Julia Seeliger



31 Responses to “Nein zur anonymen Samenspende”

  1. Julia, bei aller Liebe: aber jener taz-Text ist barer Nonsense, man fragt sich, wer an jenem Phantasma, die biologische Abstammung sei fuer Menschen ein existentiell bestimmendes Moment, eigentlich schuld ist, als Kandidaten hierfuer fallen mir nur der Mythos des naturwissenschaftlichen Deutungsprimats ein. Die unterstellte (mangelnde) Gesichtsaehnlichkeit des Vaters war seit jeher Ausdrucksform gesellschaftlicher Machtkonstitution: der als nicht-biologisch ueberfuehrte Vater buesst das Recht auf Teilhabe und ‘Ehre’ ein, in dem Moment wo die Wahrheit, mit Hilfe ‘objektiver’ Kriterien offenbar wird, unterirdisch.

  2. Das hat doch mit dem Ursprungsproblem nichts zu tun. Ich kann den taz-Text gerne wieder entfernen.

    Ich habe in meinem Blogeintrag darauf verwiesen, dass ich ein Problem habe damit, die Biologie wichtig zu nehmen. Aber wenn man einen Antrag schreibt, der das Kind in den Mittelpunkt stellt, dann sollte man doch die Sicht von derartig Betroffenen auch aufnehmen. Das wäre bei einer anonymen Samenspende nicht der Fall.

  3. Die Frage bleibt, ob der Staat ‘derartige Sichtweisen’ noch unterstuetzen sollte, indem er sie zur ‘ultima ratio’ erhebt, in Deutschland, Oesterreich und interessanterweise der Schweiz liegt jedoch wenig erstaunlicherweise genau das nahe, der
    ‘derartige Zustand’ wird zum Zustand des ‘derartig Betroffenen’, die Blutsverwandtschaft als Phantasma und hyperbolischer Attraktor auch Gruener Weltentwuerfe (ich erinnere hier mit Nachdruck an die Poesie eures virtuell-designierten Bundesvorsitzenden).

  4. Es ist nicht die Aufgabe des Staates, bestimmte Denkweisen zu verbieten.

    Es ist Aufgabe des Staates, Rechtsgleichheit herzustellen und durchzusetzen und Gesetze an aktuelle Entwicklungen anzupassen. Dazu gehört zB eine Gleichstellung von Schwulen und Lesben, die immer noch nicht gegeben ist. Wir fordern ja auch in unserem zweiten Änderungsantrag (PDF) zum Thema Samenspenden, dass bei der Übernahme der anfallenden Behandlungskosten Lebenspartnerschaften und Unverheiratete Eheleuten gleichgestellt werden sollen.

    Kannst du nochmal konkret deutlich machen, was das für Gesellschaftsbild ist, in dem anonyme Samenspenden an der Tagesordnung sind und warum dieses für dich positiv ist?

  5. wenn ich nicht völlig falsch informiert bin, dann gibt es einen mangel an samenspendern. und samenspender möchten unter umständen eben nicht nach 25 jahren mit unterhaltskosten konfrontiert werden.
    würden dann also die kinder, die unglücklich sind, weil sie ihren biologischen vater nicht kennenlernen, nicht möglicherweise überhaupt nicht existieren?

  6. und samenspender möchten unter umständen eben nicht nach 25 jahren mit unterhaltskosten konfrontiert werden.

    Das ist in der Bundesrepublik Deutschland nicht möglich:

    Auch in Deutschland gibt es keine anonymen Samenspenden. Allerdings müssen die Spender hier nicht mit Unterhaltszahlungen rechnen – zum Beispiel, wenn der soziale, aber nicht leibliche Vater des Kindes die Vaterschaft anficht. So wurde es 2003 im „Kinderrechteverbesserungsgesetz“ festgelegt.

