Julia Seeliger
  • Die Partei des unendlichen Reichtums

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    19. May 2010 | Trackback | Internet ausdrucken
    scissors

    Die Piratenpartei hat am vergangenen Wochenende ihren Parteitag veranstaltet. Zu diesem Parteitag ist nachrichtlich zu sagen

    BINGEN zeit | Die Piratenpartei hat auf ihrem Parteitag in Bingen einen neuen Bundesvorstand gewählt. Parteichef Jens Seipenbusch wurde mit 52,6 Prozent wiedergewählt. Seipenbusch kündigte an, “eine moderate und durchdachte Entwicklung des Programms zu fokussieren”. Außerdem beschloss die Partei die Einführung des Systems “Liquid Feedback”. JUS


    Ich besuchte den Parteitag aus Interesse, wollte ich doch herausfinden, wo die Piratenpartei, die ich schon seit längerem in den Blick genommen hatte, aktuell steht. Man erinnere sich kurz an die Fragen, die ich der Partei im vergangenen Jahr stellte.

    • Seid ihr linksliberal?
    • Wie sieht es bei euch mit Frauen aus?
    • (Welche Prominenten unterstützen euch/sind Mitglied?)
    • (Was gab es für spannende Aktionen?)

    Frage 3 und 4 wandele ich für diese Analyse leicht ab, ich werde jetzt alle Fragen selbst beantworten. Zudem füge ich noch die Frage nach den Wahlchancen und zu Piraten in den Parlamenten hinzu und wage einen Blick auf die eventuelle weitere Entwicklung.

    Sag mir, wo du stehst!

    Zu allererst also die Frage zur politischen Einordnung der Partei. Meine Behauptung ist ja, dass die Piratenpartei eine linksliberale Partei ist. Die Piratenpartei wehrt sich gegen diese Einordnung und behauptet, “nicht links, nicht rechts, sondern vorn” zu sein. Dieser Spruch wurde auch von den Grünen in den 80ern verwendet, heute in dieser Partei aber nur noch von der marginalisierten konservativen Minderheit ins Feld geführt.

    Für die These, dass die Piratenpartei eine wie auch immer strukturierte linksliberale Partei ist, spricht, dass sich eine gewisse Zahl ihrer Mitglieder im “political compass” in der linksliberalen Ecke verorten.

    piraten political compass

    Medianwert Piratenkompass (2009)

    Einen Klick wert sind zudem die Piratenkompass-Daten bei Adrian Lang.

    Wirft man einen Blick auf die Inhalte der Piratenpartei (Parteiprogramm PDF, Wahlprogramme, Parteitagsanträge), so wird diese These untermauert: Die Partei fordert nicht nur freien Zugang zu Information und eine Stärkung der nichtkommerziellen Vervielfältigung, sondern – im NRW-Landtagswahlkampf – auch ein Bildungssystem mit einem Maß von Integration, welches von keiner anderen Partei so gefordert wird (die Piraten NRW forderten, den Klassenverband ab der sechsten Klasse radikal aufzulösen zugunsten eines Kurssystems für alle Fächer) und eine starke öffentliche Bildungsinfrastruktur. Sie ist gegen Patente auf Lebewesen und Software und gegen Atomkraft. Eine Kulturflatrate fordert die Piratenpartei nicht.

    Zu ökonomischen Fragen hat die Partei über einige Fragen der Informationsgesellschaft hinaus keine klare Linie. Diese Fragen, die in der politischen Debatte aber prägend sind und in der Zukunft wichtiger werden, werden von der Piratenpartei offenbar ausgeblendet.

    Bei der Frage nach Krieg und Frieden dürfte eine pazifistische Position hegemonial sein. Stefan “Aaron” Koenigs Position, die eine militärische Intervention im Iran nicht ausschloss, wurde in der Partei massiv kritisiert.

    Insbesondere wegen der nicht geklärten Position in der Wirtschaftspolitik ist es verständlich, warum es die Partei vorzieht, sich nicht im links-rechts-Schema des Political Compass oder im etablierten Parteienspektrum als links- bzw. sozialliberal einzuordnen. Einige ziehen das Wertedreick vor, es wurde mir bei der Presseunterrichtung auch als Argument genannt. Diese Einordnung wurde allerdings im Piratenforum kontrovers diskutiert.

