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König der Minarette
39In die Diskussion um die Minarett-Abstimmung in der Schweiz hat sich Piraten-Bundesvorstandsmitglied Aaron Koenig mit einem eventuell unqualifizierten, auf jeden Fall aber politisch fragwürdigen und für die Piratenpartei schädlichen Beitrag eingemischt. In “Respekt für die Schweiz” (inzwischen ohne Kennzeichnung verändert) outete er sich mit Applaus für das Ergebnis der schweizerischen Minarett-Abstimmung. In dem Beitrag werden Islam und Islamismus vermischt und es wird gefordert, das Volksabstimmungs-System der Schweiz auf die Bundesrepublik Deutschland zu übertragen. Außerdem war ursprünglich auf die Webseite der politikwissenschaftlich als rechtspopulistisch einzustufenden “Bürgerbewegung Pax Europa” gelinkt worden, dies ist aber inzwischen entfernt worden.
Das nahm ich zum Anlass, auf Anregung von Kollegen (Danke noch einmal hierfür!) einen Artikel zur Sache zu verfassen. Meike Laaf hatte ja dankenswerterweise hierzu schon einiges bei “Ctrl – alles unter Kontrolle” zusammengestellt, worauf ich aufbauen konnte. Nun ist der Artikel entgültig fertig, heute habe ich ihn mit einigen Statements der Parteienforscherin Susanne Frölich-Steffen – zu den Aspekten politisches System der Schweiz, sowie jüngere Geschichte der Volksbegehren dort – upgedated.
Kommentare sind gern gesehen. Bedenke aber bitte beim Verfassen deines Kommentars, ob er wirklich zum Thema passt oder vielleicht doch lieber an die Klowand gehört.
Zum Weiterlesen
- taz.de: König der Minarette
- Spiegel Online: Wirre Logik des Minarettverbots – Wie du mir, so ich dir
- zeitrafferin: SVP – Zottel und der neue Chauvinismus
- Frank Decker und Marcel Lewandowsky (BpB): Populismus
- Jeannette Goddard (BpB): Fortyns politische Erben – Rechtspopulismus in den Niederlanden
- Wikipedia: Konkordanzdemokratie
- netzpolitik.org: Mit uns geht die neue Zeit – von neuen Netzen und alten Ideologien
Einsortiert: demokratie, netz, staat
Verschlagwortet: minarette, piratenpartei, rechts, rechtspopulismus, schweiz, taz
auch noch zum Thema
39 Responses to “König der Minarette”
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Ich fand es faszinierend wie schnell der Mann vom Symapthisanten zum Pressesprecher aufstieg. An einem Tag sah man ihn noch “zufällig” in deinem TV-Beitrag als einfaches Mitglied und schon durfte er das Bild der Partei definieren. Ich denke sowas muss ins Auge gehen. Ich habe dazu auch einen Blogeintrag verfasst: http://ritinardo.wordpress.com/2009/12/01/wenn-leute-keine-ahnung-von-demokratie-haben/
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Juergen Ertelt
Original des Blogeintrags v. A. Koenig vor Änderung http://www.wolfgang-dudda.de/?p=6380
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Kay Karpinsky
Um eine andere hier gelegentlich geführte Debatte aufzugreifen, kann ich mir die Feststellung nicht verkneifen, dass dieser Aspekt an der Wikipedia derzeit vorbeizugehen scheint. Aaron Koenig ist da nämlich nicht relevant. 😉
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Aber Kay, wir wissen doch, dass das Management der Relevanzentscheidungen eher nicht zu den (in anderen Bereichen durchaus vorhandenen) Stärken der Wikipedia gehört …
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Friedrich Wilhelm
Wieder mal ein Kommentar und Artikel als Indiz dafür, daß Meinungsfreiheit bei den (linken) Grünen nur dann geduldet wird, wenn die entsprechende Meinung sich gegen unsere kulturellen Errungenschaften richtet.
Die Schweizer können sich glücklich schätzen, daß sie sich offenbar noch keinem Political Correctness-Wächterrat zu unterwerfen haben. -
Friedrich Wilhelm, im Sinne der Meinungsfreiheit darfst du hier auch Unsinn posten. Ich sehe dein Posting als Beispiel für eine bestimmte Denkweise, die ich ablehne, man könnte es sogar als sinnvolle Ergänzung des Beitrags sehen.
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hagbard
@Friedrich Wilhelm:
Dein Beitrag ist eher ein Beispiel dafür, wie lächerlich bei jeder Kritik sofort die Meinungsfreiheit-Keule geschwungen wird
die Debatte bringt so etwas null voran
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Wer meint das sich die Kritik an Aaron Koenig gegen die Meinungsfreiheit richtig hat da wohl etwas nicht ganz richtig verstanden, Meinungsfreiheit bedeutet nicht das jeder seine Meinung kritiklos äußern darf, sondern sie bedeutet auch dass man mit Kritik zu seiner Meinung leben muss.
Natürlich ist Aaron Koenig kein “Rechter”, allerdings lässt er sich was seine “Islam-Kritik” angeht auf ganz klassische braune Soße ein, wenn er meint er müsse den Europäischen Islam gleich setzten mit dem politischem Islamismus, dann muss er auch damit rechnen gehörigen Gegenwind zu kriegen, vor allem bei den Piraten die sich Basisdemokratisch aufstellen möchten, dass hat überhaupt nichts mit Zensur zu tun, sonder schlicht damit das sich eine Politische Partei nach außen auch in einem bestimmten Licht präsentieren möchte und es gibt eben auch Meinungen die man so nicht einfach tolerieren kann.
