Julia Seeliger
  • Subjektiv und für Ergänzungen offen: BDK-Bericht

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    27. November 2007 | Trackback | Internet ausdrucken
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    Das Ganze hier ist als ganz persönliche Sicht der vergangenen BDK in Nürnberg zu bewerten. Dabei sind auch vier Thesen zur Situation der Partei nach der BDK. Ergänzungen sind in den Kommentaren sehr gern gesehen!

    Prolog

    Los gings schon am Donnerstag – ich machte mich am frühen Nachmittag auf gen Jena, nicht ohne im Berliner Hauptbahnhof vorher das traditionelle Fischbrötchen bei Gosch zu verzehren. Fahrten mit der Deutschen Bahn starte ich generell mit diesem ganz un-veganen Ritual. Unten im Bahnhofsbauch traf ich dann wie von der unsichtbaren Hand der glücklichen Fügung gelenkt Martin, den Mitarbeiter Astrid Rothe-Beinlichs, der dort auf denselben Zug wartete. Während der Fahrt befasste ich mich mit Musik, genauer gesagt, ich hörte einige MP3s von Martins Computer und nahm mir vor, danach meine Musikdateien (MP3 und OGG) zu sortieren. Grund für diese Tätigkeit war die Ankündigung von Jan, dass wir auf der BDK-Party DJs sein dürften, was mich mit großer Vorfreude erfüllte.

    Nach kurzer Zeit des Sinnierens über Martins Musik bei gleichzeitigem Schauen aus dem ICE in den erdunkelnden Abend hinaus hielt der Zug – zwischendurch hatten Martin und ich auch ein bisschen gequatscht, keine Sorge – in Jena und ich wanderte zur Uni, übrigens dieselbe Uni, in der 2006 der Bundeskongress der Grünen Jugend zum Thema “Zukunft der sozialen Sicherung” stattgefunden hatte. Damals wurde uns als Bundesvorstand – wir hatten einen Grundsicherungs- Antrag vorgelegt, mit einem besonderen Focus auf die Institutionen des Sozialstaats, Arbeitstitel “Segel setzen nach Skandinavien” – von der Basis ein Grundeinkommen in den Antrag hineingestimmt.

    An dieser Uni also traf ich Franz, einen alten Kollegen aus dem Bundesvorstand der Grünen Jugend, mit dem ich in seine WG ging, etwas kochte und dann auf dem Sofa über die kommende BDK, das Leben und den ganzen Rest quatschte.

    Die heiße Phase

    Am nächsten Morgen ging es dann los. Auf Deutschlandfunk hörte ich beim Frühstück eine Meldung, in der berichtet wurde, dass am Morgen Bundesvorstand und Parteirat getagt hätten. Dies versetzte mich in den Schock des “Du hast einen wichtigen Termin verpeilt”, der sich durch einen schnellen Kontrollanruf bei Malte aufklären ließ. Deutschlandfunk hatte etwas falsch verstanden, kann ja mal passieren. Beruhigt machte ich mich wenig später auf zum Bahnhof.

    Im Zug dann das typische BDK-Feeling: Überall Grüne. Hallo sagen, kucken wer da ist. Dann suchte ich mir schnell einen Platz an einem Tisch, klappte meinen Laptop auf und begann mit der ernsthaften Durchsuchung meiner Festplatte nach Party-Terror-tauglichen Liedern. An einem “Der Dritte Raum“-Livemix blieb ich hängen und begann, Stichpunkte für meine beiden geplanten Reden – Marktwirtschaft und Rechtsstaatsdebatte – in ein Textdokument zu notieren.

    Zwischendurch latschte ich mal rüber in die anderen Wagen, denn ich musste ja schnell ins Hotel und dann zur BDK kommen, das war nicht ganz einfach, denn ich hatte den Brief mit der Wegbeschreibung, den ich von der Bundesgeschäftsstelle geschickt bekommen hatte, nicht dabei. Ich suchte nach Leuten, die in meinem Hotel übernachten würden und wurde auch fündig. Gerettet! Im Grünen-Pulk ging es durch den Nürnberger Bahnhof, an der U-Bahn kamen noch viele andere Bekannte aus der Partei hinzu. Es war wieder BDK!

