Julia Seeliger
  • Die Gewaltfrage und “Autonome Nationalisten”: Debatten aus Hamburg

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    2. May 2008 | Trackback | Internet ausdrucken
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    Auf Indymedia findet sich ein ganz interessanter Artikel (“Hamburg out of Control”) mit Diskussion über die Gewalt in Hamburg. Dort kam es zu massiven Ausschreitungen, Kritik wird auch an Polizei und Schwarz-Grün geübt. An der Bündnisdemonstration gegen den Naziaufmarsch (1100 Nazis) am 1.Mai nahmen laut Indymedia etwa 8000 Menschen teil.

    Faschismus ist keine meinung
    Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen!Urheber (Lizenz)

    Barmbek
    Barmbek gegen NazisUrheber (Lizenz)

    Während sich lokal in Barmbek in einem spektrenübergreifenden Bündnis mit Anwohnern, Geschäftsleuten, Gewerkschaftlern, Linkspartei und linken Initiativen auch lokale grüne Bezirkspolitiker engagierten, war von den Landespolitikern wenig zu hören. Nachdem Gewerbetreibende rund um die Fuhlsbütteler Straße erklärten auch am 1. Mai ihre Geschäfte und Cafés zu öffnen und sich auch viele Anwohnerinnen gegen den Naziaufmarsch stark machten, kassierte das Oberverwaltungsgericht die Entscheidung der Hamburger Polizei alle Protestveranstaltungen in Hamburg-Barmbek zu verbieten. Das OVG sah es angesichts des Engagements von Anwohnerinitiativen als unverhältnismäßig an, die Proteste gegen den Naziaufmarsch in Barmbek zu verbieten und die Bündnisdemonstration in die Trabantenstadt Steilshoop zu verlegen.

    In der Debatte melden sich auch welche zu Wort, die Kritik üben an dem “Kriegsspiel”, das manche beim ersten Mai abziehen. War es wirklich sinnvoll, das Reifenlager anzuzünden? Kann man für Hamburg von übermäßiger Polizeigewalt sprechen?

    Wasserwerfer
    Wasserwerfer im StadtparkUrheber (Lizenz)

    In den letzten Jahren habe ich viel unverhältnismäßig und auch aggressive Polizeieinsätze in HH gesehen. Dieser gestern war es nicht. Die Polizei hat sich angenehm im Hintergrund gehalten, die Demo nicht angegriffen und auch Vermummte und Seitentranspis (zum Teil zusammengeknotet) zugelassen. Das sah eher nach Deeskalation aus. Ist es ein Wunder, dass sie Wasserwerfer einsetzen, wenn ihre Hundertschaft, die zumeist auch keinen Bock auf diese Nazis hat, im Steinehagel steht? (…) Völlig richtig ist hingegen die Kritik an der Polizei, dass sie die Demo nicht nach den ersten Vorfällen aufgelöst hat, wird bei uns ja aus jedem nichtigen Anlass heraus gemacht

    Während das Entglasen von Nazi-Bussen von den meisten als legitimes Mittel bezeichnet wurde, wurde in den Kommentaren unter dem Artikel auch Kritik laut, so auch an Aktionen wie dem Inbrandsetzen des Reifenlagers oder eines Polizeiautos.

    Brennendes Polizeiauto im Hamburger Stadtpark
    Brennendes Polizeiauto im Hamburger Stadtpark

    In der Szene wird argumentiert, dass die Entglasung von Nazi-Busses den praktischen Effekt hat, dass die Busunternehmen es sich dreimal überlegen, ob sie ihre Busse weiterhin an Nazis vermieten.

    Was noch zum “Ersten Mai” in Hamburg zu sagen ist: Nun weiß wohl auch der Abendblatt-Leser von Nebenan, was ein “Autonomer Nationalist” ist. Hoffentlich lernt die Polizei bald mal, Linksautonome von denen zu unterscheiden. Ob das was bringt, steht auf einem anderen Blatt, bisher sieht es aber nicht so aus, als gäbe es ausreichend viele Fortbildungen in diesem Bereich (wenn man sich als Polizist fortbildet, ich hoffe, das ist dort üblich).