Mir geht dieses ganze “das wird man doch mal sagen dürfen” Geschwätz daher auch ziemlich auf den Geist, natürlich darf Aaron Koenig seine Persönliche Meinung zu jedem Thema äußern, aber als Demokratisch gewählter Vorsitzender muss er auch damit rechnen, dass seine Meinung dazu führen kann, dass er nicht wieder gewählt oder gar abgewählt wird. -
Draco
Was mich erschrocken hat, war die Reaktion von Leuten, die ich kenne und die ich definitiv ins linke Lager – so man das Lagerdenken aufrecht erhalten möchte – zählen würde. Ich gab ihnen den Blogeintag von Herrn König zu lesen und die fragten mich ernsthaft, was daran denn auszusetzen sei…
Als ich denen dann in einer recht langen Diskussion klar machen konnte, wie undifferenziert und einseitig dieser Text ist, waren sie über sich selbst erschrocken, dass sie das nicht erkannt hatten.
Die Medien haben in den letzten ganze Arbeit geleistet und Islamophobie weit ins linke Lager verbreitet. Das macht mir doch erhebliche Sorgen. Islam und Islamismus wird mittlerweile von vielen gleich gesetzt.
Ich kann zudem noch keine echte Gegenbewegung erkennen, so dass ich die Befürchtung habe, dass sich diese Entwicklung eher noch fortsetzt als abflaut. Man könnte fast das Gefühl bekommen, dass die Menschen 20 Jahre nach dem Zusammenbruch des Warschauer Pakts wieder einen Feind “auf der anderen Seite” brauchen, der einfach nur böse und schlecht ist… beängstigend, wenn man sich die Konsequenzen überlegt! -
Paule
Der Einschätzung von Thomas Stadler [1] bezüglich deiner Argumentationslinie ist eigentlich kaum etwas hinzuzufügen.
[1] http://www.internet-law.de/2009/12/der-piratenkonig-und-die-minarette.html
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Ich meinte natürlich das Aaron König in das Amt eines Beisitzenden des Bundesvorstands gewählt wurde, ein freundlicher Pirat hat mich auf diesen feinen aber doch wichtigen Unterschied hingewiesen 🙂
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Danke Paule. Stadlers Meinung ist mir bekannt, bzw. der Beitrag ist für mich nicht überraschend.
Bis auf die Tatsache, dass ich nun den Beleg habe, dass es da doch jemand gab, der die “Jungle World” verklagen wollte (wahrscheinlich wegen ’18 Gründe, die Piratenpartei zu wählen’)
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Volksabstimmungen sind grundsätzlich sinnvoll, nur sollte man ‘hormonelle Fragen’, die von den meisten mit dem Kleinhirn entschieden würden, aus dem plebiszitären Bereich heraushalten. Zum Beispiel die Frage nach der ‘Wiedereinführung der Todesstrafe’. Man könnte vielleicht auch einen ‘Wahlführerschein’ einführen, so dass niemand ohne vorherigen Kompetenznachweis abstimmen kann. Wer also ständig ‘Islam’ und ‘Islamismus’ durcheinanderwürfelt, bliebe damit außen vor. Ich mache die Protestanten ja auch nicht für die Evangelikalen veranwortlich – und die Piraten nicht für einige Freibeuter dieser Partei …
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Ich finde den Wahlführerschein gelinde gesagt problematisch. Ein Bildungsbürger-Zensus-Wahlrecht ist nicht so ganz mein Ding, auch als Bildungsbürger. Aber ich finde Fragen, die direkt den unveränderlichen Kern des Grundgesetzes oder die elementaren Menschenrechte (in diesem Fall die Religionsfreiheit und den Gleichheitsgrundsatz, in Chats Bespiel mit der Todesstrafe die Menschenwürde und das Recht auf Leben) betreffen, gehören auch nicht zur Abstimmung. Bei ziemlich allem anderen sollten Bürgerbegehren mMn möglich sein.
Zur Schweiz: Bei uns würde ein derartiger Beschluss wohl verfassungsrechtlich (siehe oben genannte Grundsätze) nicht haltbar sein. Zum Glück.
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Christoph
Wer vertritt einen Euro-Islam als Gegensatz zum politischen Islam/Islamismus? Die entsprechenden Verbände, die vom Establishment auch hierzulande hoffähig gemacht werden, jedenfalls nicht. Da ist der Unterschied zwischen einfachem Moslem und deren selbst ernannten Sprachrohren so groß wie zwischen Vertriebenen und Vertriebenenfunktionären.
Dennoch gewinnt man den Eindruck, dass sich der Fundamentalismus hier immer weiter verbreitet und der Westen wirklich zu “dekadent” ist, dem etwas entgegenzusetzen. Gebetsräume in öffentlichen Schulen, geschlechtergetrennter Sportunterricht und dergleichen Unfug mehr gewinnt an Boden. Gefördert von Leuten, die den Wölfen einen Schafspelz andichten.Das dies dann in der Bevölkerung zu Ohnmachtsreaktionen mit grundrechtlich bedenklichen Ergebnissen wie beim Minarett-Entscheid führen kann, wundert mich nicht.
Ich habe den Eindruck, dass es hier nicht wirklich um dieses Thema geht, sondern vielmehr darum, in üblicher Weise eine dem politischen Establishment (konkret den Grünen) lästige neue Partei einschlägig zu etikettieren.
