zeitrafferin
Julia Seeliger-
26. July 2007 | 2 Kommentare | Trackback | Internet ausdrucken
Nebenbei mal ein Buchtipp: Gerade lese ich das Buch “Methusalems Mütter” von Antje Schrupp, das die Demografie-Debatte vom letzten Jahr kritisch beleuchtet.
Niedrige Geburtenraten, leere Renten- und Pflegekassen – die Lage retten sollen jetzt die Frauen, indem sie mehr Kinder bekommen und noch mehr Alte pflegen? Sorry, aber der Ruf nach Methusalems Müttern wird ungehört verhallen. Entgegen den Behauptungen ist die Geburtenziffer, also die Anzahl der Kinder pro Frau, in Deutschland gar nicht zurückgegangen. Gesunken ist allein die Geburtenrate, was sich dadurch erklärt, dass Menschen heute älter werden. Wollen wir die nachhaltige Gesundheit der Bevölkerung aber wirklich als Defizit begreifen? Ist sie nicht gar eigentlich der Gewinn einer modernen Gesellschaft? Und welche Rolle spielt bei dieser Entwicklung die Emanzipation – auch in Zukunft? Antje Schrupp zeigt Möglichkeiten auf, im Potential des Alters künftig ein Plus, kein Minus zu sehen. Sie malt aus, welche gesellschaftliche Rolle älteren Menschen – und speziell den Frauen – zukommen könnte. (16,90 Euro, 200 Seiten ISBN 9783897412231)
Was mich sehr erfreute ist, dass auch die bei uns Grünen bisweilen vorgetragene These “Familie ist da, wo Kinder sind” kritisch hinterfragt wird. Ich finde, diese Definition geht nicht weit genug. Auch Antje Schrupp fordert in in “Methusalems Mütter”, dass das Thema Familie weiter gedacht werden sollte – Familie als Ort des zwischenmenschlichen Zusammenlebens. Familie ist dort, wo Generationen zusammenleben – das sollte vielmehr die Parole sein! Ich wünsche mir, dass dies mehr Eingang in den aktuellen Diskurs findet, denn es ist bitter nötig!
Vor einiger Zeit hatte ich schon mal meine Beiträge zu der Parole “Monogamie ist keine Lösung” zu einer Übersicht zusammengefasst. Kann man immer noch reinklicken und sich ein Bild von der für viele Menschen auf den ersten Blick abgründigen Parole machen!
2 Kommentare
Einsortiert: familie, gender, literatur
-
9. July 2007 | 8 Kommentare | Trackback | Internet ausdrucken
Ein kleiner Hack war das schon: Auf der gestrigen CSD-Parade in Köln sollte eine nicht angemeldete Fußtruppe der Parade verwiesen werden. Die Situation: Wir waren noch nicht weit gekommen, gerade mal auf dem Anstieg zur “Deutzer Brücke”, da reihte sich eine Gruppe hinter uns ein. Es waren gute alte Bekannte aus meinen Zeiten im Schwulen- und Lesbenzentrum Bonn. Sofort kamen wir ins Gespräch, Begrüßungsküsschen wurden ausgetauscht, und wir begannen über alte Zeiten und neue Projekte (beispielsweise eine Reise zum CSD Rostock) zu plaudern. Nebenbei wummerten die Bässe des grünen Paradewagens, Begrüßungsgetränke wurden kredenzt.
Doch die Freunde währte nicht lange, das Unheil nahte in Gestalt eines netten, aber in jener Situation gemein aussehenden CSD-Verwaltungstyps. Die Gruppe sei nicht angemeldet und müsse die Parade verlassen. Er wollte den KKK (Kessenicher Kegel Klub, eine Fußtruppe aus Bonn, die in freundlich lächelnden rosa Polohemden demonstrierte) doch tatsächlich von der Straße werfen. Die Gruppe hatte sich nichts zuschulden kommen lassen – sie gehörte nur nicht zum “offiziellen CSD”.