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36 Responses to “Die Gewaltfrage und “Autonome Nationalisten”: Debatten aus Hamburg”

  1. Hmm, findest du jetzt das zündeln übertriebene Gewalt, aber auf der anderen Seite ist weniger Gewalt in Ordnung?

  2. Was hat denn jetzt Schwarz-Grün damit zu tun? Die schwarz-grüne Regierung ist doch noch gar nicht im Amt.

    Abgesehen davon finde ich die Frage “War es wirklich sinnvoll, das Reifenlager anzuzünden?” sehr seltsam. Natürlich ist das nicht sinnvoll. Was soll denn das für einen Sinn bringen? Ich sehe da neben der Sachbeschädigung vor allem giftige, schwarze Wolken gen Himmel aufsteigen. Sinnvoll?!

  3. Wider dem Polit-Hooliganismus

    Ob das Anzünden und Entglasen von Fahrzeugen tatsächlich den Busunternehmern zu einer antifaschistischen Einstellung verhilft, ist für meine Begriffe eine offene Frage.

    Auch das Gegenteil kann der Fall sein. Die betroffenen Busunternehmer könnten sich zu Nazi-Sympathisanten entwickeln und diese in Zukunft finanziell unterstützen. Auzurangierende Busse könnten gezielt eingesetzt werden, ggf. zur gezielten Realisierung eines Versicherungsgfalls.

    Der Weg zur Gewalt gegen Sachen und Personen ist überaus rutschig – und funktioniert keineswegs immer im Sinne edelmütiger Absichten.

    Es geht dabei nicht nur um die Nazis, und um die Frage, ob man denen bei ihrer “Saalschlacht”-Strategie helfen sollte, ob man sich über zunehmende bürgerkriegsähnliche Zustände freuen sollte, welche in ihren Folgewirkungen vor allem jenen zugute kommen, die sich nach dem “starken Mann” sehnen.

    Die aufputschende Wirkung von brennenden Fahrzeugen, das Hervorlocken von Gewalt (auch: in künftigen ähnlichen Situationen) und das Anlocken von Leuten, die eine eher gewaltpornografische Einstellung pflegen – dazu kommt die Unterstützung der repressiv gesinnten Teile der Polize und die Diskreditierung eines friedlichen Anwohnerprotestes:

    All das sind Effekte und Folgewirkungen, die bei mir ein gewisses Gefühl der Verachtung und Abscheu wach rufen, was dadurch noch deutlich verstärkt wird, dass all diese Wirkungen und Gefahren von “militanten” AntiFas (?) nicht einmal bedacht werden.

    Diese sind dadurch Helfershelfer der Nazis.

  4. Entglast man Nazi-Busse, hat dies den praktischen Effekt, dass die Busunternehmen es sich dreimal überlegen, ob sie ihre Busse weiterhin an Nazis vermieten.

    Das ist Sachbeschädigung.
    Die Nazis sind immer noch da.

    Ergo: Praktisch finde ich das nicht.

  5. Gewalt ist und bleibt abzulehnen, gleich wer sie verübt. Für mich gibt es in dieser Beziehung keine Rabatte für Linksautonome.
    Ich habe früher oft genug mit ansehen müssen, wie bei Aktionen gegen Nazis Jugendliche aus “gutem Hause” den Starken raushängen lassen wollten und deren Randale dann die eigentliche Aktion diskreditierten. Hätten diese “Spätzles-Revoluzzer” doch mal in den schmucken Einfamlienhäusern ihrer Eltern angefangen…..aber wer will sich schon um sein sicheres Erbe bringen.
    Das Entglasen eines Reisebusses führt auch nicht zur Einsicht, sondern kotzt den Busunternehmer einfach nur an.

    So ganz klar wird mir in deinem Artikel aber nicht wo du selber stehst. Das würde mich schon interessieren.

  6. Gewalt ist und bleibt abzulehnen, gleich wer sie verübt.

    Ich habe meinen Respekt vor pazifistischen Weltbildern. Jedoch ist das nicht meines. Ich werde dich beim nächsten Kriegsparteitag an diese hier geäußerte Einstellung erinnern.

    Zum Entglasen: Wenn es den Effekt hätte, dass die Unternehmen keine Busse mehr an Nazis vermieten, fände ich das okay. Allerdings wurden hier auch schon gegenteilige Meinungen hineinkommentiert: Dr.Dean wies darauf hin, dass sich dann eine regelrechte Nazi-Bus-Industrie (inklusive Versicherungen für Schäden abziehen) entwickeln könnte:

    Auzurangierende Busse könnten gezielt eingesetzt werden, ggf. zur gezielten Realisierung eines Versicherungsgfalls.

