Julia Seeliger
  • Die Reformer: Inhalte statt Macht!

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    17. June 2007 | Trackback | Internet ausdrucken
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    Dieser Artikel wurde erstmals veröffentlicht auf remix-generation.de. Auf Grund meines Umzugs habe ich es leider nicht geschafft, eigene Artikel über den G8-Gipfel zu verfassen.

    Rostock, 3. Juni 2007. Die Proteste gegen den G8-Gipfel sind im vollen Gange. Noch völlig unbemerkt von der bundesrepublikanischen und internationalen Medienöffentlichkeit gründet sich an diesem Tag eine neue hoffnungsvolle Bewegung innerhalb der GRÜNEN, die noch für Furore sorgen wird. Sie nennen sich selbst „Die Reformer“ (nicht gegendert!) und bildeten während der Demonstrationen gegen den G8-Gipfel eine „infinity group“ (Bezugsgruppe). Bisher bestanden die GRÜNEN aus zwei festgefahrenen machtpolitischen Blöcken: den „Realos“ und den „Linken“, vereinzelt auch als „Fundis“ bezeichnet. Während die Realos scheinbar visionslos auf der Suche nach Regierungsbeteiligungen unterwegs sind, neigen die Linken dazu, sich teilweise in endlosen ideologisch aufgeladenen Debatten zu verrennen. Die Reformer wollen diese starren Denkschranken aufbrechen und für geistige Bewegung innerhalb der Partei sorgen. Undogmatisch und inhaltlich orientiert, streiten sie für innovative und wirksame Reformen innerhalb des Systems. Macht wollen sie schon, aber nur für Inhalte. Rein zweckorientierte Karrierenetzwerke sind ihnen zuwider.

    reformer_butti_klein.jpg
    Hier ein Bild vom Reformer-Netzwerktreffen mit ihrem Schirmherrn Reinhard Bütikhofer (Mitte)

    „Wir wollen wirkliche Reformen statt nur pseudoradikalem linkem Gequatsche. Reformen, wie wir sie allerdings verstehen, sind allerdings das Gegenteil von neoliberalen Sozialabbau und Steuergeschenken für Vermögende und Unternehmen. Wir bewerten Reformen danach, ob sie dazu beitragen können, die Lebenssituation der breiten Mehrheit der Bevölkerung zu verbessern.“ führt Sven–Christian Kindler, niedersächsischer grüner Parteirat und überzeugter Reformer aus.

    Reformer Kindler (Reformer sprechen sich nur mit Nachnamen an und reden auch gerne in der dritten Person von sich) ist nicht der Einzige mit Erfahrung in Parteigremien. Reformer Seeliger sitzt im Bundesparteirat (dafür flog die Reala Katrin Göring Eckhardt raus) und war zwei Jahre lang Schatzmeisterin der GRÜNEN JUGEND. “Es geht ja das Gerücht, dass sich die Realos schon vor Jahren in ‘Reformer’ umbenannt hätten”, erzählt Seeliger. Diese Info sei jedoch in der grünen Basis so gut wie nicht bekannt. Und eigentlich sei das ja auch nicht so wichtig; denn: “Ein Patent auf den Begriff ‘Reformer’ darf es nicht geben!” In Zeiten des Wandels zu einer offenen Wissensgesellschaft sei es geradezu erstrebenswert, dass möglichst viele Gruppen diesen progressiv-undogmatischen Begriff benutzen würden – die “Reformer” befänden sich ja auch in guter Gesellschaft mit Gerhard Schröder und Otto von Bismarck.



    Rasmus Andresen
    vertritt die Reformer in Kopenhagen in der SF, der sozialistischen Partei Dänemarks, und ist mit erst 21 Jahren schon Parteirat Schleswig-Holstein a.D.. Er äußert sich wie folgt zur Gründung des neuen Netzwerkes: “GRÜNE JUGEND Spitzenfunktionäre, die ihre infinity group am Rande des G8 Gipfels fälschlicherweise „Basis“ genannt haben, fürchten das Netzwerk schon. Wir fordern sie dazu auf den Dialog zu führen, anstatt mit dem Holzhammer auf die Reformer einzuschlagen.” Zum harten Kern der Reformer gehört auch noch Auto-Reformer Sascha Reckermann, ehemals im Landesvorstand der GRÜNEN JUGEND Niedersachsen. Er ist zuständig für die PR-Arbeit der „inifinity group“.

    Die Nachricht über diese vielleicht kopernikanische Wende des Machtgefüges innerhalb der Ökopartei lockte weitere beitrittswillige Mitglieder an, so den Berliner Abgeordneten Stefan Ziller, die SPUNK-Redakteurin Kathrin Henneberger, den BAG-Medien-Delegierten Vincent Müller und den Layouter und „Netzwerker“ Wetter. Auch die Parteispitze versuchte sich mit dieser neuen Bewegung gut zu stellen. Der Parteivorsitzende Reinhard Bütikofer bot sich spontan als „Schirmherr“ für die Reformer an. Selbstredend nahmen die Reformer dieses großzügige Angebot an, schließlich hat „Büti”, wie die Reformer ihn liebevoll nennen, eine Menge Flügel- und Lebenserfahrung, von der sie hoffen, profitieren zu können. Der neue Schulterschluss wurde dann auch sogleich für die Nachwelt(en) fotographisch festgehalten.

