zeitrafferin
Julia Seeliger-
22. January 2008 | 6 Kommentare | Trackback | Internet ausdrucken
Für all diejenigen, die Lust auf gute, grüne, zukunftsfähige Politik im Bereich der digitalen Gesellschaft haben und diese auch aktiv gestalten möchten, habe ich eine neue Mailingliste in Petto: [grüner mix].
Bewusst habe ich mich dafür entschieden, das offen zu gestalten, deswegen nehme ich auch eine Mailingliste bei JPBerlin und hab das nicht bei der Partei bestellt. Nach meiner Vision sollte es nämlich nicht länger bei einer solchen Spaltung “Parteien – Bürger” bleiben. Die Parteien sollten niedrigschwelliger werden und sich mehr auch für Nichtmitglieder öffnen, die guten Ideen aufnehmen. Das Internet bietet viele neue Möglichkeiten für eine lebendige Demokratie, Möglichkeiten, die es ohne das Netz noch nicht gab. Es ist nicht nur Bedrohung, wie Schäuble schwarzmalt, sondern auch eine einzigartige Chance. Für mich ist spannend, wie die Parteien auf diese neuen Möglichkeiten reagieren und ob sie bereit sind, Macht abzugeben. Diesen Mut sollten wir aufbringen! Es stellt sich auch die Frage, wie sich eine Partei im 21. Jahrhundert optimal organisieren sollte. Ich bin da für eine Öffnung, es finden sich im und durch das Netz ja zahlreiche neue Instrumente, die es ermöglichen, Meinungen, die nicht von Parteimitgliedern kommen, aufzunehmen und mit ihnen weiterzudiskutieren. Auf diesem Wege kann es auch gelingen, neue Leute für das Engagement in der grünen Partei zu gewinnen – nicht nur, aber vielleicht auch als Mitglieder.
Wer Lust hat, da mitzudiskutieren und nebenbei ein bisschen bei den Grünen und deren inhaltliche Diskussionen reinzuschnuppern, melde sich einfach an. “Spione” sind aus meiner Sicht willkommen, wenn sie vernünftig mitarbeiten.
Hintergrund ist, dass mich auf dem Bundesparteitag in Nürnberg eine Menge Menschen angesprochen haben, die Linux-Fans sind oder bei kleinen Labels arbeiten. Genau an diejenigen richtet sich dieses Angebot, aber eben auch genauso an die oben angesprochenen grün-nahen Menschen von Außen, die sich schon als progressiv, linksliberal oder wie auch immer verstehen, der Partei aber aus Skepsis nicht beitreten wollen.
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20. January 2008 | Ein Kommentar | Trackback | Internet ausdrucken
PRESSEMITTEILUNG
Entscheidung des Staatsgerichtshofs zum Wahlcomputereinsatz
Risiken für Wahl bleiben bestehen
Die heutige Entscheidung des Staatsgerichtshofs, den Einsatz von Wahlcomputern bei der Landtagswahl nicht zu unterbinden, ist auf Bedauern bei BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN gestoßen.
„Wie haben bereits nach Bekanntwerden der Manipulationsmöglichkeiten bei den auch in Hessen eingesetzten Wahlcomputern gefordert, dass diese bis zur beim Bundesverfassungsgericht anhängigen Entscheidung nicht mehr eingesetzt werden sollen. Darauf ist der Landeswahlleiter leider nicht eingegangen. Die inhaltliche Prüfung der Zulässigkeit dieser Wahlcomputer ist auf einen Zeitpunkt nach der Landtagswahl verschoben. Ich halte dies für sehr risikoreich“, erklärt der innenpolitische Sprecher von BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN, Jürgen Frömmrich, zur heutigen Entscheidung.
„Es ist davon auszugehen, dass die Wahl am Sonntag sehr knapp ausgehen wird. Wenn dann noch im Nachhinein festgestellt werden würde, dass der Einsatz von Wahlcomputern nicht zulässig gewesen ist, wäre dies eine katastrophale Situation für die Politik in Hessen. Ich hätte mir gewünscht, dass uns diese Unsicherheit erspart bleibt“, so Jürgen Frömmrich.
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19. January 2008 | 2 Kommentare | Trackback | Internet ausdrucken
“Es hat was Dekadentes, das gebe ich zu. Da, wo das Kulturgut der Franzosen gespeichert ist, mal eben ne amerikanische Fernsehserie abzuspielen … “
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11. January 2008 | 13 Kommentare | Trackback | Internet ausdrucken
In Hessen soll ja bei der kommenden Wahl am 27.01. – wie schon bei der Kommunalwahl 2006 – auch mit Wahlcomputern gewählt werden können. Mathias Schindler schickte mir jetzt seine Impressionen aus der hessischen Stadt Langen. “Am bleiernen Faden – Teil 1” heißt der Artikel, er befasst sich damit, wie sorgfältig Mitarbeiter kommunaler Verwaltungen mit Grundlagen unserer Demokratie umgehen: Schindler hat in Langen die Testwahl mit den Wahlcomputern beobachtet. Ein Schelm, wer in Schindlers Vorbemerkung zum Testwahl-Bericht Zynismus vermutet.
