Julia Seeliger



13 Responses to “Abgesang auf die Realos”

  1. “Seit das realpolitische Gegengewicht fehlt, driftet die Partei zurück in die Wagenburgmentalität vergangener schlichter Tage. Alle, die anders denken, sind Feind.”

    Gar nicht so falsch…

    Mal unabhängig von diesem beschissenen Realo-Linke-Schema: Zumindest bringen einige Realos (vielleicht nicht Berninger, aber Scheel u.a.) politisch-technisches know-how mit, das vielen Linken fehlt. Es macht wenig Sinn, immer nur große Grundsatzdebatten führen zu können, wenn man anschließend nicht in der Lage ist, die politische Kleinarbeit gut zu machen. Blöderweise verbinden das Realos oft mit einer gewissen Beliebigkeit und wenig Prinzipien. Auf gut Deutsch: Den von Hartz IV betroffenen nützt die Heulerei von Claudia Roth wenig. Und die Realos haben kaum ein Interesse daran, ihnen zu helfen.
    Die Grünen sind momentan einfach nicht regierungsfähig…
    Wo sind die kompetenten linken Politiker???

  2. Links heißt doch nicht automatisch “nicht regierungsfähig”, Martin. Natürlich gibt es linke, realistische Politik. Das wird häufig und gern vergessen. Links ist nicht automatisch “Visionen”, während Realo “umsetzbar” bedeutet.

    Du vergisst, dass es zahlreiche Realos gibt, die blind der Markt- oder Pragmatismusideologie hinterherlaufen. Das ist genauso realitätsfern wie manche der von dir so hart gescholtenen Linken.

    P.S. ich schreib hier jetzt keine “linken” Namen rein. Da könnten sich die genannten Personen selbst melden, wenn sie in Blogs posten. Da kenne ich aber nicht so viele, die gleichzeitig SpitzenpolitikerInnen sind und in mein Blog posten, von Steffi Lemke mal abgesehen, die ich auch der von dir eingeforderten Kategorie zuordnen würde. Der Kategorie derjenigen, die gute, linke, realistische und umsetzbare Politik machen.

  3. “Du vergisst, dass es zahlreiche Realos gibt, die blind der Markt- oder Pragmatismusideologie hinterherlaufen.”
    Vergesse ich nicht, liebe Julia, schau dir den obigen Beitrag noch einmal genauer an :-).

    Steffi Lemke ist eine rühmliche Ausnahme, vielleicht mit Ströbele auf seinem Gebiet. Aber, naja, dann hörts auch schon auf… Problematisch ist, dass die linken Zirkel bei den Grünen eher die Leute mit großem Redetalent und emotionaler Show pushen als die Politiker, die vielleicht etwas leiser treten, aber dafür gute linke Politik machen.

  4. Martin, ohne jetzt zu intern werden zu wollen, aber bis vor kurzem gab’s bei den Linken nicht viel zu pushen. Die Machtverhältnisse sind erst seit “Göttingen” so, wie sie sind.

    Zweitens meine ich, dass auch andere Zirkel ebenso vorgehen. Dass Leute mit Redekompetenzen eher gewählt werden, als diejenigen, die das nicht so gut können, ist nun mal (leider?) so.

    Du kannst ja, wenn du das ändern möchtest, die “Systemfrage” stellen.

    😉

  5. ein neues Interview mit “der coolen Sau” Joschka Fischer

    Er war wirklich der letzte Live-Rock’n’-Roller der deutschen Politik. Zu seinen Zeiten war ich noch stolz, ein Grüner zu sein 😉

    Die Mehrheit der 68er allerdings hat ihren Weg ganz ordentlich gemacht.

    Der vieldeutige Kernsatz eines interessanten Gesprächs über Leistungen und Widersprüche (Tragik?) der 68er.

  6. 1968 war wochenlang Heintje mit “Mama” die Nummer 1 in den deutschen Charts. Die Bezeichnung ’68iger hielt ich schon immer für falsch. (Ich war da 16 btw.)
    Das damit gemeinte Lebensgefühl vermittelte eher Woodstock 1969. Aber wie gesagt, da gab es auch den Heck und den Camillo Felgen und und und.

    Hhm, war Joschka eigentlich je beim SDS? Weiß nicht.

