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zeitrafferin

Julia Seeliger
  • 15. November 2008 | 39 Kommentare | Trackback | Internet ausdrucken
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    Zwei Texte von alten Männern, die wenig von einer modernen Energie- und Wirtschaftspolitik verstehen, sind mir in den letzten Tagen untergekommen. Zum einen der unsägliche Text von Norbert Boltz in dem von mir eigentlich hochgeschätzen Magazin “chrismon”, der nicht nur die Auswirkungen des menschengemachten Klimawandels ignoriert, sondern auch Umweltaktivismus als sektenhaft bzw. “religiös” abqualifiziert

    Die Angstreligion hat durchaus ihre Priester, ihre Pilgerfahrten und ihren Heiligen Gral. Nur dass die jungen Glaubenshelden heute Ölplattformen besetzen und die Rainbow Warrior gegen finstere Atommächte in See sticht. Greenpeace – das sind die Kreuzritter der heilen Welt. Sie stehen für eine neue Religiosität, die auf den Namen “Umweltbewusstsein” getauft ist. Umwelt heißt der erniedrigte Gott, dem die Sorge und die Heilserwartung gelten. Die Heilssorge unserer Zeit artikuliert sich als Sorge um das ökologische Gleichgewicht. Für die fundamentalistischen Grünen ist Natur selbst die Übernatur. So funktioniert das Umweltbewusstsein als Quelle einer neuen Religiosität. Die Angstreligion ist der neue Glaube für die gebildete Mittelklasse, in dem man Technikfeindlichkeit, Antikapitalismus und Aktionismus unterbringen kann. Nach den revolutionären Sturmliedern erklingt nun weltweit die Pastorale der Grünen, dieser postmodernen Hirten des Seins, die den Umweltschutz predigen.

    Auch Hans-Werner Sinn ließ es sich nicht nehmen, für die “Cicero” den Text “Das grüne Paradoxon” zu formulieren. Sinn arbeitet sich eingangs über mehrere Absätze an von Windrädern erschlagenen Vögeln ab. Positiv anzumerken ist, dass Sinn einen Brückenschlag versucht, anstatt das Problem “Klimawandel” grundlegend zu negieren. Jedoch streift auch Sinn am Rande den Vorwurf der Öko-Religiösität

    Wissen wir eigentlich, was wir tun? Oder ist das alles nur blinder Aktionismus zur Befriedigung einer neuen grünen Religiosität? Der Klimaschutz absorbiert mittlerweile so viel Kraft, und er drückt durch die horrenden Kosten den Lebensstandard der Deutschen in einem solchen Ausmaß, dass eine nüchterne ökonomische Nutzen-Kosten-Rechnung des Geschehens vonnöten ist, die über die gefühlsbetonte Semantik der öffentlichen Debatte hinausgeht. Es stellen sich viele Fragen. Ist das Klimaproblem wirklich so gravierend, dass energische Maßnahmen ergriffen werden müssen, oder sind die Deutschen dem Umweltwahn verfallen, wie der tschechische Präsident Václav Klaus vermutet?

    Der Mensch, ursprünglich ein Tier wie alle anderen, hätte sich letztlich vor allem durch die Kulturtechnik Marktwirtschaft vom “Kampf ums Dasein” emanzipiert.

    Das Bevölkerungsgesetz ist ein brutales Gesetz. Es hat lange Zeit auch für den Menschen gegolten, aber der Mensch hat Wege gefunden, ihm zu entkommen. Zuerst hat er den Markttausch erfunden und dadurch die verfügbaren Subsistenzmittel besser den rivalisierenden Nutzungen zugeteilt. Was der eine im Überfluss hatte, konnte er dem anderen im Austausch für Dinge geben, die bei diesem reichlicher vorhanden waren. Auch die menschliche Arbeitskraft wurde in den Tauschprozess einbezogen, was Spezialisierungsgewinne aus der Arbeitsteilung ermöglichte. Ohne Übertreibung kann man sagen, dass die Erfindung der Marktwirtschaft bis hin zum Geldsystem die größte organisatorische Errungenschaft der Menschheit ist. Ohne sie gäbe es keine Kultur und keinen sozialen Frieden auf der Welt.

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  • 13. November 2008 | 12 Kommentare | Trackback | Internet ausdrucken
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    Vor zwei Tagen hat der Castor die Tore des Zwischenlagers in Gorleben passiert. Mit Erreichen der Ziellinie stand fest: Das war Rekordzeit! 79 Stunden hatte der Transport von Frankreich ins Wendland gebraucht, so lange wie nie zuvor.

    Zu diesem Zeitpunkt war unsere Bezugsgruppe (Name: “Steuerfahndung”) schon wieder auf dem Heimweg. Nach der Auflösung der Blockade war ich mit Freunden in unser Camp zurückgegangen und hatte mich umgezogen, geduscht und meine Zähne geputzt – das war’s. Zwei Nächte Schlafen auf der Straße zu den Klängen von “Radio Freies Wendland” und des Lautsprecherwagen der JG Jena, Leben unter Planen und Waldwanderungen waren vorbei. Keine Vollverpflegung mehr, aber auch kein Regen mehr und keine kalten Füße – am Ende kommt immer die Zeit, nachzubereiten.