Wie war das noch mit dem Splitter im Auge des Nächsten? -
Jens
@Christoph
Könntest Du bitte kurz schildern, wodurch der Eindruck entsteht, dass sich der Fundamentalismus hier in Deutschland ausbreitet? Bei der Gelegenheit würde mich interessieren, ob Du auch den Eindruck gewonnen hast, dass das deutsche Justizsystem völlig hilf- und tatenlos zusieht, wenn immer mehr Mörder und Kinderschänder ihre Verbrechen begehen. Hast Du ebenfalls den Eindruck, dass endlich im Bereich der Inneren Sicherheit mehr getan werden muss, um der immer größer werdenden abstrakten Gefahr durch Terrorismus und Kriminalität zu begegnen? Bist Du nicht auch bestürzt, dass eine immer größer werdende Gruppe im Internet und bei Killerspielen verwahrlost und sogar eine Partei der Kinderschänder um einen Kinderschänder herum über 800 000 Kinderschänder an die Wahlurne lockt? Ich denke auch, dass man dem dekadenten Establishment den Vorwurf machen muss, dass es nicht hart genug durchgreift, wie z.B. in Polen, in GB oder in Italien.Nun etwas weniger sarkastisch:
Wer für Symbolpolitik einer aufgeheizten und “ohnmächtigen” Menge Verständnis hat, sich noch nicht mal kritisch damit auseinandersetzt und sogar ähnliches für Deutschland fordert, möge mir doch bitte mal erklären, wie sich Ziele der Piraten (weniger Überwachung, keine Zensur, mehr Datenschutz, …) mit Volksbegehren oder ähnlichem hier in Deutschland durchsetzen lassen.
Das hat Koenig in seinem Blog nicht gemacht, sondern immer wieder angebliche Belege für die Gefährlichkeit des Islams nachgelegt. Die Quellen sind mehr als dubios! Das macht ihn nicht zu einem Nazi, Rechtsextremen oder ähnlichem, aber ein politischer Blindgänger ist er bestimmt. Andere Piraten haben deutlich differenzierter und fundierter Stellung bezogen. Mit anderen Worten: Wer eine derartige Pfeife in die Parteispitze wählt, darf sich über Gegenwind nicht wundern. Willkommen in der Welt der etablierten Parteien.
Deinen Eindruck bzgl. des Spitzenpersonals einiger muslimischen Verbände teile ich und man kann nur hoffen, dass die Mitglieder nicht genauso furchtbar sind.
Als Verfechter von Freiheit muss man auch Menschen verteidigen, mit denen man nicht viel gemeinsam hat und die Artikel 1-3 GG sollte man ernst nehmen.
P.S: Viele Freunde und ich haben in diesem Jahr mehrmals die Piraten gewählt, um den Schiff ein bisschen Wind in die Segel zu blasen. Ich wäre der Crew sehr verbunden, wenn das nicht dazu genutzt werden wird, eine Klippe nach der anderen zu rammen.
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Ah, cool, danke, Jens, dass du mit deinem Argument die Debatte in meinem Blog unterstützt hast (während ich nicht da war). Das freut mich sehr.
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Jens
Ok, ich gelobe, sachlicher zu werden.
Einen kleinen Punkt, der mich noch bewegt, habe ich vergessen:
Kann man die herausragende Stellung des Verfassungsgerichts halten, wenn man Volksentscheide auf Bundesebene einführt?
Kann man es sich leisten, auch angesichts der Gesetze, die uns über die EU erreichen, das Verfassungsgericht als Wächter über Bürgerrechte zu schwächen?
Nächste Woche fahre ich (hoffentlich) die paar Kilometer nach Karlsruhe zur Anhörung bzgl. Vorratsdatenspeicherung. Es wird sich zeigen, ob es meine Hoffnung erfüllt. Mehr direkte Demokratie ist sicherlich wünschenswert, aber mehr Transparenz wäre mir wichtiger.
Prantl hat das gestern in einem Kommentar natürlich schöner ausgedrückt, als ich das könnte (dafür war ich schneller):
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Daniel
Die Diskussion über das Resultat dieser Abstimmung zeigt mir wieder einmal, wie enorm groß die Unterschiede in der Denkweise unterschiedlicher politischer Landschaften tatsächlich sind.
Der wirklich große Unterschied – und viele denken, dieser sei gar nicht besonders groß – zwischen einer direkten und einer repräsentativen Demokratie basiert auf einem unterschiedlichen Verständnis zwischen Bürgern und Politik.
In beiden Fällen gilt, dass die Staatsgewalt vom Volke ausgeht. Aber in einer repräsentativen Demokratie, die zudem noch aus einer Wenig-Parteien-Vielfalt besteht, ist diese Staatsgewalt mehr als beschränkt. Es geht vielmehr um das grundlegende Verständnis, ob der Bürger (in seiner Gesamtheit!) zu dumm sei, in Sachfragen zu bestimmen. Wie die gesetzliche Überregulierung und der Hang zur rechtlichen Bestimmung aller möglichen und unmöglichen Situationen immer wieder zeigt, wird dem Bürger ein gesunder Menschenverstand abgesprochen und ihm wird suggeriert, dass er nicht in der Lage sei, selbst entscheiden zu können. Da nützen auch die besten Bestrebungen, das Bildungssystem zu verbessern nichts, denn dieses Verständnis wirkt sich auch auf jeden Bürger aus, der sich im Normalfall “seinem Schicksal ergibt”.
Dass es in einer direkten Demokratie zu solchen Entscheiden wie dem Verbot von Minaretten kommt, ist aber das geringere Übel, als dem Volk die Kompetenz abzusprechen, Entscheidungen zu treffen. (Übrigens: bis anhin konnte auch auf der Gemeindeebene der Bau eines Minaretts durch die Stimmbevölkerung in der Schweiz verhindert werden)
Klar – Politiker sehen das etwas anders, da sie bei einer direkten Demokratie wesentlich öfters dazu gezwungen werden, den Bürger zu informieren und die gesamte Politik erheblich transparenter gestaltet werden muss.