    Wertedreieck

    Ich meine, dass solche Betrachtungsweisen lediglich das Bezugssystem verschieben, mit dem Ergebnis, dass man eine (real)politische Einordnung innerhalb der Etablierten vermeidet.

    Sag, wie hältst du’s mit der Gender-Frage?

    Innerhalb der Partei existiert große, jedoch undifferenzierte Sympathie für das Konzept “Queer”. Die AG Schwule Piraten (SchwuPis) benannte sich vor kurzem in AG Queeraten um. Schon dies macht deutlich, dass offenbar keinerlei tiefere Beschäftigung mit Geschlechter- und Schwulen-und-Lesbenpolitik stattfand. Schwulen- und Lesbenpolitik ist nicht dasselbe wie Queerpolitik, nicht alle Schwulen sind Queer, nicht alle Menschen, die sich als queer ansehen, homosexuell.

    Zu Beginn der Bundesvorstands-Wahlen beim Parteitag in Bingen motivierte der Moderator die Anwesenden mit den Worten “Wenn du die Eier hast, kandidiere”. Lena Simon (die Frau, die die Piratinnenmailingliste gründete, eine Mailingliste ausschließlich für Frauen) wehte bei ihrer Kandidatur für den Bundesvorstand ein harscher Wind entgegen. Offen sexistische Fragen wie “Fühlst du dich stark genug?” “Hast du noch anderes zu bieten, außer dass du eine Frau bist?” oder Fragen zu den Unisex-Toiletten machen deutlich, dass die Piratenpartei ihren selbst gestellten Anspruch einer vollständigen Überwindung jeglicher Eigenschaften von “Geschlecht” nicht erfüllt. Auch wenn Simons Kandidatur als polemisch anzusehen ist (Sie trat spontan als stellvertretende Bundesvorsitzende an, wurde nicht gewählt und trat nicht noch einmal als Beisitzerin an), so waren die doppelten Standards, mit denen ihre Kandidatur im Vergleich zu anderen gemessen wurden, offensichtlich.

    Köpfe, Köpfe …

    Zwar tritt die Partei als Gegenentwurf zu den Etablierten an und stellt auch das Berufspolitikertum infrage. Mit ihrer Software “Liquid Feedback” will sie Politik versachlichen und politischen Diskursen neue Wege erschließen.

    Gleichwohl ist es für die Zukunftschancen im aktuellen politischen System nicht unerheblich, ob sie prominente Fürsprecher/innen gewinnt.

    Ex-Politiker/innen aus anderen Parteien, die der Piratenpartei beitraten: Der ehemalige SPD-Innen- und Netzexperte Jörg Tauss, die ehemalige Grünen-Vorsitzende und langjährige Parlamentarierin Angelika Beer, sowie der ehemalige grüne Bundestagsabgeordnete Herbert Rusche. Die Autorin und Juristin Juli Zeh sprach sich öffentlich für die Piratenpartei aus.

    In ihrem Wiki hat die Partei eine Seite zum Thema “Prominente”.

    Am Puls der Zeit?

    Die Frage nach den “bunten Aktionen” habe ich abgewandelt in “Welche Rolle spielen die Piraten in den für sie relevanten, aktuell laufenden politischen Debatten?”. Wichtig sind hier die Diskussion um Netzsperren auf europäischer Ebene, sowie die Verhandlungen um das Urheberrechtsabkommen Acta. In Deutschland sind wir aktuell mit dem Jugendmedienschutz-Staatsvertrag konfrontiert, mit dem eine Alterskontrolle für Webseiten eingeführt werden soll. Und es gibt noch eine Enquete-Kommission für Netzfragen, die durch den deutschen Bundestag eingesetzt wurde und die recht öffentlichkeitswirksam arbeitet.