  7. Ich verstehe nicht, worin der Zusammenhang zwischen der Frage der Anonymitaet von Samenspenden und der Frage der Übernahme von Behandlungskosten hierfuer sowie der Gleichstellung von Schwulen und Lesben besteht, Julia, das alles ist abstrus. Das Gesellschaftsbild, das eine Anonymitaet des Spenders garantiert oder zumindest ermoeglicht, denn zwischen Garantie und Verbot besteht immerhin noch eine dritte Moeglichkeit, ist das einer diskursiv-sozial bestimmten Gesellschaft, im Gegensatz zu einer biologisch-abstammungsrechtlich orientierten Gesellschaft. Gesellschaftlicher Konsens sollte die Einsicht sein, dass Menschen primaer sozial, eben diskursiv, determinierte Wesen sind, die Anzahl der an ihrem biologischen Stammbaum inetressierten Meschen steigt andererseits sicherlich proportional zur gesellschaftlichen Dominanz entsprechender Ideen.

    Die von dir oben zitierte ‘Betroffenen’-homepage illustriert das zur Genuege, hier wird sich exzessiv etwa auf durchaus mit einigen ‘grains of salt’ zu interpretierenden Aussagen von Medizinern oder Biologen bezogen ’30-70% aller Anlagen’ seien gentisch determiniert, was genau das sein soll: ‘alle Anlagen’ bleibt gaenzlich im Dunkeln und wird auch zweifellos nicht in der noetigen Praezision und mit der noetigen wissenschaftlichen Distanz verstanden. Ich zitiere dazu kurz aus der obigen Betroffenen-Seite:

    “Eine Vergleichsstudie von Golombook und anderen aus den Jahren 1995 und 1996 verglich vier Gruppen von Kindern im Alter zwischen vier und acht Jahren aus Samenspende, In-Vitro-Fertilisation, Adoption und natürlicher Empfangsweise miteinander. Das wichtigste Ergebnis war, dass sich die Qualität der Eltern-Kind-Beziehung in den Familien mit Kindern aus künstlicher Befruchtung und Adoption als besser herausstellte als in den Familien mit natürlicher Zeugungsweise. Es wurden jedoch keine besonderen Unterschiede in der sozialen und emotionalen Entwicklung der Kinder festgestellt.

    Soweit so gut, nun aber wird die Theorie der durch ‘abstraktes Denken’ nahegelegten Missbefindlichkeiten formuliert:

    “(..)Ein weiterer Kritikpunkt war, dass die Studien auf der Bindungstheorie basieren, welche der frühkindlichen Prägung eine große Bedeutung beimisst und andere Beziehungen wie die Interaktion zwischen Eltern und Kind vernachlässigt.
    Völlig anders stellt sich die Situation für Kinder aus Spendersamen dar, die erst spät von ihrer Erzeugungsart erfahren haben und sich jetzt im Erwachsenenalter befinden. In einer Auswertung der Berichte und Biographien von 90 Erwachsenen (McWhinnie 2001) berichten fast alle von Wut, Verbitterung über die Lügen und die Täuschung und Gefühle des Selbst- und Identitätsverlusts. “Ich bin nicht die Person, die ich dachte die ich bin” wird als häufiger Gedanke genannt.(..)”

    Hier zeigt sich aus meiner Sicht nichts anderes als das allfaellige Wirken gesellschaftlicher Abstammungsphantasmen, die nach de Beauvoir (!) die nach patriarchalen Gesetzen organisierten Gesellschaften seit Beginn der auf Abstammungslinien und Erbfolge-Generationen in der Ackerbauaera zusteuernden Entwicklungen bestimmten, es ist nonsense zu glauben, irgendjemand, der nicht in einen dies explizit dekonstruierenden Diskurs verwickelt ist, koennte sich dem entziehen, im Gegenteil ist es die gsellschaftliche NORM genau so zu denken:

    “Sie wünschen sich mehr Informationen über den Spender, sein Aussehen, seinen Bildungsstand und seine Interessen und speziell Details über seine Gesundheit. Dass diese Informationen nie für sie erhältlich sein wird, ist eine Quelle großer Frustration und Wut für sie.”

