Julia Seeliger
  • Meinungsfreiheit? Schwachfug!

    131
    8. July 2009 | Trackback | Internet ausdrucken
    scissors

    Gerade die ersten Erfolge erzielt – und schon hat die Piratenpartei ihren ersten handfesten Skandal: Beim Bundesparteitag am vergangenen Wochenende wurde Bodo Thiesen, der in der Vergangenheit immer wieder mit fragwürdigen Thesen zum Dritten Reich aufgefallen war, zum “Ersatzrichter im Schiedsgericht” gewählt. Thiesen steht außerdem auf Platz 7 der Piratenpartei-Landesliste in Rheinland-Pfalz.

    Der Bundesvorstand der Piratenpartei wusste definitiv über Bodo Thiesens Äußerungen bescheid – und auch die Piraten beim Parteitag am vergangenen Wochenende waren nicht etwa uninformiert, wer da vor ihnen stand – denn es gab auch eine Nachfrage zum Thema, wie Youtube weiß

    Scheint doch ganz lustig gewesen zu sein – Was ist eigentlich das Problem mit dem Herrn Thiesen? Vor längerer Zeit hatte er auf Mailinglisten richtig harten Tobak aufgefahren, so zum Beispiel am 23.02.2003

    Es hören manche Leute nicht gern. Aber Hitler wollte keinen Krieg.

    Auch zu “den Juden” äußerte Thiesen im Juni 2003 Aufschlussreiches

    Es steht jedem Juden frei, jederzeit Deutschland für immer zu verlassen. Und im Gegensatz zum 3. Reich dürfen die heute sogar ihr gesamtes Hab und Gut mitnehmen.

    Grenzwertig bis grenzüberschreitend auch dieses Zitat

    Im Gegensatz zu Deutschland, wo die Judenverfolgung lächerliche 12 Jahre dauerte, kann die USA auf jahrhundertelange Verfolgung und Unterdrückung zurrückblicken. Es waren nur keine Juden, sondern Indianer, Schwarze usw., das ist der einzige Unterschied zwischen der Nazi-Regierung, und den übrigen Regimen.

    Und nicht zuletzt: Dieser Thread aus dem Forum der Piratenpartei.

    Solange der Holocaust als gesetzlich vorgeschriebene Tatsache existiert, sehe ich keine Möglichkeit, diesen neutral zu beschreiben. Zur Erinnerung an vergangene Zeiten. Es gab auch mal andere Doktrinen, z.B. die “Tatsache”, daß die Erde eine Scheibe sei. Diese Doktrin unterscheidet sich von der Holocaust-Doktrin im wesentlichen durch folgende Punkte: 1.) Heute existiert diese Doktrin nicht mehr, daraus folgend konnte 2.) offen darüber diskutiert werden, und Nachforschungen angestellt werden, und daraus folgt 3.) daß festgestellt wurde, daß diese Doktrin schlicht falsch war. Soviel zum Thema Neutralität. […] So, auf die Argumente zum Holocaust selbst gehe ich nicht ein, weil ich das auf Grund des § 130 Abs 2 StGB nicht darf. –Bodo Thiesen 14:16, 16. Jul 2004 (CEST)

    Menschen ändern sich, das mag ja sein – aber:

    Ob nun die Juden (und die nicht-jüdischen Opfer, die ich in Folge nicht jedes mal separat aufzählen werde) in Auschwitz vergast wurden oder auf anderem Wege getötet wurden, spielt für die Entscheidung, jedes Menschenleben unabhängig von der Hautfarbe, Religion usw. schützen zu müssen, keine Rolle.

    Das ist aus diesem Jahr. Thiesen fordert im folgenden noch, “eine neutralere Sichtweise in Bezug auf die Deutsche Geschichte an den Tag zu legen”, denn “diese Tabuisierung des Nazi-Deutschlands” lähme uns. Man dürfe doch nicht jeden, der “eine Meinung gegen den Mainstream” habe, “als Nazi brandmarken”.

    Ob es sich bei diesen oder anderen Äußerungen um Relativierung oder Leugnung des Holocausts handelt, kann letztlich nur ein Gericht feststellen.