    Jedoch ist mir unklar, ob die Versicherungen da immer brav zahlen werden oder irgendwann von “grober Fahrlässigkeit” sprechen werden.

    Steine oder Flaschen auf Menschen (oder in einer Situation, in der die Wahrscheinlichkeit, dass Menschen getroffen werden, sehr groß ist) finde ich nicht okay, sinnlose Zerstörung wie das Anzünden des Reifenlagers genauso.

  7. Was hat denn jetzt Schwarz-Grün damit zu tun? Die schwarz-grüne Regierung ist doch noch gar nicht im Amt.

    Laut Indymedia haben sich die Grünen vornehm zurückgehalten, auf Bezirksebene machte man mit bei den Protesten, auf Landesebene schwieg man.

    Sagt Indymedia. So lange hier keine gegenteiligen Bewertungen reingepostet werden – worum ich explizit bat – muss ich das wohl so stehenlassen.

    Ich finde im Übrigen, dass man da nicht so formaljuristisch (sondern politisch!) arguementieren sollte.

  8. Steine oder Flaschen auf Menschen (oder in einer Situation, in der die Wahrscheinlichkeit, dass Menschen getroffen werden, sehr groß ist) finde ich nicht okay, sinnlose Zerstörung wie das Anzünden des Reifenlagers genauso.

    Welche Zerstörung von Sachwerten durch Demonstranten kann denn sinnvoll sein ?

  9. das verbrennen von nazifahnen zum beispiel?

  10. Ähm, hallo?

    Schön dass sich so linke Spinner an diesen Euphemismus halten, aber musst du das auch tun? Von allem – und vor allem auch von politischen Meinungen – einmal abgesehen: Was hier als “Entglasung” bezeichnet wird, ist nichts anderes als purer Vandalismus.

    Sicher kann man darüber reden, ob “Vandalismus” im Kampf gegen Meinungen eine legitime Aktion ist, aber… man soll das Kind bitte schön beim Namen nennen. “Entglasung”… tztztz.

    “Sachbeschädigung” und “Zerstörungswut” wird hier einfach nur in freundlichen Worten tolerierbar gemacht.

    PS: Nazis sind scheiße. Aber das tut hier gerade nichts zu Sache.

  11. Ich finde es sehr spannend, wie szeneintern dieses Wort geprägt wurde. Ich habe es auf dem G8-Gipfel gelernt und genau die gleichen Gedanken gehabt – Umdeutung eines Vorgangs.

    Dennoch: Bitte fangt nicht gleich an zu heulen über die “bösen Linksextremen”.

    Drittens habe ich (von Indymedia) die These herübergebracht, dass das “Entglasen” von Nazi-Bussen – ein legitimes Mittel sein könnte. Ich sehe eine derartige Debatte als das Gegenteil von undifferenziert.

    Oder seid Ihr alle radikale Pazifist/innen?

  12. @ Julia
    Ich kann mich im Augenblick nicht erinnern, von einer “Nazi-Bus-Industrie” gesprochen zu haben. Ich halte den Gedanken für ganz plausibel, dass Bus-Unternehmer – im Regelfall – nicht völlig verblödet sind, das heißt, dass sie derartige Entglasungsaktionen und evtl. Anzünden der Busse ins Kalkül ziehen. Das gilt erst Recht, wenn sie ohnehin schon Sympathisanten der Nazis waren.

    Vielleicht steigt auf dem Umweg der Versicherungsprämie der Fahrpreis pro Fahrgast um ca. einen Euro. Das mag ein bedeutender Effekt sein, aber auch ein stolzer Nichtpazifist mag sich bei der Gelegenheit fragen, ob das Bus-Entglasen dann wirklich so wirkt, wie man es sich ausgedacht hat. Oder, ob nicht vielleicht die Möglichkeit besteht, bürgerkriegsähnliche Situationen zu befördern.

    Wer das wirklich will, der spielt den Nazis in den Händen. Und kann dabei noch so stolz von sich sagen, kein Pazifist zu sein.

    (Frage: Gehe ich recht in der Annahme, dass der Begriff “Pazifist” unter militanten AntiFas in etwa die gleiche Bedeutung und Konnotation hat wie der Begriff “Gutmensch” bei den Nazis? Und falls ja: Ist es nicht eventuell eher ein Merkmal geistigen Versagens – denn gesellschaftlichen Versagens, wenn man sich die Lösung politischer Probleme nur noch mit Gewaltanwendung vorstellen kann? Vor allem: Wie cool ist das denn? Wie fühlt sich das an? Ich meine, dieses beglückende “Antifa”-Gefühl, so herrlich militant zu sein und eben kein Pazifist?)

