Julia Seeliger
  • Wahlcomputer: WahlbeobachterInnen für Hessen gesucht

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    11. January 2008 | Trackback | Internet ausdrucken
    scissors

    In Hessen soll ja bei der kommenden Wahl am 27.01. – wie schon bei der Kommunalwahl 2006 – auch mit Wahlcomputern gewählt werden können. Mathias Schindler schickte mir jetzt seine Impressionen aus der hessischen Stadt Langen. “Am bleiernen Faden – Teil 1” heißt der Artikel, er befasst sich damit, wie sorgfältig Mitarbeiter kommunaler Verwaltungen mit Grundlagen unserer Demokratie umgehen: Schindler hat in Langen die Testwahl mit den Wahlcomputern beobachtet. Ein Schelm, wer in Schindlers Vorbemerkung zum Testwahl-Bericht Zynismus vermutet.

    Der Wahlleiter in Langen, Bernhard Emrich, bat mich, auf das umfangreiche Angebot an Kuchen und Kaffee und Getränken während der Testwahl lobend hinzuweisen. Ich komme dem natürlich gerne nach. Als Bonus gibt es noch ein Dankeschön für den Strom während der Probewahl für mein Notebook.

    Damit reicht’s aber auch mit dem Lob für die Stadt Langen. Die Geräte sind offenbar technisch zu komplex, um sie ordnungsgemäß – ich meine damit, derart, dass die grundlegend benötigten Sicherheitsüberprüfungen stattfinden – zu betreiben.

    Beim Aufbau des Gerätes folgten zuerst einige Erläuterungen. Eine Überprüfung von Siegeln und Versionsnummern wurde nicht bzw. unsystematisch durchgeführt, teilweise deshalb, weil sie ja fehlten. Die vom Wahlgerätebegleitschein eingeforderten Unterschriften erfolgten konsequenterweise auch nicht. Ein wie auch immer geartetes Interesse auf Überprüfung, ob die verwendeten Computer überhaupt zu den zugelassenen Maschinen mit den genannten Anforderungen an Hard- und Software genügen, war bei der Wahlleitung nicht zu spüren.

    Der Chaos Computer Club hat in einem Gutachten aufgezeigt, dass Wahlcomputer der Firma nedap manipulierbar sind. Die Aktivisten hatten einem nedap-Wahlcomputer das Schachspielen beigebracht. In dem Gutachten wird auch von Vorkommnissen, wie Schindler sie in Langen beobachtet hat, berichtet: Besonders sorgfältig gehe der durchschnittliche Verwaltungsbeamte mit der Computer-Sicherheit nicht um. Zudem sei es nicht sonderlich schwierig, die Geräte zu manipulieren. Ein wenig Hochschulstudium in einem passenden Fach oder vergleichbare Qualifikation würde locker reichen, um die Geräte zu “hacken”.

    Aus dem Gutachten geht hervor, dass es für durchschnittlich begabte Informatikstudenten kein Problem darstelle, Wahlergebnisse einzelner Bezirke zu manipulieren. Dafür reichten 60 Sekunden Privatsphäre mit dem Gerät sowie ein manipulierter Chip, der vom Original nicht zu unterscheiden sei. Die CCC-Mitglieder tourten durch deutsche Wahllokale und fanden fast immer eine Möglichkeit, mit den Geräten alleine zu sein – teilweise bis zu 20 Minuten lang.

    Mir noch gut im Ohr sind die Erzählungen von der Oberbürgermeisterwahl Cottbus, wo der Hausmeister den Wahlcomputer in der Nacht zuvor einfach ungeschützt im Nebenraum abgestellt hatte. Versiegelung, Einschließen? Pustekuchen. Es gelang auch, Stimmabgaben auszuspähen. Das sind keine Peanuts, keine Bagatellen – es sind die Grundfesten der Demokratie, es ist die geheime, die nicht-gefälschte Wahl, mit der hier geschludert wird!