    Gleichwohl offenbart der Vorfall vor allem eines: Die Piratenpartei hat ein Problem. Die Piratenpartei hat ein Problem mit ihren Spinnern, sie hat ein Problem mit der klaren Abgrenzung zu Nazis, auch wenn ihr das im Moment nicht bewusst sein mag. Und die Piratenpartei hat offenbar auch ein Problem mit der Kenntnis des deutschen Rechtssystems. Der Bundesvorstand verweist in seiner Erklärung auf die Meinungsfreiheit, offenbar ohne zu erkennen, dass diese klare Schranken durch deutsche Gesetze und Gerichte hat.

    Die Meinungsfreiheit ist ein hohes und von uns Piraten außerordentlich wertgeschätztes Gut. Amtsträger der Partei sind aber in der besonderen Pflicht, die damit verbundene Verantwortung über ihre eigenen Interessen zu stellen und Schaden von der Partei abzuwenden.

    Falsch verstandener Meinungsfreiheit begegnet man im Netz immer wieder: Dabei wird stets auf Artikel 5 des Grundgesetzes verwiesen. Thilo Baum erklärt, wie Artikel 5 im Genaueren – insbesondere in Bezug auf Holocaustleugnung – zu interpretieren ist.

    Das Recht, seine Meinung frei zu äußern, gilt in Deutschland unangefochten. Es endet nur dann, wenn eine Meinungsäußerung Rechte anderer (oder eben andere, höhere Rechtsgüter) verletzt. Verboten ist die Holocaustleugnung ja gerade deshalb, weil sie keine Meinung transportiert, sondern eine falsche Tatsache verbreitet: Die ständige Wiederholung falscher Tatsachen verdreht die Realität, und die Leute halten ständig wiederholte Lügen mit der Zeit für wahr, was totalitäre Systeme ja gerne nutzen. Und nach den Erfahrungen von 1933 bis 1945 ist es hierzulande eben verboten, weiterhin im Stile der Nationalsozialisten Propaganda zu machen.

    Die Abgrenzung von Meinungen zu den so genannten Tatsachenbehauptungen ist in diesem Falle von Bedeutung. Tatsachenbehauptungen kann man verifizieren, Meinungen nicht. Auch der erste Senat des Bundesverfassungsgerichts hat sich (Kontext ist eine Versammlung, bei der “Auschwitzlügen” zu erwarten waren) mit der Abgrenzung von Meinungsäußerungen von Tatsachenbehauptungen befasst. Sogar unwahre Tatsachenbehauptungen können geschützt sein, dieser Schutz hat aber Grenzen.

    Infolgedessen endet der Schutz von Tatsachenbehauptungen erst dort, wo sie zu der verfassungsrechtlich vorausgesetzten Meinungsbildung nichts beitragen können. Unter diesem Gesichtspunkt ist unrichtige Information kein schützenswertes Gut. Das Bundesverfassungsgericht geht deswegen in ständiger Rechtsprechung davon aus, daß die bewußt oder erwiesen unwahre Tatsachenbehauptung nicht vom Schutz der Meinungsfreiheit umfaßt wird

    Im Klartext: Die Auschwitzlüge ist nicht durch die Meinungsfreiheit gedeckt. Und falls es jemand noch nicht mitbekommen hat: Holocaustleugnung ist in Deutschland und in anderen Ländern der Welt strafbar. Und auch in den immer wieder als Beispiel angeführten USA wird seit Jahren darüber diskutiert Holocaustleugnung unter Strafe zu stellen.

    Die Protagonisten dieser “Critical Race Theory” argumentieren dafür, Äußerungen nicht von ihrem Kontext zu lösen. (…) Ebenso ist die Leugnung des Holocaust mehr als nur eine beliebige Tatsachenbehauptung: Sie war schon für die Nazis ein wesentlicher Bestandteil des Genozids, wie die Benutzung von codierten Begriffen (“Sonderbehandlung” für Vergasung) und Vertuschungsaktionen, wie die “Aktion 1005”, belegen.

