zeitrafferin
Julia Seeliger-
6. May 2007 | 4 Kommentare | Trackback | Internet ausdrucken
Eben hab ich mir mal den Artikel “Hanf-Republik Deutschland” auf spiegel online durchgelesen. Da werden mal wieder Märchen verbreitet – bestes Zitat ist dieses:
Doch das Gras “made in Germany” birgt Gefahren. Längst nicht alle Cannabis-Konsumenten ahnen, wie berauschend dieses Gewächshaus-Grünzeug wirken kann. “Durch die professionelle Bewirtschaftung der Plantagen, und weil die Pflanzen oft aus genmanipuliertem Saatgut stammen, kann die Wirkstoff-Konzentration der Indoor-Drogen bis zu vier Mal höher sein als bei herkömmlich angebautem Marihuana. Die Suchtgefahr steigt dadurch extrem an”, warnt LKA-Sprecher Scheulen.
Das Gerücht vom Cannabis mit “viel höheren THC-Konzentrationen als in der Zeit der 68er” hält sich hartnäckig. Der deutsche Hanf-Verband hat zu diesem Märchen eine interessante Zusammenstellung erstellt. Únd bereits im Jahr 2004 hat die EU-Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht in ihrem Suchtbericht festgestellt (PDF, 2MB), dass
“Die in den Massenmedien verbreiteten Behauptungen, dass sich die Cannabisstärke in den letzten Jahrzehnten um das Zehnfache oder mehr erhöht hat, werden durch die beschränkt vorliegenden Daten aus den USA oder Europa nicht bestätigt.”
Die Stärke von Cannabis, Seite 90
Man will mit diesen aus dem Nichts gegriffenen Horror-Geschichten womöglich Eltern, die früher mal gekifft haben, die Toleranz gegenüber ihren kiffenden Kindern madig machen.
Dabei ist die progressive Suchtforschung längst der Auffassung, dass die Drogenprohibition nicht der richtige Weg ist. Die Kriminalisierung junger Menschen schadet – denn Schweigen macht einsam! Süchtig werden junge Menschen vor allem, wenn sie mit niemand über eventuelle Probleme mit der Droge sprechen können.
Dazu kommt: Mir kann kein ernstzunehmender Drogenforscher und schon gar kein Drogengebraucher erzählen, dass man bei einer viermal höheren Wirkstoffkonzentration nicht einfach dazu übergehen könnte, die viertel Menge Gras in den Joint zu bröseln.
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30. April 2007 | 11 Kommentare | Trackback | Internet ausdrucken
Morgen ist es mal wieder so weit: Der “Tag der Arbeit” naht, und noch viel besser: Der “Revolutionäre erste Mai” feiert sein 20jähriges Jubiläum. Auf der Webseite des “revolutionären ersten Mai” findet sich eine Replik zu den Ereignissen von vor 20 Jahren:
Nicht mit uns! Nicht hier und nicht heute! So lautete die Antwort am 1. Mai 1987, als die Polizei mit Schlagstock und Tränengas das Straßenfest am Lausitzerplatz überfiel. Tausende von Menschen in Kreuzberg rebellierten. Ihr Widerstand ging über mehrere Stunden und richtete sich nicht nur gegen die Polizeigewalt, sondern war auch ein Ausdruck von Rebellion gegen die unzähligen Missstände und Ungerechtigkeiten des Systems.
Ich gehe morgen früh erstmal – traditionell! – zur DGB-Demo und dann auf das Kreuzberger Straßenfest, “Stand machen”. Danach geht’s ins Kreuzberger Getümmel … Der “Erste Mai” ist für mich ein ganz großer Feiertag, der unbedingt in Berlin begangen werden muss!
Deswegen kann ich leider nicht zu dem Treffen des Netzwerks “Realismus und Substanz” gehen, das – ebenfalls traditionell am ersten Mai – über grüne Strategie und grüne Inhalte philosophiert. Wenn man nichts anderes vorhat, ist dieses Treffen einen Besuch wert: R&S ist eine interessante und durchaus bereichernde Erfahrung.
Update: Gibt wirklich ne ganze Menge spannender Aktionen in Berlin am ersten Mai, so beispielsweise auch die Euro-Mayday-Parade für soziale Gerechtigkeit und gegen Ausbeutung, auf dem Auftaktkonzert zur mayday-Parade wird auch die von mir hochgeschätzte Bernadette LaHengst spielen. Das Ganze startet bereits gegen 13:45 Uhr am Lausitzer Platz.
Na dann mal: Her mit der Utopie!
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23. April 2007 | 33 Kommentare | Trackback | Internet ausdrucken
Am kommenden Mittwoch, den 25.4., werde ich bei "Hart aber Fair" zu Gast sein. Thema ist "Der gläserne Bürger"; Mitdiskutanten sind (bisher) Gerhard Baum (FDP) und Jörg Schönbohm (CDU).Rückzug, Rückzug,
sie haben mich jetzt ausgeladen. Da sie sich in der Großen Koalition derzeit wohl mehr und mehr ("da brodelt es!") über Bürgerrechte (sieht's bei solchen Themen in der SPD nicht eigentlich ähnlich finster aus wie bei der CDU ... ?) streiten, wollen sie lieber einen SPD-Menschen aufs Podium nehmen.Falls Ihr noch revolutionäre Thesen zum Datenschutz habt, Studien oder andere Texte, seid doch so nett und postet sie einfach in die Kommentare. Ich werde diese Quellen dann zur Vorbereitung nutzen. Oder ihr mailt die direkt an mich.
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17. April 2007 | 4 Kommentare | Trackback | Internet ausdrucken
Morgen wird das Kabinett Merkel über die Vorratsdatenspeicherung entscheiden. Ein kleines Fünkchen Hoffnung stirbt natürlich nie, aber sehr wahrscheinlich ist es nicht, dass die mit Recht höchst umstrittene EU-Richtlinie morgen gestoppt wird.
Am vergangenen Wochenende fand dazu in Frankfurt eine Demo statt, mehr als 2000 Menschen gingen gegen die Vorratsdatenspeicherung auf die Straße.
Zum Thema staatliche Überwachung in der Bundesrepublik habe ich zwei schöne Bilder bei netzpolitik.org gefunden. Noch 2002 warb der Bundestag nämlich – mit Recht – für das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung.
Wer hätte gedacht, dass wir – Schily-geschädigt – noch mal an die schönen rot-grünen Zeiten zurückdenken würden. Ja, das war 2002, als Grundrechte noch etwas galten. Mit Überwachungs-Minister Schäuble hat sich da so einiges geändert. Und in Zeiten einer großen Koalition, wenn zwei Volksparteien regieren, da gibt es offenbar kein regierendes Korrektiv mehr, das sich für Bürgerrechte und den Rechtsstaat einsetzt. Wenn die Vorratsdatenspeicherung Realität wird, siehts dann so aus:
Der AStA der FH Münster hat die Broschüre “What the fuck is informationelle Selbstbestimmung” herausgegeben. Wer PDFs liebt, kann die Broschüre hier direkt anklicken.
Zur Geschichte und zur Bewertung der Vorratsdatenspeicherung hat Grüne-Jugend-Sprecher Jan Albrecht im “Forum Recht” den Artikel “Sicherheit statt Rechtsstaat” (PDF) geschrieben.
Heute und morgen finden im Netz und vor Ort in Berlin noch Aktionen statt. Beteiligt Euch daran! Es geht um Eure Grundrechte!
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Einsortiert: staat, überwachung