    Fast rechtzeitig kam ich – nach schnellen Einchecken in Zimmer 3-3-3 – bei der Nürnberger Messe an und suchte meinen Platz in der Halle. Seit meiner Wahl in den Parteirat ist ja einiges komfortabler geworden, neben schönen Hotel-Einzelzimmern bekommt man auch immer genug zu essen und zu trinken auf dem Parteitag, muss somit nicht hungern, sich von Aussteller-Gummibärchen ernähren oder wahnsinnig viel Geld für überteuertes Messe-Catering ausgeben. Oben auf dem Podium also eine Bionade gezischt und Theo Zwanziger gelauscht, der für meinen Geschmack viel zu viel über Doping und Wettbetrug beim Sport erzählte und viel zu wenig über Homophobie im Fußballstadion. Wenigstens das Thema Nazis wurde gestreift.

    Unaufgeregter Freitagabend

    Die Umweltdebatte habe ich nur dahingehend verfolgt, dass mir Paulas Rede besonders auffiel – sie thematisierte noch einmal “Klima und Geschlecht”, was insbesondere bei der LDK in NRW für Aufregung gesorgt hatte, denn mein alter Kumpel Martin aus dem KV Rhein-Sieg hatte damals gegen einen Antrag der LAG Frauen, der “Klima und Geschlecht” diskutierte, eine sehr polemische Gegenrede gehalten. Das ist aber inzwischen abgehakt, und wie gesagt, auch die Umwelt-Debatte auf der BDK war – wie leider häufig – nicht sehr umkämpft.

    Die Logo-Debatte: unaufgeregt. Zwar gab es Zahlreiche, die gerne das alte Logo beibehalten hätten, jedoch wollten die meisten wohl das Thema nicht auf dem nächsten Parteitag wieder auf der Tagesordnung haben. Werner Schulz stellte das neue Logo in einer Grundsatzrede vor und vergaß es auch nicht, auf die parteiphilosophische Bedeutung von Bündnis 90 hinzuweisen. Alle drei Logo-Vorschläge waren aus meiner Sicht gut. In meiner Begründungsrede sprach ich mich dafür aus, ein neues Logo zu wählen, aus den bekannten gestalterischen Argumenten, außerdem, weil es schon alle paar Jahre einen Relaunch brauche.

    Man muss die alten Fahnen ja nicht am Montag nach dem Parteitag wegwerfen. Und Claudia Roth kommt auch nicht in Euren Kreisverband, um zu kontrollieren, ob ihr noch Sonnenschirme mit dem alten Logo benutzt!

    Am Abend war noch Linkentreffen, auch ein taz-Redakteur war dort zur Recherche anwesend.

    Die Sorge um den Vorstand ist aber nur eine Erklärung für die merkwürdige Harmonie von Nürnberg. Die andere zeigte sich Freitagnacht in einem Tanzsaal: An langen Holztischen, bei reichlich Bier und Rostbratwürsten, debattierte die Parteilinke. Dabei gab Ströbele die Losung aus: “Egal, ob Grundeinkommen oder Grundsicherung, in jedem Fall rücken die Grünen nach links.” Das erfreute alle – großer Applaus.

    Danach ging es wieder ins Hotel, wo wir uns in bizarrer Atmosphäre eines hauptstadtraumschiffhaften Politik-Journallien-Biertrinkabends wiederfanden und uns alsbald entschieden, dass wir für so etwas nicht wichtig genug wären. Ich zog in Zimmer 3-3-3 mein REFORMER-Shirt an und wir setzten uns aufs Sofa gegenüber des Lifts, wartend, wer so vorbeikommen würde. Das waren schon so einige.

    Zahlreiche Diskussionen später – inzwischen im Zimmer – war es dann aber wirklich Nacht, der nächste Morgen würde bald kommen. Und es wäre ja der Grundeinkommens-Tag, auf den wir alle ewig gewartet hatten! Egal, ob Z-01 oder Z-02, das Thema hatte uns alle mehr als ein Jahr lang intensiv beschäftigt. Deswegen tat Schlaf not.