    Genug Argumente für einen differenzierten und fundierten Blick auf die Meinungsfreiheit, finde ich. Es mag ja sein, dass es Libertäre gibt, die Gesetze an sich abschaffen wollen. Aber ich finde, die Piratenpartei sollte sich erst einmal andere Baustellen vornehmen als eine grundlegende Diskussion über die Strafbarkeit der Auschwitzlüge. Und, man möge mich korrigieren, eine solche haben sie – durch mangelhafte Abgrenzung – in den letzten beiden Tagen befeuert. Die Laviererei des Bundesvorstandes, die halbherzige Erklärung wirft kein gutes Licht auf die mit Kanonendonner laut in See stechenden Demokratieverteidiger. Sie befinden sich nämlich dann ganz schnell dort, wo sie niemals sein wollen – jenseits der Grenzen von Rechtsstaat und Demokratie.

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131 Responses to “Meinungsfreiheit? Schwachfug!”

  1. > Julia Seeliger Juli 8th, 2009 at 13:41
    > (“Schwarz-Grün lehnt Anti-Terror-Gesetze ab”)

    Warum steht da eigentlich “lehnt ab”?!
    Die enthalten sich mal wieder nur obwohl man “den Abbau von Bürgerrechten (fürchtet)”

    http://www.abendblatt.de/hamburg/article1085314/Schwarz-Gruen-lehnt-Anti-Terror-Gesetze-ab.html

    Meine Schlussfolgerung: “Wer für den Erhalt der Bürgerrechte ist, ist mit den Grünen schlecht beraten!”

    btw: Ich hoffe da kommt auch noch so eine Ausgewogene Diskussion mit vielen Blog-Beiträgen und Analysen zusammen wie bei Bodo T. .. oder ist das zu Reale Politik und schlecht für’s Image?!

  2. […] über ein Mitglied die Runde, das etwas verschwurbelt den Holocaust relativert hatte (Übersicht über die Reaktionen bei zeitrafferin). Nun zeigte sich die Dynamik der Netzcommunity, die nicht […]

  3. @ Dennis
    Stimmt!
    Enthalten ist nicht gleich ablehnen, im Gegenteil bei der Prisanz ist es ein obligatorisches zustimmen.
    Umfallen ist allerdings schon zu einer politischen Sportart geworden. Einige Politiker sind dabei schon Olympiareif!

  4. @Dennis
    @Marco

    Enthaltungen im Bundesrat werden wie Gegenstimmen gezählt und das ist so üblich bei Meinungsverschiedenheiten, wenn sich die Regierungspartner nicht einigen können. Das BKA Gesetz ist auch in der ersten Runde an den vielen Enthaltungen gescheitert, Gegenstimmen gab es da keine. Es wäre auch illusorisch anzunehmen, dass sich die CDU in Hamburg zu einer Gegenstimme bewegen lassen würde. Zumal eine Enthaltung ja denselben Effekt hat. In dem Fall tut ihr den Grünen unrecht. 😉

    Viele Grüße – Toljok.^^

  5. […] ist kein Einzelfall. [x] Nein, die Distanzierung war die Energie nicht wert, sie zu lesen. [x] Ja, ich bewundere Julia für Ihre Ruhe. [x] Ja, die Piraten sind eindrucksvoll gekentert. [x] Ja, obiges Wahlplakat ist Satire. [x] Nein, […]

  6. Ich halte die äußerungen von BT ja auch für ausgemachten Schwachsinn – ABER wenn er sagt “zeigt mich doch an” hat er recht. Denn entgegen der Meinung der Hobby-Literaturwissenschaftler hier leugnet er den Holocaust nicht. Würde er es tun wäre es Strafrechtlich relevant. Ihm vorzuwerfen er würde es “versteckt” tun ist hingegen Interpretation und irrelevant(Und grenzt an Verleumdung). Da wird jedes Gericht zustimmen. Aber 2/3 derer die diesen Kommentar lesen werden mich dafür auch in die Braune Schublade stecken. Und das ist das Problem – wenn ihr auf jemanden trefft der nicht in eine eurer Schubladenmeinungen passt steht ihr sehr hilflos da. Und dann wird die Keule ausgepackt und jeder der sich wagt zu Zweifeln gehört dazu. Kommentare wie z.B. von Toljok zeigen doch eindeutig was die letzten Tage so in der Blogosphäre abläuft. Ein einziger Kindergarten…Ich hab die Piraten übrigens nicht gewählt. Und wenn ich in Zukunft entscheide ob ich sie wähle wird der Vorzeigedepp BT bei meiner Entscheidung keine Rolle spielen – sonst könnte man ja garnicht mehr wählen.

