Julia Seeliger
  • Was ist Techno. Nicht nur Love-Parade.

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    27. July 2010 | Trackback | Internet ausdrucken
    scissors

    Vergangenen Sonnabend, gegen Nachmittag, entdeckte ich, dass meine Mutter mich zweimal angerufen hatte. Und ich hatte eine SMS.

    Du bist sicher in Duisburg. Bitte melde dich!

    Solche SMS oder Anrufe von Mama haben in meinem Bekanntenkreis viele bekommen. Ich beantwortete die SMS mit “nicht mein Stil”. Dann schauten wir ARD-Brennpunkt. Der Brennpunkt setzte sich mit dem Unglück bei der Love-Parade, die am Sonnabend in Duisburg stattfand, auseinander.

    Danach ging ich früh ins Bett, denn ich wollte am kommenden Tag um fünf aufstehen. Nicht etwa, um mit dem ICE zu einer Veranstaltung in eine andere Großstadt zu fahren, so wie ich es aus meinen Funktionärszeiten gewöhnt bin. Sondern: Ich stieg in einen Regionalexpress, um einen Tag nachhaltig zu Techno-Musik zu feiern. Nicht auf der Love-Parade, sondern woanders.

    Techno Fahne

    Das ist Techno. Landpartey.

    Mitnichten bedeutet Techno prinzipiell “Großveranstaltung” “Bum Bum Bum” und “zentralistisch auf den DJ ausgerichtet”. Es gibt unterschiedliche Szenen, die unterschiedlich feiern, und das ist auch okay so. Es gibt Ballermann wie bei der Love-Parade und die Anti-Love-Parade – natürlich in Berlin – namens “Fuckparade”, es gibt verspielte Veranstaltungen mit einer Schnitzeljagd bei der Anreise – und selbst Nazis tanzen zu (Nazi-)Techno und nehmen Drogen. Gibt’s alles.

    Ich selbst bevorzuge Veranstaltungen unter freiem Himmel, in schönen Kiefernwäldern oder am Strand. Es ist mir auch wichtig, genug Platz zum Tanzen zu haben. Und: die Art und Weise des Tanzens. In meiner Szene tanzt man eher individuell, weniger nach vorn gerichtet zum DJ, sondern im Freundeskreis oder allein. Irgendwo, in einem Zeitungs–Artikel, schrieb jemand schon so etwas zum Tanzstil.

    In dem Artikel stand auch etwas schönes in Richtung “Techno ist Post-Pop”, was ich sympathisch fand. Der Sound ist vergleichsweise wichtiger als die Künstler-Persönlichkeit (das hat wohl auch etwas mit der Remix- und Sampling-Kultur zu tun), es geht mehr um die Kunst als ums Genie – wenngleich einige DJs große Namen haben und Fangemeinden.

    Vielleicht noch eine Betrachtung zur Zeit: Da Techno-Parties im Normalfall zumindest 12 Stunden, oder auch wesentlich länger, andauern, kann man es so sehen, dass alle Besucher in ihrer eigenen Zeitzone sind. Die Geschichte von der frühmorgendlichen Anreise illustriert dies. Schon während der Fahrradtour (es mussten vom Bahnhof 15 Kilometer durch die Pampa Brandenburgs zurückgelegt werden) kamen uns Fußgänger entgegen, die offensichtlich von genau der Party kamen, zu der wir unterwegs waren.

    Techno ist relevant, es ist vielfältig und es gibt unterschiedliche Szenen, die diese Musik in unterschiedlichen Variationen genießen. Infos bei Wikipedia (Techno | Technoszene | Remix).

    Ob die Love-Parade jetzt, nachdem sie “ins Ruhrgebiet verkauft” wurde und nachdem es zu dem schlimmen Unglück kam, “tot” ist oder doch nicht, wird man sehen. Ich fände das schade für ihre Fans, kam das Unglück doch zustande, weil da Kommunalpolitiker überfordert mit der Planung einer Großveranstaltung waren.

    Erfreulich, dass das in den Medien bislang so rüberkommt. Es gab nur einige wenige Spinner, die die Gelegenheit nutzten, gegen die moderne Gesellschaft und gegen Drogenkonsum zu hetzen. Ich hätte anderes erwartet.

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10 Responses to “Was ist Techno. Nicht nur Love-Parade.”

  1. Philipp Zimbehl

    Hallo Julia,

    insbesondere deinem letzten Absatz kann ich zustimmen.

    Ich war erstaunt wie differenziert die Darstellung zu großen Teilen war.

    lg
    p

  2. Der Artikel enthält fast keine Informationen die eine solche Überschrift rechtfertigen würde. Selbst jemand wie ich, der mit der Szene nichts zu tun hat (und auch nichts zu tun haben will), erfährt hier irgendetwas relevantes.
    Ich möchte nicht den Artikel abwerten, aber bei der Überschrift erwarte ich etwas anderes und damit meine ich keine musiktheoretischen Abhandlungen.

