Julia Seeliger
  • Jungle World: Monogamie-Artikel

    20
    25. September 2007 | Trackback | Internet ausdrucken
    scissors

    In der kommenden Jungle-World wird ein Artikel zum Thema “Monogamie ist keine Lösung” von mir erscheinen. Das Ganze ist Teil der Diskussionsreihe “Disko”, die sich um Liebe, Beziehungen und den ganzen Rest dreht.

    In diesem Artikel fokussiere ich mich aber mehr auf die Debatte, was unsere Gesellschaft zusammenhält, wie Ehe die Emanzipation bremst und öffentliche Daseinsvorsorge vs. neoliberale Entsolidarisierung an sich.

    Ein Absatz dreht sich aber auch um Beziehungen, um Verbindlichkeit und Sexualität. Jetzt, schon vor dem Erscheinen des Artikels, wurde ich bereits von zwei Menschen – dem Redakteur und einer Freundin – angesprochen, die folgenden Satz nicht verstanden:

    Auch wenn die Moderne zahlreiche Formen der Geburtenkontrolle – Verhütungsmittel, Abtreibung – hervorgebracht hat, kann dennoch gerade Sex mit einer Person, die einem vollends “den Kopf verdreht”, ein ganz besonders wunderbar lustvolles Erlebnis sein.

    Ich postuliere eine “Entbiologisierung von Sex”, also die Entkopplung von Sexualität von Reproduktion. Moderne Verhütungsmittel können Krankheiten und Schwangerschaft verhindern, somit stünde einem rationalen Hedonismus im Grunde nichts entgegen. In der Moderne könnte die heimelige Zweierbeziehung, fortschrittlich, dem maximalen Genuss(konsum) weichen. Ich sehe aber einen Mehrwert in der romantischen Liebe, egal jetzt, ob in einer Zweierbeziehung oder in romantisierten Freundschaften, so wie von Blindow/Ommert in Jungle World 38/2007 vorgeschlagen. Auch wenn es in der modernen Gesellschaft also zu erwarten wäre, dass die romantische Liebe zugunsten eines rationalen Hedonismus, wie von Schott in Jungle World 35 postuliert, an Bedeutung verlieren würde, so ist dies in meinen Augen nicht zu erwarten. Ganz einfach: Qualität vor Quantität. Gefühl und Verstand.

    Das passiert mir bisweilen, dass man Sätze von mir nicht versteht, weil ich nämlich die Hälfte davon als trivial in meinem Kopf behalte. Ich beachte dabei nicht, dass jeder Mensch anders denkt und somit auch gewisse Dinge noch mal erklärt werden müssen. Das ist mir übrigens auch in meiner Deutsch-Abiklausur passiert, wo ich stundenlang an dem “perfekten Text” arbeitete, der dann am Ende zu abstrakt und kondensiert war, so dass ich nur eine Drei dafür bekam, was mich nicht befriedigte.

    Die Freundin, die besagten Satz nicht verstand, gab mir auch noch dieses Feedback:

    … den Link zwischen Liebesbeziehung, der Rolle des Staates und der Solidarität … Ich finde das eine schöne Idee, diese Trias. Obwohl ich ideologisch beim Staat große Probleme habe, aber das ist eine andere Frage. Ich mag dein Argument.

    “Monogamie ist keine Lösung” ist inhaltlich verwirrend, die dahinter stehende Debatte ist aber richtig und wichtig, und muss weiter ausgearbeitet werden. Das werde ich weiterdenken, dieser Artikel war nur ein weiterer erster Aufschlag. Die Idee ist gut, die Welt noch nicht bereit!


    Einsortiert: familie, gender, sozialstaat
    Verschlagwortet: , ,

  • auch noch zum Thema




20 Responses to “Jungle World: Monogamie-Artikel”

  1. Auch wenn die Moderne zahlreiche Formen der Geburtenkontrolle – Verhütungsmittel, Abtreibung – hervorgebracht hat, kann dennoch gerade Sex mit einer Person, die einem vollends “den Kopf verdreht”, ein ganz besonders wunderbar lustvolles Erlebnis sein.

    Erlaube bitte, dass ich darauf hinweise, dass weder Geburtenkontrolle noch Verhuetungsmittel eine Erfindung der Moderne, ja nicht einmal der Neuzeit ueberhaupt sind. schon die alten Roemer kannten eine Art grob gestricktes Praeservativ – und auch andere Methoden sich vor ungewollten schwangerschaften zu schuetzen sind praktisch schon immer und ueberall bekannt (gewesen).