    Man mag natuerlich sagen: man muss diesen Menschen in ihrer Sozialisierung innerhalb einer gegebenen Gesellschaft entgegenkommen: nicht sie seien es, die ihr Verhaftetsein in letztlich archaischen Weltbildern zu verantworten haetten, die Gesellschaft habe ihnen ihre angebliche ‘nicht-Normalitaet’ innerhalb dieses Weltbildes zumindest durch die Information ueber die Tatasache ihrer nicht-‘Normalitaet’ ertraeglich zu machen. Dass eine nicht nach biologischen Prinzipien organisierte Familie nicht ‘normal’ sein koenne, findet sich konsequenterweise als wiederholtes Prinzip in der von dir so wohlmeinend verlinkten homepage:

    “Grund für die Geheimhaltung der Abstammung ihrer Kinder aus einer Samenspende ist vor allem die Angst, dass das Kind den nicht-genetischen Elternteil ablehnen oder nicht gleich akzeptieren würde. Weiterhin soll das Erscheinungsbild einer normalen Familie gewahrt bleiben und dem nicht-genetischen Elternteil das Bekanntwerden der Unfruchtbarkeit erspart werden. Dem Kind sollen negative Gefühle wegen seiner Erzeugungsweise und der Nichtkenntnis der genetischen Abstammung erspart bleiben.
    Gerade heterosexuelle Familien tendieren dazu, völlige Normalität vorzutäuschen und möchten den Kindern deswegen die Umstände ihrer Zeugung nicht enthüllen.”

    (Hervorhebungen von mir)

    Der Subtext dieser Argumentation ist also allzuklar: es geht um das Recht der biologischen Faktizitaet und um die Verneinung der sozialen Determiniertheit von menschlichen Beziehungen und in diese Richtung, Julia gehe zumindest ich keinen Schritt und ich sehe auch nicht, warum ein Staat, es sei denn er ist deutsch, diese Art von Sichtweisen reproduzieren und unterstuetzen sollte. Ich habe nichts gegen freiwillige nicht-Anonymitaet und die Weitergabe medizinischer Basisdaten, aber eine Kommunikation zwischen Menschen muss immer auf gegenseitiger Bereitschaft und Inhalten beruhen, wer meint das altruistische Prinzip der Samenspende durch die Blutsphantasmen einiger oder vieler Ewiggestriger diskreditieren zu muessen: nur zu, er muss sich aber gefallen lassen, als genau solcher zu gelten.

  8. Naja, jetzt mag es nicht möglich sein, dass etwas auf einen zukommt … später aber vielleich?

    Davon abgesehen … wenn das Kind erst vor der Tür steht, dann schmeiß es mal wieder raus. Moralisch nicht so einfach.

    Denke das Rechte sollte es geben, im Endeffekt entscheidet ja die Mutter, ob sie ein anonymes Baby möchte.

  9. Ich verstehe nicht, worin der Zusammenhang zwischen der Frage der Anonymitaet von Samenspenden und der Frage der Übernahme von Behandlungskosten hierfuer sowie der Gleichstellung von Schwulen und Lesben besteht, Julia, das alles ist abstrus.

    Für mich ist das einzig relevante Argument jenes, das der Zugang zu Samenspenden für lesbische (und alleinstehende) Frauen kompliziert ist und dass ein Verbot anonymer Samenspenden diesen Zugang noch komplizierter machen würde.

    Alles anderem was du anführtest, hört sich für mich reichlich nach einer Forderung nach staatlicher Erziehung zu nicht-biologis(ti)ch denkenden Menschen an. Mir geht das zu weit.

    Meines Wissens ist nicht geklärt, wieviel vererbt wird und wieviel anerzogen. Dies wird ja auch durch die “30 is 70 Prozent” unterstrichen – man denkt, beides ist von Bedeutung, ist sich aber unsicher, in welchem Maß. Ich glaube auch, dass nicht nur Aussehen vererbt werden kann, sondern auch anderes.

