Julia Seeliger
  • Mittwoch, 17.10: Tag gegen Armut

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    16. October 2007 | Trackback | Internet ausdrucken
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    Morgen, am 17.10. ist der internationale Tag gegen Armut. Ich hab ja eigentlich immer was gegen so Symbol-Aktionen – Live-Aid, Live-Eight und Live-Earth – und auch gegen diesen Kirchen-Barmherzigkeits-Kram, aber diese Menschenketten-Aktion hier hört sich ganz gut und unterstützenswert an.

    Mittwoch, 17. Oktober 2007: MENSCHENKETTE in Berlin von Obdachlosen und anderen Betroffenen zum 20. “Internationalen Tag der Armutsbekämpfung” der UNO.

    Beginn 10 Uhr Hauptbahnhof Berlin, Südausgang Richtung Kanzleramt. 11 Uhr beim “Parlament der Bäume” von Ben Wargin auf der Rückseite des Bundes-Presseamts findet eine “Besinnung” statt mit persönlichen Botschaften der Betroffenen und Beteiligten.

    13 Uhr Freies Mittagessen (Erbsensuppe mit Würstchen) für Teilnehmer und Gäste, in Berlins “Guter Stube”, vor dem Französischen Dom auf dem Gendarmenmarkt. Hier Gelegenheit für Interviews und näheres Kennenlernen.

    Der UNO-Tag gegen die Armut wird seit 1987 offiziell begangen, in anderen Ländern mehr als in Deutschland. Besonders in Frankreich mit seiner reichen Tradition der Armen-Priester und der Armen-Gemeinden ist dieser Tag immer wieder Anlaß, die Öffentlichkeit auf Ausgrenzung, Gewalt gegen Obdachlose und Hilflose, Notquartiere, Kinderarmut und zunehmendes Elend hinzuweisen.

    Nach Berlin-Brandenburg kam diese Tradition über Mascha Join-Lambert, die seit einigen Jahren das “Haus Neudorf” in Friedenfelde/Uckermark betreibt. Über diese Arbeit zeigt der deutsch-französische TV-Kanal arte am Abend des 17. 10 eine ausführliche Dokumentation.

    Madame Join-Lambert wird auch bei der Menschenkette anwesend sein und steht für Interviews zur Verfügung. Die Organisation, die diese Memorials in Frankreich, Belgien und Deutschland organisiert, wurde bereits 1957 von dem Armenpfarrer Père Josef Wresinski im “Problemviertel” Noisy-le Grand/Paris gegründet, sie heißt ADT (=Aide à Toute Détresse, auf deutsch ungefähr: Hilfe in jeder Not). Die Partner in Berlin sind viele soziale Hilfsdienste und die Gemeinde Heiligkreuz-Passion in Kreuzberg.


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9 Responses to “Mittwoch, 17.10: Tag gegen Armut”

  1. Na, dieses Posting kam wohl ein bisschen aus der Hüfte, was, Julia?
    Also, über die Wirkung all der Aid- und Eight-Aktionen mag man ja verschiedener Meinung sein. Ich weiß zu wenig darüber, ob irgendwelche Erlöse aus dabei stattfindenden Veranstaltungen den Armen und Ärmsten dieser Welt zugute kommen. Darum halte ich mich da lieber zurück. Aber meist haben die Beteiligten und Mitwirkenden hinterher ein gutes Gewissen, weil sie ja was gemacht haben, und insofern sind die Aktionen wahrscheinlich (!) als problematisch (Einluller) einzustufen.
    Auch gegen diesen Kirchen-Barmherzigkeits-Kram hast du was. Was denn genau (denn das hört sich ganz schön diffus an, so’n Kram)? Gegen die Kirche? Gegen Barmherzigkeit? Was wäre gegen letztere einzuwenden? Was wäre gegen die Millionen einzuwenden, die Caritas und Brot für die Welt in den Süden transferieren? Ich meine, wenn der begründete Verdacht bestünde, dass die Gelder vollständig oder zu einem beträchtlichen Teil Missionierungsprojekten zugute käme, könnte man über Zweckentfremdung reden, aber wenn damit Aufbauarbeit und Hungerhilfe geleistet wird – wieso nennst du das dann “Kram”? Was hältst du z.B. von Schröders “Gedöns”? Ein kleiner Ausrutscher am Rande?
    Menschenketten-Aktionen mögen eine unheimliche Symbolwirkung haben, aber sie kümmern Warlords und Diktatoren herzlich wenig. Geld regiert die Welt, und wenn denen nicht die Geldflüsse abgeschnitten werden, die Konten in Europa eingefroren, die Waffen aus dem Norden vorenthalten, die diplomatische Anerkennung verweigert wird, dann machen die bis ans Ende ihrer Tage so weiter.