    Mir fällt gerade auf, dass ich mit Worten kein Pazifist bin. Ich bin in dieser Frage allerdings auch ein wenig zerrissen – einerseits rudelweise Leute, sich “AntiFa” nennende Kinder und Jugendliche, die sich an Gewalt oder jedenfalls dem Abenteuergefühl berauschen – andererseits aber auch die durchaus ernsthaften und lobenwerten Motive. Irgendwie mischt sich das alles. Und ich finde, sorry Julia, mit Gewalt begibt man sich in der politischen Auseinandersetzung auf ein höchst rutschiges und gefährliches Terrain. Aus der verharmlosten “Gewalt gegen Sachen” erwächst schnell – sehr schnell sogar – die Gewalt gegen Personen. Aus einer einzelnen Entglasung folgt ungemein schnell die zweite und dritte und bald auch das eine andere Feuer. Politik entwickelt sich dabei zur Frontstellung. Und die Anwohner zum Beispiel: Die kannst du nach solchen Aktionen erstmal vergessen. Dann stellt sich umso mehr die – politische – Frage:

    Was bringt das?

  13. Oder seid Ihr alle radikale Pazifist/innen?

    Ziemlich weitgehend schon.

    Ich wollte aber eigentlich auf einen anderen Punkt drauf raus (u.a., weil ich es interessant finde, dass Daniel M. oben so reagiert hat wie er reagiert hat): trennst Du zwischen dem, was Du als Person okay findest, und dem, was Du als öffentlich sichtbare “Grünen-Politikerin” okay finden kannst?

  14. Ich bin ein “moderater Pazifist” – was bedeutet, dass Gewalt als letztes und dann nicht zu vermeidendes Mittel okay ist, sobald u.a. alle alternativen Möglichkeiten ausgeschöpft sind und höhere Rechtsgüter zu bewahren sind.

    Das klingt umständlich – und ist es auch.

    Mit der Abenteuerlust von herumstromernden Randalekids und ihren Methoden der Selbstlegitimierung hat das wenig zu tun.

    Konkret: Es ist ein Ärgernis, wenn Nazis demonstrieren. Werden sie dabei nichtgewaltsam etwas behindert, finde ich das Okay vor dem Hintergrund, wofür diese Leute stehen. Aber auch dann ist es deren Recht, ja sogar Grundrecht: zu demonstrieren.

    Umgekehrt hat die Gewalttätigkeit auf derartigen Demos einen hohen Erlebniswert für die Nazis. Das kann man im Internet auf einschlägigen Portalen sogar problemlos mitlesen. Mit anderen Worten, die sogenannten “militanten AntiFas” züchten sich mit ihren Aktionen ihre faschistischen Gegenüber sogar heran.

    Die haben da voll Bock drauf. Ja, die finden das richtig aufregend, kommen dann umso lieber wieder (im Gegensatz zu einer ereignislosen stundenlangen Watschelei in einer ruhigen Demo) und ziehen daraus außerdem jede Menge Legitimierungsansätze.

    Umkehrt werden die AntiFas durch Gewalt bei Anwohnern, Polizei und in der politischen Mitte diskreditiert – und zwar nachhaltig. Bei der nächsten Demo gegen die Nazis in Hamburg ist dann nur noch die engere linke Szene auf der Straße.

    Doller Erfolg.

    Kaum vorstellbar, dass man damit die Nazis erfolgreich bekämpfen kann. Da bin ich dann wohl doch lieber ein Pazifist.

    Ich kenne Antifaschisten* (und nicht gewaltpornomäßige Randalekids und Antideutsche), die sich über diese “Liebe zur Gewalt” krank ärgern. Wenn sie nicht gleich von Antideutschen, die bei solchen Gelegenheiten auf “Revolution” machen und Brände legen, direkt verprügelt und als “Volksdeutsche” verhöhnt werden, sobald sie diese Brände wieder löschen.

    Und ich rede hier echten Antifaschisten, die in mühseliger Kleinarbeit u.a. dafür sorgen, dass Vermieter die Läden von Nazis kündigen.

    Ich würde mich wenig wundern (Burks hat in Zusammenhang mit den Ereignissen in Hamburg ähnliches geschrieben), wenn unter den Brände legenden Antideutschen sich, jedenfalls in Hamburg, ein guter Anteil Geheimdienst- und Verfassungsschutzpersonal befindet.