  7. Ha, Du hast bei Deinem Zitat aus dem WELT-Artikel keinesfalls “den Schluss” gepostet, wie Du hier behauptest, sondern Du hast die letzten zwei Sätze einfach so weggelassen – ohne das hier kenntlich zu machen!!!

  8. Das damit gemeinte Lebensgefühl vermittelte eher Woodstock 1969.

    Das in Deutschland mit 68 verbundene Lebensgefühl hatte weniger mit einem Schlamm-Festival zu tun, bei dem sich alle lieb hatten, sondern fand in gewalttätigen Auseinandersetzungen auf der Straße statt. Insofern ist auch das Thema “Studierendengewalt”, das im Nachbar-Thread angesprochen wurde, nicht ganz neu und die 68er sind schuld 😉

  9. @Lena

    Nunja. Sinnentstellend ist es aber nicht. By the way: Stört es dich wirklich, oder war das Ironie?

    Kann man im Netz ja nicht immer erkennen.

  10. Ich denke, wenn man will, kommt man in der Debatte weiter wenn man sich einmal fragt ob es Linke oder Realos tatsächlich noch gibt?
    Die Verhältnisse der 90er sind ja nicht in Stein gemeißelt. Das vertreten von “linken” Inhalten ist doch kein Hemmnis zum Erlernen machbarer Politik wohingegen bsplw. das Festhalten an seit 30 Jahren scheiternder angebotsorientierter Wirtschaftspolitik (Realos) schon eher in den Bereich Grimms Märchen geht.

    Ja, die Mischung ist derzeit Schrott (die Menschen natürlich nicht) und dazu gibt es eine Theorie die da behauptet: In der Fischerära bekamen (einige) Linke Posten damit im Gegenzug die Realos die Inhalte bestimmen konnten. Das löst sich nun allmählich auf, zumindest solange der “linke” Flügel nicht mehr derart von dem Wohlwollen der Realos abhängig ist. Ich sehe durchaus ein Muster darin das eine C.Roth quasi als Parteiseelchen sich so lange hält. Ich sehe darin ein Interesse der Realos.

    Zur Wagenburgmentalität -> gar nicht so falsch
    Auch hier, wie schon zu Schwarz-Grün, hängt es natürlich davon ab wo du deine Schwerpunkte setzt. Wenn du einen starken Partner willst der den Löwenanteil leistet während du Ökoprojekte und Frauenhäuser in die Gänge bringst -> gut dann hast du Recht.
    Wenn man aber meint dass es in diesen Zeiten wichtig wäre grüne Wirtschafts, Finanz und Sozialpolitik zu entwickeln und zu vertreten… und dich dann nach geeigneten Partnern umschaust… erkennst du das die Wagenburg kein Ergebnis irgendwelcher fundamentalistischen mentalitäten ist sondern eine aus den Realitäten resultierende Notwendigkeit.

  11. 1968 war wochenlang Heintje mit “Mama” die Nummer 1 in den deutschen Charts. Die Bezeichnung ‘68iger hielt ich schon immer für falsch.

    Sehr interessant, ich sprach kürzlich mit einer Verwandten (sie bleibt anonym), die mir genau das selbe sagte: Sie meinte, dass es gar keine 68er-Generation gäbe, dass das nur sehr wenige waren, die heute eben als ganze “Generation” halluziniert würden. In eine ähnliche Richtung geht ja auch der Jungle-World-Artikel.

  12. Wenn die 68er eine “Generation” waren dann waren es die (20)04er mindestens ebenso.

  13. Sie meinte, dass es gar keine 68er-Generation gäbe, dass das nur sehr wenige waren, die heute eben als ganze “Generation” halluziniert würden.

    Die 68er-“Generation” sind natürlich nicht alle, die in dem Jahr in einem bestimmten Alter waren, sondern diejenigen, die teilhatten am sozialen, politischen und kulturellen Umbruch, der mit der Chiffre 68 verbunden wird. Es waren aber genug in dieser Alterskohorte, um der Gesellschaft ihren Stempel aufzudrücken.
    Und die sind es, die in Erinnerung bleiben. Niemand würde z.B. Eberhard Diepgen mit der damaligen Zeit in Verbindung bringen.