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zeitrafferin

Julia Seeliger
  • 9. August 2009 | 10 Kommentare | Trackback | Internet ausdrucken
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    Konzert im so genannten Endlager Gorleben

    Konzert im so genannten Endlager Gorleben

    Klassische Musik trifft zivilen Ungehorsam: Ein faszinierendes Crossover. Gestern fand auf dem Gelände des illegalen Endlagers Gorleben ein von der Gruppe “Lebenslaute” organisiertes Klassik-Konzert statt. Unbemerkt von der Polizei waren die Aktivisten über eine eigens für die Aktion angefertigte Holztreppe in das Gelände eingestiegen. Die Aktion war ursprünglich für Sonntag, den 9.August angekündigt gewesen.

    Über den roten Teppich

    Über den roten Teppich

    Als die Beamten und der Wachschutz eintrafen, waren Instrumente und Bestuhlung bereits aufgebaut, die ersten Töne des “Psalmlieds” von Heinrich Schütz klangen in den hellen, heißen Wendlandhimmel – für ein Einschreiten war es zu spät. Bereits zu diesem Zeitpunkt war klar: Die Aktion ist geglückt.

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  • 27. July 2009 | 137 Kommentare | Trackback | Internet ausdrucken
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    Herr Güldner, Grüner in der bremischen Bürgerschaft, hat den unsäglichen Kommentar “Die unerträgliche Leichtigkeit des Internet” (Thema: Netzsperren) auf WELT Debatte veröffentlicht. Gutes Benehmen wäre es, wenn sich Herr Güldner für dieses parteischädigende und ignorante Verhalten entschuldigen würde.

    Herr Güldners Telefonnummer in der grünen Fraktion: 0421/30 11-236
    Auch schön: Mal ein Fax schicken: 0421/30 11-250

    Seinem Lebenslauf ist zu entnehmen, dass Herr Güldner zu Beginn der neunziger Jahren für “Save the Children” arbeitete.


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  • 15. July 2009 | 20 Kommentare | Trackback | Internet ausdrucken
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    Die letzten beiden Tage war ich beim Polycamp auf dem Rankenhof in Groß Köris (Google Satellit).

    Ganz normal entspannen: Sonnenbad beim Polycamp

    Ganz normal entspannen: Sonnenbad beim Polycamp

    Das war ein netter, kleiner Kurzurlaub. Es war aber auch mein Anliegen, mal ein paar Menschen, die das Beziehungskonzept “Poly” leben, näher und “in Echt” kennenzulernen. Mir war es auch wichtig, herauszufinden, ob es aus den Reihen der polyamoren Menschen politische Forderungen gibt. Vor einiger Zeit hatte ich in Poly-Foren mal anrecherchiert, ob es politische Forderungen gibt, allerdings keinerlei verwertbares Ergebnis erhalten.

    Nach einigen Gesprächen bin ich nun ein kleines bisschen schlauer: Im Grunde erheben die meisten polyamoren Menschen (im Kontext Familienpolitik) vergleichbare Forderungen, wie sie auch beim Familienvertrag genannt werden. Einige nannten auch noch “mehr Toleranz für Poly-Beziehungen” bzw. “für Beziehungen jenseits der monogamen Zweierbeziehung”.

    Die Stimmung auf dem Camp ist recht angenehm und weniger esoterisch als erwartet. Die Teilnehmenden sind zwischen 15 und ca. 70 Jahre alt, nicht mitgerechnet einige Kinder, die ihre Eltern zum Polycamp begleiten.

    Nach Barcamp-Manier werden von den Teilnehmenden selbst Workshops angeboten – Themen waren bisher “Singen”, “Tango”, “Basteln”, “Massage”, “Body-Painting”. Genauso selbstorganisiert die Küche – jeden Tag kocht jemand anderes, immer ist auch veganes Essen mit dabei. Gestern abend lief “Themroc“, ein krasser, französisch-styliger Film aus den 70er Jahren. Übernachtet wird in Zelten oder (teurer) in den Räumlichkeiten des Rankenhofs – dem “Chalet” oder dem “Bootshaus”. Apropos Bootshaus: Am Ufer warten drei Kanus, ein Ruderboot und ein Tretboot auf See-und-Kanal-Erkundungsreisende.

    Die Meinungen der Anwesenden zu Polyamorie sind vielfältig – die einen sehen Poly als politisch linken Ansatz, sie sehen darin eine grundsätzliche Auflösung des Eigentumsbegriffs. Manche sind pragmatisch – sie wollen sich eine Beziehung zu einem geliebten Menschen nicht durch’s Fremdgehen kaputtmachen lassen, wiederum andere finden diese Lebens-Organisationsform in Netzwerken hochmodern und avantgardistisch.