    Die richtigen Karrieretipps erhielten die Reformer allerdings von der innenpolitischen Sprecherin der grünen Bundestagsfraktion, Silke Stokar, die ganz klar bekannte: „Ich bin Reala.“ Kein Problem für die Reformer. Anders als linkspopulistisch verbohrte Ideologen, stehen die Reformer für flügenübergreifende Kooperation.

    Stokar schätze diese undogmatische Dialogbereitschaft und sagte den Reformern Unterstützung zu. Auch sie posierte spontan für ein Bündnisfoto und referierte im Anschluss über die derzeitigen Machtstrukturen innerhalb der Partei. Auf das Anliegen der Reformer, jenseits der Flügel zu stehen und Inhalte den Reformern wichtiger als Macht seien, meinte Stokar nur lapidar mit ihrer langjährigen Parlamentserfahrung: „So kommt ihr nie in den Bundestag! Man braucht Unterstützung durch einen Flügel.“ Die machtpolitisch eher uninteressierten Reformer ließen sich von Reala Stokar aufklären. Vor allem bräuchte man den Willen zur Macht und nicht zu vergessen: Eine Telefonliste! Dankbar nahmen die Reformer Silke Stokars weise Worte zur Kenntnis und setzen die Ratschläge auch schleunigst in die Tat um. Nicht nur eine Telefon-und Adressenliste existiert mittlerweile, nein im digitalen Zeitalter ist auch ein Email-Verteiler zum netzwerkinternen Austausch unverzichtbar. Erreichbar sind die Reformer über reformer [ ett ] linke-gruene.de (intern wird diese Email-Liste auch als „Göttinger Liste“ bezeichnet). Für neue reformistisch veranlagte Interessenten sind die Reformer immer offen. Zusätzlich haben die Reformer auch eine eigene Homepage, wo sie über aktuelle Entwicklungen innerhalb des Reformer-Netzwerkes berichten werden.

    reformer_silke.jpg
    Auch Silke “Reala” Stokar (Mitte) wollte sich mit den Reformer gut stellen.

    Wenn schon die Regierungschefs der G8-Länder auf diesem Gipfel keine substantiellen politischen Erfolge erzielen konnten, für die GRÜNE Partei hat eine neue Ära begonnen. Die Zeiten bilateraler Flügelkämpfe in der Ökopartei sind passé. Die Reformer werden neuen jungen Schwung in die Partei tragen und verkrustete Strukturen aufbrechen. Weitere subversive inhaltliche Aktionen sind
    schon in Planung, die interne Vernetzung ist im vollen Gange. Das nächste Treffen wird intensiv vorbereitet und auch auf der (Sonder-) BDK werden die Reformer ein eigenes inhaltliches Forum abhalten ohne dabei in lästige Machtklüngel zu verfallen. Inhalte gehen vor Macht! Auch und gerade im Bundestag!


    Einsortiert: aktivismus, flügel


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7 Responses to “Die Reformer: Inhalte statt Macht!”

  1. Hey das klingt doch nach einer guten Idee. Frischen Wind können wir durchaus vertragen, da kann ich ja nur die Daumen drücken, dass wir bald wieder eine frische, junge, grüne Partei erleben dürfen.

    MfG Krisse

  2. Ich bin mir noch nicht sicher was ich davon halten soll.Hört sich eher so nach dem typisch *wir können eben mit allen* Gequatsche an. Möglich dass viele das für Schwar-Weiß Malerei halten, aber ich bekenne mich ganz klar zum sozialistisch Teil der Grünen und sehe die Zukunft eben nicht mit Linkenund Realos zusammen inder selben Partei. Alles zusammen geht halt nicht

  3. Ich bin mir noch nicht sicher was ich davon halten soll.Hört sich eher so nach dem typisch *wir können eben mit allen* Gequatsche an. Möglich dass viele das für Schwar-Weiß Malerei halten, aber ich bekenne mich ganz klar zum sozialistisch Teil der Grünen und sehe die Zukunft eben nicht mit Linkenund Realos zusammen inder selben Partei. Alles zusammen geht halt nicht.

  4. Huhu Lena

    informier dich doch einfach auf http://www.linke-gruene.de weiter, linke-gruene.de ist der offizielle Webauftritt der “Reformer”.

    mfg

    Julia

  5. Ich nutz jetzt alle Kommunikationsmöglichkeiten, um dich zu kontaktieren! 😉

    Wann können wir die Kofferaktion in die Wege leiten?

    Liebe Grüße,

    Marc

  6. Skandal! Gerüchte, dass die Reformer für ihr Konzept “Inhalte statt Macht!” nicht einstehen können erreichen die Basis. Nach geheimer Information aus sicherer Quelle müsste das Konzept wohl eher “Inhalt und Macht” heißen.

  7. Nein, das Konzept ist natürlich: “Keine Macht der Macht!”
    Untertitel: Subversive Aktion.