Julia Seeliger
  • Westerwelle hart Steuerbord

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    9. November 2007 | Trackback | Internet ausdrucken
    scissors

    Westerwelle will wohl die rechtsliberalen Kräfte in der FDP stärken – er übt sich im SPIEGEL ONLINE Interview in dumpfbackigem Ideolgiegedresche und lässt – im Zusammenhang mit dem letzten SPD-Parteitag – Sätze fallen wie

    Es gibt mir in Deutschland wieder zuviel DDR.

    Jaja, genau, was für ein passender Vergleich. Mit Geschichte kennt der Mann sich wirklich aus: Die SPD will die Mauer wieder aufbauen und Menschen in Folterknäste werfen, ja? Was solls, Westerwelles Blick mag getrübt sein, er fühlt sich ja offenbar auch umzingelt:

    Der linke Bazillus der Sozialisten hat tatsächlich nicht nur die SPD und die Grünen, sondern auch die CDU/CSU infiziert, alle Parteien rutschen nach links, wir bleiben in der Mitte.

    Die Frage ist nur: Bei was? Mit Themen assoziiert man die FDP für gewöhnlich ja nicht. Ohne ihre Bürgerrechtler Baum, Hirsch und Schnarri wären die ja echt aufgeschmissen …


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9 Responses to “Westerwelle hart Steuerbord”

  1. Mal ganz abgesehen vom unterirdischen Westerwelle: Das mit den Folterknästen klappt, wenn derzeit auch in noch begrenzten Mengen, doch schon ganz gut soweit. Stichwort Kurnaz und so…

  2. Ich würde da wirklich nicht von einem “noch in begrenzten Mengen” sprechen.

    Das würde suggerieren, als meintest du, die Linken in der Bundesrepublik Deutschland wollten die Demokratie beseitigen und einen autoritären Unrechtsstaat errichten.

    Westerwelle vergleicht da ja bewusst einen gut ausgestatteten Sozialstaat mit dem Staatsterror in der DDR. Ich meine, dass man sich diesen Schuh als linker Mensch, der sich für soziale Gerechtigkeit und die gebotene Regulierung der Märkte einsetzt, wirklich nicht anziehen sollte.

  3. Also, das habe ich jetzt nicht nachvollziehen können. Nicht “in begrenzten Mengen” würde ja heißen, dass wir in jedem Knast einen Gestapo-Keller hätten. Ich bitte doch mal um Bodenhaftung. Bisher habe ich “nur” von gegenseitiger Folter und Hinrichtung unter Gefangenen gehört. Dass in Deutschland JV-Beamte foltern, ist mir noch nicht zu Ohren gekommen.

    Und was das mit denkbaren Unterstellungen gegenüber der Linken zu tun hat, ist mir auch nicht klar geworden.

    Auch mit dem letzten Absatz habe ich meine Schwierigkeiten. Was ist denn mit dem “gut ausgestatteten Sozialstaat” gemeint? Die heutige Bundesrepublik mit Hartz-IV (optionale Streichungen inbegriffen) und 1-Euro-Jobs etwa? Ich will’s nicht hoffen. Und was den Staatsterror in der DDR angeht… Ich bin dort aufgewachsen, und ich war nicht in den Pionieren, nicht in der FJD und nicht in der Partei. Es hat ganz sicher Menschen gegeben, und das nicht wenige, die terrorisiert worden sind, aber deine Formulierung klingt mir zu sehr verallgemeinernd, denn ich habe mich zwar benachteiligt gefühlt, in meinen Möglichkeiten beschnitten, aber nicht terrorisiert.

  4. Korrektur: FDJ, nicht FJD

  5. “Es gibt mir in Deutschland wieder zuviel DDR.”

    Das kann ich voll unterschreiben. Gilt allerdings besonders für Großbritannien und z.B. auch für Schweden in viel stärkerem Maße.

    Liebe Julia, wenn ich deinen Eintrag hier so lese, habe ich fast den Eindruck, die ganzen Bürgerrechtseinschränkungen seien doch gar nicht so schlimm. Solange wir einen einen “gut ausgestatteten Sozialstaat” haben. Pff… Die DDR war sozusagen ein totaler Sozialstaat.

    Das würde suggerieren, als meintest du, die Linken in der Bundesrepublik Deutschland wollten die Demokratie beseitigen und einen autoritären Unrechtsstaat errichten.

    Nach den historischen Erfahrungen in Deutschland und anderswo sollte damit vorsichtshalber immer rechnen.
    Und Anzeichen gibt es in der Tat.
    Siehe SPD bei den Bügerrechten.
    Siehe den Nanny-Staat, den Renate Künast, Biggi Bender u.a. im Sinn haben. (Neuestes Thema: “Online-Sucht” – man sollte lieber Herrsch- und Regulierungssucht bekämpfen.)

    ls linker Mensch, der sich für soziale Gerechtigkeit und die gebotene Regulierung der Märkte einsetzt,

    Wie sagte mal ein kluger Mensch? Man sollte Politik nicht an den ach so hehren Intentionen messen, sondern an den Ergebnissen.

  6. Westerwelle bezieht sich in seinem Interview auf Wirtschafts- und Sozialpolitik.

    Wenn er mal mehr über Überwachung reden würde! Das tut er aber nicht, er macht da den Steuern-Runter-Hansel.

    Sonst hätte er den Satz mit dem

    alle Parteien rutschen nach links, wir bleiben in der Mitte.

    wohl nicht so gesagt – denn das gilt nicht für die Bürgerrechte.

  7. Westerwelle haelt eben den ehemals “real” existiert habenden Sozialismus auch fuer den (einzig) wahren, denkt dann sogleich an Stasi und damit ist klar: Voratsdatenspeicherung ist eine linke Geschichte (was ja in gewissem [nicht-politischen] Sinne auch zutrifft) – Also sind die Befuerworter Linke, die linken unter den Gegnern aber Rechte. Man weiss ja: “Fremdarbeiter” usw. …

    oder so …

  8. Wenn er mal mehr über Überwachung reden würde! Das tut er aber nicht, er macht da den Steuern-Runter-Hansel.

    Diese Kritik teile ich natürlich. Wobei niedrigere Steuern und Abbau der Staatsverschuldung notwendig sind, um die Machtmittel des Staates einzugrenzen.

    denn das gilt nicht für die Bürgerrechte.

    Die politische Linke ist keineswegs grundsätzlich auf der bürgerrechtlichen Seite, manchmal auch genau im Gegenteil.

  9. Die politische Linke ist keineswegs grundsätzlich auf der bürgerrechtlichen Seite, manchmal auch genau im Gegenteil.

    Hm, das mag für die SPD in Teilen stimmen. Programmatisch ist die Linkspartei aber doch wirklich nicht schlecht, was das betrifft, auch haben sie mit Jan Korte einen profilierten Bürgerrechts-Politiker.