    Die Rakete startet

    Schon im Laufe der Debatte zeichnete sich am Beifall ab, dass Z-01, also der Antrag, der auf eine deutliche Stärkung der sozialstaatlichen Infrastruktur (Schulen, Beratungsangebote, Pflege, Kinderbetreuung) sowie auf eine Erhöhung des Regelsatzes auf 420 Euro setzt, eine Mehrheit bekommen würde. Das lag aber auch daran, dass der Bundesvorstand zahlreiche der vielen Änderungsanträge modifiziert übernommen hatte. Nicht zuletzt war aber auch schon vor dem Parteitag sicher, dass sich die Partei auf jeden Fall klar für soziale Gerechtigkeit positionieren würde. Beim Thema Individualisierung der Ansprüche kam es zum Oswald-Metzger-Showdown, der sehr “abgerüstet” stattfand. Oswalds Änderungsantrag wollte die Individualisierung der Regelleistung verhindern, weil diese sehr teuer ist. Jedoch ist hier das Gegenargument, dass die Individualisierung erst langfristig kommen wird, nämlich dann wenn auch Steuer-, Gesundheits-, und Versichrungssysteme endlich individualisiert sind, zB wenn endlich das Ehegattensplitting abgeschafft ist. Mir war es ehrlich gesagt auch egal, ob Oswald nun aus der Partei austritt oder nicht, ich würde mir eben nur wünschen, dass er nicht immer so viel Raum in der Presse nehmen würde. Aber dies lässt sich zum einen ja nicht verhindern und zum anderen wünschen sich das bei mir manche Leute vielleicht ebenso. Reinhard hat dazu noch einen tollen Spruch gemacht

    Oswald geh! Geh in Dich!

    Oswald war auch der REFORMER dieses Parteitags. Unser Anliegen, nach seiner Rede ein Foto mit ihm zu machen, konterte er fix mit einem “Wie, das traut ihr euch jetzt noch?”. Der “Badischen Zeitung” gaben wir noch schnell unsere Einschätzung – sprich, die offizielle Linie der REFORMER – zu Oswalds Austrittsgedanken und verwiesen auf das REFORMER-Blog.

    REFORMER Oswald Metzger
    REFORMER Alberts, REF. Seeliger, Oswald Metzger, REF. Kindler

    Dann wurde es wieder etwas ernster: In der Marktwirtschaftsdebatte stellten die RednerInnen vor allem heraus, dass sich das Papier ja stark verändert habe, “entkernt” worden sei, dass es jetzt ein ganz anderes Papier als das vor einem Jahr sei … Da haben sich die AnhängerInnen des ersten Papiers komischerweise etwas zurückgehalten mit den Reden, oder sie hatten Lospech. Höhepunkt des Abends war die Rede von Arvid, KV Euskirchen und Mitglied im attac-Kokreis, der den Wandel am Beispiel der ersten drei Sätze in gewohnt geistreich-pointierter Weise nachzeichnete.

    Die ersten drei Sätze: Drei zu Null gegen ein einäugiges neoliberales Marktverständnis

    Wenn in einem Fraktionspapier die Rede ist von einem ungeregelten kapitalistischen Wirtschaftsmodell, dann kannst Du, Ario, Deinen Genossinen und Genossen in der Fraktion wirklich nicht vorwerfen, da mit den falschen Maßstäben ranzugehen.

    Arvid sprach sich aber auch dafür aus, den Titel beizubehalten.

    … und wir tun gut daran, nicht übers Ziel hinauszuschießen und dem armen Fritz Kuhn jetzt hier nicht sein Papier so zu zerfleddern, dass er es selbst nicht wiedererkennt, der hat sich da ja auch richtig bemüht, ich finde es auch richtig, dass wir uns wirtschaftspolitisch profilieren, also lasst doch in Gottes Namen wenigstens den Titel noch stehen!

    Insgesamt eine erfreulich lebendige Debatte am späten Abend. Ich hab ebenso wie Paula, Dietmar – das Video von der Rede ist leider nicht online, seine coole Rede mit den “programmierten Märkten” war aber auch ein Highlight! – Lisa und viele andere auch eine kleine strategische Bewertung zu dem Vorgang “Grüne Marktwirtschaft” abgegeben, bevor ich mich meinen Änderungsanträgen – die erfreulicherweise alle übernommen wurden – widmete. Die hab ich da nochmal vorgestellt, denn das Thema Wissensgesellschaft ist in unserer Partei immer noch viel zu wenig verankert.