Der Wahlleiter in Langen, Bernhard Emrich, bat mich, auf das umfangreiche Angebot an Kuchen und Kaffee und Getränken während der Testwahl lobend hinzuweisen. Ich komme dem natürlich gerne nach. Als Bonus gibt es noch ein Dankeschön für den Strom während der Probewahl für mein Notebook.
Damit reicht’s aber auch mit dem Lob für die Stadt Langen. Die Geräte sind offenbar technisch zu komplex, um sie ordnungsgemäß – ich meine damit, derart, dass die grundlegend benötigten Sicherheitsüberprüfungen stattfinden – zu betreiben.
Beim Aufbau des Gerätes folgten zuerst einige Erläuterungen. Eine Überprüfung von Siegeln und Versionsnummern wurde nicht bzw. unsystematisch durchgeführt, teilweise deshalb, weil sie ja fehlten. Die vom Wahlgerätebegleitschein eingeforderten Unterschriften erfolgten konsequenterweise auch nicht. Ein wie auch immer geartetes Interesse auf Überprüfung, ob die verwendeten Computer überhaupt zu den zugelassenen Maschinen mit den genannten Anforderungen an Hard- und Software genügen, war bei der Wahlleitung nicht zu spüren.
Der Chaos Computer Club hat in einem Gutachten aufgezeigt, dass Wahlcomputer der Firma nedap manipulierbar sind. Die Aktivisten hatten einem nedap-Wahlcomputer das Schachspielen beigebracht. In dem Gutachten wird auch von Vorkommnissen, wie Schindler sie in Langen beobachtet hat, berichtet: Besonders sorgfältig gehe der durchschnittliche Verwaltungsbeamte mit der Computer-Sicherheit nicht um. Zudem sei es nicht sonderlich schwierig, die Geräte zu manipulieren. Ein wenig Hochschulstudium in einem passenden Fach oder vergleichbare Qualifikation würde locker reichen, um die Geräte zu “hacken”.
Aus dem Gutachten geht hervor, dass es für durchschnittlich begabte Informatikstudenten kein Problem darstelle, Wahlergebnisse einzelner Bezirke zu manipulieren. Dafür reichten 60 Sekunden Privatsphäre mit dem Gerät sowie ein manipulierter Chip, der vom Original nicht zu unterscheiden sei. Die CCC-Mitglieder tourten durch deutsche Wahllokale und fanden fast immer eine Möglichkeit, mit den Geräten alleine zu sein – teilweise bis zu 20 Minuten lang.
Mir noch gut im Ohr sind die Erzählungen von der Oberbürgermeisterwahl Cottbus, wo der Hausmeister den Wahlcomputer in der Nacht zuvor einfach ungeschützt im Nebenraum abgestellt hatte. Versiegelung, Einschließen? Pustekuchen. Es gelang auch, Stimmabgaben auszuspähen. Das sind keine Peanuts, keine Bagatellen – es sind die Grundfesten der Demokratie, es ist die geheime, die nicht-gefälschte Wahl, mit der hier geschludert wird!
Bei der hessischen Kommunalwahl im März 2006 hatten 13 Kommunen insgesamt 306 Wahlcomputer eingesetzt, an denen etwa 181.000 Hessen ihre Stimme abgaben. In Langen wird nun die dritte Wahl stattfinden, die auf den Einsatz von nedap-Wahlcomputern baut. Die Grundlage dafür schuf die Stadtverordnetenversammlung der letzten Periode im Juli 2005. In einer Ratsvorlage (PDF) wurden die Vorteile der Wahl mit Computern benannt – leider haben auch die Grünen dieser Vorlage zugestimmt. Insgesamt hat die Anschaffung der nedap-Computer 110.000 Euro gekostet, man verzichtete auf eine öffentliche Ausschreibung im Rahmen dieser Anschaffung. Dazu kommen die Kosten für zusätzliche Geräte für die Kommunalwahl – jeweils 17.000 Euro. Diese teuren Anschaffungen werden sich nach 9.5 Jahren amortisiert haben, man geht also davon aus, zehn Jahre mit den Geräten zu wählen.
Notwendig ist es jetzt vor allem, viele WahlbeobachterInnen für die kommende Wahl zu finden. In folgenden Kommunen wird voraussichtlich mit Wahlcomputern gewählt:
- Niedernhausen
- Obertshausen
- Langen
- Bad Soden a.T.
- Lampertheim
- Alsbach-Hänlein
- Eppertshausen
- Niestetal
In Lampertheim kenn ich jemand, den ich mal fragen kann, ob er die Wahl dort technisch kompetent beobachten kann. Aber die für anderen Kommunen, da müssten sich noch ein paar WahlbeobachterInnen finden …
Zum Weiterlesen
- CCC: Anleitung bzw. Checkliste für WahlbeobachterInnen (PDF)
- Viele Artikel beim CCC zum Thema Wahlcomputer
- Telepolis: Wahlgeräte oder Wahlhelfer?
- tagesschau.de: CCC will Wahlcomputer in Hessen verbieten lassen
- Parteitagsbeschluss Bündnis 90/Die Grünen: “Keine Stimmabgabe mit Wahlgeräten” (PDF)
- Wikipedia: Wahlcomputer
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