  7. […] Beitrag ist eine Replik auf Meinungsfreiheit? Schwachfug! von […]

  8. Bitte unterscheiden:

    (a) BT:

    Da gehe ich fast äquivalent mit Dir. Bodo hat vor ein paar Jahren ziemlich genau durchblicken lassen, was er denkt. Seine kürzlich veröffentlichte “Entschuldigung” reicht mir nicht. Er gehört nicht in eine freiheitlich demokratische Partei. Beim Bundesparteitag wurde er in das eigentlich unbedeutende “Logging-Amt” gewählt (naja, immerhin), obwohl die allermeisten der Anwesenden ihn nicht kannten.

    Auch bei den Grünen (und allen anderen Parteien laut Parteiengesetz) herrscht aus gutem Grund auch innerhalb der Partei Gewaltenteilung, auch bei den Grünen kann der Vorstand hoffentlich nicht aus eigener Entscheidung ein Mitglied einfach entfernen. In den Gründungsjahren der Grünen gab es viele “unangenehme” Köpfe, um es mal harmlos auszudrücken.

    Mittlerweile sind die Grünen zweifelsfrei erwachsen geworden. Die Piraten werden es sicherlich auch.

    (b) Bürgerrechte:

    Nun zum eigentlichen Thema:

    Ich würde die Grünen grundsätzlich gerne wählen, wenn sie genügend für Freiheit und Bürgerrechte im Netz einstehen würden.

    Wie kann ein grüner Bundestagsabgeordneter nur für eine Zensurinfrastruktur im Netz stimmen?? So bleiben mir nur die PIRATEN. Und ich wünsche ihnen dabei viel Erfolg.

  9. […] Beobachtungen zu “Bodogate” beschrieben, den weitaus größeren Teil auch als Reaktion auf einen Artikel von Julia Seeliger. “Bodogate” diente dabei eigentlich nur als Aufhänger. Bodos Äußerungen sind natürlich ein […]

  10. […] zeitrafferin

  11. @BaldPirat: KeinE GrüneR BundestagsabgeordneteR hat für das Gesetz gestimmt. 15 haben sich enthalten, das ist ärgerlich genug, aber dafür stimmen ist noch mal was anderes. Bitte keine falschen Behauptungen in die Welt hinausposaunen.

  12. Leider sind mir bei den Grünen auch schon Funktionäre begegnet mit ähnlichen Ansichten wie den hier zu Recht gerügten

  13. Wie war das damals mit dem Kindersexskandal bei den Grünen? http://de.wikipedia.org/wiki/Abschaffung_des_Sexualstrafrechts_in_Deutschland#Diskussion_innerhalb_der_Partei_Die_Gr.C3.BCnen

    Können wir deshalb sagen, dass da sicher noch Pädophile in der Partei sind?

    Sind sie wegen der Vergangenheit unwählbar?

    Ich finde es schwierig sich durch Zitatsfetzen eine Meinung über einen Menschen zu bilden und schlimm eine Partei über einen einzigen Menschen zu definieren, wie es manche tun.

  14. @Peter Alberts:

    Du hast natürlich vollkommen Recht, ich habe es gerade bei http://www.zdf.de/ZDFmediathek/preview/584336?inPopup=true nachschauen können. Tut mir Leid, das war wirklich ein Faux pas meinerseits.

    Trotzdem verärgert mich außerordentlich, dass von 33 Grünen Abgeordneten/Abgeordnetinnen sich nicht nur 15 enthalten haben, sondern zusätzlich 3 nicht anwesend waren, was also summa summarum heißt:

    Über die Hälfte, rund 55% der Grünen Abgeordneten hat nicht dagegen gestimmt!

    Das ist wirklich nicht das Bild der Grünen, das ich gerne hätte.