Herzliche Grüße
Daniel -
Draco
Hallo nochmal
@Daniel: Da machst du es dir aber etwas zu leicht. Den Gegensatz zwischen Fremd- und Eigenbestimmung, so wie du ihn aufbaust, existiert nämlich nicht persé. Ich bin wahrlich für mehr plebiszitäre Elemente in der Politik, aber nicht zwangsläufig weil ich die repräsentative Demokratie als schlechtere von zwei Varianten halte.
Es gibt aber einen Aspekt, auch und gerade an dem Schweizer Modell, der in kaum einer Diskussion ausreichend behandelt wird. Es haben gerade mal 30% der Wahlberechtigten – nicht mal ein Drittel – eine Einschränkung der Religionsfreiheit beschlossen, eines verbrieften Menschrechts. Und nun wird dieses Ergebnis von vielen Verfechtern der Direkten Demokratie verteidigt anstatt sich kritisch mit den Schattenseiten auseinander zu setzen. Herr König tat dies in beeindruckend naiver Form.
Wenn wir über mehr direkte Demokratie sprechen, müssen wir klar die Schwächen benennen und Lösungenansätze aufzeigen. Da helfen die durchgekauten Argumente von gestern nicht.
Können und dürfen 30% der Wahlberechtigten so eine schwerwiegende Entscheidung treffen? Müssen Plebiszite mit einer Wahlpflicht verknüpft werden? usw.
In einem gebe ich dir Recht, informativer und transparenter muss die politik werden. Aber da sind dann eben nicht nur die Politiker gefragt sondern auch die Medien. Solange Diskussion mit Streit, jede innerparteiliche Wahl eine Kampfabstimmung und Meinungsverschiedenheit eine Krise ist, wären die Politiker dumm ihre Politik im Scheinwerferlicht zu auszutragen. Womit wir wieder beim “entmündigten” Bürger sind… 😉 -
Daniel
@Draco: Es geht meiner Meinung nach nicht darum, ob 10%, 30% oder 90% der Wahlberechtigten in einer Abstimmung entscheiden, denn es ist entscheidend, dass 100% dürfen. Ich persönlich halte die Schwächen einer repräsentativen Demokratie als wesentlich schwerwiegender, da ein paar Wenige entscheiden und “Ottonormalverbraucher” alle vier Jahre zwischen dem geringeren Übel auswählen kann. Dem Lobbyismus und der Sicherung des Machterhalts innerhalb der Politik kann in diesem System kaum etwas entgegengesetzt werden.
Ob nun die Abschaffung der Bundeswehr, die Legalisierung von Cannabis oder die Genehmigung des Budgets der Kommune – darüber dem Bürger, von dem verfassungsgemäß alle Staatsgewalt ausgeht, die Möglichkeit zu geben, darüber zu befinden, halte ich für eine Grundlage einer Demokratie.
Ich bin der Meinung, dass der Bürger intelligent genug ist, oder zumindest sein sollte, auch in Sachfragen entscheiden zu können und ich bin überzeugt, dass jemand, der diesbezüglich gefordert wird, sich auch ernsthaft mit dem jeweiligen Thema auseinandersetzt. Klar, in der Schweiz ist das einfacher, weil die Bürger mit diesem Recht schon sehr lange leben und es eine Kultur dafür gibt.
Übrigens: das Schweizer Stimmvolk hat nicht über die Religionsfreiheit abgestimmt, sondern über baurechtliche Bestimmungen – wie sie dies bereits bis jetzt auf kommunaler Ebene tun konnten. Die Entscheidung an und für sich, dies in der Bundesverfassung festzuschreiben, halte ich auch für bedenklich, aber man sollte jedem Land die Souveränität lassen, solche Entscheidungen zu treffen.
Was die Transparenz betrifft, so gebe ich Dir absolut recht – da sind auch die Medien gefragt. Medien werden aber in erster Linie nur dann kontrovers über verschiedene Themen berichten, wenn dies der “Konsument” auch fordert. Da er “entmündigt” ist, so vermute ich mal, liegt ihm mehr an der Sensationsberichterstattung als an einer tatsächlichen Auseinandersetzung mit der jeweiligen Sache.
Herzliche Grüße
Daniel -
Draco
@Daniel: Der Weg bleibt aber weiter verborgen. Gerade mit den am Ende von dir beschriebenen Problem stellt sich für mich wieder die Frage der Umsetzung. Und ich finde es entscheidend ob 10% eine Entscheidung treffen könnten oder nicht!
Und ich frage weiter. Wie weit soll die direkte Demokratie gehen? Sollen die Bürger bei allem befragt werden, oder wird etwas ausgespart? Sollen sie am Ende quasi die Stadträte, Landesparlamente und den Bundestag ersetzen? Wie soll sich der einzelne Bürger mit all den Themen auseinandersetzen? Ich bin politisch interessiert aber das trau ich mir nicht zu…
Und ich teile eine Meinung von dir dezidiert nicht, ich habe nicht alle 4 oder 5 Jahre die Wahl zwischen zwei Übeln, sondern ich wähle jemanden, dem ich zutraue mich am besten zu repräsentieren. Und da kannst du nicht alle Politiker über einen Kamm scheren, damit tätest du vielen Unrecht.
Tut mir Leid, aber du überzeugst mich hier nicht. Wer Direkte Demokratie fordert, muss mir erklären welchen Rahmen er schaffen und welche Vorraussetzungen erfüllt werden müssen. Deine Bedenken bezüglich der Repräsentativen Demokratie sind zwar teilweise nachvollziehbar, aber du stellst deine Alternative auf eine Idealvorstellung eines Bürgers und einer Gesellschaft. Das passt dann nicht zusammen.
Grüße -
Der wirklich große Unterschied – und viele denken, dieser sei gar nicht besonders groß – zwischen einer direkten und einer repräsentativen Demokratie basiert auf einem unterschiedlichen Verständnis zwischen Bürgern und Politik.
