohlstand ihre Angehörigen zu Hause pflegen. Dadurch gebe es eine Verlagerung in den häuslichen Bereich, 150 Heim-Betten im Land stünden leer, die vor Jahren belegt gewesen wären, so Wiesflecker.
Aber auch die Grünen wollen das Vermögen bei der Pflege-Finanzierung nicht ganz unberücksichtigt lassen, aber in Form einer “moderaten” Steuer heranziehen.
Ein wichtiges Thema auch für die deutschen Grünen!
By the way: In NRW gab es eine Enquete-Kommission zum Thema “Situation und Zukunft der Pflege in NRW”, hier der Abschlussbericht.
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1. February 2008 | 9 Kommentare | Trackback | Internet ausdrucken
Von Polylux wurde ich zur Zukunft der Musikindustrie befragt. In dem Beitrag geht es um das neue Urheberrecht und eben die Gegenwart und die Zukunft der Musikindustrie. In meinem Statement geht es um die (mögliche) Verknüpfung von Vorratsdatenspeicherung und Filesharing.
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