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taz: “Die Freier sind auch nackt”
9Neue Bordelle entfachen die Debatte über käuflichen Sex neu. Prostitution sei Rebellion gegens Patriarchat, sagt die Ex-Prostituierte Juliana. Und kritisiert Alice Schwarzer.
Bordelle sind Orte, an denen zwei mündige Erwachsene Geld gegen Sex austauschen. Das wird von Feministinnen wie Alice Schwarzer geleugnet. Sie vertritt einen Oberschichten-Feminismus. Darin wirkt die verordnete Keuschheit der bürgerlichen Frau aus vergangenen Jahrhunderten nach. Unehelicher Sex machte aus ihr eine “gefallene Frau”. In den unteren Schichten dagegen war Prostitution ein legitimes Mittel zu überleben und Prostituierte waren sozial eingebunden. Wenn Schwarzer nun eine Soziologin zitiert, die Prostituierte als “sozial tote Frauen” und Freier entsprechend als “Nekrophile” bezeichnet, reproduziert sie diesen Oberschichten-Blick. Dass Frauen für Sex Geld nehmen, ist eher eine Rebellion gegen das Patriarchat, das Männer ja uneingeschränkten Zugang zu Sex sichern möchte.
Interessante These.
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9 Responses to “taz: “Die Freier sind auch nackt””
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Hermes
..trotzdem bleibt ein bitterer Geschmack darin, das Patriarchat wird durch wirtschaftliche Randbedingungen mit Dienstbarkeitsnote reguliert, freier Zugang zum Sex fuer schmerbaeuchige VW-Konzernler, huestel. Aber der Blick auf die Verhaeltnisse der Unterschicht ist nicht falsch, noch iemmer gibt es hier die Freiheit nur fuer den Mann, die Frau erkauft sich ihre versuchte sexuelle Selbstbest. mit materiell regulierter Beliebigkeit und gesellschaftlicher Randposition. Das alles kann keine Perspektive sein, sexuelle Freiheit gab es fuer die Frau immer auch auf andere Art: als die Freiheit der ausschweifenden Aristokratin oder Kuenstlerin etwa. Mir scheint letzteres Motiv das fuer Frauen bei weitem wuerdevollere, heute moegen sich die Grenzen evtl. verwischen.
Juliana J. beschreibt allerdings ziemlich eindruecklich dieses Phaenomen der vom Patriarchat gepraegten Frau, die Entsolidiarisierung unter Frauen in dem immerwaehrenden Versuch, den Kategorien von Maennern zu genuegen, dieser allgegenwaertige Zweifel, das Starren auf das Urteil des Mannes. Ich erinnere mich daran, um das an dieser Stelle noch einmal aufzufuehren, dass jene von mir per Telefon herbeigerufene, wie erwaehnt aus Polen stammende, Prostituierte nach nicht-vollzogenem Geschlechtsakt, ich dachte in meiner relativ braven Mittelschichts-Erziehung, das koenne ihr ja ‘nur recht sein’, im Gegenteil in tiefste Selbstzweifel und Depressionen verfiel, sie sagte wortlich ‘jetzt wuerde ich nie mehr eine Frau anschauen’ (offenbar war ich in ihren Augen homosexuell) und verfiel in Klagen ueber ihre Brueste, die ‘nicht schoen’ seien, ich konnte ihr, das war unzweifelhaft, nicht das Gegenteil beweisen ohne den Geschlechtsakt zu vollziehen, es war absurd. Meiner Meinung nach gehen also weibliche ‘generalisierte Unterordnung’ und weibl. Prostitution nach wie vor haeufig, wenn auch nicht immer, parallel.
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Torsten
Das Spannende ist die selbstbestimmte Prostitution, die in dem Interview angesprochen wird. Sollte Emma vielleicht sogar ein Qualitätssiegel vergeben anstatt die Prostitution insgesamt zu verdammen?
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Christoph
Ich empfehle zu diesem Thema:
Tamara Domentat – “Lass dich verwöhnen”. Prostitution in Deutschland, 2003
http://www.antjeschrupp.de/rez_domentat_lass_dich_verwoehnen.htmMit angemessener Kritik an der “Beziehungsleitkultur”.
Sollte Emma vielleicht sogar ein Qualitätssiegel vergeben anstatt die Prostitution insgesamt zu verdammen?
Das wäre der richtige Schritt.
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[…] (via) Andere auf diesen Beitrag hinweisen 16. November 2007, 0:54 Uhr | von Rochus Wolff | Abgelegt unter: Kapitalismus und Sexualität Ähnliche Beiträge An experiment with homosexualityNie im Leben, lieber Peter, fünfundzwanzig ZentimeterBombenvorschlag […]
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Prostitution sei Rebellion gegens Patriarchat
Welches Patriachat?
Wie auch immer, Prostitution ist keine revolutionärer oder rebellischer Akt, sondern schlicht und ergreifend eine Dienstleitung.
Dass eine Ex-Prostituierte ihrer ehem. Tätigkeit heute noch einen links-feministischen Heiligenschein aufsetzen will, ist ihrer Interessenlage geschuldet und daher auch verständlich, jedoch unerheblich.
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Marco, so nen Provo-Kram kannste dir sparen.
Schau dir einfach mal an, wie Vermögen in der BRD verteilt ist, wie viele Frauen in Aufsichtsräten börsennotierter Unternehmen sitzen, wie viele Frauen im Vergleich zu Männern an Altersarmut leiden … und dann behaupte noch mal, es gäbe keine geschlechtsspezifischen Ungerechtigkeiten in der BRD.
Und die Interviewte als Feministin zu bezeichnen, ist ebenfalls ausgemachter Unsinn.
Und, Christoph, das mit dem Güte-Siegel, das hatten wir ja schonmal in ähnlicher Form beantragt, nicht wahr … Nur für Pornos. Aber da kamen wir ja auch nicht durch, bei der GJ NRW.
😉
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Schau dir einfach mal an, wie Vermögen in der BRD verteilt ist,
Und warum? Weil’s der Staat verteilt. Lasst den Menschen, was ihnen gehört. Staatliche Verteilung ist das Problem.
wie viele Frauen in Aufsichtsräten börsennotierter Unternehmen sitzen,
Stimmt, die sind im Vergleich zur Bevölkerungquote natürlich unterrepräsentiert. Das geht aber auch Rothaarigen so, Leuten mit Sommersprossen und natürlich nicht die mit Segelohren zu vergessen. Julia, kanst Du nicht mal dieses kollektivistische Denken sein lassen. Menschen sind Individuen und nicht zuerst austauschbarer Bestandteil irgend welcher Kollektive.
wie viele Frauen im Vergleich zu Männern an Altersarmut leiden …
Dann solltet ihr in eurem Gleichheitswahn konsequnterweise fordern, dass Frauen genau so “sozial verträglich frühableben”, wie die bösen Männer das tun.
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Torsten
Im morgigen Stern wird Juliana als Wikipedia-Autorin interviewt. Ein arrangiertes Oben-Ohne-Foto gibts natürlich auch dazu – Stern halt.
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Der Stern-Artikel ist richtig gut geworden 🙂