zeitrafferin
Julia Seeliger-
4. December 2007 | 4 Kommentare | Trackback | Internet ausdrucken
Dank freundlicher Unterstützer – Danke nochmal, Jungs! – die mir informative Links schickten, kann ich heute ein buntes Potpourri an frauenpolitischen Lifestyle-Links aufbieten.
Los geht’s mit einem Bericht über das Berliner Pornofilmfestival, der im österreichischen Magazin “Die Standard” erschienen ist. Porno als “kritisches Medium” lautete die Devise. Good Porn, Good Girls: Das zweite Pornfilmfestival in Berlin bereicherte das Sex-Genre um feministische Perspektiven.
Insbesonders feministische und lesbische/queere Porno- Regisseurinnen versuchen, Pornografie als Medium der Kritik an herrschenden gesellschaftlichen Verhältnissen zu positionieren und sie als Experimentierfeld für alternative Identitätsentwürfe zu begreifen.
Diese Sicht steht ja nunmal kontrovers zu Alice Schwarzers PorNo-Kampagnen. Und, Oh wie schön, passend zum 65. Geburtstag der Feminismus-Ikone hat Heide Oestreich für die taz den Artikel “Frau Schwarzer und der Sex” verfasst, der grundlegende Veränderungen im frauenpolitischen Diskurs herbeiahnt. “Womit ich überhaupt nichts mehr anfangen kann, ist dieser Hass auf Pornografie”, zitiert Oestreich die Fernsehmoderatorin Charlotte Roche. Auch beim Thema Prostitution, so Oestreich, sei die Debatte um moderne Facetten bereichert worden. Die Prostitution an sich zu kritisieren, wie Schwarzer es tut, damit komme man nicht weiter.
“Sie stellt nur die eine Seite der Prostitution dar,” meint die Pressereferentin des Sozialdienstes katholischer Frauen, Claudia Steinborn. Der Sozialdienst betreibt in Dortmund und weiteren Städten Ausstiegsprojekte für Prostituierte. “Wir sehen durchaus auch das Elend der Straßenprostitution oder das Problem der Opfer von Menschenhandel. Aber es gibt eben auch die selbstbewusste Prostituierte, die in diesem Beruf arbeiten will.”
Grundlegendes kommt auch nicht zu kurz
Es ist eine gewisse Feindlichkeit gegenüber verbotenen Gelüsten des weiblichen Körpers, der bei der Behandlung dieser Themen immer wieder aufscheint. Und diese Haltung scheint die Scheidelinie zu den jüngeren Feministinnen zu markieren. “Auf den Körper reduziert zu werden” galt lange Zeit als Abwertung der Frau.
So manche junge Feministin scheint ein anderes Konzept von Körperlichkeit zu haben, als es Schwarzer in ihrer Zeit möglich war. Nicht nur das spricht dafür, dass heute eine neue Generation auf dem Sprung ist, die Staffel zu übernehmen. Eine Generation, die eine neue Antwort auf die Frage nach dem kleinen Unterschied findet.
Und jetzt zu etwas ganz anderem: Interessant ja auch immer die unterschiedliche Herangehensweise der beiden Blätter aus dem Springer-Haus an Themen. Während BILD nach Anne Wills Outing dümmliche “Experteninterviews” produzierte
Viel häufiger ist aber eine große Enttäuschung mit einem Mann der Auslöser. Die Frau wendet sich bewusst von den Männern ab und findet erfüllende Liebe bei einer Frau.“
versucht es die WELT mit “Lesbisch werden, das funktioniert nicht” humoristischer. Dass da ebenfalls heteronormative Klischees noch und nöcher gepflegt werden, macht mir nichts, und ich kann es auch nicht ändern, ist ja eine Kolumne in einem bürgerlichen Blatt.
Seit diesem Abend weiß ich wieder, was ich an Männern so schätze. Sie sind zumeist eindeutiger gepolt, defintiv aber viel zu träge für verwirrende Spielchen. Manchmal erkennt man mit sechzehn eben schon Elementares: Frauen sind nett – aber viel zu kompliziert fürs Bett.
Wem das nicht reicht, hier noch ein kuschligeres Zitat:
4 KommentareFrauen sind etwas Wunderbares. Sie riechen lecker, sie haben samtige Haut und begreifen Unterhaltungen als Grundrecht und nicht als müßiges Mittel zum Zweck des Austausches von Körperflüssigkeiten. Frauen sind die besseren Männer …
Einsortiert: gender
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3. December 2007 | 23 Kommentare | Trackback | Internet ausdrucken
“Man stelle sich einmal vor, Philipp Mißfelder, der Vorsitzende der Jungen Union, wäre Mitglied in einem rechtsradikalen Verein. Es würde zu Recht einen Aufschrei von Flensburg bis Mittenwald geben.”