    Das sollte für die Politik aber nicht von Bedeutung sein. Für Betroffene ist es das aber schon. Und auch das Verfassungsgericht hat 1989 festgestellt, dass ein solches (nicht schrankenloses) “Recht auf Kenntnis der eigenen Herkunft” existiert. Ein Antrag, der explizit “vom Kind her” denkt, sollte diese Sicht nicht leichtfertig vom Tisch wischen.

    Besser wäre es, die Diskriminierungen beim Zugang zu künstlicher Befruchtung zu beseitigen. Bei allen muss das die Krankenkasse bezahlen, und nicht nur bei verheirateten Paaren. Deswegen haben die beiden Änderungsanträge etwas miteinander zu tun.

  10. Ach und du bist es nicht, die versucht, deine Ideologie des gemaessigten Biologismus anderen aufzuwingen, Julia? Ich habe mich fuer eine Freiwilligkeit in diesen Dingen ausgesprochen, ich sehe nicht, was daran Zwang oder Ideologie sein soll, es geht um einen Konsens zwischen Menschen. Anonymitaet erleichtert den Zugang und die Bereitschaft und unterstreicht, dass der Staat die Normalitaet einer Familie nicht ueber die Biologie definiert. Ich wende mich im uebrigen dezidiert gegen eine Deutungshoheit ‘naturwissenschaftlicher’ Methoden, weil ich diese Methoden kenne und um deren Grenzen weiss. ’30-70% der Anlagen’ heisst fuer die menschliche Praxis einfach nichts, weil eine hinreichend objektiv definierte ‘Anlage’ einfach nichts mit der geistigen Realitaet von Menschen zu tun haben kann, alles andere ueberschreitet den Geltungsbereich naturwissenschaftlicher Aussagen in jeder Hinsicht.

  11. Ach und du bist es nicht, die versucht, deine Ideologie des gemaessigten Biologismus anderen aufzuwingen, Julia?

    Hab jetzt leider gerade diesen Satz wieder weg gemacht.

    Ich finde, dass du etwas zu weit gehst: Du wischt den eventuellen Wunsch des Kindes, etwas über seinen biologischen Vater zu erfahren, einfach so vom Tisch, weil du die biologistische Gesellschaft fürchtest bzw. “Deutsche Zustände” bekämpfen willst (was in der Sache richtig ist!)

    Natürlich argumentieren CDU und Co. schrecklich biologistisch (zB Daniel Bahr: “In Deutschland kriegen die Falschen die Kinder”, aber wäre es nicht besser, Diskriminierungen wirksam zu beseitigen, anstatt sich an Ideologie abzuarbeiten und damit noch neue Barrieren aufzubauen (nämlich die Barriere, die denjenigen Kindern, die etwas über ihren biologischen Vater erfahren wollen, Steine in den Weg legt?

    Es wäre toll, wenn sich auch mal betroffene homosexuelle Frauen zu Wort meldeten!

  12. Ich finde diese Betonung der biologischen Komponente auch schwierig, so etwas bedeutet z.B. mir persönlich nichts: Wieso “Erkenntnis-Magie” (d.h. hochentwickelte Technologie zur Analyse von Verwandschaftsbeziehungen) das soziale Verhältnis zwischen Menschen bestimmen sollte, bleibt in diesem Kontext unklar.

    Das große Problem ist meiner Ansicht nach allerdings das der Täuschung – wenn jemand erst nach Jahren erfährt, dass er/sie von seinen (sozialen) Eltern belogen wurde, ist das wohl wesentlich schlimmer als die Geschichte mit dem Weihnachtsmann. In diesem Sinne bin ich für eine frühestmögliche Aufklärung über die Umstände.