Ich halte dein Argument für ideologisch verblendet. Ansonsten würdest du zur Kenntnis nehmen, dass Volksentscheide in der Schweiz und direkte Demokratie in Deutschland unterschiedliche Funktionen haben (und auch unterschiedlich wirken).
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Daniel
@Draco: Ich gebe Dir absolut recht – die Umsetzung erscheint schwierig und der Weg ist nicht klar. Aber wie bei jedem komplexen kommt man nur Schritt für Schritt vorwärts. Einer dieser ersten Schritte könnte sein, das Volk mal zu fragen, ob es das denn möchte. Und ich bin sicher, dass diese Frage – wie wir ja hier auch – in den Medien ausführlich diskutiert würde.
Grundsätzlich halte ich – dem Schweizer Vorbild entsprechend – ein Referendum für den besten Weg. Um eine Entscheidung, welche von dem Parlament gefasst wird, vor das Volk zu bringen, benötigt man eine bestimmte Anzahl von Unterschriften. Andere Dinge können verpflichtend vor das Volk gebracht werden. Dass das Volk die „arbeitenden Politiker“ (Stadträte, Landesparlamente und den Bundestag) ersetzt, ist bestimmt kein gangbarer Weg. Und er würde eben zu der vermutlich von Allen gewünschten höheren Transparenz führen.
Übrigens: ich will Dich nicht überzeugen 🙂 Ich finde es einfach gut, wenn man – auch wenn man unterschiedlicher Ansicht ist – darüber diskutieren kann.
@Julia: Ich habe nicht die beiden politischen Systeme der Länder verglichen, sondern denke, dass der Grundsatz (wie oben bereits erwähnt), dass die Staatsgewalt vom Volke ausgehen soll – in einer wesentlich direkteren Art als nur über „Volksvertreter“ notwendig wäre. Die Schweiz hat über mehrere Jahrhunderte diese Tradition und Kultur entwickelt und so etwas könnte man in Deutschland selbstverständlich nicht über Nacht umsetzen. Aber ein Schritt in diese Richtung wäre doch äußerst wünschenswert, oder nicht?
Herzliche Grüße an Euch beide und einen schönen Abend noch
Daniel -
C.
“Als Verfechter von Freiheit muss man auch Menschen verteidigen, mit denen man nicht viel gemeinsam hat und die Artikel 1-3 GG sollte man ernst nehmen.”
..so konstruiert man das andere aus der Huefte: ‘wir’ beugen uns wohlmeinend zu denen herab, die eine Schraube locker haben, im Gegensatz zu ‘uns’, typisch gruener/’alternativ-deutscher’ Xenophobie-Diskurs. Dass das irrationale Element des Schweizer Plebiszits in dieser Diskussion nicht einmal am Rande erkannt wird (‘baurechtliche Bestimmungen’), spricht fuer die Sprechblasenhaftigkeit der Argumente. Aber man ist ja schon froh, wenn Leute wie Christoph nur die Funktionaersebene angreifen und fuer die ‘anderen’ noch hoffen, so laesst sich auch hier noch ‘hoffen’.
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Jens
@C.
Ich verstehe nicht, was mit folgendem gemeint ist:“..so konstruiert man das andere aus der Huefte: ‘wir’ beugen uns wohlmeinend zu denen herab, die eine Schraube locker haben, im Gegensatz zu ‘uns’ ”
Wer hat eine Schraube locker? Wo habe ich “das andere” konstruiert?
Wenn ein Pirat Hüter der Freiheit und der Grundrechte sein will, muss er sich auch gegen die Einschränkung derselben aussprechen, vor allem dann, wenn dies aus offensichtlich irrationalen Gründen geschieht.
Er kann auch zugeben, dass er keine Ahnung hat und einfach schweigen, oder andere Aspekte beleuchten.
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Deus
Ich hab mir den Blog in seiner Urfassung zig mal durchgelesen, ich kann keine rechtspopulistische Meinung darin finden, lediglich der angegebene Link ist sehr “unglücklich” gewählt.
Ansonsten gehe ich mit seiner Meinung schlichtweg da core. Man muss schon in einer weit entfernten Welt leben, um die Motive des Islam nicht zu kennen (oder kennen zu wollen). Peinlich wird es dann, wenn man als Individuum diese Motive jedem Muslim als dessen “Lebensziel” ankreidet. Das ist genauso intellektuell bescheiden wie zu veröffentlichen, die Meinung eines Beisitzers in seinem privaten Blog stünde stellvertretend für eine Partei mit über 10000 Mitgliedern.
Eher diskusionswürdig fände ich die Schreie von Politikern aus dem Rest Europas. Da kamen “Vorschläge” die Schweiz vor dem europäischen Gerichtshof zu verklagen. Mal eben so – ein ganzes Volk, wegen seiner Meinung zu Minaretten. Da wird eine gelebte direkte Demokratie “verklagt”, weil sie nicht so abstimmt wie der vermeintliche Rest der EU das gern hätte – wohl gemerkt, die Politiker der EU – ich bin mir sicher, ein solches Begehren hätte sowohl in Deutschland als auch in etlichen anderen Länderen eine deutliche Mehrheit.
Insofern halte ich die gesamte Debatte für verlogen! Und Journalisten sollten ihrer Aufgabe nachkommen, sich sachlich mit Themen auseinander zu setzen. Ansonsten kann ich mir auch die BLÖD kaufen. ;o)
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leila
hagbard (Dezember 3rd, 2009 at 9:53)
“Dein Beitrag ist eher ein Beispiel dafür, wie lächerlich bei jeder Kritik sofort die Meinungsfreiheit-Keule geschwungen wird”
lol ….”Meinungsfreiheitskeule”, schade, dass das Orwell nicht mehr erleben kann.
