zeitrafferin
Julia Seeliger-
2. March 2010 | 8 Kommentare | Trackback | Internet ausdrucken
Heute hat das Bundesverfassungsgericht seine Entscheidung zur Vorratsdatenspeicherung verkündet.
Mein Kommentar: “Kurs auf Straßburg”
Grundsätzlich hat das Bundesverfassungsgericht einer verdachtsunabhängigen Speicherung von Telekommunikationsdaten keine Absage erteilt. Das hatten Bürgerrechtler erhofft und seit Jahren gefordert. Weiterhin wird das rechtsstaatliche Grundprinzip der Unschuldsvermutung ausgehöhlt und die Bürger der Bundesrepublik Deutschland unter Generalverdacht gestellt. Damit fällt das Gericht übrigens auch hinter das Volkszählungsurteil von 1983 zurück. Das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung ist im Internetzeitalter offenbar nicht mehr so wichtig.
Beitrag ursprünglich vom 14.12.2009
Heribert Prantl:
Konfetti-Tage sind die Tage, an denen Gesetze zu kleinen Papierschnipseln verarbeitet werden – die quasi in der Tüte zurückgeschickt werden nach Berlin mit der Anweisung an den Gesetzgeber, sie ganz neu zusammenzusetzen. Das Gericht hat seine Schnipsel-Aktion auch schon mehr oder weniger angekündigt.
Hoffen wir das beste. Ab morgen wird das Bundesverfassungsgericht zu dem von Bürgerrechtler/innen seit Jahren kritisierten Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung verhandeln.
Wie zehntausende andere habe auch ich die Verfassungsbeschwerde unterstützt und von Zeit zu Zeit in diesem Blog zu diesem grundrechtsfeindlichen Gesetz berichtet.
Nach der Vorratsdatenspeicherung wurden ja noch zahlreiche weitere Einschränkungen der Freiheit, insbesondere auch im digitalen Raum, angestoßen, zum Beispiel das BKA-Gesetz und die Von-der-Leyen’schen Netzsperren.
Unter anderen auch zum Thema Konfetti schreibt Heribert Prantl zwar, dass das Verfassungsgericht vermutlich “weder klein beigeben noch den ganz großen Konflikt wagen” wird.
Studiert man die sehr detaillierte Gliederung der mündlichen Verhandlung, dann fällt auf, dass beim Europarecht nicht allzu lange verweilt wird. Die Richter werden die Geschichte nicht den Kollegen im Europäischen Gerichtshof vorlegen. Sie werden so viel und so detailliert entscheiden, dass sie damit gerade noch am Konflikt mit der EU vorbeikommen. Sie werden das Vorratsdatenspeicherungsgesetz nicht zu Konfetti verarbeiten, sondern es umschreiben, es leidlich grundgesetzkonform machen.
Nimmt man linksradikale Kritik am Verfassungsgericht mal aus, so ist doch zu erwarten, dass am Ende schon ein wenig Konfetti gehäckselt werden wird. Und dieses Konfetti lässt auch für die anderen Gesetze, die entweder noch in Karlsruhe herumhängen (BKA-Gesetz) oder da noch gar nicht hingetragen wurden (meines Wissens: die Netzsperren) hoffen.
Zum Weiterlesen
- Mein Kommentar auf taz.de – Habemus Bürgerrechtsbewegung 2.0
- Twitter-Hashtag-Suche #vds und #vorratsdatenspeicherung
- Heribert Prantl: Orwell und Orwellness
- Josef Joffe: Tyrannei des Guten
- Heise Online: Vorratsdatenspeicherung vor dem Bundesverfassungsgericht
- netzpolitik.org: Mündliche Anhörung zur Vorratsdatenspeicherung in Karlsruhe
Urheber/in Foto: M3Li55@ – Lizenz: CC-BY-NC-ND
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27. February 2008 | 4 Kommentare | Trackback | Internet ausdrucken
Juhu, wir haben ein neues Grundrecht!
Heute hat das Bundesverfassungsgericht das Urteil zur Online-Durchsuchung in NRW verkündet. Das NRW-Gesetz ist verfassungswidrig: Eine flächendeckende Online-Durchsuchung ist – wenig überraschend – nicht mit dem Grundgesetz vereinbar. Nur in besonderen Einzelfällen ist eine Ausspähung rechtens.
Zum ersten Mal wurde ein “Grundrecht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität von informationstechnischen Systemen” genannt.
Wiefelspütz machte ein komisches Gesicht, Ingo Wolf hat wohl heute auch nicht so einen guten Tag. Was das Urteil genau bedeutet, konnte auch der interviewte (sachverständige) Jurist noch nicht ganz absehen, sein erstes Fazit: Ein wichtiges Urteil, man habe ein neues Grundrecht geschaffen. Es seien zudem nun mehr Bereiche geschützt, man hätte aber nun auch mehr Möglichkeiten, in die geschützten Bereiche einzugreifen.
Ich frage mich, ob die heutige Entscheidung etwas für die kommende Entscheidung zur Vorratsdatenspeicherung bedeutet.
Die Grünen haben heute morgen den Bundestrojaner in Karlsruhe aufgefahren, ich suche aktuell noch nach Fotos. Bisher habe ich nur ein Bild vom foebud, Lizenz und Urheber mir unbekannt.
Es gibt jetzt ein ganz lustiges Bild mit Claudia und einem Riesen-Computer – Lizenz und Urheber mir ebenfalls unbekannt, man soll aber wohl auf gruene.de verweisen.
Weiterlesen
- Leitsätze zum heutigen Urteil zur Online-Durchsuchung
- Mitschnitt der Urteilsverkündung auf Google Video
- Pressemitteilung Bundesverfassungsgericht: Vorschriften im Verfassungsschutzgesetz NRW zur Online-Durchsuchung und zur Aufklärung des Internet nichtig
- netzpolitik.org: “Die Entscheidung: Online-Durchsuchung beim Bundesverfassungsgericht”
- Lawblog: “Neues Grundrecht”
- Heise Netze: “Karlsruhe lässt kaum Raum für heimliche Online-Durchsuchungen”
- Foebud: “Freude über Urteil zur Online-Durchsuchung”
- GRÜNE JUGEND: “Datenschutz ist Grundrecht”
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13. February 2008 | 3 Kommentare | Trackback | Internet ausdrucken
Das Bundesverfassungsgericht hat ja heute bezüglich der 5-Prozent-Hürde in Schleswig-Holstein entschieden.
Mit der Einführung der Direktwahl der Bürgermeister in hauptamtlich verwalteten Gemeinden sowie der Landräte ist das zentrale Element weggefallen, das bislang die Rechtfertigung der Fünf-Prozent-Sperrklausel im schleswig-holsteinischen Kommunalwahlrecht gestützt hat. Nach der Änderung der Kommunalverfassung in Schleswig-Holstein im Jahr 1995 sind für die Wahl der hauptamtlichen Bürgermeister und der Landräte stabile Mehrheitsverhältnisse, die durch das Auftreten von Splitterparteien in Kommunalvertretungen und Kreistagen gefährdet werden könnten, nicht mehr notwendig.
Direktwahlen von BürgermeisterInnen kann man gut oder schlecht finden – Fakt ist damit auch, dass es auf kommunaler Ebene nicht nötig ist, eine “Kanzlermehrheit” zu haben. Minister gibt es ja auch nicht, Dezernenten werden meist zwar schon politisch besetzt, aber eben peu à peu im Laufe der Legislatur.
Genauso hatte ich das meinem Mitbewohner in der Küche auch erklärt. Ich bin nicht für Folter – Tja, was liegt da nahe?
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