    Diese Aktionen jedoch wären auf Regierungsebene zu treffen, und da wäre es doch mal interessant, wer, also welche Partei zu welchen Vorlagen, zu welchen Vorschlägen und Forderungen der “Straße”, zu welchen Petitionen ja oder nein gesagt oder sich der Stimme enthalten hat. Dort werden nämlich seit jeher die nationalen Interessen und die der heimischen Industrie und – ja – auch die deutscher Arbeitsplätze ziemlich hochgehalten.

  2. Nein, mein Problem ist, dass wir uns mit sowas “freikaufen”, aber nicht raffen, dass unser Wohlstand möglicherweise auch ein wenig (…) von anderen erwirtschaftet wurde. Viele Jahre früher.

    Prinzipiell ist gegen fehlgeleitete Entwicklungshilfe eine Menge einzuwenden. Ob jetzt die Caritas da besonders gut ist oder auch nicht, vermag ich nicht zu beurteilen. Zum Glück gibt es aber in der entwicklungspolitischen Szene aktuell fruchtbare Debatten über die Qualität von Entwicklungshilfe, über den Sinn und Zweck und wie man das Ganze besser machen kann.

    Jedoch, wie gesagt, ich bin da keine Expertin.

  3. 13 Uhr Freies Mittagessen (Erbsensuppe mit Würstchen)

    There is no such thing as a free lunch.
    Sorry, konnt ich mir nicht verkneifen.

    wieso nennst du das dann “Kram”?

    Das ist Selbstdarstellung der Kirchen und der ihnen angeschlossenen Wohlfahrtsmafia.

    Prinzipiell ist gegen fehlgeleitete Entwicklungshilfe eine Menge einzuwenden.

    Die beste Entwicklungshilfe: Schluss mit der wirtschaftlichen Diskriminierung, also vor allem Abbau von Agrarsubventionen in der reichen Welt und der Handelsschranken.

  4. @ 03:

    Das ist Selbstdarstellung der Kirchen …

    Also, die Kirchen bezeichnen, was sie da tun, selbst als Kram? Wo? Quellen! Links!

    … und der ihnen angeschlossenen Wohlfahrtsmafia

    Welcher? Es gibt seriöse und unseriöse Spendensammler. Und es gibt dafür ein qualifiziertes Rating. Also: Namen! Und nicht alle über einen Kamm scheren!

    Bitte in beiden Fällen: Ross und Reiter nennen. Alles andere ist eine schlecht, um nicht zu sagen unfundierte Hetze.

  5. @ 02:

    Nein, mein Problem ist, dass wir uns mit sowas “freikaufen” …

    Wer sind “wir”? Die deutsche Bevölkerung bzw. Teile davon oder die deutsche Regierung? Und was verstehst du unter “freikaufen”? Moralisch legitimieren? Das liegt, finde ich, im Auge des Betrachters. Das ist so, als wenn jemand “sorry” sagt, aber damit lediglich sein Bedauern zum Ausdruck bringt, jedoch damit noch nicht notwendigerweise die Verzeihung durch sein Gegenüber erzielt hat.

    … aber nicht raffen, dass unser Wohlstand möglicherweise auch ein wenig (…) von anderen erwirtschaftet wurde. Viele Jahre früher.

    Möglicherweise? Ein wenig? Viele Jahre früher? Julia, wach auf! Kennst du die Ungerechtigkeiten des europäischen (und natürlich auch des nordamerikanischen) Zollsystems? Weißt du, was die undemokratischen Institutionen GATT, GATS und WTO in der Welt in den letzten Jahren angerichtet haben?