Ja, Mittenwald. Wieso nur fällt dem Bosbach beim Thema Extremismus eigentlich gerade Mittenwald ein …
Deswegen vielleicht?
Zum fünfzigsten Mal fand in diesem Jahr zu Pfingsten das Traditionspflegetreffen der 1. Gebirgsjägerdivision der Wehrmacht in Mittenwald statt. Erneut beteiligten sich an diesem Treffen Soldaten der Bundeswehr sowie mit Staatssekretär Christian Schmidt (CSU) ein offizieller Abgesandter des schwarz-roten Bundeskabinetts, Mitglied im “Kameradenkreis der Gebirgstruppe”.
Aber das hat bestimmt nichts mit Extremismus – Pfui! – zu tun.
Zum Weiterlesen
- Bayerischer Rundfunk: Neuer Ärger um Gebirgsjäger-Treffen
- WDR / Monitor: Gebirgsjäger – Verbrechen in der Nazizeit
- Hagalil: Gebirgsjäger und Waffen-SS in Mittenwald
- Tobias Pflüger: Kriegsverbrecher? Kein Problem!
Einsortiert: andere parteien, antifa
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2. December 2007 | 3 Kommentare | Trackback | Internet ausdrucken
Ich möchte jetzt gar nicht dazu aufrufen, dieses poplinke Jugendmagazin zu erwerben, im Gegenteil, unterstützt diesen Schrott bloß nicht. Aber wenn ihr es vielleicht beim Zahnarzt oder an einem anderen Ort in die Finger bekommt, dann lest mal den Drogenartikel ganz durch – und schreibt LeserInnen-Briefe.
Neugier, Angst, Leistungsdruck…die sieben wahren Gründe für den Rausch
Neon deckt auf. Auch der Anreißer lässt Übles vermuten:
Drogenkonsum hat nichts mit Genuss zu tun und nicht mehr viel mit Realitätsflucht. Sieben Geschichten über Gründe, aus denen wir den Rausch suchen.
Wie gesagt, bitte nicht kaufen, aber wenn ihr den Artikel irgendwie zu Lesen bekommt, lest ihn und schreibt – bei Nichtgefallen – LeserInnenbriefe. Ich werde das dann auch tun, aber mehr hilft mehr. Aufgrund der Teaser gehe ich schon von Uninformiertem und wenig Progressiven aus.
Poplinks – wie die Neon eben ist. Bestes Stichwort: CDU-Koksen.
Poplinks zum Weiterlesen
- Diederichsen: Juckreiz der Globalisierung
- Ronsens.de: Diederichsen vs. Poschard
- Klaus Walter in der taz: Immer schön unentspannt
Einsortiert: drogen
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29. November 2007 | 46 Kommentare | Trackback | Internet ausdrucken
So etwas macht mich wirklich sauer: Was die da gerade mit der neuen Juso-Vorsitzenden Franziska Drohsel abziehen, das ist unterste Schublade. Eben hab ich es auf SPIEGEL ONLINE gefunden: Rechtskonservative in Union und SPD fordern Franziska Drohsel zum Rücktritt auf. Hintergrund der “Kampagne” ist Drohsels Mitgliedschaft in der Roten Hilfe. Und das, obwohl Drohsel vor ihrer Wahl ganz offen mit ihrer Mitgliedschaft in der – als gemeinnützig anerkannten! – Roten Hilfe umgegangen ist.
“Dass ich Mitglied in der Roten Hilfe bin, war bekannt, und ich bin mit einem Ergebnis von 76 Prozent zur Vorsitzenden gewählt worden”
Als erstes thematisiert wurde Drohsels Mitgliedschaft in der Roten Hilfe von der Jungen Freiheit. Telepolis stellt die richtigen Fragen
In den Mainstream-Medien wurde die Rolle der “JF” in der Kampagne dagegen selten erwähnt. Möglicherweise hat man dort Angst, dass die Tatsache, dass man die Kampagne so reibungslos übernahm, vielleicht darauf hinweisen würde, dass eine Verbundenheit mit einem Spektrum besteht, das bis vor kurzem vom Verfassungsschutz beobachtet wurde?
Die Konservativen wollen es einfach nicht wahrhaben: Spätestens seit dem G8-Gipfel wissen wir doch alle, wie wichtig Unterstützung für Opfer von Polizei- und Staatsgewalt ist. Die JU und ihre konservativen Gesinnungsfreunde haben offenbar wenig Ahnung, was die Rote Hilfe eigentlich macht. Drohsel kennt sich besser aus
“In meinem persönlichen Umfeld wurde zum Beispiel ein Freund von der Roten Hilfe unterstützt, der bei Demonstration gegen einen Nazi-Aufmarsch festgenommen wurde.”