    In der Enquete sitzt niemand von der Piratenpartei. Zum Jugendmedienschutz-Staatsvertrag ist der AK Zensur prägend. Die europäischen Netzsperren begleitet die Partei, so reiste kürzlich eine Delegation der deutschen Piraten nach Brüssel. Lobbyarbeit zu “Censilia” (die europäische Anti-Netzsperren-Kampagne) findet in Brüssel nicht über die Piraten, sondern über das Büro der Organisation Edri statt. Die Jugendorganisation der Piraten, “Junge Piraten” (JuPis) fahren eine Kampagne gegen Acta, beteiligen sich am Ad Acta Day, der anlässlich der kommenden Acta-Verhandlungsrunde im Juni in Luzern stattfinden wird.

    Wahlen, Parlamente, Regierungen

    Kommendes Jahr finden zahlreiche Landtagswahlen statt. Die Piratenpartei hat Chancen, in die Landtage von Bremen und Berlin einzuziehen. Vermutlich wird in Berlin das nicht unsympathische und auch nicht unrealistische Wahlziel “Mehr Stimmen als die FDP” ausgegeben.

    Ins Europaparlament zogen sie ein, nämlich zwei Piraten aus Schweden: Christian Engström, IT-Freiberufler, schloss sich am Ende der Grünen-Fraktion an – er hatte sich zwischen der Liberalen- und der Grünen-Fraktion entschieden. Die junge linke Piratin Amelia Andersdotter, früher auch bei attac aktiv, sollte eigentlich seit der Ratifizierung des Lissabon-Vertrags ebenfalls im Parlament sein.

    Die Piratenpartei ist in Deutschland seit der NRW-Kommunalwahl im Jahr 2009 in den Stadtparlamenten von Aachen und Münster vertreten, in Münster regiert sie gar. Nach Aussage eines grünen Politikers (insofern ist diese Aussage mit Vorsicht zu genießen) sind die Piraten in Münster für “Verwaltungsmodernisierung” zuständig.

    Fazit: Die Partei des unendlichen Reichtums

    Die Piraten sind “die Partei des unendlichen Reichtums”. Die digitale Welt ist durch die unendliche Kopierbarkeit charakterisiert. Die Piraten scheren sich bislang nicht um ökonomische Fragen. Bei den Wahlen zum Bundesvorstand war es möglich, bei jedem Kandidaten mit “ja” zu stimmen, es waren also mehr Stimmen möglich als Plätze zu vergeben waren.

    Angesichts der sich gerade aktuell verschärfenden ökonomischen Krisen ist zu bezweifeln, ob sich mit einer solchen Ausrichtung langfristig Wählerstimmen binden lassen.

    Privatisierung politischer Diskurse?

    Der Parteitag in Bingen war – von außen gesehen – schrecklich langweilig und unpolitisch. Außer der Wahl ihres Bundesvorstandes ist der Partei nur noch gelungen, zu beschließen, dass sie bei sich “Liquid Feedback” einführen, eine Software, mit der sich politische Fragen abstimmen lassen. Es wurden keine großen Streitfragen diskutiert (und das, obwohl es doch notwendig wäre, das Programm zu schärfen).

    Wenn die Piratenpartei politisch diskutiert, dann wird sie dies auf ihren Mailinglisten, in ihrer Community “Piratenpad” oder in Chats tun. In der Öffentlichkeit ist hiervon nicht viel zu sehen, nur, wenn man sich in diese Infrastrukturen begibt, könnte man eventuell etwas über politische Debatten in der Piratenpartei erfahren. Das wirft die Frage auf, ob die Piratenpartei eventuell überhaupt nicht “gläsern” ist, sondern vielmehr politische Diskurse der Öffentlichkeit entzieht.

    Eine europäische Partei mit stringenter Programmatik?

    Der Parteitag der Piratenpartei Deutschland in Bingen war meines Wissens der größte Parteitag einer Piratenpartei überhaupt. Somit ist wohl die deutsche Piratenpartei europa- und weltweit die größte nationale Organisation der Piraten. (Die Mitgliederzahl der Piratenpartei Deutschland wuchs im Jahr 2009 auf mehr als 12.000, damit ist die Partei im Ranking nach den Grünen auf Platz 6.) In Schweden sinken die Mitgliederzahlen aktuell, was auch daran liegt, dass in Schweden die Parteimitgliedschaft aktiv erneuert werden muss. Wie es mit anderen europäischen Ländern aussieht, oder gar weltweit, bitte ich in den Kommentaren (mit Belegen) zu ergänzen.