    Ausserdem warne ich davor Beziehungen allzu vordergruendig auf sex abzustellen – wenn manN nur Sex will kann manN (zumindest) auch ins Puff gehen … Und auch im uebrigen ist es nicht unbedingt so, dass man den oder die, der/die am besten fickt, auch im Uebrigen am besten aushaelt.

  2. grob gestricktes Praeservativ

    Hm, ist das mit der Pille oder heutigen Kondomen wirklich vergleichbar?

    Ausserdem warne ich davor Beziehungen allzu vordergruendig auf sex abzustellen

    Sicher, davor sollte mensch immer warnen. Geht aber um Monogamie, Beziehungen, Liebe und das Spannungsfeld von dem allen in der Artikelserie

    wenn manN nur Sex will kann manN (zumindest) auch ins Puff gehen

    Mann vielleicht. Ich kenne wenige Frauen, die das machen. Gesellschaftliche Prägung oder Kompliziertheit der weiblichen Sexualität? Könnte auf jeden Fall ne Geschlechter(rollen)-Frage sein.

    Und auch im uebrigen ist es nicht unbedingt so, dass man den oder die, der/die am besten fickt, auch im Uebrigen am besten aushaelt

    Keine Ahnung, wenn ich ehrlich bin, vergleiche ich da nicht. Darauf folgt: Guter oder schlechter Sex ist für mich kein Beziehungsauswahlkriterium

  3. Ich kenne auch keine Maenner, die das machen – jedenfalls hat’s mir gegenueber noch keiner zugegeben ..

    Und was heisst schon vergleichbar? Vergleiche anzustellen bliebe ja uns vorbehalten – unsere Altvorderen mussten sich mit dem zufrieden geben was eben verfuegbar war; entscheidend ist doch nicht, womit man verhuetet, sondern, dass Verhuetung nachweislich seit je praktiziert wurde und werden konnte.

  4. Oem – wieso muss mein Kommentar noch moderiert werden?

    Ich heisse nicht Andreas – weder hier noch im richtigen Leben .. also keine Panik bitte.

  5. Seit wann ist Abtreibung ein Mittel der Geburtenkontrolle?

  6. Äh, als was würdest Du es denn sonst bezeichnen?

    Damit meine ich ja nicht, dass es ein Mittel für Verhütung ist. Es gibt zwar Beispiele (zB Jutta Ditfurth), die das anders sahen und derart auch in die Öffentlichkeit getragen haben. Gesund ist sowas nicht – weder für den Körper noch für die Seele. Sollte frau im Laufe des Lebens nach Möglichkeit vermeiden.

    Aber ganz grundsätzlich ist das doch eine Möglichkeit, zu entscheiden, ob man sich jetzt für oder gegen ein Kind entscheidet.

  7. Hm,

    ihr seid wirklich der Meinung, dass man nicht sagen kann, dass moderne Verhütungsmittel – bestes Beispiel ist die Pille – eine Menge für freie Sexualität beigetragen haben? Das finde ich schon etwas befremdlich, wieso sind denn 68 und die Pille und Oswald Kolle und Kommunenexperimente und “Freie Liebe” stets in einem Atemzug genannt.

    Zufall?

  8. @Markus
    Mit der Abtreibung hat man Kontrolle über die Geburt. Zur Famlienplanung gehören auch prenatale Methoden wie im Fluß ertränken. Diese sind aber in der Moderne verpönt.

    Ich seh aber immer noch nicht den kausalen Zusammenhang zwischen Methoden und Kopf verdreht.

    Der Satz macht genausowenig Sinn in der Form “Auch wenn es draußen regnet, kann dennoch …”

  9. Ja, kann sein.

    Lest den Rest des Artikels, wenn er erschienen ist. Wie schon geschrieben: Der Satz ist nicht ganz verständlich, wenn er für sich alleine steht. Deswegen habe ich diesen Artikel begonnen.

    Grundsätzlich wollte ich diese These mit Verhütung, der Entbiologisierung von Sexualität und Promiskuität mal bringen. Vielleicht ist sie ja Schrott, vielleicht nicht. Fortschritt ist Falsifizierung von Irrtümern.