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C.
“Man muss schon in einer weit entfernten Welt leben, um die Motive des Islam nicht zu kennen (oder kennen zu wollen).”
..aber das ist nicht evtl. etwas intellektuell bescheiden, zu sagen es gaebe ‘die Motive’ ‘des Islam’, die man nur in einer weit entfernten Welt lebend nicht mit hinreichender Sicherheit im Sinne des hier diskutierten blog-Artikels decodieren koennte? Und die Minarette/die Moscheen sind ‘der (politische) Islam’, oder ein Symbol dafuer? Oder sind die Minarette gar der Islamismus, die Moscheen, um ihre Minarette reduziert, aber ‘der friedliche/gamessigte Islam’. Und wo findet sich der Muslim wieder, der nicht Funktionaer ist, sondern nur seine Religion praktizieren moechte, in der versteckten Hinterhofmoschee, ist es das vielleicht, was diese Diskussion suggeriert? Das verlogene ist doch: die gesamt-europaeische Diskussion, nicht allein die mehrheitliche schweizer oder die deutsche Auffassung ueber den Islam, ist an einem Punkt angelangt, an dem es jenseits des Verstandes nur die Konvergenz auf Pogrom und Verfolgung geben kann, dass niemand hier die Parallele zur Emanzipation der europaeischen Juden Mitte/Ende des 19.Jahrhunderts kennt/anfuehrt, die breiten Proteste gegen die damaligen Synagogenbauten, die ‘Argumente’, die damals angefuehrt wurden, ist ja die beredteste Leerstelle.
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Friedrich Wilhelm
Die Deutschen sollten ihrem natürlichen Drang widerstehen, sich bei jeder noch so geringen Gelegenheit als Moralapostel aufzuspielen.
Wir müssen den Schweizern ja nicht jedesmal unter die Nase reiben, wie richtig ihre Entscheidung war nicht der EU beizutreten.
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Ralf W.
Wenn ich die vielen Stellungnahmen zu der Schweizer Minarett-Entscheidung überall lese, dann sehe ich mehrererseits Populismus. Das kann ich auch als Linker, z.B. mit Schaf-Gleichnissen: Also ich bin ein rotes Schaf, das zurückstampert, wenn mich ein Wolf im weißen Schafspelz tritt. Die Wölfe treten auf alle Schafe ein, ungeachtet ihrer Farbe. Wenn ich das zulasse, dann ist es irgendwann so weit, dass die Wölfe ihre Schafspelze ausziehen und das Fressen anfangen. Nun sehe ich die Herde der echten weißen Schafe, die tatenlos bis zustimmend reagiert. Sie sehen halt gute weiße Schafe, die böse schwarze und rote Schafe treten.
Als deutscher Bürger blicke ich in die deutsche Geschichte zurück, und ich stelle mir vor, wie es den Menschen in den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts gegangen ist. Haben sie so gedacht und gefühlt wie wir heutzutage im begonnenen 21. Jahrhundert? Haben sie sich vorstellen können, was sie in den 30er und 40er Jahren erwartet? Haben sie den Menschen, die ihnen in den 20er Jahren eine solche Zukunft ausgemalt haben, geglaubt?
Probieren wir es aus. Das nächste bzw. übernächste Jahrzehnt: Ich stelle mir Mitbürger vor, die einen Halbmond an ihrer Kleidung tragen müssen. Die Mitbürger, die dann abgeholt werden. Die Bevölkerung sagt: “Sind ja schwarze Schafe”. Dann werden die Linken abgeholt: “Sind ja rote Schafe”. Wenn sie schließlich selber abgeholt werden, dann werden sie flehen: “Warum ich? Ich bin doch ein weißes Schaf!”
Also für mich bedeutet linkssein auch: Nicht mit den Wölfen heulen.
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Tommy R.
Amazing Performance!
Godwin’s Rule eventually accomplished. But what about a more serious discussion? -
“Also für mich bedeutet linkssein auch: Nicht mit den Wölfen heulen.”
Der Fisch stinkt vom Kopf. Ich mache doch nicht etwas, oder mache es nicht, weil es links, rechts, mittig oder sonst irgendwas ist. Aber damit steht man manchmal ganz schön alleine da.
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Ralf W.
“Ich mache doch nicht etwas, oder mache es nicht, weil es links, rechts, mittig oder sonst irgendwas ist.”
Ich auch nicht. Es ist umgekehrt: Meine persönliche politische Einstellung ist erst einmal eine Individuelle. Unter diesem Gesichtspunkt schaue ich, welche Partei zu dieser meiner Einstellung am besten passt. In unserer pluralistischen Gesellschaft und freiheitlich-demokratischen Grundordnung darf sich jeder Mensch frei entscheiden, welche Partei er wählt, mit welcher er sympathisiert, in welche er eventuell eintritt.
“Aber damit steht man manchmal ganz schön alleine da.”
Allein bin ich in den 70ern als komisches Kind, in der 80ern als komischer Hippie-Punk-Gammler, in den 90ern und 2000ern als komischer Eremit dagestanden. In den 2010ern will ich nicht mehr allein sein. Dann bin ich halt ein komischer Linker. Es ist mein demokratischer Protest gegen eine scheinheilige Gesellschaft, die sich zunehmend totalitärer zeigt, statt die langwierig erarbeiteten Grund-, Menschen-, Bürger- und Freiheitsrechte zu erhalten. Sozialdarwinismus statt sozialer Gerechtigkeit, Brachialkapitalismus statt sozialer Marktwirtschaft, Einschüchterungsstaat statt freiheitlich-demokratische Grundordnung. Soll das eine gute Zukunft sein?