    Das Poly-Camp (Wiki mit vielen Infos) läuft noch bis zum 19. Juli, es findet auf dem Rankenhof in Groß Köris (Google Map) statt. Der Teilnahmebeitrag für die Übernachtung auf dem Zeltplatz (für eine halbe Woche, also die verbleibende Zeit) beträgt 50 Euro.

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  • 8. July 2009 | 131 Kommentare | Trackback | Internet ausdrucken
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    Gerade die ersten Erfolge erzielt – und schon hat die Piratenpartei ihren ersten handfesten Skandal: Beim Bundesparteitag am vergangenen Wochenende wurde Bodo Thiesen, der in der Vergangenheit immer wieder mit fragwürdigen Thesen zum Dritten Reich aufgefallen war, zum “Ersatzrichter im Schiedsgericht” gewählt. Thiesen steht außerdem auf Platz 7 der Piratenpartei-Landesliste in Rheinland-Pfalz.

    Der Bundesvorstand der Piratenpartei wusste definitiv über Bodo Thiesens Äußerungen bescheid – und auch die Piraten beim Parteitag am vergangenen Wochenende waren nicht etwa uninformiert, wer da vor ihnen stand – denn es gab auch eine Nachfrage zum Thema, wie Youtube weiß

    Scheint doch ganz lustig gewesen zu sein – Was ist eigentlich das Problem mit dem Herrn Thiesen? Vor längerer Zeit hatte er auf Mailinglisten richtig harten Tobak aufgefahren, so zum Beispiel am 23.02.2003

    Es hören manche Leute nicht gern. Aber Hitler wollte keinen Krieg.

    Auch zu “den Juden” äußerte Thiesen im Juni 2003 Aufschlussreiches

    Es steht jedem Juden frei, jederzeit Deutschland für immer zu verlassen. Und im Gegensatz zum 3. Reich dürfen die heute sogar ihr gesamtes Hab und Gut mitnehmen.

    Grenzwertig bis grenzüberschreitend auch dieses Zitat

    Im Gegensatz zu Deutschland, wo die Judenverfolgung lächerliche 12 Jahre dauerte, kann die USA auf jahrhundertelange Verfolgung und Unterdrückung zurrückblicken. Es waren nur keine Juden, sondern Indianer, Schwarze usw., das ist der einzige Unterschied zwischen der Nazi-Regierung, und den übrigen Regimen.

    Und nicht zuletzt: Dieser Thread aus dem Forum der Piratenpartei.

    Solange der Holocaust als gesetzlich vorgeschriebene Tatsache existiert, sehe ich keine Möglichkeit, diesen neutral zu beschreiben. Zur Erinnerung an vergangene Zeiten. Es gab auch mal andere Doktrinen, z.B. die “Tatsache”, daß die Erde eine Scheibe sei. Diese Doktrin unterscheidet sich von der Holocaust-Doktrin im wesentlichen durch folgende Punkte: 1.) Heute existiert diese Doktrin nicht mehr, daraus folgend konnte 2.) offen darüber diskutiert werden, und Nachforschungen angestellt werden, und daraus folgt 3.) daß festgestellt wurde, daß diese Doktrin schlicht falsch war. Soviel zum Thema Neutralität. […] So, auf die Argumente zum Holocaust selbst gehe ich nicht ein, weil ich das auf Grund des § 130 Abs 2 StGB nicht darf. –Bodo Thiesen 14:16, 16. Jul 2004 (CEST)

    Menschen ändern sich, das mag ja sein – aber:

    Ob nun die Juden (und die nicht-jüdischen Opfer, die ich in Folge nicht jedes mal separat aufzählen werde) in Auschwitz vergast wurden oder auf anderem Wege getötet wurden, spielt für die Entscheidung, jedes Menschenleben unabhängig von der Hautfarbe, Religion usw. schützen zu müssen, keine Rolle.

    Das ist aus diesem Jahr. Thiesen fordert im folgenden noch, “eine neutralere Sichtweise in Bezug auf die Deutsche Geschichte an den Tag zu legen”, denn “diese Tabuisierung des Nazi-Deutschlands” lähme uns. Man dürfe doch nicht jeden, der “eine Meinung gegen den Mainstream” habe, “als Nazi brandmarken”.

    Ob es sich bei diesen oder anderen Äußerungen um Relativierung oder Leugnung des Holocausts handelt, kann letztlich nur ein Gericht feststellen.