    Nach der allgemeinen Debatte – wie gesagt, sie verlief sehr erfreulich – zu Marktwirtschaft machte ich abermals mich auf, um ein bisschen herumzustromern und mit Leuten zu quatschen. Mit Reinhard L. aus dem Parteirat enterte ich den VIP-Raum, wo wir uns ein Getränk nahmen und noch einmal über die Grundeinkommens-Debatte sinnierten. Reinhard konfrontierte mich mit dem Gedanken, “zu meiner anarchistischen Art” würde das Konzept sehr gut passen. Ich erzählte vom letzten Jahr, der ganzen Debatte, dass ich einige Widersprüche nicht lösen konnte, zB die zur Verteilungsgerechtigkeit, zur Legitimität des Sozialstaats Und außerdem würde ich auch wirklich missverstanden, “Monogamie ist keine Lösung” sei ein ziemliches Statement pro Institutionen. Das ist auch so, man muss da nur mal den WELT-Artikel aus dem letzten Jahr, oder den Jungle World Artikel von vor zwei Monaten lesen.

    So viele Leute! Draußen laberten, rauchten, tranken hunderte Grüne, inmitten der Aussteller-Stände – die ich dieses Mal gar nicht angeschaut habe, deswegen kann ich auch nichts näheres zum Lokführerschein bei der Deutschen Bahn sagen, ich hörte, man bekam ein Geschenk, wenn es einem gelang, einen ICE entgleisen zu lassen. Es gab viel zu sehen und zu quatschen, erstaunlich locker wurde mit dem Rauchverbot umgegangen

    Wenn ich hier 14 Stunden gesessen habe, in der Halle, dann lasse ich mir gar nichts mehr sagen. Dann ist es vorbei, wenn man abends auf der BDK nicht mehr rauchen darf!

    Dann ging es noch mit einigen Drogenpolitikern in den VIP-Raum zurück. Wir waren unzufrieden mit dem Verlauf des Tages, denn der Salvia-Antrag war auf Grund einer suboptimalen Vorstellung, aber vor allem auch auf Grund von Vorurteilen gegen Drogenpolitik, die leider auch in unserer Partei existieren, abgeschmiert. Erfreulicherweise – das ist seit 2005 neu! – ist bei diesem Themenfeld die Bundestagsfraktion ein Fels der Progressivität, die Zusammenarbeit mit dem Büro Terpe ist sehr gut, und auch andere in der Fraktion – beispielsweise Volker Beck – sind, was die drogenpolitische Verlässlichkeit betrifft, sehr zu loben.

    Gegen zwölf holte ich Läppi und die externe Festplatte. Jetzt geht’s los! Doch Oh Schreck: Ein gebuchter DJ stand da, mit dem ich erst einmal völlig ohne Not in Streit geriet. Zum Glück war auch Jan da, der das ganze schlichtete. Wir einigten uns auf wechselseitiges Auflegen: Ein Kompromiss, mit dem ich absolut nicht zufrieden war, aber ich konnte es auch nicht ändern. Und es war ja noch genug Zeit für Hits wie “Aber hier leben, Nein Danke!”, sowie Songs von Mojo-Club-Samplern und Tarantino-Musik. Es war mir ein besonderes Fest, die Leute zu “Die Partei” tanzen und singen zu sehen. Mir ist schon klar, dass es einige Außenstehende gibt, die die “antideutsche Attitüde”, die aktuell in gewissen Kreisen angesagt ist, verwerflich oder kindisch finden, dennoch ist es einfach hammergeil, fett, geil, auf nem Grünen-Parteitag Egotonic zu spielen.

    Jippie, Jippie, Jippie Yeah!

    Gegen spät – halb drei, drei – sollte Schluss sein, Michael, Claudias Mitarbeiter, motivierte die Menge aber noch zu “Doro Doro” Sprechchören, und forderte 15 Minuten, erlaubt wurden 20, gespielt wurde dann noch eine halbe Stunde.