Die Welt hat sich politisch in den letzten rund 30 Jahren einerseits erheblich verändert, andererseits ist sie gleichgeblieben. Vorher: Kapitalismus + Kommunismus = Kalter Krieg mit heißen Phasen. Heute: Kapitalismus + Islamismus = Kalter Krieg mit heißen Phasen.
Ok, das ist die große Politik. Sie schwebt über uns allen, aber wir können sie mental nicht wirklich an uns heranlassen, ohne meschugge zu werden, so wie wir gewiss schon alle meschugge wären, hätten wir die ganzen ABC-Waffen aus dem Kalten Krieg, mit denen die Menschheit vielfach vernichtet werden kann, mental wirklich an uns herangelassen.
Somit schalte ich um in mein Großstadtviertel: Da leben Menschen aus der ganzen Welt, inklusive viele Muslime mit einer Moschee einen Katzensprung entfernt. Es ist ein klassisches Arbeiterviertel mit Fabriken und rundherum Wohnblöcken. Die vielen Menschen sind historisch nicht zufällig da, sondern weil sie seit der Industrialisierung im 19. Jahrhundert in die Stadt zu ihren Arbeitsplätzen gezogen sind, seit dem 19. Jahrhundert aus der Region, seit den Wirtschaftswunderzeiten auch aus anderen Ländern. Weil sie als Arbeitskräfte gebraucht wurden. In den letzten Jahren hat sich etwas definitiv verändert: Die Arbeitsplätze sind wieder weniger geworden. Viele Menschen werden nicht mehr als Arbeitskräfte gebraucht. Wir sitzen da alle im gleichen Boot. In den heutigen, schwieriger gewordenen Zeiten ist rechtspopulistische und gar rechtsextreme, bürgerfeindliche Panikmacherei, die einen Keil zwischen uns Stadtviertelbürger treibt, besonders kontraproduktiv. Ja, ich schreibe bürgerfeindlich statt fremdenfeindlich, denn es sind meine Mitbürger, keine Fremden.
Ich kann die Welt auch mit Rotem Humor sehen: Ich war schon in der ersten Klasse ein komischer Linker. Nämlich ein Linkshänder unter lauter Rechtshändern, der sich als Linker geoutet hat, daraufhin jedoch umgehend zum Rechten umerzogen wurde, da man ja rechts schreibt.
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Christoph
@ Jens
Zu deiner Frage von letzter Woche:
Ja, ich sehe auch diese Gegend der Welt von (u.a.) zunehmendem islamischen Fundamentalismus bedroht. Einem Fundamentalismus, der Gebetsräume in öffentlichen Schulen durchsetzt, der vorschreibt, welche Theaterstücke gezeigt und welche Karikaturen gedruckt werden dürfen, der einen Menschen wie Theo van Gogh ermordet, der sich in einer gestiegenen Verschleierungsquote ausdrückt u.v.m.Alice Schwarzer schreibt dazu in der neuen EMMA, und dem möchte ich mich anschließen:
Nein, hinter dieser Minarett-Abstimmung steckt natürlich viel mehr: nämlich das ganze Unbehagen! Das Unbehagen an den Gottesstaaten und ihren Steinigungen und Selbstmord-attentaten. Das Unbehagen an der (Zwangs)Verschleierung von Frauen sogar mitten in Europa. Das Unbehagen an der Zwangsverheiratung von hierzulande aufgewachsenen Töchtern und Söhnen. Das Unbehagen an der statistisch nachweisbaren höheren Gewalt in traditionellen muslimischen Familien. Das Unbehagen an der Relativierung von Emanzipation und Rechtsstaat, ja der ganzen Demokratie – und das im Namen „anderer Sitten“ und eines „wahren Glaubens“. Kurzum: Die Sorge um die in den letzten 200 Jahren so mühsam und blutig erkämpften Menschenrechte im Westen.
Da haben es die Meinungsreinhalter von der Political Correctness nicht besser verdient, als dass der “Pöbel” eine Chance ergreift, diesen Unmut mal auszudrücken. Wenn auch leider diesmal in der CH nur die Möglichkeit eines in der Sache absurden Verbots bestand.
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Jens
Frau Schwarzers Unbehagen in allen Ehren, ich bin mir aber nicht sicher, ob ich nach einer Abstimmung, die den Vorrang von männlichen Bewerbern auf einen Arbeitsplatz festschreibt, folgendes in der EMMA zu lesen bekäme:
Nein, hinter dieser Arbeitnehmer-Abstimmung steckt natürlich viel mehr: nämlich das ganze Unbehagen! Das Unbehagen am Kapitalismus, an der vollständigen Unterordnung des Arbeitnehmers unter das System, an finanziellen Verwerfungen, am globalen Finanzmarkt, an der sogenannten Globalisierung. Das Unbehagen, das einen beschleicht, wenn man 40-jährige, ausgebrannte Informatiker sieht, wenn man sieht, dass diese Männer zerbrechen, Suizid begehen, Familien zerstören. Das Unbehagen an der Emanzipation, die dafür sorgt, dass mehr Druck und Konkurrenz dadurch entsteht, dass Mitbürgerinnen nach höheren Berufen streben, statt sich wie bisher in Pflegeberufen und im Ehrenamt einzubringen. Unbehagen vor dem damit einhergehenden Abbau von Arbeitnehmerrechten. Kurzum: Die Sorge um die in den letzten 200 Jahren so mühsam und blutig erkämpften Arbeitnehmerrechte im Westen.
Auf das Unbehagen, das einige Autorinnen beim Blick auf das Internet befällt, möchte ich hier lieber nicht eingehen.