  13. Sicherlich findet die kuenstliche Befruchtung unter einem Konsens statt, an dem das Kind nicht beteiligt ist, einem Konsens zwischen Mutter und Spender. Es ist evident, dass das Kind an diesem Konsens und der Information darueber nach Massgabe des Interessses aller Beteiligten beteiligt werden sollte, aber die Bedeutung von biologischen Vaetern wird offenbar historisch bedingt, und das laesst sich ja innerhalb relativ objektiver Analysen al la Beauvoir festellen, weitaus ueberschaetzt, insbeondere ggf.auch von (aelteren) Kindern, zu dieser Einsicht sollten die obigen Ausschnitte hinreichen. Informationen koennten, mit Zustimmung des Spenders, in beliebigen Abstufungen vorhanden sein, man sollte sich aber immer darueber bewusst sein, dass eine aufgeklaerte Gesellschaft, es sei denn sie vetritt fortgesetzt BLut&Boden-Ideologien, auch ueber die relative Irrelevanz von ‘biologischer Bestimmtheit’ aufklaeren sollte.

  14. Ich habe eine persönliche Frage: Bedeuten deine Eltern dir etwas, weil du mit ihnen verwandt bist ?

    Wenn ja, kannst du das begründen ? Wenn nein, woher glaubst du kommt die Begründung derer, denen das wichtig ist (und diese Personen gibt es ja) ?

    Das soll jetzt wirklich nicht unhöflich sein – ich kenne dich ja gar nicht – würde aber vllt. deine Position klarer erscheinen lassen.

  15. Ich habe eine persönliche Frage: Bedeuten deine Eltern dir etwas, weil du mit ihnen verwandt bist ?

    Diese Frage ist meiner Meinung nach nicht beantwortbar.

  16. Okay, dann entschuldige bitte.

  17. Nein, ich halte sie faktisch nicht für beantwortbar. Wie soll man denn Gefühle teilen?

  18. Wenn ich das wüsste … nur sind Begründungen z.B. bei mir oft nicht einfach ein Gefühl. Ich mag Menschen aufgrund ihrer Eigenschaften, z.B. ihrer Worte und Taten. Das bedeutet nicht so sehr, dass ich ein Kopfmensch bin, sondern eher, dass ich mir mittlerweile merke, wann sich die (gefühlte) Begeisterung für eine Person einstellt.

  19. Wenn die angeblich ach-so-schreckliche biologische Herkunft sehr unwichtig wäre, und es zudem zuträfe, was J.P.S. schreibt, dass die Bedeutung biologischer Väter nahezu gleichgültig ist – und “für eine diskursive Gesellschaft” sein soll, dann könnten daraus allerhand Schlüsse gezogen werden. Dann wäre nämlich auch die “biologische” Mutterschaft so gut wie gleichgültig.

    Die Konsequenzen aus dieser als Antibiologismus getarnten Gleichgültigkeitsdenke wären erheblich.

    Wenn z.B. einer biologischen Mutter unmittelbar nach der Entbindung das Kind geraubt wird, weil z.B. ein reiches kinderloses Paar gerne ein Kind hätte – dann wäre die Ablehnung dieses Kinderraubs “purer Biologismus”.

    Und wer möchte schon ein Biologist sein?

    Oder aber, die avantgardistisch argumentierende L.G.S. findet nur biologische Vaterschaft unerheblich, während biologische Mutterschaft in jeglicher Hinsicht etwas völlig anderes sei.

    Dann stände hinter der Argumentation von L.G.S. kein schräger “Anti-Biologismus”, sondern eine gute Dosis Männerhass – sowie eine solide Verachtung des Kindeswohls.

  20. Schwachsinn.

    Und wer ist L.G.S. ?

  21. Vielleicht verstehst du immer noch nicht: Wie soll ich denn herausbekommen, ob meine Eltern mir etwas bedeuten, weil sie mit mir verwandt sind oder weil wir uns sehr häufig unterhalten haben und vieles miteinander erlebt und ich bei ihnen jahrelang wohnte? Wie soll ich denn das eine von dem anderen trennen?

    Woher soll ich denn wissen, wie es wäre, wenn ich nicht mit meinen Eltern verwandt wäre? Das kann ich doch nicht ausprobieren!

  22. Oh, ich glaube, jetzt verstehe ich.

    (Manchmal stelle ich Fragen wie ein kleines Kind, ich hoffe, das ist nicht schlimm.)