    Im Taxi ging’s dann ins Hotel. Die armen Taxifahrer könnten einem eigentlich leid tun, allerdings war wohl in der Vorwoche eine Bier-Veranstaltung in Nürnberg, zu der die Menschen mit dem Taxi in die Stadt fuhren, nachdem sie zwölf Stunden getrunken hatten. Das relativierte unser Nerv-Potenzial sehr, angetrunkene Grüne, die Witze über Tempolimits oder Marktwirtschaft machen, sind da wohl doch leichter zu ertragen. Übrigens die einzige Geldausgabe, die ich für dieses Wochenende getätigt habe, acht Euro 50 für die Taxifahrt. Aber was solls, zu den BDKen nach meiner Parteiratszeit werde ich mir wieder Kartons mit Süßigkeiten und Getränken – Kohlenhydrate und Alkohol – aus Supermärkten heranschleppen oder gar belegte Brote mitbringen.

    Calm Down: Sonntagsbrunch

    Sonntag früh dann die Rechtsstaatdebatte. In meinen Augen okay, die Trojaner-Aktion sehr hübsch. In meiner Rede forderte ich, das Wort “Rechtsstaat” mal mit Leben zu füllen und sich zu überlegen, was das überhaupt bedeute. Ich forderte auch, ein “positives Bekenntnis zu Datenschutz, zu Freiheit, zu einer offenen und diskriminierungsfreien Gesellschaft” zu entwickeln.

    Wir müssen zu einer ‘Kultur der Diskretion’ kommen. Datenschutz ist ein ‘Wert an sich’!

    Nicht nur der Staat wolle schnüffeln, auch die Wirtschaft. Deswegen forderte ich mehr Medienkompetenz, man solle sorgfältig schauen, wo man Daten hinterlasse, ob es jetzt im Netz sei, beim Ausfüllen eines Formulars, oder bei einem Offline-Gewinnspiel. Alles bedenkenswert.

    Volker Ratzmann, Fraktionsvorsitzender der Bündnisgrünen im Berliner Abgeordnetenhaus, blickte in dieser Debatte auch selbstkritisch auf Rot-Grün zurück, sehr angenehm.

    Die frauenpolitische Debatte zum “Tag gegen Gewalt gegen Frauen” ging schnell durch, da gibt es wenig zu streiten. Dann war die BDK auch schon vorbei. Präsidiumsmitglied Winne Hermann lud die ganze BDK zum Sekttrinken in die VIP-Lounge ein, was kurz darauf wieder dementiert wurde. Vor dem Messegelände stehend blickten wir nochmal wehmütig auf diese harmonische BDK zurück und machten uns später als die meisten auf zum Nürnberger Bahnhof. Die einen hatten noch Zeit und entschieden sich, bald etwas zu essen zu kaufen, die anderen mussten bald los, was zu einem verpeilten “Was machen wir jetzt?”-Herumgestehe führte. Ich gehörte zur Bezugsgruppe “Wir müssen in 20 Minuten los” und machte mich mit Paula auf. Kurz darauf stieß noch Arvid “Büttenrede” Bell zu uns. Im Zug stellte Arvid mir ein neues Konzept für die Zusammensetzung des Parteirats vor, das ich – an dieser Stelle ist dies richtig angebracht – das ich nicht unterstütze!

    Am Südkreuz angekommen, in die S-Bahn, ein paar Meter gelaufen, Bus – und das wars. Zu Hause auf dem Sofa die faulen (männlichen) Teile der WG, die uns Frauen mit einem leckeren, chilischarfen, kokosmilchgetränkten, veganen Reisgericht überraschten. Ein perfekter Abschluss für eine ausgesprochen zukunftsorientierte BDK. Die Partei ist fit, hat viele gute Leute, jüngere, aber auch ältere, die sich jetzt wieder mehr “einwerfen”. Der “Oben-Unten-Konflikt” ist entschärft, weil “Unten” – wer auch immer das ist – nicht mehr alles mitmacht, sich einmischt, diskutiert. Und weil “Oben – wer auch immer das wiederum ist! – nicht mehr so dickköpfig ist und nicht mehr betonköpfig Punkte, Kompromisse, Formulierungen durchziehen will.