Nach meiner Auffassung ist der CSD eine Demonstration gegen sexuelle Diskriminierung, für die Rechte von Schwulen und Lesben, Bisexuellen und Transgendern (and friends), eine Demonstration für Vielfalt und Toleranz. Der CSD ist eine Veranstaltung der Offenheit, für eine Gesellschaft, in der niemand ausgeschlossen ist. Ich kann verstehen, dass man im Vorfeld der Veranstaltung plant und verhindert, dass allzu viele Wagen mitfahren – und mit “allzu viele” meine ich “so viele Wagen, dass der Zug viel zu lange Zeit brauchen würde, um einmal durch Köln zu fahren”. Jedoch meine ich, dass auf einer Demonstration erst einmal alle teilnehmen dürfen und ihren politischen Auffassungen Ausdruck verleihen dürfen. Eine Einschränkung: Menschenverachtendes Gedankengut, das hat nicht nur auf dem CSD keinen Platz!
Der Kessenicher Kegel Klub wollte aber nur bei jener gestrigen Demonstration gegen sexuelle Diskriminierung (CSD) mitlaufen und allerhöchstens nebenbei noch ein bisschen tanzen und Lebensfreude versprühen. Das jedoch schien den CSD-OrganisatorInnen jedoch nicht zu gefallen, die Truppe sollte raus. Das wollten wir nicht auf uns sitzen lassen! Die Nachricht vom möglichen Rausschmiss einer engagierten Laufgruppe wurde von uns an die Leute auf dem grünen Paradewagen kommuniziert. Mein Misstrauen gegen eventuelle spießige Tendenzen in unserer Partei war groß: Lautstark forderte ich ein, dass mensch “etwas tun” müsse!
Etwas, und zwar etwas sehr gutes – das tat die Crew auf dem grünen Paradewagen dann auch: Kurzerhand wurden die “Überall wirds wärmer”-Shirts von oben heruntergereicht. “Überall wirds wärmer” war das offizielle CSD-Shirt der Kölner Grünen. Damit wurde der Kessenicher Kegel Klub zu einem Teil der grünen Fußtruppe und wurde nicht mehr von der CSD-Verwaltung behelligt.
Eine nette, Aktion, die ein kleines bisschen zur Offenheit des “großen” Kölner CSD beigetragen hat. Auch die Kölner Parade ist eine Demo!
8 Kommentare
Einsortiert: aktivismus, familie, gender, party
-
6. July 2007 | Comments Off on Auf zum Kölner CSD! | Trackback | Internet ausdrucken
In ein paar Stunden – eben so lange, wie ich mit dem Zug von Berlin nach Köln brauche – beginnt für mich der höchste Feiertag des Jahres! Traditionell zelebriere ich dieses Fest am Infostand der Kölner Grünen. Und Sonntag ist die große Parade!
Comments Off on Auf zum Kölner CSD!
Bild von Howie_Berlin via flickr (Lizenz)
Einsortiert: familie, gender, party
-
30. May 2007 | 19 Kommentare | Trackback | Internet ausdrucken
Im Rahmen der Bondea-PR-Aktion warf sich mir eine wichtige Frage auf:
Welche Rolle wird das biologische Geschlecht in den Zukünften des digitalen Raums spielen?
Hintergrund: Bondea will eine Frauen-Community auf den Markt bringen. Wie bewirbt mensch so etwas? Wie finden sich interessierte Frauen? Klar – Einfach einen Wettbewerb veranstalten. Meins und Paulas Blog waren da auch komischerweise nominiert. Wir fragten uns: Warum? Warum? Klar, man setzt da einfach auf den viralen Effekt und nominiert einfach mal alle fassbaren MultiplikatorInnen. Schlau gedacht, allerdings war Paula und mir der Wettbewerb schietegal. Das könnte auch daran gelegen haben, dass ein rosafarbener iPod verlost wurde.
(für mich gilt: rosa + apple = pfui²)
Und dann startete er, der Wettbewerb “Blogine 2007”. Gesucht war das beste, von einer Frau geschriebene deutschsprachige Blog. Der Wettbewerb ist inzwischen zu Ende, letzte Woche wurde gevotet.