  10. try ‘n error ist ein Programmierstil der funktioniert. SCNR

  11. In der Tat muss man wohl unterscheiden zwischen Schwangerschaftsverhuetung und Geburtenkontrolle. Bei den Griechen gab es die schon oben angesprochene postnatale (und nicht “pre”) Form dergestalt, dass der Vater das Neugeborene fuer “Gut” befinden musst, tat er’s nicht, dann war’s um den Nachwuchs geschehen. Was die Rolle der Pille angeht – man wird hier unterscheiden muessen zwischen Praxis und oeffentlicher Diskussion. Ich meine auch vorher haben die Leute nicht gerade moenchisch gelebt, das gilt auch fuer vor- und ausserehelichen Geschlechtsverkehr ,aber man musste so tun als ob und das Risiko dass das “suendhafte Treiben” in Form unvorhergesehenen Nachwuchses unversehens publik werden wuerde war doch recht gross. Die Pille kam also auf jeden Fall, den schon vorhandenen Wuenschen nach freierer Sexualitaet auf jeden Fall entgegen und hat die Entwicklung beschkleunigt – sie war aber nicht der Ausloeser fuer das, was man so gerne als “Sexuelle Revolution” bezeichnet. In Zeiten von AIDS allerdings duerfte die Pille allerdings die Rolle die sie mal gespielt haben mag wohl doch weitgehend eingebuesst haben – man ist wieder auf den guten alten Praeser angewiesen, zumindest wenn man der Promiskuitaet froenen moecht und da wo man dieses nicht moechte, ist man wieder – staerker als in der juengeren Vergangenheit erwartet worden waere – auf Treue und Zuverlaessigkeit seines Partners angewiesen. In der Diskussion ueber gegenwaertige und kuenftig moegliche Formen des Zusammen- oder Auseienanderlebens ist der Pille deshalb m. E. keine allzu grosse Bedeutung mehr beizumessen – ausser vielleicht ein historische: sie hat uns beschleunigt in den Schlamassel gebracht, den wir nun mit Praeservativen irgendwie regulieren muessen ..

    😉

  12. In Zeiten von AIDS allerdings duerfte die Pille allerdings die Rolle die sie mal gespielt haben mag wohl doch weitgehend eingebuesst haben – man ist wieder auf den guten alten Praeser angewiesen, zumindest wenn man der Promiskuitaet froenen moecht (…) In der Diskussion ueber gegenwaertige und kuenftig moegliche Formen des Zusammen- oder Auseienanderlebens ist der Pille deshalb m. E. keine allzu grosse Bedeutung mehr beizumessen – ausser vielleicht ein historische. (…)

    Das sehe ich ähnlich. Darüber hinaus: Auch aus frauenpolitischer Sicht sollte man harsche Kritik an der Pille üben!

    Dennoch: Auch die Kondome werden doch immer besser, schöner, angenehmer … zB hab ich auf dem letzten Kölner CSD bei der Verleihung der Kompassnadel so ein Tütchen mit kleinen Geschenken bekommen, darunter auch 10 Stück von so ner Super Premium Kondom-Sorte (sogar fair hergestellt bzw gehandelt!), insofern, wer will diese Zukunft denn mit den eingangs erwähnten “grob gestricktes Praeservativen” vergleichen …

    Das nur als kleiner Schwank aus meinem Leben. Die Marke nenne ich nicht. 😉

  13. Wo wir bei den privaten Schwaenken sind – ich hab in meinem ganzen Leben ueberhaupt nur ein einziges Mal versucht ein Condom zu benutzen und das ging gleich kaputt (ungelogen!)und hing in Fetzen von meinem Gemachte .. 😉 – da wir gleich zwei Grosspackungen von den Dingern besorgt hatten war nun die Frage, was damit zu tun sei und so schenkte ich die nicht angebrochene einem Kumpel, der angekuendigt hatte sich sterilisieren lassen zu wollen, zum Geburtstag, fuer den Fall dass er sichs evtl. noch anders ueberlegen wuerde – ich fuerchte allerdings, dass ich ihm mit dieser Gabe so oder so keinen besonderen Gefallen getan habe -und: ja das war Markenware (die Marke nenne ich natuerlich auch nicht, aber man denkt da bei schnell an eine Europaeische Hauptstadt, an Miniroecke, Doppelstoeckige Busse usw.) … Vielleicht liegts an dieser Erfahrung dass ich mich nie habe zu “Seitenspruengen” hinreissen lassen ..;-)