In meiner Gegend haben viele, die Angst vor Islamismus (was immer das sein soll) haben, auch Angst vor:
– der Zerstörung der traditionellen Familie durch Homoehen
– dem “Verkommen” der Jugend durch Internet, Killerspiele und Pornographie
– der “Überfremdung” durch Ausländer (wobei Ausländer hier sehr variabel eingesetzt wird)
– dem Schwinden der Frömmigkeit
…Diese Leute habe auch kein Problem damit, anderen etwas zu verbieten, solange sie nicht selbst betroffen sind.
Ich kann bei den von Dir genannten Punkten einfach keine ernsthafte Gefahr erkennen. Von hoher Brutalität in manchen Ecken des Landes einmal abgesehen, kann ich darin bestenfalls Einzelprobleme oder unangenehme Erscheinungen erkennen. Und dies auch nur in einer kleinen Gruppe.
Viele Moslems fühlen sich durch solche Aktionen brüskiert und/oder ausgegrenzt und diejenigen, die man angeblich treffen möchte, wird es nur noch mehr anheizen. Es war einfach nur diffamierend und kontraproduktiv. Dieser angebliche Unmut wird übrigens andauernd ausgedrückt, bei jeder sich bietenden Gelegenheit (Landtagswahl Hessen, Sarrazin 1-5, Moschebauten im ganzen Land, Anschläge in XYZ, Integrationsgipfel, etc).
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Ralf W.
Jens zitiert: “Es war einfach nur diffamierend und kontraproduktiv.”
Ja, das ist der Kernpunkt. Überhaupt sehe ich, dass die Menschen zunehmend gegeneinander ausgespielt werden. In den Großstadtvierteln, wo die die Menschen dicht an dicht leben, und die Stimmungslage aufgrund des Sozialdarwinismus und des Brachialkapitalismus eh schon schlecht ist, da sind populistische Diffamierungskampgnen gesellschaftlicher Sprengstoff.
Als real existierender Großstädter lebe ich alltäglich nach dem Motto: ‘Leben und leben lassen’. Das heißt zwischen den Menschen: ‘Ich respektiere dich und deine Lebensweise, du respektierst mich und meine Lebensweise’.
Als Linksdemokrat benenne ich Missstände deutlich und zeige Solidarität mit den Diffamierten.
Christoph zitiert: “Da haben es die Meinungsreinhalter von der Political Correctness nicht besser verdient, als dass der “Pöbel” eine Chance ergreift, diesen Unmut mal auszudrücken. Wenn auch leider diesmal in der CH nur die Möglichkeit eines in der Sache absurden Verbots bestand.”
Ich drücke auch meinen Unmut aus, und zwar gegen Political Incorrectness und Political Stupidity.
Die Menschenrechte gelten für alle Menschen. Es wirkt unglaubhaft, wenn man sie für sich beansprucht und anderen versagt.
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Christoph
Dann nehme ich mal den Mordversuch auf Westergaard zum Anlass, auf die letzten Postings zu reagieren.
@ Jens
Ich kann bei den von Dir genannten Punkten einfach keine ernsthafte Gefahr erkennen. Von hoher Brutalität in manchen Ecken des Landes einmal abgesehen, kann ich darin bestenfalls Einzelprobleme oder unangenehme Erscheinungen erkennen. Und dies auch nur in einer kleinen Gruppe.
Altstadt in Bonn, Viertel mit hoher Quote islamischer MigrantInnen. Gilt als linksalternativ, viele StudentInnen, ich selbst habe da nie eine Bedrohung gespürt.
Zitate (ausschließlich von aktiven Mitgliedern von Bündnis 90/Die Grünen!):
“Als Schwuler mit meinem Freund an der Hand fühle ich mich da etwas unwohl”.
“Als Frau mit knapper Kleidung ernte ich viele feindliche Blicke.”
“Morgens habe ich immer die Schreie der misshandelten Migrantenfrauen gehört.”Linke Gutmenschen sind allerdings Meister darin, Probleme, die ihnen nicht ins Weltbild passen, nicht sehen zu wollen.
@ Ralf W.
Als real existierender Großstädter lebe ich alltäglich nach dem Motto: ‘Leben und leben lassen’. Das heißt zwischen den Menschen: ‘Ich respektiere dich und deine Lebensweise, du respektierst mich und meine Lebensweise’.
Das ist auch mein Traum. Leider ist der Vormarsch des Islamismus eine der vielen Einschränkungen dieses Ideals.
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Draco
Linke Gutmenschen machen vor allem eines: Nicht immer die einfache Antwort geben! Vor allem denken sie darüber nach, welches denn wohl die Alternative zum “Gutmensch sein” wäre. Um diese Antwort drückst du dich nämlich fein.
Eine Gesellschaft bzw. Leute, die eine bestimmte Gesellschaft geprägt hat, umzuwandeln, dauert Jahre bis Jahrzehnte. Der Glaube, Integration wäre mit der Sprache abgeschlossen und könnte “diktiert” werden, ist Blödsinn. Gespräche und Aufklärung sind der Schlüssel. Darum sind Integrationsverbände und -beauftragte auch so wichtig. Sie müssen die Leute in die neue Gesellschaft begleiten. Das wird nicht mit allen gelingen, aber es gibt Städte, da gelingt das mit ziemlich vielen.
Und um mal auf deine Grünen zurückzukommen und ihre Aussagen.
Ich wohne in einem kleinen, stark katholisch geprägten Dorf und habe lange Haare. Die Blicke solltest du mal sehen. Oder eine Bekannte mit ihrer Freundin, die in der Nähe von München wohnt… die wurden öffentlich auf der Straße beschimpft. Und bei einem Bekannten hat sich die Mutter vom Vater scheiden lassen, nachdem er sie 10 Jahre geschlagen hat.
Ignoranz gibt es überall, sie auf eine Gruppe zu beschränken gehört übrigens dazu!!!