    Die Grünen sind meines Wissens die einzige andere Partei, die sich als europäische Partei mit Mitgliedsorganisationen in den einzelnen Nationalstaaten organisiert hat. Wessen Programmatik europaweit stringenter ist, kann ich aktuell noch nicht beurteilen.

    Schillernder Avantagarde-Populismus?

    Beim Parteitag wurden gefühlt 500 Geschäftsordnungsanträge gestellt. Über große politische Fragen wurde nicht diskutiert. Über kleine wie die (in einem Antrag genannte) nach der Abschaffung des Feldes “Geschlecht” beim Einwohnermeldeamt aus Zeitmangel auch nicht.

    Die Piraten hätten weiterhin die Chance, eine avantgardistisch-libertäre Partei zu sein. Ob sie sich im linksliberalen Eck einordnen lassen müssen, ist fraglich. Damit sie aber an Strahlkraft gewinnen, müssten sie sich von ihrem öden Formalismus verabschieden und – auch nach außen – politischer werden. Eventuell könnte die Partei von Synergie-Effekten mit der “Bewegung” für ein bedingungsloses Grundeinkommen profitieren (ich selbst bin gegen ein Grundeinkommen, meine aber, dass es zu den Piraten gut passen würde). Ihr oberflächlicher Einsatz für “Queer” könnte trotz der Undifferenziertheit und des unterschwellig existenten Sexismus sogar positive Wirkungen für die Geschlechterdebatte erzielen, und das, obwohl die Partei, wie gesagt, aktuell als Männerpartei zu betrachten ist.

    Ob es wünschenswert wäre, dass sich die Piratenpartei in Richtung schillernder Populismus jenseits von links und rechts entwickelt, ist offen. Zurzeit ist sie davon allerdings sehr weit entfernt.


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74 Responses to “Die Partei des unendlichen Reichtums”

  1. Guter Beitrag!

    Ich kann nur den Punkten über Lena nicht zustimmen. Ich glaube die beleidigenden Sprüche kamen nicht weil Lena eine Frau ist, sondern weil Lena Lena ist. Es gibt denke ich kaum einen schnelleren und grüblicheren weg sich bei den meisten Piraten unbeliebt zu machen, als die eigene Agenda über Bande mit der Presse voranzutreiben. Das hat Stefan König deutlich gezeigt bekommen (mehrfach) und das müsste auch Lena lernen. Wenn ich eine Pressemitteilung ins Piratenwiki stelle und mit “Auf dem Landesparteitag der Piraten in Berlin wurde ….gegründet” ist das absichtlich so gesagt worden um einen offiziellen Anstrich zu bekommen und als Futter für die TAZ zu dienen. Solchen Populismögen wir nicht bei westerwelle, nicht bei Koch und auch nicht bei Lena. Gute Ideen setzen sich auch ohne solche Ränkeschmieden durch. zwar langsamer und es ist anstengender, aber dafür nachaltiger. Lena ist einfach für min 50% der Piraten verbrannt, die könnte Netzneuralität&Freie Software fordern und würde weiter ausgebuht. Man kann halt nicht erst dem Wirt auf die Theke scheissen und danach ein Freibier erwarten.

  2. “Lenas programmatische Anträge TE 045 (pro polygamie) TE 043 (ein Mädchen namens Klaus) TE 044 (Asyl für Pedo Bär) sind richtig bösartig. (maha so ein zufall, auch hier?)”

    ACHTUNG! Lena Rohrbach bitte nicht verwechseln mit Le(e)na Simon!

    Le(e)na Simon ist mMn eine reine Selbstdarstellerin, Lena Rohrbach dagegen hat einen absolut genialen Kommentar zur Genderdebatte abgeliefert, den ich nur unterschreiben kann, genau wie die genannten Anträge.
    Und diese Anträge hatten in der Antragsfabrik eine große Unterstützung.

    http://aggregat7.ath.cx/2010/03/10/zum-genderthema-in-der-piratenpartei

    Also Le(e)na != Lena!