    Was ich aber eigentlich loswerden wollte: die groessere Zuverlaessigkeit und der angenehmere “Tragekomfort” moderner Ueberzieherli ist natuerlich mitnichten ein Garant fuer eine Liberalisierung der Sexualitaet – er dient genauso gut der Befoerderung der Doppelmoral – man kann es jetzt ungehemmter hinter dem Ruecken seines Partners treiben, wegen des gesenkten Risikos etc. – da sollte man evtl. auch mal drueber nachdenken. Ausserdem ist die sog. “sexuelle Befreiung” zu einem gut Teil bloss zu einer Befreiung zu (mehr und ungehemmter) Vermarktbarkeit, Kommerz und Konsum geworden … Alles in allem scheint mir: es bleibt viel zu tun ..

  14. Wo wir bei den privaten Schwaenken sind – ich hab in meinem ganzen Leben ueberhaupt nur ein einziges Mal versucht ein Condom zu benutzen und das ging gleich kaputt (ungelogen!)und hing in Fetzen von meinem Gemachte .. 😉 – da wir gleich zwei Grosspackungen von den Dingern besorgt hatten war nun die Frage, was damit zu tun sei und so schenkte ich die nicht angebrochene einem Kumpel, der angekuendigt hatte sich sterilisieren lassen zu wollen, zum Geburtstag, fuer den Fall dass er sichs evtl. noch anders ueberlegen wuerde – ich fuerchte allerdings, dass ich ihm mit dieser Gabe so oder so keinen besonderen Gefallen getan habe -und: ja das war Markenware (die Marke nenne ich natuerlich auch nicht, aber man denkt da bei schnell an eine Europaeische Hauptstadt, an Miniroecke, Doppelstoeckige Busse usw.) … Vielleicht liegts an dieser Erfahrung dass ich mich nie habe zu “Seitenspruengen” hinreissen lassen ..;-)

    Was ich aber eigentlich loswerden wollte: die groessere Zuverlaessigkeit und der angenehmere “Tragekomfort” moderner Ueberzieherli ist natuerlich mitnichten ein Garant fuer eine Liberalisierung der Sexualitaet – er dient genauso gut der Befoerderung der Doppelmoral – man kann es jetzt ungehemmter hinter dem Ruecken seines Partners treiben, wegen des gesenkten Risikos etc. – da sollte man evtl. auch mal drueber nachdenken. Ausserdem ist die sog. “sexuelle Befreiung” zu einem gut Teil bloss zu einer Befreiung zu (mehr und ungehemmter) Vermarktbarkeit, Kommerz und Konsum geworden …

    Alles in allem scheint mir: es bleibt viel zu tun ..

  15. Also die Marke wäre doch wirklich mal interessant für alle Leute, die auch bei Kondomen politisch korrekt einkaufen wollen. Ich tippe mal auf das Kondom “Hot Rubber Iron” 😉

  16. ts ts ts,

    Werbung muss ich ja eigentlich löschen.

    Warste auch bei der Kompassnadelverleihung, oder was?

  17. Die Marke habe ich irgendwo schonmal im Zusammenhang mit fair gehandeltem Latex gehört, und die extra starke Ausführung wäre ja beim CSD naheliegend…

  18. …und was die Werbung betrifft, finde ich es eigentlich gut und richtig, auf faire, umweltfreundliche oder sonstwie politisch korrekte Produkte aufmerksam zu machen. Bis vor kurzem hattest Du ja z.B. auch einen Link zu “Atomausstieg selbster machen”, die Auswahl von nur vier Anbietern dort ist auch nicht sehr ausgewogen. Aber wenn Dich die Werbung wirklich stört, dann bitte ich Dich, den Markennamen in meinem obigen Beitrag auszu-X-en.

  19. Nee, die Werbung für das zutreffende Produkt hast ja jetzt Du gemacht und nicht ich.

    😉

  20. “Keine Ahnung, wenn ich ehrlich bin, vergleiche ich da nicht. Darauf folgt: Guter oder schlechter Sex ist für mich kein Beziehungsauswahlkriterium”

    Doch, geschieht es nich bewusst, dann unterbewusst.
    Solltest Du heute oder irgendwann mal in einer
    dauerhaften Beziehung leben, wird Dir auffallen daß
    der Sex gut ist ! 🙂

    Thomas