zeitrafferin
Julia Seeliger-
9. May 2007 | 5 Kommentare | Trackback | Internet ausdrucken
In Hamburg, Bremen und Berlin werden im Momenent mehrere Kultur- und Wohnprojekte, G8-Büros, Internetprojekte und WGs von der Polizei durchsucht. Die Polizei führt bei den Durchsuchungen den Paragrafen 129, “Bildung einer kriminellen Vereinigung zur Verhinderung des G8-Gipfels”, als Grund an. Aufgrund der Breite betroffenen Objekte ist jedoch davon auszugehen, dass es sich um eine Repressionsmaßnahme gegen den gesamten G8-Protest handelt.
Betroffen durch die Durchsuchungen ist die gesamte Kommunikationsinfrastruktur der Proteste, so ist zum Beispiel die spektrenübergreifende Mobilisierungsseite gipfelsoli.org nicht mehr erreichbar.
Heute abend um 20 Uhr gibt es eine Soli-Demo in Berlin – am Mariannenplatz.
Alle Demos finden sich bei indymedia.
Protestiert zahlreich!
Schreiben der Generalbundesanwaltschaft
Aktuelle Infos bei indymedia.
Spiegel: Groß- Razzia gegen militante G- 8-Gegner
Süddeutsche: Bundesanwaltschaft fürchtet Gewalt in Heiligendamm[via ]
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8. May 2007 | 9 Kommentare | Trackback | Internet ausdrucken
In den letzten Tagen gingen Renate Künasts Statements durch die Presse. Im WamS-Interview ging es nicht nur um die Beteiligung der Bündnisgrünen an den G8-Protesten, sondern vor allem auch um “Innere Sicherheit”. Ein neues Papier sei von der Fraktion geschrieben worden, durch die Presse geisterten Forderungen wie “Grüne jetzt für Videoüberwachung”, “Anti-Terror-Datei” und “Künast-Papier”. Dass das Papier wohl in erster Linie aus der Feder von Wolfgang Wieland stammt und dass in der Presse mehr Lärm um das Papier gemacht wird, als es eigentlich wert ist, das fällt dabei gar nicht mehr auf.
Ich zieh mir jetzt erstmal die 18 Seiten rein, und dann weiß ich mehr. Schade, dass Statements von Fraktionsvorsitzenden, die sich scheinbar offen halten wollen fürs konservative Lager, mehr beachtet werden als das Papier an sich. Heute nachmittag soll es bei der Fraktionssitzung abgestimmt werden – die Grüne Linke hat es schon heute – woher auch immer – und auch schon wild drüber diskutiert. Pikanterweise ist es mit “Künast-Papier” tituliert. Eine Verbeugung vor den Mechanismen der Medien-Demokratie? Nur, weil die Fraktionsvorsitzende in der Presse mal wieder die falschen, nämlich die CDU-nahen, Schwerpunkte gesetzt hat, muss man doch nicht gleich das Papier nach ihr benennen!
Inhaltlich schicke ich der Lektüre des Papiers mal voraus, dass ich es sinnvoller finde, die Polizei angemessen auszustatten – da hapert es nämlich gewaltig, mancherorts haben die “Freude und Helfer” nicht mal Geld für das Benzin, um auf Streife zu fahren! – als ständig die Gesetze noch zu verschärfen. Gerade heute in der taz Berlin: “Polizei geht’s nachts lockerer an”. Künftig sollen “in den einsatzarmen Nächten von Sonntag bis Mittwoch jeweils von Mitternacht bis 6 Uhr morgens” nur noch 60 Beamte (…) Dienst tun. Der Polizeipräsident begründet die Pläne mit Personaleinsparungen.
9 KommentareNach dem Lesen meine Meinung: Viel Lärm um nichts, alles nichts neues in dem Papier. Unklar komponiert (ob bewusst oder unbewusst) ist diese Formulierung zur Online-Durchsuchung:
Was offline gar nicht oder nur unter engen Voraussetzungen zulässig ist, darf auch online nicht ohne weiteres erlaubt sein.
Wohl nur eine Wortklauberei, aber ich finde, klarer wäre gewesen:
Was offline gar nicht oder nur unter engen Voraussetzungen zulässig ist, darf auch online gar nicht oder nur unter engen Voraussetzungen erlaubt sein.
