Julia Seeliger
  • Rauchverbot: Die grünen Nannies

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    5. July 2010 | Trackback | Internet ausdrucken
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    Es macht ja nicht immer Spaß, Mitglied der Grünen zu sein. Zum Beispiel im letzten Jahr, als sich 15 Bundestagsabgeordnete bei der Abstimmung um die Netzsperren enthielten. Ohne zu wissen, worum es eigentlich ging – aber die Kinder, die Kinder!

    Jetzt wieder so eine Aktion: In Bayern unterstützte man ein Volksbegehren zum Nichtraucherschutz – dieses war gestern erfolgreich und Bayern bekommt jetzt das härteste Rauchverbotsgesetz Deutschlands. Und der bayerische Landesvorsitzende Dieter Janecek, eigentich ganz nett, aber auch schon durch schwarz-grünes Geflirte, strategisch mangelhafte Initiativen auf dem Bundesparteitag (Rostock) und durch Sympathie für Regionalgeld aufgefallen, twitterte gestern abend

    Wenn der #Volksentscheid heute erfolgreich ist, wirds Zeit für konsequenten #Nichtraucherschutz in ganz Deutschland. Auf gehts!

    Heute morgen bei Facebook sprach er schon von ganz Europa. Und morgen dann .. nun ja.

    Inzwischen haben mehrere Landesverbände bzw. Fraktionen der Grünen, unter anderem Rheinland-Pfalz, NRW, Sachsen und Thüringen angekündigt, ebenfalls solche Volksbegehren für totale Rauchverbote anzustoßen oder sich an ihnen zu beteiligen. Das Elend geht also weiter.

    Dass man sich bei dem bayerischen Vorbild-Volksbegehren mit Spinnern, die in ihrer quasireligiösen Art mit Abtreibungsgegnern vergleichbar sind, gemein gemacht hat – geschenkt. Man wird sich am Infostand schon verstanden haben, denn man hatte ja das gemeinsame Ziel eines harten Rauchverbotsgesetzes ohne Ausnahmen. Erfolgreich euphemisiert heißt das bei denen ja auch nicht “Rauchverbot” sondern “Nichtraucherschutz”.

    Leider sind viele Grüne beim Thema Rauchen so drauf, dass sie schnell schon mal das richtige Maß verlieren. Auch der zuständige Fachpolitiker im Bundestag, der drogenpolitische Sprecher der Bundestagsfraktion, Harald Terpe. Er (oder sein Büro) twitterte gestern als Antwort auf

    @korbinian: nein. ich will clubs und kneipen wo dem hedonismus und der gesundheitsschädigung gefrönt werden darf

    @terpeundteam: Dann mußt Du auch Leute gut finden, die mit 200 durch die Fußgängerzone brausen.

    Terpe hat diesen Tweet inzwischen gelöscht. Und manchen klingt ja noch Bärbel Höhns ganz einfache Lösung in den Ohren: “ein gesetzliches Rauchverbot im Auto zum Schutz von Kindern”.

    Die Grünen im Saarland in der ungeliebten Jamaika-Koalition scheinen kein anderes politisches Projekt als den Nichtraucherschutz zu haben, so Max Plenert. Und in Österreich schmieden die Grünen jetzt gar ein Anti-Rauch-Bündnis mit den Rechtspopulisten.

    Was sagt uns das?

    Eigentlich muss man sich nicht so aufregen. Aber die Tendenz nervt. Wieder mal haben die grünen Nannies zugeschlagen und freuen sich feixend an ihrem verbieterischen Erfolg. Undifferenzierte Vergleiche wie der von Terpe werden gezogen. Bei Twitter fallen hehre Worte von der Freiheit, die dort endet, wo die Freiheit der Anderen berührt ist. Entleert.

    Wenn die Grünen sich zum Ziel gesetzt haben, eine Partei der sauberen Umwelt, des sauberen Internet und der sauberen Gesundheit zu sein, dann werden sie für mich langsam unattraktiv. Ich muss mir diese lehrerhafte Arroganz nicht mehr geben. Die Arroganz in der falschen Gewissheit, auf der richtigen Seite zu stehen. “Mineralwassertrinkende Grüne” schrieb Jürgen Leinemann in seinem Politiker-Buch “Höhenrausch”. Kontrolle und Selbstdisziplin – grüne Werte?

    Dieser ganze Quatsch, den die Nannies da regelmäßig veranstalten, ist nicht durch Beschlüsse auf Bundesebene gedeckt. Bei den Netzsperren nicht, und bei der Anti-Rauch-Intiative auch nicht. Für die Initiativen der Landesparteien eigentlich egal, dennoch gut zu wissen.

    Eine Verschwörung der Realo-Spießer (“Achse Janecek-Künast”) dürfte das aber nicht sein. Wäre auch Unsinn, wo ist die Anschlussfähigkeit, andere Parteien sind beim Rauchen ja nicht so radikal. Es ist wohl eher eine tiefsitzende Einstellung des “Ich kann es besser und helfe deinem schwachen Fleisch mit einem Verbot”. Was mehr und mehr nervt.

    Viele lustige grüne Spontis sind alt geworden und haben nun Kinder. Und die ehemaligen K-Gruppler haben tendenziell wohl eh weniger Probleme mit Verboten.

    Bei grünen Parteitagen wird die Zeit, in der zu Innen- und Rechtsthemen diskutiert wird, übrigens gern für Kaffee- und Raucherpausen genutzt. Vielleicht liegt da der Hase im Pfeffer. Etwas mehr Theoriebildung könnte nicht schaden. Nicht nur, aber auch im Innen- und Rechtsbereich.

    Buchtipp, untermalt von Musik


    Einsortiert: demokratie, drogen, staat
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103 Responses to “Rauchverbot: Die grünen Nannies”

  1. Bitte erst lesen, bevor als “hochgradig unsozial” qualifiziert wird.

  2. @Bernd Liefert

    nennen Sie doch mal Gastroangestellte, die heute noch 8 Stunden im Rauch stehen und die nicht selbst rauchen.
    Auf die Auflistung bin ich gespannt, bei inziwschen 80%, eher 90%zigen rauchfreien Lokalitäten. Haben Sie schon mal was Lüftung gehört (Luftaustauschtechnik ist für Gaststätten vorgeschrieben) oder von Fentser und Türen öffnen?

    Übrigens ein schlechtes Argument, wenn man Gastroangestellte aus dem Hut zaubert, die einem in Wirklichkeit eigentlich egal sind bzw. unter welchen sonstigen Bedingungen die sonst noch zu arbeiten haben.

    Gehen Sie mal zu dem größten deutschen Autohersteller in die ein oder Fertigungsabteilung. Dort wäre Passivrauch das aller, allerkleinste Problem, aber es gibt dort hohe Grenzwerte, aber bei Passivrauch gibts keine. Der einzige Stoff, bei dem es keine Grenzwerte gibt. Allein das sollte Sie zum Nachdenken bringen.

    Packens Sie es an, es gibt noch viel zu verändern in der pöhsen Welt. Hoffentlich war das jetzt nicht zu unsozial für Sie.

  3. Es kommen ja schon die nächsten Verbote seitens der Grünen. Motorroller.

    Ich habe Angst vor dem Verbotsregime, das die Grünen hier aufziehen.