  3. So so so … erstens: Ich hab die Kandidatur von Lena Simon in meinem Beitrag entsprechend getaggt, bitte nicht noch persönlicher werden. Ich weiß das nicht, was da intern gelaufen ist, will aber keine derartigen persönlichen Diskreditierungen hier lesen.

    Fakt ist: Sie hat eine Mailingliste gegründet und es gab lautes Geschrei. Warum auch immer. Bitte dies woanders klären. Das mit SpOn war nicht ganz fair, aber wenn die Presse drüber berichten will, dann berichtet sie. Da kann der “Bundesvorstand der Piratenpartei” noch sonstsoviele PMs verschicken, interessant ist, wenn gute Geschichten da sind. Und die von der Mailingliste war nun mal eine sehr gute Geschichte. Es war nicht ganz fair, aber so what.

    Die Anträge, die jetzt von Lena Rohrbach gekommen sein sollen, hören sich, so finde ich, gar nicht so schlimm an. Als ich in der Grünen Jugend, der Jugendorganisation von Bündnis 90/Die Grünen, aktiv war und wir etwas zu Gender und Auflösung der Zweierbeziehung beschlossen, hatten wir auch gleich Polygamie-Vorwürfe von Rechten am Hals und schlechte Presse. Insofern sollte man obigen Kommentar

    Lenas programmatische Anträge TE 045 (pro polygamie) TE 043 (ein Mädchen namens Klaus) TE 044 (Asyl für Pedo Bär) sind richtig bösartig. (maha so ein zufall, auch hier?)

    von diesem Troll einfach nicht ernstnehmen.

  4. Nochmal etwas näher.

    TE043: “Der Zwang zum geschlechtseindeutigen Vornamen ist abzuschaffen. ” (deshalb: ein Mädchen names Klaus)

    TE044: “Verfolgung aufgrund der geschlechtlichen oder sexuellen Identität bzw. Orientierung ist Unrecht.” (schliesst Asyl für Pädophilie ein, Asyl aufgrund Verfolgung reiner sexueller Neigung wäre bereits jetzt durch Art 16a Abs. 3 GG möglich. – Antrag überflüssig!)

    TE045 “Konzepte der Erweiterung der eingetragenen Lebenspartnerschaft zu einer eingetragenen Lebensgemeinschaft auch von mehr als zwei Personen müssen erarbeitet und verwirklicht werden. ” (rechtliche Anerkennung der Polygamie als Lebensform beabsichtigt)

    Das ist tiefstes Mittelalter und fördert Unterdrückung und sexuelle Ausbeutung. Bsp. drei Frauen zur sexuellen Belustigung unter Ausnutzung von Abhängigkeiten. Entsprechende Visaerteilungen wären nur eine rechtliche Folge.

  5. @spearmind:

    TE045 würde auch Polyamory legalisieren. Such nicht immer nur das Negative. 🙂

  6. Hallo spearmind,

    ich bin selbige Lena (nicht Leena).

    TE043: “Der Zwang zum geschlechtseindeutigen Vornamen ist abzuschaffen. ” (deshalb: ein Mädchen names Klaus)

    Ja, diese Möglichkeit zu schaffen, ist das Ziel. Dass Menschen mit einer bestimmen Anatomie nur mit bestimmen standardisierten Lauten gerufen werden dürfen ist bei näherer Betrachtung absurd und nicht zu begründen. Es hat zudem konkrete unschöne Auswirkungen z.B. für Transsexuelle, die derzeit mit einer Vielzahl von Anforderungen konfrontiert werden (noch schlimmer sind diejenigen für eine Änderung der Geschlechtseintragung), um ihren Namen ändern zu dürfen, und zementiert das Zweigeschlechtersystem als relevanten Einordnungsmechanismus.

    TE044: “Verfolgung aufgrund der geschlechtlichen oder sexuellen Identität bzw. Orientierung ist Unrecht.” (schliesst Asyl für Pädophilie ein, Asyl aufgrund Verfolgung reiner sexueller Neigung wäre bereits jetzt durch Art 16a Abs. 3 GG möglich. – Antrag überflüssig!)