  23. L.G.S. ist J.P.S. – ergo mein Schreibfehler.

  24. würden dann also die kinder, die unglücklich sind, weil sie ihren biologischen vater nicht kennenlernen, nicht möglicherweise überhaupt nicht existieren?

    Das könnte auch der Fall sein, wenn man sich sicher fühlt, niemals Unterhalt zahlen zu müssen.
    Spender (ich hätte fast SpenderInnen geschrieben) wollen im Zweifel gar nicht irgendwann mit zusätzlichen Kindern konfrontiert werden, wären sie vielleicht eine eigene Familie längst mitgegründet haben. Für die allermeisten Spender dürfte Anonymität eine Grundvoraussetzung sein.

  25. es geht ja noch um mehr als unterhaltskoste..nämlich auch um das erbrecht.

    malte’s aussage, dass die anzahl der samenspender merklich zurückggehen würde (was auch in deinem verlinkten artikel angetönt wurde), kann ja nur einen grund haben: angst, vor nicht gewollten verpflichtungen, die daraus resultieren würden.

    wenn das recht auf anonymität für samenspender nicht bewahrt bleibt, so nimmt diese altruistische tat mit sicherheit ab.

    die verantwortung, die jemand, der einen solchen dienst (eine samenspende) in anspruch nimmt hat, darf nicht ausser acht gelassen werden.

  26. Wer ist denn unser virtuell designierter Bundesvorsitzender? Da weißt Du offensichtlich mehr als alle.

  27. Wie nun aber, wenn junge Erwachsene, die erst spät erfahren, dass der Mensch, den sie Vater o.s.ä. nennen, nicht ihr biologischer Vater ist, sich überhaupt nicht für die Dekonstruktion von gesellschaftlichen Normen interessieren? Ist das dann deren Problem? Haben sie nicht ein Recht darauf, auf den akademischen Dekonstruktionsdiskurs pfeifen zu dürfen?

    Es gibt Menschen, denen graut es vor einer Welt voll SoziologInnen. Dafür habe ich Verständnis.

  28. Liebe Frau Seeliger,

    ich möchte Ihre Forderungen unterstützen. Wir haben 2 Kinder nach donogener Befruchtung und ich habe mich sehr intensiv mit dem Thema beschäftigt.

    Es ist einfach so, dass viele Menschen, die auf diese Art entstanden sind und es erst als Erwachsene erfahren, psychische Probleme bekommen, weil sie sich belogen fühlen. Einige von ihnen wollen wissen, wer ihr Erzeuger war, andere nicht. Warum das so ist, das muss uns für unsere Forderung nicht so sehr interessieren. Den Biologismus werden wir dafür ganz sicher auch nicht abschaffen. Also können wir es einfach nur respektieren, DASS es so ist. Und deshalb sollten wir Maßnahmen ergreifen, die 1. dazu führen, dass möglichst viele Eltern es ihren Kindern schon frühzeitig erzählen, dass sie einen anderen Erzeuger haben und 2. dazu führen, dass das Kind auf Wunsch auch erfahren kann, wer dieser Mann ist.

    1. können wir nur erreichen, indem wir Öffentlichkeitsarbeit betreiben, die Eltern informieren, die Stigmatisierung von Paaren, die sich ihren Kinderwunsch auf diese Weise erfüllen, beseitigen, mehr Verständnis eben. Natürlich können wir Eltern nicht dazu zwingen, es ihren Kindern zu sagen, dass sie auf eine etwas ungewöhnliche Art und Weise entstanden sind. Mit Zwang schafft man Mauern. Aufklärung und Anerkennung sind der bessere Weg.

    2. können wir nur dadurch erreichen, indem alle Spenderdaten aufgehoben werden. Das tangiert erstmal weder die Rechte des Spenders, weil, der Spender spendet ja dann nur unter der Voraussetzung, dass seine Daten aufgehoben werden. Noch tangiert das die Rechte der Eltern. Denn den Eltern bleibt es ja weiterhin frei, ob sie ihrem Kind davon erzählen. Wenn sie es dann aber tun, warum sollten sie dann dagegen sein, dass das Kind nach seinen genetischen Wurzeln sucht? Dazu haben sie ja dann auch kein Recht, das ihrem Kind zu verbieten.