  15. […] solange sie nicht bestimmte Grenzen überschreiten.“ Julia Seeliger erklärt uns in ihrem Blog, dass er nicht Recht hat: „Im Klartext: Die Auschwitzlüge ist nicht durch die […]

  16. @BaldPirat: Du irrst leider schon wieder, die grüne Bundestagsfraktion besteht nicht nur aus 33, sondern aus 51 Abgeordneten. Davon haben sich 15 enthalten, 3 haben nicht abgestimmt, 33 haben gegen das Gesetz gestimmt. Also hat fast zwei Drittel aller grünen Abgeordneten (das -Innen ist hier quatsch, weil das Wort “Abgeordnete” im Plural geschlechstneutral ist) gegen das Gesetz gestimmt.
    Mit Dir hätte ich mir allerdings auch mehr grüne Nein-Stimmen gewünscht. Den Standpunkt der 15 EnthalterInnen kann ich nicht nachvollziehen; warum die 3 nicht abgestimmt Habenden nicht da waren, kann ich nicht beurteilen, ich vermute aber, dass es dafür gute Gründe gab – Menschen sind ja z. B. auch mal krank, und Bundestagsabgeordnete sind auch Menschen. Es ist ja auch nicht so, dass das an der Mehrheit im Bundestag irgendwas geändert hätte.

  17. deine Verschlagwortung find ich schon etwas arg: nazis, piratenpartei

    Verschlagwortung ist zur Suche gedacht. Nun können sowohl an rechtsextremen Argumentationsmustern als auch an der Piratenpartei Interessierte den Artikel finden.

    Warum steht da eigentlich “lehnt ab”?!
    Die enthalten sich mal wieder nur obwohl man “den Abbau von Bürgerrechten (fürchtet)”

    Entschuldige, aber da muss ich mal harsch werden. … Oh Mann – Manche raffen es aber auch gar nicht, wie das mit den Kompromissen in einer Koalition ist. Toljok hat es – dankeschön! – dann auch erklärt.

    Enthaltungen im Bundesrat werden wie Gegenstimmen gezählt und das ist so üblich bei Meinungsverschiedenheiten, wenn sich die Regierungspartner nicht einigen können.

    Danke auch (an jemand anderes) für diese Bemerkung

    Als ob sich Politik allein an der Strafbarkeit oder Nichtstrafbarkeit zu orientieren habe.

    Und, ach ja:

    Soweit ich weiß ist Bodo Thiesen _nicht_ schizophren. Es gibt also keine Spinner, es gibt einen Spinner.

    Ich bin da nicht drin in der Piratenpartei, aber mein gesunder Menschenverstand sagt mir: Diese Aussage ist falsch.

  18. Ehrlich gesagt finde ich den Blogartikel “Schwachfug”. Nein, es gibt keine ultimative Meiungsfreiheit und das ist auch OK, aber Du übergehst die eigentliche Frage, ob BT denn den Holocaust leugnet. Ich finde darauf bislang keine Hinweise und finde er hat doch Recht in dem Video: wenn ihr alle so überzeugt seid er leugne den Holocaust, warum zeigt ihr ihn dann nicht an?

    Sorry, aber ich fand den Artikel extrem abstossend, verstehe nicht wieso so ein Video triumphierend verlinkt wird, dass eigentlich nichts schlimmes enthält. Abstossend weil ich es eine schweinerei finde, jemanden so unkritisch niederzumachen – für mich der schlimmste Ausdruck von Mobverhalten.

    Ausserdem hast Du die Zitate teilweise aus dem Zusammenhang gerissen, z.B. lautet das Zitat “Hitler wollte keinen Krieg, zumindest nicht mit dem Westen” (dass er anhängt “er glaube aber insgesamt nicht” ist ja wohl eindeutig in dem Zusammenhand als Vermutung und nicht als Überzeugung zu interpretieren).

    Am allerwenigsten verstehe ich das Zitat, welches Du Dir bis zum Schluss aufgehoben hast:

    “Ob nun die Juden (und die nicht-jüdischen Opfer, die ich in Folge nicht jedes mal separat aufzählen werde) in Auschwitz vergast wurden oder auf anderem Wege getötet wurden, spielt für die Entscheidung, jedes Menschenleben unabhängig von der Hautfarbe, Religion usw. schützen zu müssen, keine Rolle.”

    Was ist denn daran auszusetzen? Und was ist daran “Schwachfug”? Welche andere Konsequenz kann man denn bitte aus dem Holocaust ziehen?

    Sorry für den unfreundlichen Kommentar, aber da ich den Blogartikel im Piratenforum kommentiert habe wollte ich es fairerweise auch hier erwähnen. Wird vermutlich eh nicht freigeschaltet.