    Thesen

    • Die Grünen sind – wie schon lange – linksliberal und ökologisch.
    • Die Nürnberger BDK hat die Entfremdung zwischen Basis und Fraktion ein weiteres Stückweit aufgebrochen.
    • Die Grünen sind kein Ein-Generationen-Projekt
    • Der Parteitag hat seine Funktion als Parteitag der inhaltlichen Erneuerung in der Opposition vollstens erfüllt.

    Partei gut, Opposition gut, Raven gegen Deutschland!


    Einsortiert: die grünen, party


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23 Responses to “Subjektiv und für Ergänzungen offen: BDK-Bericht”

  1. […] Julia hat jetzt auch ihre persönliche Sicht der BDK […]

  2. >”mein alter Kumpel Martin aus dem KV Rhein-Sieg”
    Man kann nix dafür, welche Leute man so alles kennt 🙂 …

    Möchte das noch etwas ergänzen:
    1.) Wir haben in der Sozialpolitik ein realistisches Konzept verabschiedet, von dem ich (entgegen aller Medienäußerungen) denke, dass es auch so durchgekommen wäre, wenn der BuVo nicht so unter Druck gestanden hätte. Die jetzt beschlossene Grundsicherung ist schon teuer genug…
    2.) Das Logo ist okay, aber Nr. 2 wäre besser gewesen. Hat Julia ja genauso gesehen. Schade, dass der Aachener Antrag (Logo-Kurzform “Grüne”) nicht durchgekommen ist, der wurde gerade aus dem NRW-Block unterstüzt.
    3.) Was Bürgerrechte angeht, so ärgert es mich, dass der Bayern-Antrag (Kartell der Freiwilligen) zur Zusammenarbeit mit Linkspartei und FDP nicht durchgekommen ist. Vor allem die Begründung von Monika Düker MdL, die FDP würde ja im Bereich Bürgerrechte immer umkippen, wenn sie in Regierungsverantwortung ist, fand ich zum lachen/weinen. Wer im Glashaus sitzt…
    4.) Grüne Marktwirtschaft: Es war in der Tat lustig, aber auch gemein, wie der Eifel-Kommunist (Neologismus meinerseits 🙂 ) Arvid Bell dazu geredet hat. Aber, naja, das Papier enthält immer noch viele der ursprünglichen Ansätze. Die Taktik von Fritz Kuhn u.a. ist aufgegangen: Die Linken wurden mit ein paar Worten und Ergänzungen zufrieden gestellt, die Kernaussage des Papiers bleibt erhalten.
    5.) In dem Zusammenhang: Was macht eigentlich Robert Zion? Schreibt zwei DIN A4 Seiten voll von wegen, es dürfe nicht “Grüne Marktwirtschaft” heißen, dann unterstützt das kaum einer und dann lässt er den Antrag von irgendwem anders zurückziehen. Pispers sagt so schön: “Typisch billiger Roter, ganz schwach im Abgang.”
    6.) Persönlich: Eine ganz große Erfahrung ist es immer wieder mit Horst Becker MdL unterwegs zu sein und seine politische Weitsicht erfahren zu dürfen (das meine ich sogar halb ernst). Also, meine BDK bestand auch darin, nachts bis 3 Uhr bei zuviel Bier mit Horst und anderen über die innerparteiliche Lage im Rhein-Sieg-Kreis unter besonderer Berücksichtigung der Umstände in NRW/Deutschland/Europa zu diskutieren. Sehr schön…
    7.) Die Party am Samstag Abend war okay. Nur der Stilwechsel von einem schönen und für mich auch tolerierbaren Alternative-Rock/BritPop der Band zu dieser dumpfen Techno-Scheiße (verantwortet von einem Parteiratsmitglied mit gaaaaanz schlechtem Geschmack) ging mir auf die Nerven. Aber naja, jeder hat so seine Fehler, oder Julia?! 🙂
    8.) Der Nürnberger Reichs… äh Bundesparteitag war ein voller Erfolg. Geschlossenheit heißt die Devise! 🙂

  3. […] Jule hat ihren Bericht auch schon fertig aus dem sich herauslesen lässt, dass ich mir mit der Party echt habe was entgehen lassen. Ich […]

  4. Achja, und was mit Metzger ist, ist mir mittlerweile auch vollkommen egal. Egomane, Selbstdarsteller, Reisende soll man nicht aufhalten.