    Für Pädophilie an sich sollte auch niemand verfolgt werden, sofern er sie nicht auslebt, nur für Übergriffe auf Kinder. Diese sind durch unsere Formulierung natürlich nicht gedeckt.
    Unser Asylantrag (den du hier nicht vollständig zitierst) geht über den derzeitigen Asylstand hinaus (und ist daher nicht überflüssig), da derzeit “irreversible Homosexualität” nachgewiesen werden muss (d.h. ein Psychiater beurteilt, ob jemand homosexuell ist – das ist erstens nicht sicher möglich, zweitens sehr problematisch für Menschen, die aus Kulturen stammen, in denen sie beigebracht bekommen haben, dass homosexuell zu sein verwerflich ist), was unser Antrag ablehnt, und wir auch Verfolgung von nichtstaatlicher Seite mit drin haben.

    TE045 “Konzepte der Erweiterung der eingetragenen Lebenspartnerschaft zu einer eingetragenen Lebensgemeinschaft auch von mehr als zwei Personen müssen erarbeitet und verwirklicht werden. ” (rechtliche Anerkennung der Polygamie als Lebensform beabsichtigt)
    Das ist tiefstes Mittelalter und fördert Unterdrückung und sexuelle Ausbeutung. Bsp. drei Frauen zur sexuellen Belustigung unter Ausnutzung von Abhängigkeiten. Entsprechende Visaerteilungen wären nur eine rechtliche Folge.

    Polygamie an sich fordert weder Unterdrückung noch sexuelle Ausbeutung – die Nichtgleichstellung der Geschlechter fördert diese. Wenn Menschen gleichberechtigt und frei leben und entscheiden können, kommt es weder in der Ehe zwischen 2 Personen noch zwischen 3 oder 4 Personen zu Unterdrückung und Ausbeutung. Abhängigkeiten muss an anderer Stelle vorgebeugt werden, aber nicht durch das Verbot, gleichberechtige polyamore Beziehungen zu institutionalisieren.

    Ich führe übrigens eine lange und stabile Beziehung zu zwei Männern und kann dir versichern, dass ich weder unterdrückt noch ausgebeutet werde. Und die beiden Jungs auch nicht. 😉

  7. […] zeitrafferin

  8. Könntest du mir bitte sagen wo ich unsachlich war?

  9. […] Piraten: Die Partei des unendlichen Reichtums…Julia Seeliger […]

  10. Ob die Piraten linksliberal, rechtsliberal, konnservativ oder anarchistisch sind, ist kaum zu beurteilen. Denn zu den relevanten politischen und gesellschaftlichen Themen in Deutschland fehlt das Programm. Die Piraten halte ich für eine Schönwetter-Partei. Wenn Sturm aufzieht, kentern die. Wir müssen sehen, dass es in den nächsten Jahren grosse Herausforderungen gibt. Die Eckpunkte sind Staatsverschuldung und Demographie. Wo sind denn die Antworten der Piraten auf Gesundheitspolitik, Wirtschafts-, Finanzpolitik, auf Bildung und Klima? Wenn die noch nicht einmal ein vergleichsweise harmloses Thema wie Frauenpolitik auf die Reihe bekommen…

  11. Könntest du mir bitte sagen wo ich unsachlich war?

    Das ist hier zwar keine Psychotherapie, aber ich sag es dir trotzdem: Du schriebst “Leider (…) wieder (…) nur die Hälfte mitgeteilt”.

  12. 1.) Also zu der seltsamen Einstellung zur Namensgebung möchte ich noch sagen, dass dies die Diskriminierung von Kindern fördert (Kinder können gemein sein.) wenn vom Aussehen her unklar ist ob ein Mädchen oder ein Junge mein Gegenüber ist.

    Der Name klärt hier im Sinne des Betroffenen auf, ohne zu verletzen, ohne sexuelle Merkmale offen zur Schau stellen zu müssen.

    2.)

    Abweichende geschlechtliche oder sexuelle Identität bzw. Orientierung darf ferner nicht als Krankheit oder Perversion eingestuft werden.

