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CSD Köln: Verliebt in Vielfalt
4Wie jedes Jahr machte ich mich auch heuer Anfang Juli auf den Weg nach Köln – der größte Feiertag meines Jahres, der “Cologne Pride” (CSD Köln), lockte. Am selben Wochenende fand übrigens der CSD-Budapest statt, wo es nicht ganz so fröhlich abging – dort warfen Nazis Eier, Flaschen und Steine auf die rund 1.000 Teilnehmer. In Köln ist der CSD nahezu in der Mitte der Gesellschaft, meine Vermutung ist, dass dies auch an der Karnevals-Tradition der Rheinmetropole liegt (Zoch is Zoch). Manche mögen die zunehmende Kommerzielisierung des CSD beklagen, ich finde es gut so, auch wenn Ford und Pharma beim CSD Köln mit dabei sind.
Freitag früh um sechs Uhr ging es los, mit dem ICE rüberheizen in den Westen. Wie häufig auf der Strecke Berlin-Bonn ging alles gut, keine schlimme Verspätung und dann erstmal in das gute Haus, ankommen und mit einem FTD-Menschen zu Blogs telefonieren. Kurz in der Küche quatschen – wie früher! – und dann schon wieder gleich zurück nach Köln, der Infostand lockte. Ich mache seit 2003 jedes Jahr bei den Kölner Grünen (diesjähriges CSD-Motto: “Verliebt in Vielfalt”) beim Infostand mit, was mir eine besondere Freude ist, denn der CSD ist für Grüne nun mal ein Heimspiel. Es waren sehr nette Menschen mit mir am Stand, die sich gut aus praktischer Sicht mit den unzureichenden Regelungen bei der “Eingetragenen Lebenspartnerschaft” auskannten – Hey, Freitagabend-Besetzung, ich grüße euch sehr herzlich!
Abends ging es dann mit meinem guten Kumpel Andi und seinen Freunden ins Kölner Nachtleben, es wurde kurz und fröhlich, bevor ich schon gegen Eins wieder mit dem Regionalexpress nach Hause heizte.
Samstagmorgen dann wieder zum Stand, und dann aber gleich zum CSD-Empfang 2008, zur Verleihung der Kompassnadel des Schwulen Netzwerk NRW und der Aids-Hilfe. Volker Beck bekam endlich mal die Kompassnadel (im Bereich Prominente) außerdem erhielt Knuth Dehnen die Kompassnadel (im Bereich Selbsthilfeprojekte). Dehnen gründete eine Gruppe schwuler Alkoholiker in Duisburg, inzwischen gibt es die Gruppe ShAlk auch in Bielefeld und Frankfurt. Wie immer moderierte Sister George witzig und treffend – die “Sister” alias Georg Roth ist ein Grund, sich unabhängig von den Preisträgern jedes Jahr wieder auf den CSD-Empfang zu freuen. Weniger erfreulich war Andrea Fischers Laudatio auf Beck und Dehnen – uninspiriert, rhetorisch langweilig und ungefähr viermal so viel Redezeit für Beck als für Dehnen verwendend, motivierte Fischer eigentlich nur zum Fremdschämen.
Beim CSD-Empfang traf ich auch eine Frau, die mir noch einmal die Arcus-Stiftung (Arcus: lat. Bogen, Regenbogen) erklärte. Ziel der an das Schwule Netzwerk NRW und die LAG Lesben in NRW angebundenen Stiftung ist die Förderung der Akzeptanz für gleichgeschlechtliche Lebensweisen. Man will explizit nicht die Politik aus der Verantwortung entlassen, Gelder in die Haushalte einzustellen. Ich werde später noch einmal etwas zu dieser Stiftung veröffentlichen, vielleicht ein Interview.