  5. Nanana Martin. Was ist denn bitteschön mit dir los? Robert war ganz einfach ganz brav. Ist schließlich gekommen um zu bleiben.

    Aber um es zu erläutern: Im Prinzip war es bereits am Morgen klar dass der Änderungsantrag zurückgenommen wird. Nach all den substanziellen Änderungen wäre eine Veränderung der Überschrift schlicht albern gewesen. Notwendig wäre es gewesen wenn nicht so viele Änderungen übernommen worden wären.
    Womit hoffentlich klar gemacht wäre dass auf einen “Abgang” noch ganz lange gewartet werden darf.

  6. Nachtrag: Abgesehen davon dass es sowieso nur ein Behelf ist bis wir realitätsbezogene Wirtschaftspolitik machen. 😉

  7. Für den Plastik-90er-Jahre-Techno vom gebuchten DJ kann ich nix. Ich spiele nur gewitzten, durchdachten, modernen und schönen Techno.

  8. Wenn Du jetzt noch sagst dass Du auch Industrial gespielt hast beiße ich mir tatsächlich in den Hintern.

  9. Musikwünsche für die nächste BDK werden bereits jetzt entgegengenommen.

    Aber gibt es nichts weiteres zu den Thesen zu kommentieren?

  10. Nun, ich stimme deinen Thesen weitestgehend zu, These 1,3 voll, These 2,4 halbvoll 😉

    Ergänzend würde ich als fünfte These hinzufügen: Bündnis 90/Die Grünen krabbelt aus seinem Dornröschenschlaf und entwickelt im vernunftbezogenen Diskurs Konzepte aus sich selbst heraus, anstelle weiterhin blind nach Anschlußfähigkeit zu suchen. Dies ist noch nicht vollkommen so, aber die BDK zeigte dass wir auf einem guten Weg sind. Dies ist kein Linksruck sondern ein Grünruck. Wir können tatsächlich die Partei der Vordenker werden so wir diesen Weg weiter gehen.

  11. […] (jetzt aber Augenzeugen-)Berichte: Julia Seeliger  | Ario Ebrahimpour | Henning Schüring | Moosblogger | Till […]

  12. Cool, konnte man denn die Fraktionsspitze auch beim Egotronic Tanzen sehen 🙂

  13. Vermute eher, dass Fritz beleidigt – Arvid war wirklich schon etwas unverschämt – ins Parteiratshotel abgezogen ist. Ob Renate bei der Party abgerockt hat, entzieht sich meiner Kenntnis. Volker hab ich auch irgendwann gehen sehen … aber nicht zu früh, das möchte ich hier festhalten!

    Parteispitzenmäßig dabei war allerdings Dietmar Strehl.

  14. Renate rückte ab kurz bevor du mich in der Vorhalle aufgelesen hast. Ich verhinderte dass sie eines der Sparschweine mopste die an dem Landminenstand standen. 😉

  15. ach nochwas Julia.

    Ich will dich um eines bitten: versuch mal anzuregen, dass die BDK interaktiv Menschen, das nächste Mal ihre Beiträge unter einer CC Lizenz ins Netz stellen, ich hätte die Videos gerne in meinen Blog eingebunden, aber der HTML Code war nicht zu finden.

    Die Grünen müssen die Partei der freien Lizenzen sein.

  16. Bevor man das alles CC lizensiert, sollte man die RednerInnen schon noch mal fragen, finde ich.

    Ansonsten wurde mit Recht schon viel Kritik am Flash-Format geübt. Das sollte uns aber nicht vergessen lassen, dass bdk-interaktiv eine sehr nützliche Idee war! Danke an die Partei für die Realisierung!

    Hilfe zum direkten Einbinden von Videos sollte es bei der kommenden BDK auch geben, das ist richtig. Das sollte das Team von bdk-interaktiv dann ermöglichen.

    Ich probiere zwar gerade noch ein bisschen rum, ob ich das noch hinbekomme, hab auch schon in meinem Stylesheet und mit möglichen Verlinkungen rumgemacht, meine aber heute, dass der BDK-Hype schon so vorbei ist, dass das wohl kaum noch lohnt …

  17. Wie wäre es mit einer Antwort von Egotronic auf die Beschallung der Grünen Party mit ihrer Musik im Stile von “Ich möchte nicht, dass ihr meine Lieder singt”?