    Auch dies ist bereits der Fall, auf die Jurisdiktion anderer Länder haben wir keinen Einfluss. Ich bleibe dabei, der Antrag ist überflüssig.

    Eine sachliche gesellschaftliche Diskussion über die Akzeptanz der Pädophilie ist darüber hinaus und derzeit nur schwerlich denkbar aber natürlich vonnöten. Leider ist der negative Einfluss von tranatlantischen Moralvorstellungen nur allzu groß.

    3.) Deine Beziehung zu zwei Männern in allen Ehren. Macht Euer Ding. Glückwunsch wenn alle gleichermaßen befriedigt in dieser Beziehung leben. Eine gesellschaftliche Anerkennung über einer Zweierbeziehung hinaus lehne ich ab. Polygamie an sich und in der Praxis hat natürlich ganz viel mit den finanziellen Verhältnissen in denen diese stattfindet zu tun, ganz zuschweigen ob du beabsichtigst mehr als zwei Eltern für Kinder vorzusehen. Polygamie schadet der Institution Famile. Gerade im Unterdrückungsregime Irans kämpfen derzeit Frauen darum Polygamie zu überwinden und damit die Situation finanzieller Abhängigkeit zu überwinden. Wir sollten keineswegs in das Mittelalter zurückfallen.

    Nobel Preisträgerin Shirin Ebadi warnt vor einer Förderung der Polygamie weil sie Frauenrechte verletze. Intention der Vielehe im Koran war gerade die finanzielle Absicherung sozial schlechter gestellter Frauen. Ich bitte daher Situationen finanzieller Abhängigkeit nicht in Abrede zu stellen.

  13. Spearmind, Arte Povera, ich bin dankbar, dass ihr die Spannbreite der in den Piraten-(Anhänger)Kreisen verbreiteten Einstellungen und Ideen zu (Zweier-)Beziehungen und Geschlecht argumentativ differenziert dargestellt habt.

    Versteht aber bitte: das ist hier kein Piratenforum. Es geht in diesem Artikel nicht unbedingt um Mehrfachbeziehungen und um Einstellungen hierzu. Diskutiert das bitte woanders, das ist sowas von emotional und ideologisch aufgeladen und würde das hier sprengen.

    Danke. 🙂

  14. Christian Spließ

    Kurz mal ein Einwurf: Es mag ja sein, dass die Piraten “öffentlich” im Netz diskutieren. Für ihre potentiellen Wähler sind Begriffe wie Wikipad – ich hätte jetzt eine Variante des iPads drunter verstanden und das ist kein Sarkasmus – Wiki, IRC-Channel etc. pp. ja in den Bereich der Öffentlichkeit zu rücken.

    Nur: Das ist halt nur für einen kleinen Teil der netzaffinnen Öffentlichkeit wirklich öffentlich. Ob man es mag oder nicht, aber es gibt immer noch die old media: Zeitungen, TV oder Radio. Auch das ist Öffentlichkeit und da muss ich Julia Recht geben – die Piraten kommen in einem öffentlichen gesellschaftsrelevanten Medienraum schlicht und einfach nicht vor. Höchstens wenns um Tauss geht. Und das ist nicht gerade positiv.

    Insofern: Für die Piraten selbst mag das Web ja öffentlich genug sein, aber es ist nur ein Teil der öffentlichen Meinungsbildung.
    Ad Astra

  15. Ob man es mag oder nicht, aber es gibt immer noch die old media: Zeitungen, TV oder Radio. Auch das ist Öffentlichkeit und da muss ich Julia Recht geben – die Piraten kommen in einem öffentlichen gesellschaftsrelevanten Medienraum schlicht und einfach nicht vor.

    Wir Piraten würden gerne öfter in Zeitung, Radio und TV vorkommen!

    Wir versenden ja auch fleisig Pressemitteilungen und laden Pressevertreter zu Veranstaltungen ein.

    Aber dass die dann sowenig über uns berichten liegt nicht an uns, sondern einfach an dem Umstand, dass wir nunmal weniger Stimmen bei Wahlen bekommen als die “etablierten Parteien” und damit weniger Interesse besteht über uns zu berichten.