    Dass bei einer solchen Regelung die Spendenbereitschaft sinkt, hat noch einen ganz anderen Grund. Es geht weniger darum, dass die Spender es generell nicht wollen, dass sie später in ihrem Leben von dem Menschen, den sie gezeugt haben, aufgesucht werden. Es geht mehr um die Furcht, unterhaltspflichtig zu werden. Denn wenn das auch relativ unwahrscheinlich ist, ausschließen lässt sich das nicht. Zwar kann der soziale Vater nicht die Vaterschaft anfechten. Das Kind kann das aber sehr wohl. Angenommen, das Kind ist mit seinem sozialen Vater nicht zufrieden, der hat auch wenig Geld und kann zum Beispiel das Studium nicht unterstützen oder aber der soziale Vater ist gestorben, das Kind findet seinen Erzeuger, ficht die Vaterschaft des sozialen Vaters an, dann muss der Erzeuger einspringen, mit sämtlichen Unterhalts- und Erbverpflichtungen. Dieses Risiko wollen eben doch viele Männer nicht eingehen. Verständlich! Ich würde mich freuen, wenn Sie sich darum bemühen, diese Lücke zu stopfen. Ich denke, eine Vaterschaft des Erzeugers dürfte erst dann rechtens sein, wenn der Erzeuger, der durch eine Samenspende diesem Menschen ins Leben geholfen hat, mit dieser Vaterschaft auch selbst einverstanden ist. Das wäre auch nur gerecht allen anderen Menschen gegenüber, die sich ihren Vater nicht aussuchen können.

    Ihre Forderung nach Gleichbehandlung aller ungewollt Kinderlosen hinsichtlich der Kostenübernahmen durch die GKV kann ich auch nur unterstreichen. Ich war dazu schon an einigen Aktionen beteiligt. Die Politiker, die ich angeschrieben habe, antworteten mir bisher immer auf meine Frage, warum eine Frau, deren Mann unfruchtbar ist, ihre Kinderwunschbehandlung allein finanzieren muss, während eine Frau mit fruchtbarem Mann darin von der GKV unterstützt wird, so: Das liegt am besonderen grundgesetzlichen Schutz von Ehe und Familie. Meine Frage, warum mein Mann und ich ihrer Ansicht nach keine Ehe führen und warum wir mit unseren beiden Kindern keine Familie wären, blieb allerdings bisher immer unbeantwortet. …

  29. Ich BIN so ein Spendersamenkind. Und ich kann Euch einfach ganz simpel sagen: Ich möchte wissen, wer mein Vater ist.
    Was ich von ihm geerbt habe, ob ich ihm ähnlich sehe, ob wir ähnliche Fähigkeiten, Vorlieben, Charakterzüge haben.
    Ich wüßte gerne, ob er noch lebt, wie es ihm geht. Ich wüßte gerne, ob ich noch lebende Großeltern oder Geschwister habe.
    Ich kann Euch sagen, es beeinflußt einen. Es ist nicht nur sterile Genetik, mit der ich mich auch auskenne, ich bin selbst gerade fertige Ärztin. Es hat mit Identiät zu tun, es ist meine Herkunft, die ich vielleicht nie erfahren kann. Vielleicht nichts. Ich weiß nur, daß mein richtiger Vater eine Blutgruppe hat, die ermöglicht, daß mein sozialer Vater mein Vater hätte sein “können”.
    Aus meiner Sicht ist die soziale Komponente viel größer als hier bisher (besonders von JPS arg theoretisch und wie ich finde überheblich) darüber geurteilt wurde. Dieses Wissen erzeugt nämlich Gefühle in mir, die ich “hineinbringe” in die Interaktionen und Beziehungen, die ich habe. Gefühle von etwas großem wichtigen Unbekannten, leere Seiten… Wenn ich mich “umdrehe” und in meine Geschichte schaue, dann steht “hinter mir” meine Mutter, mein sozialer Vater und ein Nicht-Existierender.. Wer???