Wie schon 2007, als die Arcus-Stiftung gegründet worden war, bezogen sich auch heuer viele Redner beim Empfang auf die Stiftung, in diesem Jahr war der Anlass, dass man mit den ersten Stifter/innen so richtig durchstartete. Gleichzeitig forderten die Redner/innen aber auch, dass sich die Politik nicht aus der Verantwortung ziehen dürfte und dass man die mit viel ehrenamtlicher Arbeit aufgebauten lesbischwulen Hilfestrukturen bitter brauche. Ein Zusammenkürzen der Infrastrukturen würde auch die bisher geleistete Arbeit herabqualifizieren und viel vom Aufgebauten zerstören. Der Kölner CSD-Empfang ist immer wieder ein Erlebnis, er ermöglicht einen Blick in die Geschichte lesbischwulen Lebens. Überdies ist er – wie viele andere Veranstaltungen, die rund um den “Cologne Pride” stattfinden – auch ein Beleg dafür, dass auch so große CSDs wie der Kölner immer noch hochpolitisch sind.
Nun ging es zurück zum Infostand. Heute sollte es aber nicht ganz so spät werden, am Abend wollte ich noch einen guten Freund, nämlich den Simon, treffen. Der macht gerade Entwicklungszusammenarbeit in Laos, ist für kurz im Lande und hat überdies ein kleines, aber feines Projekt in Kambodscha – also, fix mal ein bisschen Geld spenden, das ist für eine sehr gute Sache!
Am nächsten Tag dann die große Parade. Auch in diesem Jahr ging es heiß her, auch wenn die Sonne zu Beginn nicht ganz so sehr knallte, was sich aber spätestens nach dem Überqueren der “Deutzer Brücke” von selbst erledigt hatte – nicht uns war wärmer geworden, sondern die Sonne hatte sich dann doch entschieden, CSD zu tragen, was nicht nur unsere Stimmung zum Glühen brachte. Wie auch in den vergangenen Jahren verteilten wir fleißig freche Aufkleber, hier eine kleine Auswahl der Sprüche
- Auch gut zu Vögeln
- Liebesprediger
- Liebespredigerin
- Für besseren Verkehr
- Bi yourself
- Kesse Väter, Flotte Mütter
- Überall wirds wärmer
- Sexy & Intelligent
- Ich sorge für Nachwuchs
- Hetero, aber ganz nett
Die Aufkleber sind für mich jedes Jahr der Renner, ich hoffe für das kommende Jahr nur eines: Es muss wieder “Ich praktiziere die Sünde” mit dabei sein!
Kurz aber schmerzlos ging die Parade zu Ende, wie schon im vergangenen Jahr sprang ich direkt aus dem grünen CSD-Wagen in den ICE, nicht ohne vorher mit REFORMER (nicht gegendert) Andresen die comfort-Lounge der Deutschen Bahn geentert zu haben – dort gibt es kalte Getränke und, im Sommer, Eis. Genau das Richtige nach einem anstrengenden CSD-Paraden-Tag – wenn die Bahn solche Lounges anbietet, muss man sie auch richtig ausnehmen, die Privatisierer!
Einsortiert: familie, vielfalt
Verschlagwortet: csd, köln
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4 Responses to “CSD Köln: Verliebt in Vielfalt”
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[…] Eine etwas umfangreichere Liste der Aufklebermotive gibts bei Julia. […]
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mehr als 600 Fotos CSD 2008 in Köln
– vielfältige & einfältige & faltenfreie –
http://tixweekly.blogspot.com/ -
Ich weiß ja nicht, bei Flickr gibts wahrscheinlich noch mehr.
Mein Blog ist keine Werbeplattform.Ich lass die Links aber erst mal stehen.
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Anita Geller
hallo,
wir waren als heteros zum 1. mal da und fanden es super.
einzig, was uns gestört hat waren die fetischisten. eigentlich ist dies doch eine parade der schwulen, lesben u.s.w. also haben fetischisten unserer meinung in diesem umzug nichts zu suchen. hier geht es doch um gesinnungsarten aber nicht um sexpraktiken. das war kein schöner anblick.
mein tip: parade ohne fetisch dann ist es klasse.liebe grüße
anita