zeitrafferin
Julia Seeliger-
11. May 2008 | 17 Kommentare | Trackback | Internet ausdrucken
Rechtzeitig vor der letzten Bundesdelegiertenkonferenz gab es ein langes Doppelinterview mit Claudia und mir in der BRIGITTE. Ich veröffentliche es auch mal (weiter unten) im Gesamten, denn ich habe es gerade im Wortlaut schon bei Claudi gefunden. Dann nehme ich es einfach auch mal – Gesamttext morgen, ich hab gerade keine Zeit, das zu formatieren.
Auf dem Parteitag vor einem Jahr wurden Sie, Frau Seeliger, überraschend in den 16-köpfigen Parteirat gewählt, eines der wichtigsten Gremien bei den Grünen. Damit haben Sie die ehemalige Fraktionsvorsitzende der Grünen, Katrin Göring-Eckardt, rausgekickt. Die Rede, mit der Sie überraschend kandidierten, war polemisch und wirkungsvoll.
Julia Seeliger: Nein, ich habe Katrin Göring-Eckardt nicht gestürzt …
… zumindest müssen Sie damit leben, dass Ihre Kandidatur in der Öffentlichkeit so wahrgenommen wurde. Wie fühlen Sie sich denn im Parteirat?
Julia Seeliger: Anfangs war es schwierig, ich musste mich in verschiedenen Themen zurechtfinden, die anderen Mitglieder kennen lernen. Die mich wiederum nur aus der Presse und aus Erzählungen kannten . . .
Claudia Roth: . . . und sich vielleicht gefragt haben, was du im Parteirat anstellen willst. Da gab es schon gewisse Vorbehalte.
Julia Seeliger: Sicher. Und ich hatte Angst, ich könne vielleicht gute Reden halten, aber in der Diskussion nicht bestehen.
Claudia Roth: Typisch Frau, diese Ängste, nicht gut genug zu sein. Sogar ich habe solche Ängste noch, obwohl ich schon so lange dabei bin.
Das zu hören ist jetzt sicher nicht so tröstlich für dich, Julia.
Julia Seeliger: Stimmt. Mit der Zeit habe ich mich allerdings im Parteirat sehr viel sicherer gefühlt. Ich wollte meine Meinung sagen, auch mal biestig sein können. Wir hatten zum Beispiel eine Debatte über das bedingungslose Grundeinkommen, ich war dafür, die meisten im Parteirat sind dagegen. Auch du, Claudia.
Claudia Roth: Grundeinkommen für jeden, jeder Mensch ist gleich -das hört sich gut an. Meine Priorität liegt aber auf dem Ausbau der Infrastruktur: gute Schulen, Kinderbetreuung für alle Kinder. Das halte ich für entscheidend. Ich finde es aber gut und wichtig, wenn offen über die Zukunft der sozialen Sicherung diskutiert wird. Ich erwarte auch von jungen Leuten wie dir, Julia, dass sie frischen Wind in die Partei bringen. Und dass du im Parteirat so etwas wie ein Stachel bist.Frau Seeliger, macht es auch Druck, ein Stachel sein zu müssen?
Julia Seeliger: Klar, ich weiß, dass diejenigen, die mich gewählt haben, das von mir erwarten. Ich soll eine junge, alternative Sichtweise reinbringen, aber das ist viel schwieriger, als ich dachte.
Claudia Roth: Bestimmte Realitäten wie etwa der alltägliche Umgang mit neuen Technologien – das ist für mich weit weg, da bin ich gnadenlos altmodisch. Ihr Jüngeren wisst, wie sich das anfühlt, zur Generation Praktikum zu gehören. Und wir Älteren bringen die Erfahrung mit.
Ich habe damals auch gleich schon die ersten bösen E-Mails bekommen, weil ich mich in dem Interview für eine Kindergarten-Pflicht ab drei Jahren ausgesprochen hatte.
17 KommentareHallo Frau Seeliger,
heute habe ich Ihr Interview in der BRIGITTE gelesen und bin stinksauer. Ihr Statement””Deshalb würde ich zum Beispiel dafür eintreten, dass es vor der Grundschule eine Kita-Pflicht für alle Kinder gibt…” ist echt völlig der Gipfel. In der zur Zeit herrschenden Diskussion hat man dann nur wenig Möglichkeiten: 1. Mutter, die ihre Kinder erzieht = völlig reaktionär 2. keine Kinder = gute Wahl oder 3. Kinder und Vollzeitberuf = die Superfrau
So ein Quatsch!
Vielleicht denkt ihr Politikerinnen auch mal an die Frauen, die gerne ihre Kinder erziehen und trotzdem gesellschaftlich akzeptiert arbeiten wollen. Teilzeitjobs auch in Führungspositionen wäre eine geile Forderung. Das ist echte Teilhabe an der gesellschaftlichen Entwicklung.
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