Lustiger Zwischenfall dabei:
Das bis dato führende Blog stieg freiwillig aus, zum einen, weil es sich angeblich “unsportlich verhalten” hatte – Ich fand die Idee mit dem Direkt-Button zum Klicken eigentlich sehr kreativEin Blog musste disqualifiziert werden
Scheinbar hatte man sich im Vorfeld des Wettbewerbs über die Rahmenbedingungen nicht so viele Gedanken gemacht. Und vor allem: Man hatte sich wohl auch keine Worst-Case-Szenarios überlegt. Da der Wettbewerb jedoch (naturgemäß) nur eine begrenzte Zeit lief, blieb das PR-Desaster überschaubar und nahm nur entfernt an studiVZ erinnernde Züge an.- und zweitens, dieses Blog wurde wohl nicht von "einer echten Frau" betrieben.Ist auch nicht so schwierig herauszufinden, einfach mal "Lanu" googlen. OffensichtlichIch frage mich bei der ganzen Sache vor allem eines: Wenn schon die Feststellung des biologischen Geschlechts der Wettbewerbsteilnehmerinnen
derartige Diskussionen produziert, wie wird das erst in der wohl bald startendendie Bondea-MacherInnen vor so große Probleme stelltFrauen
-Community sein? Ich bin gespannt…… und da hab ich mal angefangen und versucht, mir einen netten (Fake)-Account zu registrieren. Tja, und ratet mal, wie das biologische Geschlecht abgecheckt wird? Ihr müsst einfach nur bei Bondea euren Namen auf den AB reden – natürlich solltet Ihr schon so schlau sein, eine Person mit einer weiblich klingenden Stimme dort anrufen zu lassen.
Nachtrag zu diesen ganzen Wettbewerbs-Verwirrungen:
Angeblich haben die anderen Bloggerinnen “Lanu” wohl fies gemobbt. Deswegen stieg sie aus dem Wettbewerb aus. Oder es sind noch ganz andere Verschwörungen, die mich aber jetzt nicht interessieren, weil es eine bescheuerte selbstreferenzielle Debatte der deutschsprachigen BloggerInnen-Szene ist. Auch männliche Protagonisten derselben haben sich mit unqualifizierten, tendenziell sexistischen Kommentaren eingemischt, Stichwort: Zickenterror.Grundsätzlich, trotz meiner großen Recherchemängel, die mir bereits jetzt in den Kommentaren attestiert wurden – da hat aber jemand schnell Technorati benutzt oder sonstwie rumgeklickt, sehr gut! – frage ich mich aber immer noch nach der Zukunft der Geschlechter im digitalen Raum. Ich glaub, das ist ne Riesenchance – man kann ja noch ne Menge dekonstruieren.
Es kann natürlich sein, dass alles bleibt, wie es ist, dass Frauenblogs rosa sind, Frauencommunities auch, und deswegen gibts auch einen rosa iPod.
Update 2:
Krasse Sache, fragt irgendwer auch die Kinder? Praktisch ist das ja vielleicht wirklich, zB um Krabbelgruppen zu bilden, aber haben Kinder nicht ein Recht darauf, dass ihre Eltern nicht einfach ihre Daten ins Netz streuen?bondea hat viele Besonderheiten und Innovationen im Detail, bondea ist ein soziales Netzwerk ausschließlich für Frauen. Neben den eigenen Profilen können Frauen, die Mütter sind, auch Kurzprofile der eigenen Kinder eingeben. So können sich Frauen nicht nur über die eigenen, sondern auch über Eigenschaften der Kinder finden.
Die Netzwerkfunktionen bitten für Mütter einen zusätzliches Nutzen, den nicht nur die eigenen Interessen können eingebunden werden sondern auch die der eigenen Kinder. So finden Mütter leicht andere Mütter deren Kinder die gleiche Klasse besuchen oder im gleichen Verein sind. Aber auch Krabbelgruppen für die ganz Kleinen können leicht gebildet werden. Zusammen mit den leichten Einladungs- und Verwaltungsfunktionen entlastet bondea Frauen so zusätzlich und kann auch einen Beitrag zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf leisten.
Vielleicht bin ich wirklich nicht Zielgruppe. Meine (zukünftigen) Kinder sollen von Mama, Papa und noch anderen aufgezogen werden, und wenn niemand aus der (Wahl-)Familie Zeit hat, kommen sie in die KiTa. Ich stell bestimmt auch keine Fotos von meinen Kindern ins Netz, oder Soundfiles von deren ersten Worten. Und meine Kinder dürfen sich selbst aussuchen, ob sie sich in irgendwelchen Communities anmelden – die Tricks mit dem Internet erklär ich denen vorher, bevor sie den Computer anschalten und anfangen, ihre Spuren im Netz zu verteilen.
19 Kommentare
Einsortiert: gender, netz