    Nicht-Blogosphärische Grüße

    Björn

  19. Noch ein Nachtrag, da ich gerade erst die Verbindung zu den Grünen gesehen habe: “die Entscheidung, jedes Menschenleben unabhängig von der Hautfarbe, Religion usw. schützen zu müssen”, also genau jenes Zitat von BT was anscheinend so schrecklich ist, war für mich jahrelang mit einer der Gründe, Grün zu wählen. Ich dachte dafür steht die Partei (unter anderem). Ich finde das wirklich sehr irritierend, ausgerechnet von dieser Seite solche Töne zu hören – aber es zeigt wohl wirklich nur, dass Grün im Mainstream angekommen ist. Zum Glück gibt es mit der PP ja eine neue vielversprechende Minderheit.

  20. Hättest Du das auch geschrieben, wenn Du die einzige, bzw. erste gewesen wärst die seine Aussagen kritisiert hätte?

    Ich empfehle Dir diesen Beitrag:

    http://www.bildblog.de/5704/wie-ich-freiherr-von-guttenberg-zu-wilhelm-machte/

  21. aber Du übergehst die eigentliche Frage, ob BT denn den Holocaust leugnet.

    Das ist nicht meine Frage.

  22. Also denkst Du Dir nichts dabei, BT als Revisionisten darzustellen?

  23. Hab den Satz überlesen: “Ob es sich bei diesen oder anderen Äußerungen um Relativierung oder Leugnung des Holocausts handelt, kann letztlich nur ein Gericht feststellen.”

    Naja… Ich finde trotzdem dass das die Entscheidende Frage ist, denn die PP diskutiert doch nicht über die Ausschwitzlüge. Nur wenn BT tatsächlich als Revisionist gilt, würde das Verfechten von Meinungsfreiheit für ihn auch das Befürworten von Meinungsfreiheit für die Ausschwitzlüge bedeuten.

    Also wenn Du keine Meinung dazu hast, ob BT Revisionist ist oder nicht, finde ich es Verantwortungslos, seinen Fall für die Diskussion heranzuziehen, da es doch sehr suggestiv wirkt, wie er zitiert wird.

  24. BohemianBerlin

    Piratenpartei enthebt Bodo Thiesen seiner Ämter und startet Parteiausschlussverfahren

    Der Bundesvorstand der Piratenpartei hat in seiner Telefonkonferenz am 16. Juli
    2009 beschlossen, das Parteimitglied Bodo Thiesen seines Amtes als
    Ersatzmitglied des Bundesschiedsgerichtes zu entheben. Weiterhin wird
    ihm zunächst befristet bis Ende September 2010 die Befähigung aberkannt,
    erneut für ein Parteiamt zu kandidieren. Dies wurde vom Bundesvorstand
    einstimmig beschlossen.

    Der Bundesvorstand beantragt ferner beim zuständigen Schiedsgericht den
    Ausschluss von Bodo Thiesen aus der Piratenpartei, weil er sich vorsätzlich parteischädigend und satzungswidrig verhalten hat. Dem Antrag auf Parteiausschluss stimmten fünf der sieben Vorstandsmitglieder zu.

  25. Stefan Schäfer

    Hallo,

    dazu möchte ich auch meine Meinung sagen.

    Ich halte den Ansatz der Piraten für politisch mehr als innovativ. Deshalb habe ich sie auch bei der Europawahl unterstützt.

    Was das Thema Holocaust angeht muss ich sagen das ich es auch für sehr fragwürdig halte die Leugnung unter Strafe zu stellen.

    Und um es deutlich zu sagen: Mir ist es völlig egal ob jemand eine andere Hautfarbe, Haarfarbe, Religion oder Meinung hat. Ich bewerte Menschen nach ihrem Charakter.

    Nur war ich zur Zeit des dritten Reichs noch nicht auf der Welt. Und wie bei so vielen Dingen hinterfrage ich alles was mir als unumstösslich dargestellt wird. Und das ist ein Recht auf das ich nicht verzichte.

    Und auch deutlich gesagt: Es gibt für mich keinen Hinweis darauf das der Holocaust nicht stattgefunden hat. Nur darf ich deshalb anderen Menschen verbieten das zu Bezweifeln? Natürlich nicht!
    Jeder hat das Recht nachzufragen und wenn mein Gegenüber entsprechende Argumentationen nicht akzeptiert, dann ist das auch dessen gutes Recht.