    Die kochen bei solchen Veranstaltungen ihr ganz eigenes – und sehr spezielles Süppchen. Und jeder, der sich für links hält, mag sich fragen, was da wohl für Motive eine Rolle spielen.

    Das ist m.E. also insgesamt keine Frage von “Pazifismus”, bei dem man es sich leicht machen kann, diesen zu diskreditieren, sondern vor allem eine Frage der politischen Effekte und Ziele.

  15. Lasst mich mal eingangs sagen das ich bei einigen Kommentaren hier zuerst gedacht habe im Onlineforum der Jungen Union gelandet zu sein.

    Ich versuche mich mal in Kürze auf die Kernfrage zu konzentrieren: Nutzen Aktionen wie in Hamburg dem Antifaschismus oder nicht?

    …und dann komme ich gleich zu der Antwort das ich das für diesen Fall nicht bewerten kann, da ja offensichtlich die Presse peu a peu allmählich aufdeckt dass der polizeibericht bzgl. der militanten Linken offenkundig nicht zutreffend war. So ist mittlerweile rausgekommen das die ANs Journalisten und Co zusammengeprügelt haben und in der Regionalbahn mal eben einen KZ-Transport nachgespielt haben (nicht zum ersten Mal übrigens). Von dem Angriff auf die Gegendemo ganz zu schweigen. Um für Hamburg heraus zu bekommen was zuträglich war und was nicht, sollte man also erst einmal wissen was für “zuträgliche”(?) Dinge die Linken überhaupt gemacht haben. Und soweit sind wir leider nicht.

    Generell lässt sich aber etwas sagen:
    Natürlich ist der am wenigsten schlechte Weg direkt Widerstand zu leisten. Natürlich musst du Nazikleber knibbeln, natürlich mit dem Mega versuchen die Veranstlaung von denen zu übertönen, natürlich deren Infostände kesseln und lahmlegen.
    Und es ist nachvollziehbar das geklaute Wahlplakate, entglaste Busse, entwendete Flyer die Naziarbeit zumindest erschweren – wertfrei gesagt.
    Nur so bekommst du noch am ehesten die Chance das die äußeren Kreise dieses Milieus, außerhalb des harten Kerns, irgendwann entnervt in den Sack hauen und sich mit ihrer “Meinung” ins Privatleben zurückziehen.

    Die alternative Strategie aus dem bürgerlichen Lager ist doch stets nur: “Ignorieren”. Das ist natürlich auch sehr bequem. Dumm nur dass die braune Suppe dann nur ungehindert ihre propaganda in ihren Zielgruppen verstreut.

    Und tatsächlich hat das eine mit dem anderen zu tun. Die erfolgreichsten Demonstrationen gegen Nazis sind immer noch die, in welchen folgende Punkte erfüllt werden:

    1. “Bürgerliches” Spektrum bezieht die AntiFa/Autonome mit ein – und traut sich auch in die
    2. Enge Konfrontation mit den Nazis, was von einer
    3. kooperativen Einsatzleitung der Polizei organisiert wird

    Die AntiFa heute (zumindest in NRW) ist der konzentrierte Rest an Aktivisten welche aus den Protestmärschen der 90er Jahre übrig geblieben ist. Und jüngere die von diesen in der Orga sozialisiert wurden. Das ist ein ziemlich kleiner Haufen der von Nazis vermöbelt wird, von der Polizei (nur selten zurecht) vermöbelt wird, auch mal zuhause vor der Tür abgefangen und gelegentlich (ziemlich selten) auch mal erstochen wird. Ich kann ihren totalen Hass (ja und da ähneln sie den nazis) durchaus nachvollziehen.

    Anstelle sie als militante Spinner zu titulieren sollte man überlegen wie man sie wieder in breite Bündnisse einbindet. Und woher man überhaupt besagte breite Bündnisse herbekommen soll.

  16. mach lieber schicke schuhputztücher draus. 😉

  17. Dennis, willkommen im Onlineforum der Jungen Union!

  18. Naja,

    in dem verlinkten Indymedia-Artikel melden sich Leute, die nicht nur nicht bei den “Randalekids” sondern auch nicht bei “der” Antifa sind (sondern Bürger aus Barmbek) zu Wort und räumen ein, dass sie das Entglasen von Nazi-Bussen richtig finden.

