zeitrafferin
Julia Seeliger-
24. October 2007 | 72 Kommentare | Trackback | Internet ausdrucken
So meinte ich das nicht mit der Anerkennung “neuer Lebensformen”, liebe Bundesregierung:
In einer Nacht- und Nebelaktion ist kurzfristig von der Koalition ein Regierungsentwurf zur Reform des Wohngeldes aufgesetzt worden, der es NiedrigverdienerInnen quasi unmöglich macht, in eine WG zu ziehen.
Die Bundesregierung plant künftig bei der Berechnung des Wohngeldes alle Mitglieder einer sog. Wohn- und Wohnwirtschaftsgemeinschaft heranzuziehen. D.h. künftig werden alle Wohngemeinschaften, von der Alten WG, der Studenten-WG bis zur Berufstätigen-WG das Einkommen potentieller Mitbewohner prüfen müssen. Bei nicht abschätzbaren Armutsrisiken wie Krankheit oder Arbeitslosigkeit werden sie durch die geplante neue Regelung mit in die Haftung genommen. Auch für zu Unrecht erhaltenes Wohngeld eines WG-Mitgliedes sollen sie haften. Diese Strategie der Zerschlagung von modernen Wohn- und Lebensformen ist nicht neu. Schom beim Arbeitslosengeld II hatten SPD und CDU zum 01.08.2006 per “Fortentwicklungsgesetz” die Umkehr der Beweislast bei nicht-ehelichen Lebengemeinschaften eingeführt.
Rund 10 Prozent der Alleinstehenden leben laut statistischem Bundesamt mit anderen Personen unter einem Dach, sprich in einer Wohngemeinschaft.
Interessant auch die dazugehörige Bewertung von Markus Kurth (PDF)
Die Strategie der Zerschlagung von modernen Wohnformen ist nicht neu. Schon beim Arbeitslosengeld II hatten SPD und CDU ab 01.08.2006 per „Fortentwicklungsgesetz“ die Umkehr der Beweislast bei nicht-ehelichen Lebensgemeinschaften eingeführt. Seither gilt immer schon dann die Vermutung der Bedarfsgemeinschaft, wenn Partner länger als ein Jahr zusammenleben. In diesem Falle wird im SGB II das Vorliegen einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft vermutet. Diese kann allerdings noch widerlegt werden. Nach dem Willen der Bundesregierung soll das beim Wohngeld nicht mehr möglich sein sein. Mit der geplanten Reform des Wohngeldes geht die Bundesregierung über das im SGB II geltende Prinzip der Verantwortungsgemeinschaft hinaus.
Gefunden im Newsletter von Markus Kurth, der immer wieder lesenswert ist. Mehr zu diesem Thema findet sich auch auf Markus’ Webseite.
Auf Tacheles Sozialhilfe wird zudem kritisiert – Markus kritisierte das kürzlich in einer Bewertung des Vorgangs ebenfalls – dass das Wohngeld seit 2001 nicht mehr an die tatsächlichen Bedarfe angepasst wurde. Das ist nicht nur ungerecht, sondern führt auch zu Fehlentwicklungen.
Außerdem hat die Bundesregierung nicht die Chance ergriffen, die Wohngeldleistungen zu erhöhen. Die letzte Erhöhung fand 2001 statt. Seither sind die Mieten, insbesondere die Warmmieten deutlich gestiegen. Mit einer Anpassung der Leistungen würde die Bundesregierung auch der zunehmenden Zahl sog. “Aufstocker” im ALG II entgegenwirken, die ausschließlich die sog. Kosten der Unterkunft erhalten. Denn die Wohnkostenhilfe für Erwerbstätige ist eigentlich nicht Aufgabe der Grundsicherung für Erwerbslose. Diese wird jedoch von einer steigenden Anzahl von erwerbstätigen GeringverdienerInnen in Anspruch genommen, da die Kostenerstattung im ALG II als ergänzende Leistung attraktiver ist.
Diesen (PDF) halte ich für den entsprechenden Gesetzentwurf. Dort findet sich nach Runterscrollen:
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Verschlagwortet: monogamie ist keine lösung, solidarität, soziales, wg, wohnen