  30. Liebe Julia,

    ich bin eine der Betroffenen, die auf der von Dir verlinkten Internetseite schreibt und möchte mich (mit einiger Verspätung) dafür bedanken, dass Du Dich für unsere Interessen eingesetzt hast.

    Ich habe auch Soziologie studiert und finde viele der dort vertretenen Theorien sehr interessant. Trotzdem, wenn es um Politik geht, finde ich dass diese sich an den tatsächlichen Wünschen und Empfindungen der Menschen orientieren sollte. Und mir als einem von Samenspende direkt betroffenen Menschen ist es nun einmal sehr wichtig zu wissen, wer mein genetischer Vater ist. Bei zur Adoption freigegebenen Kindern ist dies schon seit 1976 anerkannt und sie haben ein Recht, mit 16 zu erfahren wer ihre genetischen Eltern sind. Wieso nicht auch für uns?

    Leider ist es ein weit verbreitetes Vorurteil, dass es keine Samenspender mehr geben wird, wenn ihnen keine Anonymität mehr gewahrt wird. Die Erfahrungen in England und Schweden sprechen aber dafür, dass das nicht zwingend sein muss. Vielleicht sollte man dann einfach andere Spender suchen. In Deutschland ist das Problem vor allem, dass die Spender nicht völlig sicher davor sind, dass sie irgendwann einmal als rechtlicher Vater festgestellt werden. Das ist aber noch nie vorgekommen. Deswegen sind wir aber auch dafür, dass kein Samenspender gegen seinen Willen als Vater festgestellt werden kann. Aus irgendwelchen Gründen scheint da aber kein Regelungsbedarf gesehen zu werden.

    Die Samenspender bekommen heute übrigens eine Aufwandsentschädigung, die vier bis fünfmal so hoch ist wie die für eine Blutspende. Ob so viele aus Altruismus spenden, weiß ich nicht. Aber gerade dann sollte man doch fragen, ob ihr Altruismus dann nicht so weit gehen sollte, dass sie 18 Jahre später dazu bereit sind, ihren genetischen Kindern einen kurzen Kontakt zu gewähren. Das kann ja auch für sie ein schönes Erlebnis sein.

  31. Das Kind hat ab 18 das verfassungmäßige Recht die Identität des Vaters einzuklagen. Und es hat das Recht ab 18 Unterhalt zu fordern. Da liege ich doch nicht falsch, denke ich. Aus diesem Grunde kommt es für mich nicht in Frage zu Spenden (aus finanziellen Gründen). Leider sind die Rechte der Kinder vielen Spendern nicht bekannt. Eines dieser beiden Gesetze MUSS geändert werden, damit die Samenspende sinnvoll und gerecht ist. Es kann ja nicht sein, das man(n), wie es in Schweden schon vorgekommen ist, auf einmal drei Kindern Alimente zahlen muss. Meiner Meinung nach wäre die beste Lösung das Recht auf Unterhalt der Kinder von Samenspendern von “normalen” Kindern rechtlich zu trennen, so dass diese keine Unterhalstansprüche mehr haben. Ich denke das die meisten Kinder auch nicht auf das Geld aus sind, sondern einfach ihren leiblichen Vater kennenlernen wollen. Also wäre mit dieser Regelung keinem geschadet.

    Ich finde es allerdings komisch so nen Brimborium um das Kennenlernen des “echten” Vaters zu veranstalten. Die genetische Verwandtschaft ist doch eher was ungreifbares, nicht emotionales oder nicht? Es gibt bestimmt mehr Menschen die ihren Vater gar nicht kennenlernen können, weil ihre Muter ihn ebenfalls nicht kennt [oder genau weiß wer nun ;-)], als Menschen, die aus eine künstlichen Befruchtung hervorgegangen sind.