Julia Seeliger



12 Responses to “Dem Parteitagsbeschluss Respekt gezollt”

  1. Zur Erinnerung: Am 9. März haben 26 Grüne für die Tornados gestimmt, 21 dagegen, und 4 haben sich enthalten. Insbesondere würde mich mal interessieren, wer die mindestens 11 Abgeordneten sind, die es tatsächlich geschafft haben, ihre Meinung von “pro Tornado” wenigstens auf Enthaltung zu ändern.

  2. Lass uns doch einfach freuen, ja?

    🙂

  3. Ich bin ja nicht Mitglied irgendeiner Partei; also, vielleicht könnte mir ja da mal jemand weiter helfen in meinem Unverständnis. Wofür sind eigentlich Probeabstimmungen gut? Ich stelle mir das so vor: Da sind ein paar Vorsitzende, die Reden halten und nicht genügend Zeit haben, mit dem Fußvolk zu reden, und darum wissen sie nicht, wie die Stimmung ist, aber genau die wollen sie vor der eigentlichen Abstimmung kennen. Da würde ich dann doch mal sagen: Klinken putzen, mit den Leuten reden, sich Zeit nehmen für den Dialog statt für Reden (und die Redenschreiber entlassen).

    Und zu dem Antrag, der Angela Merkel auffordert, nach Afghanistan zu reisen, hätte ich gerne mal gewusst, was das bringen soll. Soll sie sich auch mal ein paar Fetzen von einem Suizidterroristen um die Ohren fliegen lassen, um ein hautnahes Gespür für die Gefahr zu bekommen, in der die dort eingesetzten Soldaten, Polizisten und Entwicklungshelfer zugange sind? Oder soll sie Deutschland repräsentieren? Oder was sonst? Denn bislang sehe ich nur mal wieder einen entbehrlichen Langstreckenflug mit Treibhausgasemissionen – eigentlich doch ein Thema für die Grünen. Da wäre ich für Aufklärung wirklich dankbar.

  4. Bei einer solchen Abstimmung, die schon im Vorfeld derart emotionalisiert ist, ist es sinnvoll, vorher zu wissen, wie sich wer ungefähr verhalten wird. Das ist sinnvoll, ja verantwortungsvoll, wie die Fraktionsführung da vorgegangen ist. Ich hätte kein anderes Verfahren gewählt.

    Zu dem Merkel-Antrag: Merkel war innerhalb ihrer Amtszeit noch nicht in Afghanistan. Deine Vorbehalte teile ich, jedoch kann man auch positive Aspekte einer solchen Reise sehen. Es ist einfach wichtig, das Ernsthaftigkeit des Themas und die Relevanz einer verantwortungsvollen Afghnaistan-Politik auch mehr in die Volksparteien zu tragen.

    Heute in der Berichterstattung hörte ich wieder, dass Argumente wie “Die Anschlagsgefahr in Deutschland wird steigen” und “Deutsche Soldaten in Afghanistan …” genannt wurden. Das mag ja aus Sicht eines durchschnittlichen deutschen Volksvertreters die richtige Ebene sein, jedoch sollte auch der Aufbau in Afghanistan, Perspektiven für das geschundene Land und die Zukunft von Außenpolitik – und eben nicht immer nur der deutsche Soldat – mehr Raum in der Debatte bekommen.

  5. Emotionen hin oder her – wenn die Parteibasis chaotisch ist, hat das Ergebnis einer Probeabstimmung keinen Wert, weil es nichts über das Ergebnis einer späteren Abstimmung aussagt. Wenn viele Einzelne dagegen leidenschaftlich für ihre individuelle Meinung sind und nicht verstehen können, warum andere anderer Meinung sind, dann bekommt man die Meinung heraus, ja kann sie mit einigem Aufwand sogar formen, wenn man das Gespräch mit diesen Leuten sucht. Und wenn ich mit jemandem in einer Frage derselben Meinung bin, dann merken wir das schnell, lachen uns an, und jeder geht zum nächsten. Es ist unglaublich, wie viel mehr ein persönliches Gespräch, in dem sich mein Gegenüber mit seiner (anderen) Meinung ernst genommen fühlt, gegenüber einer geschliffenen Rede bringt, bei der jeder zweite Zuhörer denkt, er solle effektiv von mir eingeseift werden. Aber eine Rede geht natürlich schneller. Eine Probeabstimmung hat für mich so ein bisschen den Geruch (!) wie eine so oft wiederholte Sequenz von Beeinflussung und Meinungsabfrage, bis die Basis klein bei gibt und in der gewünschten Weise abstimmt.

    Du hast geschrieben, es sei “sinnvoll, vorher zu wissen, wie sich wer ungefähr verhalten wird.” Sind diese Abstimmungen nicht geheim?

  6. Wenn Angela Merkel nach Afghanistan reist, dann ist das für das Land ähnlich bedeutend, wie wenn Bush in den Irak reist. Bush hat dafür bisher nur eine Variante gewählt: unangekündigt und kurz. Warum? Weil er lebend wieder nach Hause wollte. Jeder, der zwei und zwei zusammenzählen kann, weiß das, und sicherlich verachten ihn viele Iraker dafür. So, und jetzt soll Angela Merkel nach Kabul. Wird sie den Besuch vorher ankündigen, damit die Taliban kreativ werden können? Wie lange wird er dauern? (Die Frage, was sie dort soll, hatten wir schon.) Entweder geht sie ein unnötiges Risiko ein, oder sie wird für einen Hasenfuß gehalten. Findet sich darunter eine nützliche oder attraktive Option? Siehst du eine?