    Ich habe den Pazifismus im Übrigen überhaupt nicht diskreditiert. Den Schuh zieh ich mir auch nicht an, ich bin eine von wenigen in unserer Partei, die immer darauf hinweist, dass das zwei unterschiedliche, gleichwertige Weltanschauungen sind (und eben nicht, dass Pazifist/innen “eindimensionaler” oder wasweißichwie denken!)

    Also, wäre schön, wenn an dem konkreten Artikel diskutiert werden könnte. Dort ist zu lesen, dass in Barmbek Antifa-Leute und “Bürger” nicht auseinanderdividiert wurden.

    Und hierzu:

    Ich bin ein “moderater Pazifist” – was bedeutet, dass Gewalt als letztes und dann nicht zu vermeidendes Mittel okay ist

    Ja, das ist doch fein für dich. Das ist aber nicht sehr trennscharf: Ich kenne kaum jemand, der Gewalt “geil” findet und sich dafür einsetzt, dass möglichst viel Gewalt stattfindet.

  19. Nein, das stimmt so nicht. Ich wunderte mich auch über die Kommentare hier in meinem Blog. Aber was will man machen.

  20. Oh Mann – erlehmann, ist das nicht Diebstahl?

    /zyn off

  21. Den Schuh zieh ich mir auch nicht an, ich bin eine von wenigen in unserer Partei, die immer darauf hinweist, dass das zwei unterschiedliche, gleichwertige Weltanschauungen sind

    Darf man sich das wie folgt übersetzen?

    Bellizismus und Pazifizismus sind zwei unterschiedliche aber gleichwertige Weltanschauungen?

    Oder gibt es da noch einen anderen “Pol”, den ich übersehen habe?

  22. > Laut Indymedia haben sich die Grünen vornehm zurückgehalten, auf Bezirksebene machte man mit bei den Protesten, auf Landesebene schwieg man.

    Und das ist gut so, liebe Genossinnen und Genossen – wie jemand anders anderswo sagte.

    Direkt vor Ort ist es die Person die mitmacht, als Person, als NachbarIn, nicht “jemand von der Partei”. Das ist nah genug um glaubwürdig zu sein.

    Ich war ja mit Christa Goetsch und Claudia Roth im Hamburger Wahlkampf unterwegs – erst habe ich mir das bürgerlich grüne Milieu am Nienstedtener Markt angeschaut, dann war ich beim Rundgang durch das eher rot-rot-grüne Billstedt – und während beide Frauen Politikerinnen sind, macht nur eine ein gutes Bild mit einem Transparent in der Hand. Für die andere würde es aufgesetzt wirken und auch in der Bewegung niemand vom Hocker reissen.

    Wer nicht in erster Linie AktivistIn sondern in erster Linie Landes-PolitikerIn ist sollte von langen Grussworten bei bewegten Demonstrationen Abstand nehmen und vielleicht einfach bei der Erfahrung von Kundgebungen bleiben.
    Oft sind “AgitProp Stars und Parteigrössen” (wie es Sven Giegold auszudrücken beliebte) unerwünscht bei Events der Bewegung, jedenfalls am Mikro. Bei der grossen Demonstration in Stuttgart letzthin waren 5000 zum Teil aufgebrachte Menschen und viele RednerInnen polterten gegen CDU-Ministerpräsident und CDU-Kultusminister. Die Grünen MdLs Ilka Neuenhaus und Brigitte Lösch sowie die SPD-Landesvorsitzende Ute Vogt standen zwar vorne im Publikum, zum Teil mit mir, aber eben im Publikum, nicht auf der Tribüne. Und so gehört es auch: Die Strasse den Menschen, den Aktiven, nicht den BerufspolitikerInnen.

    Auch für mich ist beim Reifenlager keine Frage mehr, ob das grober Unfug war – auch politisch. Auch der Indymedia-Artikel mit Ergänzungen zeigt ja einige Beispiele offensichtlich sinnloser Gewalt.

    Generell gilt das von Dr.Dean und anderen gesagte: Wenn ein paar Barmbeker, Richter und Busunternehmer am Ende überzeugt wurden, dass die Linksextremen doch viel schlimmer und gefährlicher sind als die Rechtsextremen, dann wurde der Sache um des persönlichen Kicks wegen ein Bärendienst erwiesen – von Leuten die nicht politisch handeln sondern ihren Thrill suchen.

    Bei Friedenskongressen paxifistisch:
    Wolfang G. Wettach

  23. Hi Bello

    sehr witzig.