    Staat und Zivilgesellschaft achtsam im Dialog

    Staat und Zivilgesellschaft achtsam im Dialog

    Berichte von Bärbel Höhn (und anderen aus der Bundestagsfraktion), sowie von Astrid Rothe-Beinlich und Malte Spitz habe ich schon gesehen, das bewegungsgruen-Statement ist ebenfalls fertig gestellt. In meinem Bericht beschränke ich mich auf persönliche Erfahrungen in der Ich-Form, dazu kommen einige Gedanken zu Aktivismus, sowie zu den Statements des niedersächsischen Innenministers Schünemann und zu den Bemerkungen zweier Polizeigewerkschafts- Vorsitzenden.

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  • 7. November 2008 | 10 Kommentare | Trackback | Internet ausdrucken
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    Gleich geht’s los ins Wendland: Wir haben ein Auto gemietet, damit können wir diejenigen, die keines haben, abholen und während der Proteste, die ja in den nächsten Tagen stattfinden werden, hin- und herkutschieren. Ich freu mich, aber nicht nur aufs Fahren: Morgen ist erstmal die große Demo in Gorleben, sie startet um 13 Uhr. Kommt alle vorbei, auch Kurzentschlossene sind noch gern gesehen!

    Weiterer Aufruf an diejenigen, die zum Castor kommen: Bringt Fotoapparate mit! Bei Flickr gibt es wenig gutes, vor allem wenig gutes, Creative-Commons lizensiertes Material. Das muss sich ändern! Meine Kamera ist leider defekt, sonst würde ich auch dazu beitragen, den frei verfügbaren Pool an schönen Castor-Fotos zu mehren.

    Am Donnerstag erschien die Bewegungsgrün-Anzeige in der taz – ich hab mich sehr gefreut, dass so viele Leute für die Teilnahme an den Blockaden unterschrieben haben, mal sehen, ob es wirklich die angekündigten 500 werden. Aus dem Bewegungsgrün-Aufruf “Grün stellt sich quer”:

    Die Energiekonzerne haben den so genannten Atomkonsens aufgekündigt: Auf Teufel komm raus wollen sie die Atomkraftwerke länger als vereinbart weiterlaufen lassen. Überdies bauen sie – anstatt konsequent auf Energieeffizienz und Erneuerbare Energien zu setzen – neue Kohlekraftwerke. Das ist für uns eine Aufforderung zum Tanz! Wir als Mitglieder von Bündnis 90/Die Grünen stellen uns dieser Auseinandersetzung: Wir kämpfen dafür, dass die Schrauben des Atomausstiegs angezogen werden und widersetzen uns jedem Versuch, sie zu lockern.

    Am 9./10. November stellen wir uns selbst quer und beteiligen uns an der gewaltfreien Sitzblockade des Castor-Transports im Wendland. Hierzu werden wir uns den Aktionen von X-tausendmalquer anschließen und/oder weitere Aktivitäten planen.

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  • 14. October 2008 | 11 Kommentare | Trackback | Internet ausdrucken
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    Update: Inzwischen habe ich ein paar Banner für bewegungsgrün.de gemacht. Die Banner sind bewusst etwas größer, ihr könnt sie passend für euren Webauftritt verkleinern. Natürlich seid ihr alle aufgerufen, noch weitere tolle Banner zu machen. Meine Ideen wären noch: Banner, aus denen Aktivisten zu sehen sind (mit Fotos) und “linkstrendige Banner” – in Farben wie Pink, Gelb und Neongrün und mit comicartigen Bildern bzw. Buchstaben drauf.

    papierfiguren
    Banner basteln mit dem FASZ-Wirtschaftsteil

    banner grün stellt sich quer bewegungsgrün

    Kürzlich wurde bewegungsgruen.de – Achtung- Doppelsinn! – offiziell gelauncht.

    Die taz berichtete schon, wenn auch, wie immer, leicht verbogen.

    Giegold mobilisiert gegen Castortransporte
    Spitzengrüne mit bei Sitzblockade

    Zurück zu den Wurzeln: Attac-Mitgründer und Neugrüner Sven Giegold lockt auch Realos aus seiner Partei auf die Straße nach Gorleben. Er wolle zusammen mit Verbündeten in Bundesvorstand und Grüner Jugend versuchen, “die Verbindung zwischen den Grünen und den Sozialen Bewegungen wieder sichtbar zu machen”, sagt Giegold. An Bewegungswurzeln wieder anzuknüpfen, war eine bei Grünen verbreitete Forderung nach dem Gang in die Opposition 2005. Eingelöst werden konnte sie bislang kaum.

    Die taz-Realität – wir sind’s gewöhnt. Als wären Realos per se böse und für Atomkraft. Hauptsache einen Gegensatz aufmachen, anders wär’s ja keine Story, was?

    Ach ja – unterschreiben für die aktive (!) Teilnahme an der Demo am 8.11. und an den Blockaden kann man übrigens auch.

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