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Absurd aber voraussehbar: Netzsperrungsdebatte
15Zu den aktuell diskutierten Netzsperrungen: Das war vorauszusehen, dass die Content-Industrie bei der Bundesregierung so lange Lobbying macht, bis diese weich wird und anfängt, ein Gesetz zu planen, das zwar nicht grundrechtskonform ist, aber zur Verfolgung böser Schwerstkrimineller – Filesharer und andere Wissens-Diebe – taugt.
Internetsperrungen für Tauschbörsennutzer – Absurd, aber in der derzeitigen, verfassungsblinden Zeit voraussehbar!
Tauschbörsennutzer vom Netz abklemmen? – Urheber/in (Lizenz)A propos: Internetsperrungen greifen in Grundrechte ein – ein Gutachten der Kommission für Jugendmedienschutz belegt genau dies.
Sperrverfügungen für Inhalte im Internet “greifen in erheblichem Umfang in die Meinungsfreiheit der Inhaltsanbieter, die Informationsfreiheit der Nutzer sowie die Berufsfreiheit der Internetprovider ein.
Auf EU-Ebene sieht das Parlament das übrigens ähnlich.
Calls on the Commission and the Member States to recognise that the Internet is a vast platform for cultural expression, access to knowledge, and democratic participation in European creativity, bringing generations together through the information society; calls on the Commission and the Member States, therefore, to avoid adopting measures conflicting with civil liberties and human rights and with the principles of proportionality, effectiveness and dissuasiveness, such as the interruption of Internet access.
Mein Bekannter Markus Beckedahl hat genau zu diesem Thema einen Kommentar für Zeit-Zünder verfasst. Weiterlesen zum Thema ist auch im entsprechenden Heise-Artikel möglich. Für Netzsperren gibt es aktuell keine gesetzliche Grundlage:
Technische Sperrmaßnahmen, die ins Fernmeldegeheimnis eingreifen, seien rechtlich nicht gedeckt. Sperrungen von IP-Adressen oder URLs würden daher eine Änderung des geltenden Rechts erfordern.
Mal sehen, wie die ein eventuelles Gesetz grundrechtskonform hinkriegen. Die Bundesregierung denkt sich wahrscheinlich: “Wie machen wir Filesharing zu einem besonders schweren Verbrechen? Vielleicht einfach das Strafmaß anheben?” und “Man kann ja mal versuchen, das Verfassungsgericht sagt dann schon bescheid, was man besser machen muss.”
Ich seh da ja noch kein Land, aber denen wird schon was einfallen. Vielleicht Terrorismus? Musikterrorismus? Datenterrorismus? Wissensterrorismus?
Wir werden sehen.
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Verschlagwortet: filesharing, internetsperren, netzsperren, netzsperrung, tauschbörsen
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15 Responses to “Absurd aber voraussehbar: Netzsperrungsdebatte”
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Also sind Filesharer jetzt Verbrecher, egal um was für Daten es sich handelt?
Menschen, die Linux-Images per Torrent ziehen waren mir schon immer suspekt. -
Demnächst gibts sowieso nur noch Weißwurst und Weißbier 😉
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Sehr lecker! War ja gerade in Bayern, hab das in guter Erinnerung, könnte mich also damit anfreunden.
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Democratic » Absurd aber voraussehbar: Netzsperrungsdebatte
[…] Zeitrafferin wrote an interesting post today on Absurd aber voraussehbar: NetzsperrungsdebatteHere’s a quick excerpt Zu den aktuell diskutierten Netzsperrungen: Das war vorauszusehen, dass die Content-Industrie bei der Bundesregierung so lange Lobbying macht, bis diese weich wird und anfängt, ein Gesetz zu planen, das zwar nicht grundrechtskonform ist, aber zur Verfolgung böser Schwerstkrimineller – Filesharer und andere Wissens-Diebe – taugt. Internetsperrungen für Tauschbörsennutzer – Absurd, aber in der derzeitigen, verfassungsblinden Zeit voraussehbar! A propos: Internetsperrungen greifen in Grundrecht […]
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rigoros
du hast nicht zufällig lust umzuziehen? ich würd dich gerne wählen…
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Ungern. Bin in Kreuzberg ganz zufrieden.
Aber danke für die Blumen!
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it faschismus?
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Hallo Ario,
korrekt Getrennt- und Zusammenschreibung sowie Bindestrichen, falls erforderlich, sind nützlich gegen Sinnentstellungen.
IT-Faschismus wäre die korrekte Schreibung.
Viele Grüße
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Aber wer ist schon frei von Fehlern. 😉
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Sehr geistreich!
😉
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Conrad
KLasse Artikel, Frau Seeliger.
Es wird genau darauf hinauslaufen – Wissensterrorismus. Die Verökonomisierung jedes erdenklichen Aspekts des menschlichen Lebens und die zunehmende Markt- und Ressourcenkonzentrationen lassen nur diesen Schluss zu.
Vor diesem Hintergrund macht die miese Bildungssituation Deutschlands richtig Sinn.
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wissen ist macht!
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erlehmann
Ja. Und deswegen halten Leute ihre Kenntnisse geheim, selbst wenn sie nicht einmal Geld damit machen wollen oder können. Beispiel: An der Uni arbeiten Leute aus der Fachschaft an einem Tickersystem (da hängen überall Bildschirme rum, München halt). Auf Nachfrage wird mir bestätigt, dass ich mitbasteln könnte, dann allerdings anderen keine Implementationsdetails verraten dürfe.
Dabei machen die noch nicht einmal Geld damit. Und während ihre Begründung zunächst “geistiges Eigentum” etc. pp. ist, bekomme ich zum Schluss Klartext zu hören: Kein anderes Projekt soll von ihrer Arbeit lernen können. Und das an einer Institution, die sich Bildung auf die Fahnen geschrieben hat.
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Bei einem BWLer würde mich diese Einstellung nicht wundern, aber an Hochschulen…
Dabei ist das recht einfach zu vertehen (und zu erklären): Software ist kein Produkt, sondern eine Dienstleistung.
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[…] Digitale Strukturen und Communities, die Informationen des öffentlichen Interesses produzieren, müssen gefördert werden. Was früher nur freie Radios und Offene Kanäle waren, sind heute Wikipedia, freie Funknetze und Stadtwikis! Jep, genauso sollte es sein! Mehr gibts dazu eigentlich nicht zu sagen. Vielleicht doch eines: Was für uns Blogmenschen zwar evident ist, aber dennoch den meisten Entscheidungsträgern (siehe eMails ausdrucken lassen – was war nochmal ein Browser? – Danke Frau Zypries) völlig abgeht: Die “Politikverdrossenheit” nimmt rasant zu, weil es kaum noch Partizipationsmöglichkeiten außerhalb von Parteien und NGOs gibt. Das Inet ist noch DAS demokratische Medium. Aber es arbeiten ja genug etablierte Kräfte daran, auch das zu ändern. Siehe HIER. […]