  18. Dit wär ja was, wa?

    Torsun von Egotronic allerdings hat sich hier eben eher unkritisch zu Wort gemeldet. Er fand es doch tatsächlich lustig!

    Lustig! Ts ts!

    Wahrscheinlich hat er ideologische Bedenken über Bord geworfen, um seinen Profit zu maximieren.

    Also, kauft die neue Platte, denn gute Musik muss man auch finanziell unterstützen, sonst wird das alles nix. Die alten Lieder könnt ihr ja immer noch in Tauschbörsen runterladen…

  19. Die Linken wurden mit ein paar Worten und Ergänzungen zufrieden gestellt, die Kernaussage des Papiers bleibt erhalten.

    Das würde ich nicht so grundsätzlich sehen. Schon im ersten Durchgang, als ein ähnliches Papier in der Fraktion beschlossen wurde, gelang es schon, den Ursprungsvorschlag entscheidend zu verändern. Nun wurden noch weitere Änderungen (modifiziert) übernommen.

    Auch durch die öffentliche Debatte – innerhalb und außerhalb der Partei – wurden grundlegende Dissense mit dem Ursprungspapier deutlich gemacht. Dies trug dazu bei, dass klarer wurde, wie wir uns stichwortartig verorten: Ökologisch und sozial, für globale Gerechtigkeit eintretend, klar anerkennend, dass Märkte auch versagen (Stichwort Klima) und Regulierung benötigen, globalisierungskritischer als zuvor, …

    Deswegen bin ich mit dem Marktwirtschaftsteil schon zufrieden.

  20. Ein paar Fernkommentare eines Daheimgebliebenen:

    prach ich mich dafür aus, ein neues Logo zu wählen, aus den bekannten gestalterischen Argumenten, außerdem, weil es schon alle paar Jahre einen Relaunch brauche.

    Normalerweise BWLer-Religion: Was funktioniert, muss trotzdem geändert werden. Schöne Möglichkeit der Selbstbeschäftigung, Zeit- und Geldverschwendung.

    der Antrag, der auf eine deutliche Stärkung der sozialstaatlichen Infrastruktur (Schulen, Beratungsangebote, Pflege, Kinderbetreuung)

    Mir viel zu staatsgläubig und zu wenig individualistisch.
    Grundeinkommen wäre wenigstens eine libertäre Vision gewesen.

    Es gab viel zu sehen und zu quatschen, erstaunlich locker wurde mit dem Rauchverbot umgegangen

    Zumindest das kann ich mal loben. Letztes Jahr in Köln scheint allerdings besser gewesen zu sein, da habe ich eine schöne Raucherlounge mit durchsetzen können.

    Oswald-Metzger-Showdown

    Da muss ich gähnen. Was für ein intellektarmer Industrielobbyist ohne kreative Ideen.

    Die Musik der DJane habe ich ja nicht mitbekommen. Bei früheren Einsätzen in grauer Vorzeit andernorts war ich mit ihr sehr zufrieden. Die Lagebeurteilung aus St. Augustin erfüllt mich jedoch mit Sorge 😉

  21. Ach Christoph,

    das mit dem Grundeinkommen streiten wir ja nun seit längerem, das mit dem Logo ist doch okay, wobei Geschmacksache, und das mit dem Oswald-Metzger-Showdown war eher dahingehend geschrieben, dass wir diesen alle erwarteten, aber dieser nicht so richtig eintrat. Ein bisschen geistreich und spannend war das schon, was aber an Büti lag.

  22. Ich denke auch das mit “die Kernaussage blieb erhalten” (Wirtschaft) irgendwie nicht so ganz die Realität dargestellt ist. Was wiederum sehr gut zur ersten Fassung der “grünen marktwirtschaft” passen würde. 😀

  23. als konter hierdrauf würde ein selbsterstelltes parteitagsvideo mit rockender parteispitze doch ganz gut passen:

    http://www.spiegel.de/videoplayer/0,6298,24395,00.html