Ich habe absolut kein Verständnis für die einseitig ideologisch motivierte Politik von CDU, JU und RCDS, von denen bekannt ist, dass sie keine Gelegenheit auslassen, Linksextremismus und Rechtsextremismus gleichzusetzen. Wer sich nur ein wenig mit dem Thema befasst hat, weiß, dass die Extremismustheorie als überholt gilt.
- “Im Extremen treffen sich Links- und Rechtsextremismus wieder, da schließt sich der Kreis”
- “Der ist so rot, dass er schon braun anläuft.”
Derartige Sprüche gelten in der modernen Politikwissenschaft als nicht mehr zeitgemäß. Aber klar, dass muss ja noch nicht bei den Rechtskonservativen aus der Union angekommen sein, die hatten wohl noch an ihrem Bier zu nuckeln. Oder sind gar in 1848 hängengeblieben.
Auch auch die armseligen Versuche einiger Jusos, die mit Drohsels Wahl – konkret offenbar auch mit ihrer politischen Ausrichtung – nicht zufrieden sind und jetzt “nachtreten” wollen, sind nicht zu billigen.
Inzwischen gibt es auch ein Statement auf der Webseite der Roten Hilfe zu der Kampgane gegen Drohsel.
Die gegenwärtige Kampagne (…) hat Vorläufer: Zum ersten Mal zum Thema gemacht wurde Drohsels Mitgliedschaft in der Roten Hilfe, aus der sie nie ein Geheimnis gemacht hatte von der Rechtsaußen-Postille “Junge Freiheit”. Die Junge Freiheit frohlockt derweil auf ihrer Internetseite über die unverhofften Bündnispartner. Rückendeckung erhält sie dabei ausgerechnet vom Inlandsgeheimdienst, der in seinen jährlichen Verfassungsschutz- berichten die Rote Hilfe als mitgliederstärkste linksextremistische Organisation bezeichnet, und nichts unversucht lässt, den Eindruck zu erwecken, die Rote Hilfe unterstütze die (seit mehr als zehn Jahren nicht mehr existierende) RAF.
Alles mal herunterkochen. Man mag zur Roten Hilfe so oder so stehen und kann da auch seine Kritik haben, aber die aktuell betriebenen Gleichsetzungen mit der NPD sind wirklich unerträglich und zeugen von mangelndem Sachverstand.
Schon im Vorfeld der Wahl war ich sehr froh, dass Drohsel an die Spitze der Jusos rücken würde. Ich wünsche ihr alles Gute als Juso-Vorsitzende, vor allem auch beim Engagement gegen Nazis. Da gibt es wirklich eine Menge zu tun, und es ist erfrischend, dass es jetzt eine Juso-Vorsitzende gibt, die wirklich weiß, wovon sie spricht, von der wir sicher sein können, dass sie etwas gegen Nazis tut. Solidarität mit Franziska Drohsel, kann ich da nur sagen, und:
Die einäugigen Krähen aus der rechtskonservativen Ecke sollen endlich mal das Hacken lassen!
Zur Extremismustheorie
Die so genannte “Extremismustheorie” ist beim Engagement gegen Nazis nicht sinnvoll, da sie die Nazi-Ideologie – mit Ausprägungen wie Rassismus, Antisemitismus – nicht richtig zu fassen vermag. Der Begriff “Rechtsextremismus” trägt zu einer inhaltlichen Entleerung bei. Nicht zuletzt durch die Heitmeyer-Studien ist belegt, dass eine solche Theorie Ideologieelemente des Nationalsozialismus nicht richtig fassen kann: Menschenverachtendes, rassistisches und antisemitisches Gedankengut findet sich genauso in der so genannten “Mitte der Gesellschaft”. Das bedeutet für die politische Praxis, dass man lieber von “Nazis” als von “Rechtsextremen” sprechen sollte, und zweitens bedeutet dies auch, dass endlich Schluss sein muss mit der unseligen Aufrechnerei zwischen “Rechtsextremismus” und “Linksextremismus”, wie es besonders gerne in der CDU betrieben wird.
Zu diesem Thema auch ganz interessant: Von mir initiierte Studie der grünen Bundestagsfraktion zu Nazis im ländlichen Raum:
- Kurzfassung (PDF)
- Langfassung(PDF)
- Blog-Artikel von mir zu genannter Studie (mit Diskussion)
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