    Und die Amerikaner haben nunmal die Indianer in nicht gerade kleiner Zahl dahin gemetzelt. Die Spanier haben Südamerika entvölkert. Die Engländer haben sich im Laufe des Imperialismus jedes Volk “zurechtgestutzt”. Und es gibt natürlich noch tausende ähnlicher Beispiele. Aber darüber redet Niemand in der gleichen Form. Und das beanstande ich deutlich. Insofern finde ich die Äusserungen von diesem Bodo nicht ungerechtfertigt. Nur ist seine Argumentationsführung sehr unglücklich, da nicht eindeutig.

    Was aber ganz klar ist: Wenn ich etwas nicht hinterfragen oder anzweifeln darf macht mich das stutzig. Und dann frage ich nach.

    Und deshalb mal was ganz anderes: Darf ein US Bürger den Massenmord an den Indianern leugnen? Und wird er dafür bestraft wenn er es tut? Beleidige ich die Indianer mit der Leugnung des amerikanischen Holocaust?

  26. Julia, so sehr ich deinen Standpunkt diesen Fall und die Piratenpartei betreffend teile, so sehr muss ich leider darauf hinweisen, dass du die Gruenen betreffend weitaus weniger klare und stringente Diagnosen an den Tag legst und legtest. Mich wundert, dss hier kein dejavu auftritt oder angefuehrt wird, all das ist doch hinlaenglich bekant: die Gruendungs-Mitglieder der Gruenen die damals und spaeter die Sichtweisen und Parolen der extremen Rechten propagierten, ist lang, bis zum heutigen Tag. Waere das nicht eine Gelegenheit gewesen, die Strukturen und Denkmuster des deutschen ‘countermovements’ zu durchleuchten, einer Bewegung die, sofern die Aechtung des Holocausts zum Behoerdenakt geworden ist, den Widerstand gegen genau diese Aechtung, in Union mit Angriffen gegen die Demokratie, Globalisierung, ‘political correctness’-Diskursen, Aufklaerung, Humanismus etc. zu ihren Hauptzielen ernennt, der ganze Komplex reicht doch weitaus tiefer und er ist nicht neu, Julia.

  27. Celine bzw. wahrscheinlich Andreas Klein:

    Ich habe das mit den extremen Rechten bei den Grünen der Anfangszeit in meinem Blog-Artikel “Warum ich nicht zu den Piraten gehe” erwähnt. Insofern ist mir die Kritiklinie nicht ganz klar und ich unterstelle Trollerei.

  28. […] solange sie nicht bestimmte Grenzen überschreiten. Julia Seeliger erklärt uns in ihrem Blog, dass er nicht Recht hat: Im Klartext: Die Auschwitzlüge ist nicht durch die Meinungsfreiheit […]

  29. Realität VS. Medienmeinung (Rechtsextremismus)…

    Vorwurf: Die Piraten lassen sich von Nazis unterwandern.

    Wenn man schaut, woher dieser Vorwurf kommt, lassen sich zunächst drei Ereignisse festmachen.
    In chronologischer Reihenfolge sind das:
    Der (vermeintliche) Holocaust-Leugner Bodo Thiesen
    Die…

  30. […] verlangt wurde, und diese sogar mit einer 24h-Frist belegt wurde, wurden die Diskussionen in Blogs und Foren weiterhin fortgesetzt. Am Mittwoch Abend dann, einige Zeit nach ablauf der 24h-Frist kam […]

  31. “Verboten ist die Holocaustleugnung ja gerade deshalb, weil sie keine Meinung transportiert, sondern eine falsche Tatsache verbreitet”

    Das ist leider nicht korrekt. Denn bereits die öffentliche Aussage, jemand glaube nicht an den Holocaust, fällt unter den entspr. Straftatbestand. Herr Baum hat insofern unrecht, und wenn er weiter sagt:

    “Die ständige Wiederholung falscher Tatsachen verdreht die Realität, und die Leute halten ständig wiederholte Lügen mit der Zeit für wahr”

    … dann wäre es interessant, ob Herr Baum neben dem Bezweifeln des Holocaust noch eine einzige weitere Meinungsäußerung kennt, die unter Strafe steht.