-
Viel Glück zum Konfetti-Tag!
8Heute hat das Bundesverfassungsgericht seine Entscheidung zur Vorratsdatenspeicherung verkündet.
Mein Kommentar: “Kurs auf Straßburg”
Grundsätzlich hat das Bundesverfassungsgericht einer verdachtsunabhängigen Speicherung von Telekommunikationsdaten keine Absage erteilt. Das hatten Bürgerrechtler erhofft und seit Jahren gefordert. Weiterhin wird das rechtsstaatliche Grundprinzip der Unschuldsvermutung ausgehöhlt und die Bürger der Bundesrepublik Deutschland unter Generalverdacht gestellt. Damit fällt das Gericht übrigens auch hinter das Volkszählungsurteil von 1983 zurück. Das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung ist im Internetzeitalter offenbar nicht mehr so wichtig.
Beitrag ursprünglich vom 14.12.2009
Heribert Prantl:
Konfetti-Tage sind die Tage, an denen Gesetze zu kleinen Papierschnipseln verarbeitet werden – die quasi in der Tüte zurückgeschickt werden nach Berlin mit der Anweisung an den Gesetzgeber, sie ganz neu zusammenzusetzen. Das Gericht hat seine Schnipsel-Aktion auch schon mehr oder weniger angekündigt.
Hoffen wir das beste. Ab morgen wird das Bundesverfassungsgericht zu dem von Bürgerrechtler/innen seit Jahren kritisierten Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung verhandeln.
Wie zehntausende andere habe auch ich die Verfassungsbeschwerde unterstützt und von Zeit zu Zeit in diesem Blog zu diesem grundrechtsfeindlichen Gesetz berichtet.
Nach der Vorratsdatenspeicherung wurden ja noch zahlreiche weitere Einschränkungen der Freiheit, insbesondere auch im digitalen Raum, angestoßen, zum Beispiel das BKA-Gesetz und die Von-der-Leyen’schen Netzsperren.
Unter anderen auch zum Thema Konfetti schreibt Heribert Prantl zwar, dass das Verfassungsgericht vermutlich “weder klein beigeben noch den ganz großen Konflikt wagen” wird.
Studiert man die sehr detaillierte Gliederung der mündlichen Verhandlung, dann fällt auf, dass beim Europarecht nicht allzu lange verweilt wird. Die Richter werden die Geschichte nicht den Kollegen im Europäischen Gerichtshof vorlegen. Sie werden so viel und so detailliert entscheiden, dass sie damit gerade noch am Konflikt mit der EU vorbeikommen. Sie werden das Vorratsdatenspeicherungsgesetz nicht zu Konfetti verarbeiten, sondern es umschreiben, es leidlich grundgesetzkonform machen.
Nimmt man linksradikale Kritik am Verfassungsgericht mal aus, so ist doch zu erwarten, dass am Ende schon ein wenig Konfetti gehäckselt werden wird. Und dieses Konfetti lässt auch für die anderen Gesetze, die entweder noch in Karlsruhe herumhängen (BKA-Gesetz) oder da noch gar nicht hingetragen wurden (meines Wissens: die Netzsperren) hoffen.
Zum Weiterlesen
- Mein Kommentar auf taz.de – Habemus Bürgerrechtsbewegung 2.0
- Twitter-Hashtag-Suche #vds und #vorratsdatenspeicherung
- Heribert Prantl: Orwell und Orwellness
- Josef Joffe: Tyrannei des Guten
- Heise Online: Vorratsdatenspeicherung vor dem Bundesverfassungsgericht
- netzpolitik.org: Mündliche Anhörung zur Vorratsdatenspeicherung in Karlsruhe
Urheber/in Foto: M3Li55@ – Lizenz: CC-BY-NC-ND
Einsortiert: demokratie, staat
Verschlagwortet: bundesverfassungsgericht, vorratsdatenspeicherung
auch noch zum Thema
8 Responses to “Viel Glück zum Konfetti-Tag!”
-
Florian
Netzsperren-Gesetz wird hingetragen, wenn der Bundespräsident unterschreibt und das Gesetz in Kraft tritt – was hoffentlich natürlich nicht passiert.
-
Achja, richtig. Lasse es dennoch mal drin, ist ja kein Faktenfehler.
-
“Sie werden das Vorratsdatenspeicherungsgesetz nicht zu Konfetti verarbeiten, sondern es umschreiben, es leidlich grundgesetzkonform machen.”
Genau so wird es laufen. Leider, und wir können wiedermal nix dagegen tun. 🙁
-
Ja, heul doch. Den Artikel hier hast du nicht gelesen, oder?
-
“Sie werden das Vorratsdatenspeicherungsgesetz nicht zu Konfetti verarbeiten, sondern es umschreiben, es leidlich grundgesetzkonform machen.” Ich hoffe, dass alle Politiker im nächsten Jahr darüber nochmal nachdenken.
-
Ich denke schon, dass wir alle etwas dagegen tun können.
-
Ja, beim Europarecht schaut man einigermaßen schnell weg.- Das bedeutet wiederum nicht, dass
UN Konventionen einfach so eingeebnet werden können. Die Schutzgemeinschaft und Gewerkschaft für Menschenrechte “Ringvorsorge” hat sich dieser Thematik seit einiger Zeit angenommen. Möglicherweise verstößt auch die Vorratsdatenspeicherung gegen einschlägige UN Konventionen bzw. Resolution.Zu nennen wäre da an erster Stelle wohl die UN Res. 217 A (III). Weiteres im hierzu im WordPressblogg der Ringvorsorge.
MfG.
Jörg Hensel
-
Super schönes Bild echt !