    Bei der hessischen Kommunalwahl im März 2006 hatten 13 Kommunen insgesamt 306 Wahlcomputer eingesetzt, an denen etwa 181.000 Hessen ihre Stimme abgaben. In Langen wird nun die dritte Wahl stattfinden, die auf den Einsatz von nedap-Wahlcomputern baut. Die Grundlage dafür schuf die Stadtverordnetenversammlung der letzten Periode im Juli 2005. In einer Ratsvorlage (PDF) wurden die Vorteile der Wahl mit Computern benannt – leider haben auch die Grünen dieser Vorlage zugestimmt. Insgesamt hat die Anschaffung der nedap-Computer 110.000 Euro gekostet, man verzichtete auf eine öffentliche Ausschreibung im Rahmen dieser Anschaffung. Dazu kommen die Kosten für zusätzliche Geräte für die Kommunalwahl – jeweils 17.000 Euro. Diese teuren Anschaffungen werden sich nach 9.5 Jahren amortisiert haben, man geht also davon aus, zehn Jahre mit den Geräten zu wählen.

    Notwendig ist es jetzt vor allem, viele WahlbeobachterInnen für die kommende Wahl zu finden. In folgenden Kommunen wird voraussichtlich mit Wahlcomputern gewählt:

    • Niedernhausen
    • Obertshausen
    • Langen
    • Bad Soden a.T.
    • Lampertheim
    • Alsbach-Hänlein
    • Eppertshausen
    • Niestetal

    In Lampertheim kenn ich jemand, den ich mal fragen kann, ob er die Wahl dort technisch kompetent beobachten kann. Aber die für anderen Kommunen, da müssten sich noch ein paar WahlbeobachterInnen finden …

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13 Responses to “Wahlcomputer: WahlbeobachterInnen für Hessen gesucht”

  1. Viernheim fehlt

    und wie sollte ich da etwas beobachten und wo?
    Was braucht man an Kenntnissen?

  2. vergessen: Das wurde getestet?!?

  3. und wie sollte ich da etwas beobachten und wo?
    Was braucht man an Kenntnissen?

    Ich würde mal sagen, wende dich an Mathias Schindler. Kenntnisse sollten dahingehend vorhanden sein, dass Du dir klar bist, dass eine Wahlmaschine sorgfältig behandelt werden muss, nicht einfach im Nebenraum unversiegelt aufbewahrt werden darf – denn dann können Leute zB unbemerkt Software austauschen. Man kann sich die Formalia sicherlich nochmal irgendwo durchlesen.

    Vielleicht sollte eine CCC-Gruppe aus Hessen oder jemand anderes die Wahlbeobachtung organisieren? Ist da schon jemand dran?

  4. Informationen bietet der Berliner CCC wiki.

    https://berlin.ccc.de/wiki/Wahlcomputer
    https://berlin.ccc.de/wiki/Wahlcomputer:_Einsatz_in_Deutschland

    https://berlin.ccc.de/mediawiki/images/7/7e/Wahlbeobachtungscheckliste.pdf

  5. Das Problem ist ja von Julia schon hinreichend beschrieben wurden. Angesichts der Tatsache, dass eine gestern veröffentliche Umfrage von ffh und FAZ darauf hindeudet, dass es ein Kopf- an Kopfrennen geben könnte, wären tatsächliche Manipulationen vielleicht wahlentscheidend. Ich denke, dass es jetzt an der Zeit ist, dass Tarek Al-Wazir die sofortige Einmottung der “Wahlmaschinen” aka Computer fordert.

  6. Ich denke, dass es jetzt an der Zeit ist, dass Tarek Al-Wazir die sofortige Einmottung der “Wahlmaschinen” aka Computer fordert.

    Hatte ihm den Tipp schon gegeben, als ich zum Thema “Hessen und Wahlmaschinen” bei netzpolitik.org gelesen hatte. Er meinte auch, er habe sich dazu geäußert. Ich sag ihm jetzt aber auch nochmal bescheid (und spreche das Thema zudem Montag im Parteirat an).

