zeitrafferin
Julia Seeliger-
2. December 2009 | 39 Kommentare | Trackback | Internet ausdrucken
In die Diskussion um die Minarett-Abstimmung in der Schweiz hat sich Piraten-Bundesvorstandsmitglied Aaron Koenig mit einem eventuell unqualifizierten, auf jeden Fall aber politisch fragwürdigen und für die Piratenpartei schädlichen Beitrag eingemischt. In “Respekt für die Schweiz” (inzwischen ohne Kennzeichnung verändert) outete er sich mit Applaus für das Ergebnis der schweizerischen Minarett-Abstimmung. In dem Beitrag werden Islam und Islamismus vermischt und es wird gefordert, das Volksabstimmungs-System der Schweiz auf die Bundesrepublik Deutschland zu übertragen. Außerdem war ursprünglich auf die Webseite der politikwissenschaftlich als rechtspopulistisch einzustufenden “Bürgerbewegung Pax Europa” gelinkt worden, dies ist aber inzwischen entfernt worden.
Das nahm ich zum Anlass, auf Anregung von Kollegen (Danke noch einmal hierfür!) einen Artikel zur Sache zu verfassen. Meike Laaf hatte ja dankenswerterweise hierzu schon einiges bei “Ctrl – alles unter Kontrolle” zusammengestellt, worauf ich aufbauen konnte. Nun ist der Artikel entgültig fertig, heute habe ich ihn mit einigen Statements der Parteienforscherin Susanne Frölich-Steffen – zu den Aspekten politisches System der Schweiz, sowie jüngere Geschichte der Volksbegehren dort – upgedated.
Kommentare sind gern gesehen. Bedenke aber bitte beim Verfassen deines Kommentars, ob er wirklich zum Thema passt oder vielleicht doch lieber an die Klowand gehört.
Zum Weiterlesen
- taz.de: König der Minarette
- Spiegel Online: Wirre Logik des Minarettverbots – Wie du mir, so ich dir
- zeitrafferin: SVP – Zottel und der neue Chauvinismus
- Frank Decker und Marcel Lewandowsky (BpB): Populismus
- Jeannette Goddard (BpB): Fortyns politische Erben – Rechtspopulismus in den Niederlanden
- Wikipedia: Konkordanzdemokratie
- netzpolitik.org: Mit uns geht die neue Zeit – von neuen Netzen und alten Ideologien
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Verschlagwortet: minarette, piratenpartei, rechts, rechtspopulismus, schweiz, taz -
16. October 2007 | 8 Kommentare | Trackback | Internet ausdrucken
In der Schweiz sind ja bald Wahlen – und die rechtspopulistische SVP um Christoph Blocher (bedingt durch die schweizerische Konkordanzdemokratie bereits jetzt in der Regierung!) macht grenzwertigen Wahlkampf. Als “fremdenfeindlich – nicht rassistisch” beurteilten die Gerichte die Schwarze- Schäfchen- Kampagne, die sich gegen MigrantInnen, Linke und Grüne richtet. Jetzt gibt es auch das passende Online-Game zur Kampagne. Exemplarisch eine Eingangsfrage, bevor es ans Spielen geht:
In keinem Land ist der Ausländeranteil so hoch wie in der Schweiz. Hoch ist auch der Anteil von Ausländern, die hier kriminell werden. Wie hoch war der Ausländeranteil bei den Vergewaltigungen im Jahr 2005?
Die Ziege “Zottel” – ich meine, ein blödes Mecker-Tier – soll die Schweiz vor der drohenden Überfremdung retten. Inhaltlich sieht das dann derartig aus
Ganz typische Ideologieelemente einer rechtspopulistischen Partei: Auf der Kultur-Ebene wird gegen MigrantInnen, “Überfremdung” und mit vermeintlich hohen Kriminalitätsraten polemisiert.
Auf der politisch-demokratischen Ebene gegen das vermeintliche “Bürokratiemonster” EU und deren “Steuervögte”.
Gegen Steuern und “Abzockerei” – da fehlen ja nur noch die “Sozialschmarotzer” – geht es in solchen Parteien auch immer wieder. Das war aber in den 90er-Jahren noch stärker – man unterlässt diese Töne heute vermutlich, weil die Wählerklientel der Populisten inzwischen auch immer häufiger von staatlichen Transferleistungen profitiert. Auf der ökonomischen Ebene werden zum Beispiel Ängste vor der Globalisierung geschürt. In den meisten populistischen Parteien spielt zudem ein Regionalismuselement – beispielsweise das Engagement für eine eigene Sprache, ob jetzt französisch oder rheinisch – eine Rolle.
