zeitrafferin
Julia Seeliger-
22. October 2008 | 7 Kommentare | Trackback | Internet ausdrucken
Christoph Butterwegge hat den guten Kommentar “Nebelkerze Bildung” zur aktuellen Debatte geschrieben. Das sollten sich nicht nur Angela Merkel und die CDU, sondern auch einige Grüne mal reinziehen.
7 KommentareWer von der Bildung als “neuer sozialer Frage” spricht und die Bildungs- als “Sozialpolitik des 21. Jahrhunderts” bezeichnet, ignoriert einfach, dass man sein Armutsrisiko durch schulischen Erfolg oder hervorragende berufliche Qualifikation immer schon verringern konnte, und konstruiert einen Gegensatz zwischen zwei Politikfeldern, die seit jeher miteinander verzahnt sind. Will er gleichzeitig von der Schule über die Weiterbildung bis zur Universität alle Bereiche privatisieren, ist Unglaubwürdigkeit die logische Folge. Denn in einem solchen Bildungssystem stoßen Kinder nur noch auf Interesse, wenn sie (bzw. ihre Eltern) als zahlungskräftige Kunden firmieren. Kontraproduktiv wirken denn auch die Beschneidung der Lernmittelfreiheit (Verpflichtung der Eltern zur Zahlung von Büchergeld), die Schließung von (Schul-)Bibliotheken aus Kostengründen und die Einführung von Studiengebühren.
Es ist ein Widerspruch unserer Zeit, dass man Bildung immer mehr zu einer Ware herabwürdigt und sie gleichzeitig als Wunderwaffe im Kampf gegen die Kinderarmut betrachtet.
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24. October 2007 | 9 Kommentare | Trackback | Internet ausdrucken
Was auf den ersten Blick nicht überraschend erscheint, ist doch ganz schön heftig: Schon sehr kleine Kinder können ihre Zukunftsperspektiven in der stark selektierenden Bundesrepublik realistisch einschätzen. Das hat die WorldVision-Kinderstudie zutage gebracht.
SPIEGEL ONLINE: “Arme Kinder, armes Leben”
Bereits Grundschüler schätzen ihre Zukunftschancen pessimistisch ein. Dies sei etwa bei der Frage nach den Schulperspektiven deutlich geworden, sagte der Forscher Klaus Hurrelmann, der die Studie mit durchführte. Der Sozialwissenschaftler nannte es beängstigend, wie groß in Deutschland die Spanne zwischen sehr gut situierten Kindern und ihren Altersgenossen sei, die unter sehr schlechten Bedingungen aufwachsen. Neben der Angst, dass ihre Eltern arbeitslos werden könnten und die Familie dadurch die Sicherheit verliert, fürchten Kinder sich besonders vor Kriegen und Terroranschlägen.
Spannend auch der Ausgang der Studie bezüglich Berufstätigkeit (beider) Eltern.
Kinder von berufstätigen Eltern empfinden meistens mehr Zuwendung als Kinder in arbeitslosen Familien. Wenn beide Eltern arbeiten, bedeute das nicht, dass die Kinder sich vernachlässigt fühlten: Im Gegenteil sei bei den Söhnen und Töchtern arbeitsloser Eltern die Zufriedenheit eher niedrig, sagte Hurrelmann im ZDF. Für Kinder sei entscheidend, wie verlässlich die Zeit sei, die ihre Eltern ihnen widmeten.
Da kann ich nur gebetsmühlenartig wiederholen: Nötig ist endlich ein gerechtes, integratives Bildungssystem mit gut ausgebauten Schulen, individuellem Unterricht und kleinen Klassen. Nötig ist – jetzt mal grundlegend – eine umfassende soziale Infrastruktur. Man könnte ja mal Segel setzen nach Skandinavien, da läuft einiges besser.
Warum das mit dem Bildungssystem in der Bundesrepublik Deutschland nicht voran kommt, kann ich – Vorsicht, Verschwörung! – nachvollziehen. Echt traurig: Da gibt es eine Ober- und Mittelschicht, die beide darauf dringen, ihre Interessen zu wahren. Eltern, deren Kinder nicht mit den “Assis” auf eine Schule gehen sollen, sondern lieber auf dem Gymnasium Abitur machen sollen. Denn so haben ihre Nachkommen bessere Aufstiegsschancen und weniger Konkurrenz.