  7. Hallo,

    wir haben in Lampertheim folgende Anfrage gestellt:

    Den Nedap-Wahlmaschinen, die sich im Eigentum der Stadt Lampertheim befinden, wurde in den Niederlanden die Zulassung entzogen, da diese erhebliche Sicherheitsmängel vorweisen und sich als manipulierbar herausstellten. Derzeit läuft zudem eine Wahlprüfungsbeschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht, die den Einsatz dieser Wahlmaschinen für verfassungswidrig hält und die Bundestagswahl 2005 anficht. Zudem wurde eine von 45.000 Unterzeichnern unterstütze Petition gegen Wahlmaschinen beim Deutschen Bundestag eingereicht.

    1) Ist geplant die Nedap-Wahlautomaten bei der Landtagswahl einzusetzen?

    2) Wurde die Überlegung angestellt, die Wahlautomaten zeitnah zu veräußern, da sich diese nach einem entsprechenden Bundesverfassungsgerichtsurteil oder einer entsprechenden Gesetzesänderung aufgrund der Petition nicht mehr veräußern lassen?

    Als Hinweis: Die Stadt Bad Oeyenhausen hat im November beschlossen 28 Nedap-Wahlautomaten anzuschaffen. Dies wäre eine gute Möglichkeit unsere Wahlautomaten ohne größere Verluste zu veräußern.

    Antwort der Verwaltung (gekürzt):

    1)Die Sicherheitsvorkehrungen über Zugriffsmöglichkeiten und Softwareeinsatz werden eingehalten und die Geräte bei der Wahl eingesetzt.

    2) Ein Verkauf wurde nicht in Betracht gezogen, da die Verwaltung den Einsatz der Geräte befürwortet und die Kritik an den Geräten dahingehend einstuft, “dass hier in unberechtigter Weise Stimmung gegen den Einsatz der Wahlgeräte gemacht wird”. Des weiteren können die Geräte nicht verkauft werden, da sie von der Sparkasse geleast wurden.

    Die Schulungen der Wahlhelfer finden am 22.01. um 17.00 Uhr und 19.00 Uhr im Stadthaus statt. Selbstverständlich würde ich es begrüßen, wenn sich ein Wahlbeobachter bei uns einfindet und die Sicherheitsvorkehrungen überprüft.

  8. Zur Information:

    Es waren zwei interessierte Zuschauer zur Schulung der Wahlhelfer gekommen, die hier im Blog über die Veranstaltung informiert wurden. Die Verwaltung hat die Schulung der Wahlhelfer für nicht öffentlich erklärt und die Zuschauer des Saales verwiesen.

  9. Ich habe heute mit Hr. Schmitt, dem Wahlleiter von Lampertheim telefoniert. Ihr müsst den ja schon sehr geplagt haben. Als ich erwähnte ich rufe im Auftrag des CCC an und hätte gerne eine Liste mit Adressen aller Wahllokale reagierte er etwas mürrisch. Vielleicht war er aber halt gerade auch nicht gut drauf. Liste kam allerdings dann umgehend.

    Gibt es außer mir und einem Bekannten aus Mannheim denn nun noch weitere Wahlbeobachter in Lampertheim? Wenn ja bitte mal Wiki https://berlin.ccc.de/wiki/Wahlbeobachtungen anmelden und ergänzen. Es soll ja bis Sonntag noch eine Telefonliste der jeweiligen Wahlbeobachter vor Ort geben, wäre gut wenn da dann auch alle drauf wären. Diesbezüglich bitte Email an presse@ccc.de .

  10. […] Club als gefährliche Organisation. Das passierte in Langen, der Stadt, aus der Mathias Schindler im Vorfeld schon berichtet hatte: In Langen hat der Wahlleiter per Rundschreiben alle Wahlvorstaende vor dem Chaos Computer […]

  11. Gute Nachrichten:

    Die Wiederholung der Landtagswahl wird bei uns ohne Wahlautomaten durchgeführt werden.

    http://www.main-rheiner.de/region/objekt.php3?artikel_id=3513811

  12. Großartig, nicht wahr?

    Hier die entsprechende Heise-Meldung, sowie Markus’ Prognose “Es wird nie wieder Wahlcomputer bei deutschen Wahlen geben”.

  13. Und jetzt ist das Urteil da.