    Ja, in etwa genau so meine ich es. Es gibt nämlich Diskurse, in denen Pazifist/innen als dumm, eindimensional und undifferenziert hingestellt werden.

  24. Hallo!

    Das mag ein bedeutender Effekt sein, aber auch ein stolzer Nichtpazifist mag sich bei der Gelegenheit fragen, ob das Bus-Entglasen dann wirklich so wirkt, wie man es sich ausgedacht hat.

    Ihr müsst es nicht totlabern! Ich habe die These aus dem Indymedia-Forum herübergebracht, dass das Entglasen von Nazi-Bussen eine sinnvolle Sache sein könnte. Hier kamen Gegenargumente, die auch ganz plausibel waren.

    Ich frage mich trotzdem, ob Dr.Dean einmal den Indymedia-Artikel und die dazugehörige Diskussion gelesen hat.

    Mir scheint es, dass es nicht so ist,

  25. Ich kenne kaum jemand, der Gewalt “geil” findet und sich dafür einsetzt, dass möglichst viel Gewalt stattfindet.

    Gibt’s aber durchaus – siehe Hooligans.

  26. suche: “gleichwertige”
    ersetze: “gleich blöde”

    ich erinnere mich, mal ein video von schneier gesehen zu haben, in dem er sagte, wenn der irak-krieg wirklich das versprochene “mehr an sicherheit” usw. gebracht hätte, könnte man ihn durchaus als maßnahme vertreten, dem wäre aber offensichtlich nicht so.

    diese haltung entspricht weder dem bellizismus, noch dem pazifismus.

  27. @ Julia

    Ich habe keine Ahnung, was genau für dich im Zusammenhang mit dem tobenden “AntiFa”-Mob in Barmbek okay ist, bei dem die gewalttätigsten Vertreter ganz in der Art eines Hooligan-Tourismus angereist sind, u.a. 80 “AntiFas” aus Holland.

    Also, wäre schön, wenn an dem konkreten Artikel diskutiert werden könnte. Dort ist zu lesen, dass in Barmbek Antifa-Leute und “Bürger” nicht auseinanderdividiert wurden.

    Was für einen “konkreten Artikel” meinst du, Julia? Die Erklärung des autonomen Bündnisses (war das dein “konkreter Artikel”?) sieht großartige Erfolge, in jeglicher Hinsicht. Nunja.

    Ich denke: Solche Erklärungen dienen einer bestimmten Gesinnung (welche u.a. die Ungefährlichkeit der Gewaltaktionen sogenannter “AntiFas” beinhaltet), aber stellt nicht die Haltung der Bürger in Barmbek bzw. deren Reaktionen dar.

    Die waren entsetzt. Gleichermaßen über die Nazis wie über diese AntiFa.

    Sie fanden es z.B. ziemlich Scheiße, dass irgendwelche Bandenkrieger auf ihren Hinterhöfen vieldutzende von Feuern legten. Eine besondere Liebe zu militanten Antifas hat sich dabei ganz sicher nicht entwickelt.

    Wer behauptet, dass die Ereignisse in Barmbek keinen negativen Einfluss auf die künftige Demonstrationsbereitschaft von Normalbürgern gehabt hätte, der lebt m.E. ziemlich gründlich neben der Spur.

    Ich habe wenig Verständnis, wenn sich Leute bei derartigen Gewalt- und Zerstörungsorgien “cool” und “revolutionärisch” vorkommen, ja – und sich zusätzlich deutlich erhoben fühlen über all diese “Spießer”, denen das Herz nicht warm wird, wenn es im eigenen Viertel brennt.

  28. In der Diskussion dort schien es mir so. Deswegen habe ich den Artikel verlinkt.

  29. @ Julia
    Meinst Du zum Beispiel diese Diskussion:

    Wenn ich aber sehe, dass irgendwelche Klappspaten Autos von unbeteiligten Personen verbrennen oder lese, dass das Lesecafé entglast und deren Gäste geboxt werden, habe ich nicht mehr für fünf Pfennich Lust, solche Aktionen in irgendeiner Form in Diskussionen mit bürgerlichen zu rechtfertigen. Komplett sinnfrei, so ein Scheiß! Gegen wen oder was geht Ihr denn da auf die Straße ? – ich spare es mir, danach zu fragen, wofür Ihr meint, auf die Straße zu gehen, denn das ist Euch offensichtlich schon lange nicht mehr klar oder nie klar gewesen.