  3. Der Artikel enthält fast keine Informationen die eine solche Überschrift rechtfertigen würde.

    Ja und? Dann schreib doch was rein. In das Kommentarfeld. Dafür ist es da. 😉

    Im Übrigen finde ich deine Kritik unzutreffend und zu formalistisch. Ich hab was zu meinem Lebensgefühl Techno geschrieben, das sich vom Love-Parade-Techno unterscheidet. Es steht was von “Post-Pop” drin. Es sind also durchaus Fakten enthalten, vielleicht nicht solche, die dein Leben berühren.

    Lies doch mal genauer und versuche die Art, wie ich in meinem Blog schreibe, zu verstehen. Oder komm halt nicht mehr her, es könnte ja sein, dass wir beide aneinander vorbeischreiben, und dann ist das hier vielleicht auch nicht das richtige Blog für dich.

    Das ist hier nämlich mein Blog und ich darf Überschriften machen, wie es mir gefällt. Und da das Netz weit ist, wird es Menschen geben, die diese Überschrift gut finden.

    Ich habe keine Lust auf weitere destruktive Diskussion.

  4. Passt auch hier: http://farmer-glitch.blogspot.com/2005/11/aha-aha.html

  5. Interessante Aussagen zur Techno-Musikkultur.


    Die Umorientierung von sinnintendierter Gestaltung auf formale Gestaltung, schroff gesagt also von Inhalt auf Verpackung, hat mitnichten zur Folge, daß Wert- und Sinnsysteme gänzlich obsolet geworden sind, Raver typischerweise also nichts auszusagen oder keine Meinung hätten. Richtig ist jedoch, daß die Techno-Kultur als solche kein verbindliches Wertesystem propagiert, sondern sich vielmehr universeller und unverbindlicher Konzepte bedient. Anstelle einzelner, die kulturell durchgesetzte Ideen verbreiten und als deren Vermittler auftreten, steht der einzelne, der mit einer auf Grundlage des entsprechenden Diskurses durchgesetzten Kultur auf individuelle Weise umgeht, im Mittelpunkt der kulturellen Auseinandersetzung. Dazu bedarf es eines universalen Toleranzsystems, das sich hauptsächlich über Allgemeinplätze artikuliert und durchaus als Pluralismus bezeichnet werden kann.

    Daß Techno also eine variable und bis zu einem gewissen Grad uneinheitlich repräsentierte Kultur ist, in der sowohl “das Musikalische” als auch seine außermusikalische Einbindung durch verschiedene Diskurse reguliert werden, hat der historische Überblick gezeigt, der sich prinzipiell unter dem Motto “Techno ist, was Techno genannt wird” subsumieren läßt.
    [..]
    Hinsichtlich äußerlicher kultureller Merkmale bedienen sich die Raver all dessen, was ihnen in den Sinn kommt, gibt es tendentiell keine anderen Normen als die durch Differenz beschworene, wobei auf dem jeweiligen Event als kulturelles Ereignis in Öffentlichkeit der Präsentation des Körperlichen das Schwergewicht zukommt. Kommunikation besteht hauptsächlich in der Präsentation von Individualität, und zwar überwiegend auf der Tanzfläche, mithin wortlos. Im Techno-Tanz werden Mobilität, Ausdauer und körperliche Fitneß stilisiert, darüber hinaus jedoch lassen sich kaum normierte Bewegungsformen feststellen. Es handelt sich vielmehr um einen Mischtanz. Und obwohl es durchaus spezielle Techno-Moden gibt, folgt auch die Verpackung des Körpers im allgemeinen mehr der Regel der Vielfalt.

    Quelle: Schlicke, Techno-Kultur Zusammenfassung und Einordnung

  6. Steffen Geyer

    Menschen beschwehren sich oft darüber, dass Musik vielseitig ist und dass sie sie in solch großen Zweifeln darüber zurückläßt, was sie nun darüber denken sollten, wohingegen Worte von jedem missverstanden werden können.
    (Felix Mendelssohn)

    P.S. Ohne Angabe meiner Webseite, damit ich nich wieder als pöser Spammer gelöscht werde 😛

  7. […] Loveparade V: Was ist Techno…Julia Seeliger […]

  8. […] JuliaSeeliger-Blog: Was ist Techno?   KLICK […]

  9. hmpf, das erinnert mich daran, dass ich dieses Jahr bisher keinen Sonnenaufgang herbei gestampft habe. *wehmut

  10. Es gibt noch die Sea-U-Site, Hannes (wenn sie nicht, so wie jedes Jahr, ausfällt)