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6. May 2007 | 4 Kommentare | Trackback | Internet ausdrucken
Eben hab ich mir mal den Artikel “Hanf-Republik Deutschland” auf spiegel online durchgelesen. Da werden mal wieder Märchen verbreitet – bestes Zitat ist dieses:
Doch das Gras “made in Germany” birgt Gefahren. Längst nicht alle Cannabis-Konsumenten ahnen, wie berauschend dieses Gewächshaus-Grünzeug wirken kann. “Durch die professionelle Bewirtschaftung der Plantagen, und weil die Pflanzen oft aus genmanipuliertem Saatgut stammen, kann die Wirkstoff-Konzentration der Indoor-Drogen bis zu vier Mal höher sein als bei herkömmlich angebautem Marihuana. Die Suchtgefahr steigt dadurch extrem an”, warnt LKA-Sprecher Scheulen.
Das Gerücht vom Cannabis mit “viel höheren THC-Konzentrationen als in der Zeit der 68er” hält sich hartnäckig. Der deutsche Hanf-Verband hat zu diesem Märchen eine interessante Zusammenstellung erstellt. Únd bereits im Jahr 2004 hat die EU-Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht in ihrem Suchtbericht festgestellt (PDF, 2MB), dass
“Die in den Massenmedien verbreiteten Behauptungen, dass sich die Cannabisstärke in den letzten Jahrzehnten um das Zehnfache oder mehr erhöht hat, werden durch die beschränkt vorliegenden Daten aus den USA oder Europa nicht bestätigt.”
Die Stärke von Cannabis, Seite 90
Man will mit diesen aus dem Nichts gegriffenen Horror-Geschichten womöglich Eltern, die früher mal gekifft haben, die Toleranz gegenüber ihren kiffenden Kindern madig machen.
Dabei ist die progressive Suchtforschung längst der Auffassung, dass die Drogenprohibition nicht der richtige Weg ist. Die Kriminalisierung junger Menschen schadet – denn Schweigen macht einsam! Süchtig werden junge Menschen vor allem, wenn sie mit niemand über eventuelle Probleme mit der Droge sprechen können.
Dazu kommt: Mir kann kein ernstzunehmender Drogenforscher und schon gar kein Drogengebraucher erzählen, dass man bei einer viermal höheren Wirkstoffkonzentration nicht einfach dazu übergehen könnte, die viertel Menge Gras in den Joint zu bröseln.
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17. April 2007 | 4 Kommentare | Trackback | Internet ausdrucken
Morgen wird das Kabinett Merkel über die Vorratsdatenspeicherung entscheiden. Ein kleines Fünkchen Hoffnung stirbt natürlich nie, aber sehr wahrscheinlich ist es nicht, dass die mit Recht höchst umstrittene EU-Richtlinie morgen gestoppt wird.
Am vergangenen Wochenende fand dazu in Frankfurt eine Demo statt, mehr als 2000 Menschen gingen gegen die Vorratsdatenspeicherung auf die Straße.
Zum Thema staatliche Überwachung in der Bundesrepublik habe ich zwei schöne Bilder bei netzpolitik.org gefunden. Noch 2002 warb der Bundestag nämlich – mit Recht – für das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung.
Wer hätte gedacht, dass wir – Schily-geschädigt – noch mal an die schönen rot-grünen Zeiten zurückdenken würden. Ja, das war 2002, als Grundrechte noch etwas galten. Mit Überwachungs-Minister Schäuble hat sich da so einiges geändert. Und in Zeiten einer großen Koalition, wenn zwei Volksparteien regieren, da gibt es offenbar kein regierendes Korrektiv mehr, das sich für Bürgerrechte und den Rechtsstaat einsetzt. Wenn die Vorratsdatenspeicherung Realität wird, siehts dann so aus:
Der AStA der FH Münster hat die Broschüre “What the fuck is informationelle Selbstbestimmung” herausgegeben. Wer PDFs liebt, kann die Broschüre hier direkt anklicken.
Zur Geschichte und zur Bewertung der Vorratsdatenspeicherung hat Grüne-Jugend-Sprecher Jan Albrecht im “Forum Recht” den Artikel “Sicherheit statt Rechtsstaat” (PDF) geschrieben.
Heute und morgen finden im Netz und vor Ort in Berlin noch Aktionen statt. Beteiligt Euch daran! Es geht um Eure Grundrechte!
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