    Und was die Ernsthaftigkeit des deutschen Engagements angeht – ich war ja nun auch noch nicht in Afghanistan, aber zu beurteilen haben das nur diejenigen, die mit den Deutschen zu tun haben. Und wenn die Nachrichten aus Kabul einigermaßen zuverlässig sind, dann möchte ich mal denjenigen sehen, der Zweifel an der Ernsthaftigkeit unseres Engagements hat UND diese durch einen Staatsbesuch ausgeräumt sieht.

  7. Tja, und die Volksparteien … Ich hatte Anfang des Jahres mal eine kurze Korrespondenz mit dem Chefredakteur einer Tageszeitung, und er schrieb etwas von Verantwortung und Humanismus und so. Du hast von „Perspektiven für das geschundene Land“ geschrieben. Wenn du Interesse hast, kann ich dir den Austausch ja mal schicken. Ich finde diese Begründung nicht sonderlich überzeugend. Die Verhältnisse in Afghanistan unter den Taliban sind sicherlich hochproblematisch gewesen, insbesondere für Mädchen und Frauen grausam und furchtbar. Ich will da gar nichts verharmlosen. Aber wenn wir über humanistische Verantwortung reden, dann sollten wir die Toten pro Zeiteinheit zählen, und dann wäre eine Invasion in den Sudan wohl angebrachter gewesen. Nein, in Afghanistan hat uns der große Bruder gerufen, nachdem er dort die Situation, die die Russen angerichtet hatten, noch deutlich verschlimmert hat und mit seinen Methoden nicht zu einer Lösung kam. Und er hat sich aus geostrategischen Interessen dort “engagiert”. Aber sowohl das militärische als auch das finanzielle Engagement wären an anderer Stelle effizienter einzusetzen gewesen – aber da hätte es dann weder mit der Hauptstoßrichtung der USA zu tun gehabt noch wäre dort Öl oder Gas zu haben gewesen. Außenpolitik ist ein Stück weit Imagepflege, gewiss, aber sie ist in erster Linie Interessenpolitik; das sollte man nicht aus den Augen verlieren, wenn man nach ihren Motiven fragt.

  8. Du hast geschrieben, es sei “sinnvoll, vorher zu wissen, wie sich wer ungefähr verhalten wird.” Sind diese Abstimmungen nicht geheim?

    Nein, deswegen habe ich die Abstimmungsergebnisse doch verlinkt.

    Du hast von „Perspektiven für das geschundene Land“ geschrieben. Ich finde diese Begründung nicht sonderlich überzeugend.

    Außenpolitik ist ein Stück weit Imagepflege, gewiss, aber sie ist in erster Linie Interessenpolitik; das sollte man nicht aus den Augen verlieren, wenn man nach ihren Motiven fragt.

    Nun, dann gilt es erneut zu diskutieren, ob und nach welchen, eventuell neu erdachten, Kriterien man Bundeswehreinsätzen zustimmen möchte.

  9. Stimmt, die verlinkten Ergebnisse hatte ich nicht bedacht.

    Die Diskussion über nationale Interessen ist eine heikle Sache. Je egoistischer diese Interessen sind, desto schneller ist das Image eines Landes im Eimer, wenn seine Parlamentarier oder seine Regierungsmitglieder diese Interessen und die daraus resultierenden Leitlinien öffentlich diskutieren. Wir können das sehr schön studieren, wenn die US-Thinktanks mal eine undichte Stelle haben. (Ich habe jetzt gerade kein Beispiel parat, aber wenn das jemand wünscht, werde ich mich darum kümmern und eines liefern.) (Daran ändert übrigens auch die Resolution des US-Kongresses zum Völkermord der Türken an den Armeniern nicht grundsätzlich etwas, auch wenn das eine partielle Ehrenrettung der unterstützenden Abgeordneten ist. Der Präsident hat dann ja auch gleich klar gemacht, wo er US-amerikanische Interessen gefährdet sieht.)

    Aber damit keine Missverständnisse aufkommen: Es sollte eine öffentliche Diskussion über diese Kriterien geben. Das macht es vor allem für Außenstehende wesentlich einfacher, die Glaubwürdigkeit der offiziellen Begründungen einzuschätzen.

  10. Folgende Grüne hatten ein Einsehen und haben ihre Stimme von “ja” zum Tornado im März immerhin in eine Enthaltung bei dieser Abstimmung geändert:

    Kai Gehring
    Katrin Göring-Eckardt
    Anja Hajduk
    Renate Künast
    Undine Kurth
    Jerzy Montag
    Kerstin Müller
    Brigitte Pothmer
    Elisabeth Scharfenberg
    Christine Scheel
    Rainder Steenblock
    Silke Stokar von Neuforn
    Josef Philip Winkler

    Ekin Deligöz hat im März zugestimmt, an der aktuellen Abstimmung aber nicht teilgenommen.

  11. Anja Hajduk?
    Undine Kurth?????

    Wie haben die denn die Kurve gekriegt?

  12. Fragen wir nicht nach dem “Wie”, sondern nach dem “Ob”.