    Prinzipiell ist gegen fehlgeleitete Entwicklungshilfe eine Menge einzuwenden.

    Wir sollten Entwicklungshilfe und Zuwendungen durch Hilfsorganisationen voneinander trennen. Entwicklungshilfe wird aus Sicht eines Staates schon dann geleistet, wenn eine Hermesbürgschaft für ein Export durch ein Unternehmen mit Sitz in diesem Staat übernommen wird – wie überhaupt ein großer Teil der Entwicklungshilfe nur sehr mittelbar dem angeblich begünstigten Land zugute kommt. Solche Industriesubventionen jedoch sind ganz offizielle Entwicklungshilfe.

    Wenn dagegen die Caritas für die Hungernden dieser Welt sammeln und stattdessen von dem Geld Kirchen in Afrika bauen würde (was ich ihr nicht unterstelle), dann wäre das weder Entwicklungshilfe noch dem Spendenzweck entsprechend.

    Wenn wir auf diesem Gebiet beide keine ExpertInnen sind, dann sollten wir keine Pflöcke einschlagen.

  6. Ich schlage keine Pflöcke ein. Wobei ich diese Formulierung in anderen Zusammenhängen gerne verwende, kennen wir uns, Stephan?

    Meine Formulierung bezog sich mehr auf die Kolonialzeit, aber Deine Anmerkung mit GATT, GATS und der WTO ist natürlich auch sehr richtig.

    Mich stören Eintagsfliegen-Initiativen schon. Wenn man dann mal ne Menschenkette macht, dann aber den Link zum eigenen Konsumverhalten nicht hinkriegt. Aber darüber lässt es sich trefflichst streiten, ob die VerbraucherInnen das richten sollen, was der Staat bzw die Regierungen schleifen lassen. Jedoch hab ich schon ein Problem mit KapitalismuskritikerInnen, die zwischen den Redebeiträgen oder Steinewürfen eben mal zu McDonalds gehen. Ich möchte hier aber nicht in Anti-Amerikanismus schwelgen, keineswegs! Ich hab McDonalds hier nur exemplarisch für die Konsumgesellschaft genannt.

    Menschen, die aus Armut auch bei uns nicht “konsumieren” können, sind von dieser Kritik ausgenommen.

  7. Dann sind wir uns ja weitgehend einig. 🙂

    Ich glaube nicht, dass wir uns kennen. Aber vielleicht sollten wir das mal ändern. 😉

  8. Also, die Kirchen bezeichnen, was sie da tun, selbst als Kram? Wo? Quellen! Links!

    Nein, das war von meiner Seite aus der Ansatz einer Unterfütterung, warum der Begriff “Kram” dort passt.

    Welcher? Es gibt seriöse und unseriöse Spendensammler. Und es gibt dafür ein qualifiziertes Rating. Also: Namen! Und nicht alle über einen Kamm scheren!

    Ich spreche generell von den großen, in dem Fall kirchlichen, Wohlfahrtsverbänden. Das sind die, die sich durch politisches Lobbying einen zu großen Sozialmarkt mit erheblichen Verkrustungen geschaffen haben, auf dem sie als Kartell versuchen zu agieren.

  9. @ 08:

    Tja, dann muss ich erneut nach der Grundlage deiner Aussage fragen. Ich gebe dir mal zwei Stichworte: Transparenzpreis (http://tinyurl.com/39cyrt) und DZI-Siegel (http://www.dzi.de).

    Du kannst natürlich auch Pamphlete verfassen und nur dir selbst glauben. Ich denke dagegen, dass diejenigen Organisationen, die es nicht in diese Listen geschafft haben, als erstes auszusortieren sind, und die anderen sollten nicht allein wegen ihrer Größe oder der Zugehörigkeit zu irgendeiner Kirche oder Religionsgemeinschaft an den Pranger gestellt werden. Dies ist keine Aussage über irgendeine Kirche, sondern nur eine Kritik an einem undifferenzierten und schlecht fundierten Verriss.