Seit den 80er-Jahren ist europaweit zu beobachten, dass derartige Parteien entstehen und immer wieder bei Wahlen erschreckend viele Wählerinnen und Wähler – deutlich mehr als 10 Prozent! – an sich binden können. Jedoch ist den Parteien diesen Typs auch gemein, dass sie sehr hierarchisch strukturiert sind und im Allgemeinen auf einen “charismatischen Führer” ausgerichtet sind. Wenn dieser abhanden kommt, ist es dann sehr schnell vorbei mit ihnen – das zeigen die Beispiele der “Schill-Partei” in der Bundesrepublik und der Partei von Pim Fortuyn in den Niederlanden. Das Beispiel Frankreich mit Le Pen zeigt aber auch, dass diese charismatischen Führer “sehr lange Halbwertszeiten” haben können.
Das Phänomen populistischer Parteien ist nicht neu – so gab schon um die Jahrhundertwende in den USA eine “Populist Party“, die vor allen von den vom Strukturwandel (Industrialisierung) bedrohten Farmern im Süden und Westen gewählt wurde. Sie wandte sich gegen “die Banken” und “die Geldwirtschaft” an der Ostküste, gegen die “Zentralregierung” in Washington und gegen die “Gewerkschaften”. Charakteristisches Klientel populistischer Parteien sind – damals wie heute – die so genannten Modernisierungsverlierer. Als weiteres historisches Beispiel für eine populistische Partei werden von Zeit zu Zeit die Narodniki genannt.
Alles in allem war in der Politikwissenschaft lange umstritten, ob es sich bei den genannten Parteien um eine gemeinsame Parteinfamilie handele. Die oben genannten Ideologieelemente helfen aber, die populistische Ideologie – populistisch im politikwissenschaftlichen Sinne! – näher einzugrenzen.
Sehr kompakt und preisgünstig lässt sich zum Thema Populismus im Bändchen “Populismus in Europa“, herausgegeben von Frank Decker, nachlesen. Es ist bei der Bundeszentrale für politische Bildung für zwei Euro erhältlich.
Klappentext:
Als vor etwa 20 Jahren ein neuartiger Typus rechtspopulistischer Parteien in Westeuropa die politische Bühne betrat, war man geneigt, dies als ein kurzfristiges Protestphänomen abzutun. Inzwischen finden sich diese Parteien in fast allen europäischen Ländern. Die meisten von ihnen haben sich in den Parteiensystemen der jeweiligen Staaten dauerhaft etabliert – einige sind sogar in die Regierungen gelangt. In Folge dieser Entwicklung hat der Populismus auch auf die übrigen Parteien übergegriffen. Was als Randerscheinung begann, ist zu einer Herausforderung der Politik und des politischen Systems geworden.
Handelt es sich beim Populismus um eine Ideologie oder nur um einen mit beliebigen Inhalten kombinierbaren politischen Stil? Wie haben die etablierten politischen Kräfte auf die populistische Herausforderung reagiert? Stellen die Populisten eine Gefahr für die Demokratie dar? Diese Fragen werden in einer allgemein-theoretischen Perspektive und im Rahmen von mehreren ländervergleichenden Beiträgen untersucht.
Im Anti-SVP-Blog findet sich das Anti-Zottel-Spiel “Bock Buster”.
“Das “Bock Buster” Game ist da! Du hast drei Versuche, um den Geissbock so weit wie möglich in die Wüste zu schicken. Kick it!
Die Charaktere im Spiel sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit Gegenständen, SVP-Politikern und anderen lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig und unbeabsichtigt.”
Inzwischen sind die Schäfchen auch in der Bundesrepublik Deutschland angekommen: Die hessische NPD – die NPD ist keine rechtspopulistische Partei, sie gilt vielmehr als eine im rechtsextremen Spektrum verortete Partei – wird das Motiv für den kommenden Landtagswahlkampf benutzen.
Quelle: Schreenshot npdhessen.deGefunden auf 20minuten.ch
Unter dem Slogan «Sozial geht nur national
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