Das mal das Wort zum Mittwoch. Es muss sich eine Menge ändern in der Bundesrepublik Deutschland. Armut wird vererbt, und das nicht seit gestern. Geändert hat sich daran in den letzten Jahrzehnten – trotz vielfacher Appelle und vollmundiger Sonntagsreden – nicht besonders viel.
Inhaltsverzeichnis der WorldVision-Kinderstudie
- Einleitung
- Familie heute hat viele Gesichter
- Herkunftsschicht und Armutsrisiko
- Migrationshintergrund
- Bedeutung von Religion
- Elterliche Zuwendung
- Die Schule
- Halbtagsschule und Verzicht auf Nachmittagsbetreuung
- Soziale Integration und Freundeskreis
- Gemeinsame und getrennte Welten
- Mobbing und Gewalt
- Gruppenaktivitäten und Vereine
- Medienkonsum
- Freizeit
- Bedeutung von Politik und Gesellschaft
- Kinder beteiligen sich
- Die eigene Meinung
- Kinder als kompetente Akteure
- Methodik
Die Zusammenfassung der Studie als PDF.
Kleiner Seitenhieb zum globalen Engagement von “World Vision” – einen interessanten Artikel zu Kinderpatenschaften in Entwicklungsländern hat Michi Kömm im vergangenen Jahr verfasst.
Viele Menschen spenden Geld an die Dritte Welt, doch gut gemeint ist nicht immer gut gemacht. Vorsicht ist zum Besispiel angesagt, wenn ein Hilfsprojekt Werbung mit Patenschaften für einzelne Kinder macht.
WorldVision ist eine christlich orientierte Organisation, die sich für globale Gerechtigkeit einsetzt. 150.000 Patenkinder, 229 Projekte, 46 Länder – das ist der Slogan. Man macht Werbung für Patenkinder, aber wohl zur Finanzierung von regionalen Entwicklungsprojekten – das scheint ganz okay; inwiefern Michis Kritik dennoch auf diese Organisation zutreffen könnte, vermag ich nicht zu bewerten. Zumindest ist die Organisation sehr um Transparenz bemüht.
Wir tragen das Spendensiegel des Deutschen Zentralinstitutes für soziale Fragen (DZI) in Berlin. Dieses Siegel erhält nur, wer sich freiwillig der Kontrolle und Prüfung des DZI zur wahren, eindeutigen und sachlichen Werbung sowie zur nachprüfbaren, sparsamen und satzungsgemäßen Verwendung der Geldmittel und weiteren Kriterien unterzieht.
Nun, aber eigentlich ging es um die Kinderstudie. Und die ist auf jeden Fall berichtenswert. Denn jedes vierte Kind in der Bundesrepublik Deutschland lebt in Armut – da muss endlich ernsthaft etwas geschehen!
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10. August 2007 | 2 Kommentare | Trackback | Internet ausdrucken
In meinem früheren Leben, lange bevor ich in die Partei eintrat, studierte ich mal Lehramt. Auch bin ich Lehrerinnenkind, also eins dieser Bälger, von denen meine damalige Französisch- und Religionslehrerin Frau P. sagte: “Das sind die Schlimmsten.” Viel Bezug also in meinem Leben zum Lehrerberuf, ich hab die GEW-Zeitung sozusagen mit dem Frühstücksmüsli in mich aufgesaugt.
Jetzt hab ich das Blog eines Referendaren (Titel: “Kreide fressen”) entdeckt, der über seinen Schulalltag berichtet. In seiner Blogroll finden sich Links zu vielen anderen LehrerInnen – ganz spannend! Es gibt also nicht nur die vielzitierten Schülerinnen-Blog-Netzwerke – auch Lehrerinnen und Lehrer sind durchaus Web-2.0-fähig.
Und merke: Zur nächsten Lehrerkonferenz am Beginn des Schuljahres belegte Brote mitnehmen, vor allem, wenn direkt darauf die Fachkonferenz folgt! Mann, habe ich einen Hunger geschoben. Obwohl ich immer noch nicht so richtig durchblicke, wann man ein Treffen aller Deutschlehrer “Fachkonferenz” und wann “Fachschaftssitzung” nennt. Aber so was kommt erfahrungsgemäß mit der Zeit…
2 Kommentare… aber Unterricht muss gemacht werden. Da herrscht eine so derbe Lautstärke, so ein “Grundrauschen”, das es wirklich schwer ist, durchzukommen. Durchkommen ist dann auch schlecht für die Stimme, also teile ich mir die Klasse dann in virtuelle “Pakete” ein und weise jedes Paket einzeln auf Ruhe hin. Das klappt. Aber hält nicht lange.
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