    Gleichwohl offenbart der Vorfall vor allem eines: Die Piratenpartei hat ein Problem. Die Piratenpartei hat ein Problem mit ihren Spinnern, sie hat ein Problem mit der klaren Abgrenzung zu Nazis, auch wenn ihr das im Moment nicht bewusst sein mag. Und die Piratenpartei hat offenbar auch ein Problem mit der Kenntnis des deutschen Rechtssystems. Der Bundesvorstand verweist in seiner Erklärung auf die Meinungsfreiheit, offenbar ohne zu erkennen, dass diese klare Schranken durch deutsche Gesetze und Gerichte hat.

    Die Meinungsfreiheit ist ein hohes und von uns Piraten außerordentlich wertgeschätztes Gut. Amtsträger der Partei sind aber in der besonderen Pflicht, die damit verbundene Verantwortung über ihre eigenen Interessen zu stellen und Schaden von der Partei abzuwenden.

    Falsch verstandener Meinungsfreiheit begegnet man im Netz immer wieder: Dabei wird stets auf Artikel 5 des Grundgesetzes verwiesen. Thilo Baum erklärt, wie Artikel 5 im Genaueren – insbesondere in Bezug auf Holocaustleugnung – zu interpretieren ist.

    Das Recht, seine Meinung frei zu äußern, gilt in Deutschland unangefochten. Es endet nur dann, wenn eine Meinungsäußerung Rechte anderer (oder eben andere, höhere Rechtsgüter) verletzt. Verboten ist die Holocaustleugnung ja gerade deshalb, weil sie keine Meinung transportiert, sondern eine falsche Tatsache verbreitet: Die ständige Wiederholung falscher Tatsachen verdreht die Realität, und die Leute halten ständig wiederholte Lügen mit der Zeit für wahr, was totalitäre Systeme ja gerne nutzen. Und nach den Erfahrungen von 1933 bis 1945 ist es hierzulande eben verboten, weiterhin im Stile der Nationalsozialisten Propaganda zu machen.

    Die Abgrenzung von Meinungen zu den so genannten Tatsachenbehauptungen ist in diesem Falle von Bedeutung. Tatsachenbehauptungen kann man verifizieren, Meinungen nicht. Auch der erste Senat des Bundesverfassungsgerichts hat sich (Kontext ist eine Versammlung, bei der “Auschwitzlügen” zu erwarten waren) mit der Abgrenzung von Meinungsäußerungen von Tatsachenbehauptungen befasst. Sogar unwahre Tatsachenbehauptungen können geschützt sein, dieser Schutz hat aber Grenzen.

    Infolgedessen endet der Schutz von Tatsachenbehauptungen erst dort, wo sie zu der verfassungsrechtlich vorausgesetzten Meinungsbildung nichts beitragen können. Unter diesem Gesichtspunkt ist unrichtige Information kein schützenswertes Gut. Das Bundesverfassungsgericht geht deswegen in ständiger Rechtsprechung davon aus, daß die bewußt oder erwiesen unwahre Tatsachenbehauptung nicht vom Schutz der Meinungsfreiheit umfaßt wird

    Im Klartext: Die Auschwitzlüge ist nicht durch die Meinungsfreiheit gedeckt. Und falls es jemand noch nicht mitbekommen hat: Holocaustleugnung ist in Deutschland und in anderen Ländern der Welt strafbar. Und auch in den immer wieder als Beispiel angeführten USA wird seit Jahren darüber diskutiert Holocaustleugnung unter Strafe zu stellen.

    Die Protagonisten dieser “Critical Race Theory” argumentieren dafür, Äußerungen nicht von ihrem Kontext zu lösen. (…) Ebenso ist die Leugnung des Holocaust mehr als nur eine beliebige Tatsachenbehauptung: Sie war schon für die Nazis ein wesentlicher Bestandteil des Genozids, wie die Benutzung von codierten Begriffen (“Sonderbehandlung” für Vergasung) und Vertuschungsaktionen, wie die “Aktion 1005”, belegen.

    Genug Argumente für einen differenzierten und fundierten Blick auf die Meinungsfreiheit, finde ich. Es mag ja sein, dass es Libertäre gibt, die Gesetze an sich abschaffen wollen. Aber ich finde, die Piratenpartei sollte sich erst einmal andere Baustellen vornehmen als eine grundlegende Diskussion über die Strafbarkeit der Auschwitzlüge. Und, man möge mich korrigieren, eine solche haben sie – durch mangelhafte Abgrenzung – in den letzten beiden Tagen befeuert. Die Laviererei des Bundesvorstandes, die halbherzige Erklärung wirft kein gutes Licht auf die mit Kanonendonner laut in See stechenden Demokratieverteidiger. Sie befinden sich nämlich dann ganz schnell dort, wo sie niemals sein wollen – jenseits der Grenzen von Rechtsstaat und Demokratie.

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