    Diese Anarchie könnt Ihr asozialen Spackos getrost alleine feiern und von mir aus auch im Knast, Ihr Arschkrampen habt doch echt die Schluckimpfung verpasst.

    Okay, das war jetzt ein ziemlich linker Hamburger, der seit vielen Jahren gegen Nazis aktiv ist.

    Julia, was meinst du wohl, wie die Reaktionen anderer Anwohner ausfallen?

  30. Pass mal auf, wenn du selektiv zitierst, kann ich da auch nichts machen.

    Hatte gehofft, hier käme ne intelligente Debatte raus über Aktionsformen, was man machen kann, was nicht. Aber das war wohl zuviel verlangt.

  31. […] und im Netz schreiben noch so gegen Neonazis machen kann und welche Rolle dabei Gewalt spielt, wurde und wird bei der Zeitrafferin diskutiert. Wie dort erwähnt fühlen sich Neonazis durch die Ereignisse in Hamburg nur bestätigt […]

  32. Abgesehen davon, dass ich allein schon den Anspruch, Neonazi-Demos gewaltsam zu unterbinden, für ausgesprochen Panne hatte – die “intelligenten Aktionsformen” enden schnell ziemlich unintelligent.

    Mir war sehr klar, wen ich zitiert habe – und noch mehr, wie selektiv das war. Aber genauso klar sollte dir sein, liebe Julia, dass diese, sehr selektierte, Reaktion ziemlich gut zum allgemeine Empfinden der Anwohner passt.

    Wenn nun mein von Erfahrung gespeister Einwand stimmt, dass “intelligente” gewaltsame Aktionsformen in vielerlei Hinsicht kontraproduktive Effekte hervor rufen – wenn es z.B. stimmt, dass “intelligente” Aktionsformen zugleich auch zahlreiche Randalekids anlocken, und zwar unvermeidlich:

    Wäre es dann nicht eine Frage der Klugheit, wenn das stimmt, derlei “intelligente” Aktionsformen für unintelligent zu halten?

  33. Bist du auch gegen Blockaden? zB gegen friedliche Sitzblockaden, gegen “Einhaken”, gegen Weitergehen trotz dass die Polizei “Stopp” sagt?

  34. vielleicht müssen wir bald nicht mehr über nazis-demos reden und was die geeignetsten gegenstrategien sind, weil’s einfach keine demos mehr gibt. bayern geht voran!
    http://www.taz.de/1/politik/deutschland/artikel/1/bayern-bald-demofreie-zone/?src=SZ&cHash=5b61ee921a

  35. Hab ich auch schon gelesen – echt panne!

    Hoffen wir, dass diese Einschränkung der Versammlungsfreiheit vor welchem Verfassungsgericht auch immer gestoppt werden kann!

  36. Ich glaube nicht, dass derartige Blockaden ein sonderliches Eskalationspotential haben – sie schaffen auch keine Bürgerkriegsstimmung.

    Das ist gerade im Umgang mit Nazis ein entscheidender Gesichtspunkt.

    Gemessen daran, wofür Nazis stehen, und auch gemessen daran, dass man den Anwohnerprotest integrieren – oder jedenfalls nicht verschrecken will – sind Blockaden in meinen Augen sehr okay. Allerdings sollte hier das Behinderungsziel im Vordergrund stehen – nicht die ohnehin illusorische Idee von Verhinderung.

    Es mag vielleicht sogar ein wenig frustrierend sein, für den von Revolution und einem Bürgerkriegsevent träumenden “AntiFA”-Chauvinisten, wenn man sich immer wieder von der Straße spritzen lassen muss. Wenn man unter Umständen gegen die eigenen Wut kämpfen muss, statt gegen Nazi-Hooligans, die ihrerseits mit jeder Faser einen direkten Kampf ersehnen.

    Die Wirkung friedlicher Blockade-Aktionen ist eine andere, die Wirkung auf die Anwohner, die Wirkung auf die Nazis, und auch die Wirkung auf die Öffentlichkeit.

    Die militante Linie auf Demonstrationen hat in Hamburg in jeglicher Hinsicht versagt. Falls tatsächlich Busunternehmer wie “Langen-Reisen” Konsequenzen ziehen, dann bestehen diese Konsequenzen darin, dass man die Nazi-Kunden nicht direkt am Ort der Demo fährt, und die Busse anschließend woanders parkt. Das ist nicht viel. Die von militanten AntiFas behauptete Wirkungen der “Entglasungen” finden nicht statt.