    Wir tun aber alles, was wir können, um so transparent und öffentlich zu diskutieren, wie es nur geht.

    Unsere Diskussionen auf Papier zu drucken und an alle Haushalte mit der Post zu schicken, das können wir uns leider nicht leisten.

  16. @ Christian Spließ

    Also ein wikipad gibt es bei den Piraten nicht. Du meinst sicherlich das Pirate Pad.

    Was schlägst Du vor um öffentlichkeitswirksamer zu werden? Bitte verwechsle Transparenz nicht mit Öffentlichkeitswirksamkeit. Vielleicht hat jemand enien guten Draht zu Phoenix, einer Übertragung von Parteitagen stünde sicherlich niemand im Weg. Potentielle Piratenpartei Wähler hatten bereits erste Kontakte mit dem Internet. Nein die Partei steht jedem offen der sich ernsthaft mit ihr beschäftigen möchte. Netzaffinität ist nicht messbar und unterliegt einem subjektiven Empfinden von Kompetenz und ist bei der Beurteilung einer Partei genausowenig hilfreich wie ein dreidimensionaler Kompass oder Schubladen.

    Wer sich ernsthaft mit der Piratenpartei auseinandersetzen möchte, hat die Möglichkeit dies online zu tun. Nein ich kenne keine Partei ausser der Piratenpartei die es Nichtmitgliedern möglich macht Politik mit zu konzipieren und auszugestalten. In allen anderen Parteien wird Programmatisches in Hinterzimmern diskutiert.

    Politikverdrossenheit als Trend wird nachvollziehbar, weil Politik wie sie bisher üblich war Bürger ausschliesst.

    Liquid Feedback kommt von den Piraten. Ein System der Delegierten bleibt anderen vorbehalten die kritische Stimmen bereits im Vorfeld von Parteitagen ausschalten möchten. Es ist vielleicht keine Politik der Delegierung, geprägt von alteingesessenen Profis, gerade deshalb gewinnt man aber Sympathien.

    Wenn old media Piraten nicht mag, die taz möchte ich da gar nicht ausschliessen, dann liegt das weniger an den Piraten selbst. Es gibt eben diese imaginäre Fünf Prozent Grenze die sich dann auch in der Berichterstattung bemerkbar macht. Noch dazu ist die Meinung der Piraten zu Patenten und Urheberrecht vielleicht nicht im Interesse aller Auftraggeber für Werbeanzeigen in den Medien. Das kann man hinnehmen wenn man sich seinen Werten bewusst ist.

    Es ist zu beobachten, dass bei Piraten die Unschuldsvermutung gilt. Man ist gut beraten von diesem Grundsatz nicht abzuweichen und sich nicht einer medialen Vorverurteilung zu beugen. Ich denke das macht am Ende eine starke Partei aus.

  17. […] problematisch, ich halte es aber für möglich, dieses Problem in Zukunft anzugehen. Die grüne Julia Seeliger hat den Bundesparteitag der Piraten besucht und eine sehr lesenswerte Analyse des aktuellen […]

  18. […] zeitrafferin

  19. Mit der Pratenpartei wird es wohl erst was, wenn kompetente Netzpolitik-Leute wie Constanze Kurz oder Markus Beckedahl dort aktiv werden. Aber die haben vermutlich auch besseres zu tun, als mit einem Haufen Trolle eine Politik-Simulation zu bauen.

  20. Gut geschrieben insgesamt.

    Anmerkung von mir wäre: Diskussion findet auch immer stärker auf Stammtischen statt. Insgesamt sogar meinem Gefühl nach mehr sinvolles und produktives als im Inet.
    Was ich schätze, dass auch in anderen Parteien der Fall ist.

  21. […] http://julia-seeliger.de/partei-des-unendlichen-reichtums/ […]

  22. […] zeitrafferin

  23. […] zeitrafferin

  24. Alt aber gut:

    Piratenpartei zum “Pascha des Monats” gekürt bei EMMA:

    http://www.emma.de/hefte/ausgaben-2009/novemberdezember-2009/pascha-2009-6/