Julia Seeliger
  • Niedersachsen: Drogenpolitische Wahlempfehlungen

    2
    22. January 2008 | Trackback | Internet ausdrucken
    scissors

    Nun hat der Deutsche Hanf Verband auch die drogenpolitischen Wahlempfehlungen für Niedersachsen fertig gestellt. Anders als bei den Wahlempfehlungen für Hessen kommen die niedersächsischen Grünen bei der Empfehlung auf den ersten Platz. Uneingeschränktes Lob sieht aber anders aus:

    Den Grünen gelingt es leider nicht, ihren fortschrittlichen Standpunkt hinsichtlich Cannabis auch auf die legalen Drogen zu übertragen. Dennoch scheinen sie am ehesten geeignet, die Drogenpolitik Niedersachsen sinnvoll weiter zu entwickeln. Problematisch ist in erster Linie die Frage, ob der Wunschkoalitionspartner der Grünen, die SPD, genug Stimmen erhält, um die CDU-FDP-Koalition abzulösen.

    Kritisiert vom Hanfverband wird eine Inkonsequenz beim Umgang mit illegalisierten im Vergleich zu legalen Drogen wie Alkohol und Nikotin.

    So setzen die Grünen im Bereich legale Drogen genau auf die repressiven Konzepte, deren Scheitern sie bei illegalen Drogen erkannt haben.

    Es ist unverständlich warum die Grünen einerseits erklären, das “Kriminalisierung und Repression” ungeeignet sind Abhängigkeit zu verhindern, andererseits aber ein Verbot von Flaterate-Parties fordern.

    Hier muss ich dem Kollegen vom Hanfverband aber wirklich widersprechen: Das sind nicht “dieselben Konzepte”. Bei den legalen Drogen setzt man auf der Angebots-Seite an – zB Flaterate-Party- VeranstalterInnen – bei den illegalisierten bei der Nachfrager-Seite – Schluss mit Krimialisierung. Es geht ja nicht darum, die BesucherInnen von Flatrate-Partys zu kriminalisieren. Deswegen kann ich hier keine Inkonsequenz erkennen. Man kann nicht die Kriminalisierung drogenmündiger Erwachsener – so wie es auch bei Cannabis noch tagtäglich geschieht! – mit der Kriminalisierung derjenigen, die Drogen oder Alkohol an Kinder und Jugendliche abgeben, vergleichen.

    Kurz: Es ist sehr wohl stringent, dass die Grünen Cannanis legalisieren wollen, aber nach der Legalisierung dennoch Beschränkungen verträten, zB dass nicht gewollt ist, dass in Schulen gekifft wird. Oder eben, dass man nicht möchte, dass Cannabis an unter 16jährige abgegeben wird.

    • Wer für Altersbeschränkungen ist, muss sie auch durchsetzen!
    • Es geht darum zu verhindern, dass profitgeile, verantwortungslose Menschen Alkohol und Zigaretten an 12jährige verkaufen, obwohl sie genau wissen, dass dies gesetzeswidrig ist.


    Wenn Grüne in Niedersachsen keine Flatrate-Partys mehr wollen oder nachhaltig verhindern möchten, dass Kinder Zigaretten und Alkohol im Laden kaufen können, ist das etwas ganz anderes als die Kriminalisierung von mehr als vier Millionen CannabiskonsumentInnen in diesem Land.

    Es ist ein Unterschied, ob man aus Jugendschutzgründen einen Markt reguliert – wie von den Grünen gewollt – oder ob man aus ideologischen Gründen erwachsenen Menschen den Konsum von Drogen, die im allgemeinen nicht schädlicher als Alkohol sind, verwehrt.

    Grüne Drogenpolitik will nicht “alles legalisieren, und zwar ohne Altersgrenze”. Grüne Drogenpolitik will die schwarzen Drogenmärkte zähmen und die Probleme, die sich durch den freien, unregulierten und verknappten Drogenmarkt ergeben – mangelnder Jugend- und Verbraucherschutz, Kriminalität, kaum Präventionsmöglichkeiten, Drogenmafia, Gewalt und Umweltzerstörung in den Hersteller- und Verarbeiter-Ländern, Repression, hohe Kosten – beseitigen und durch einen rationalen, aufgeklärten Umgang mit Drogen ersetzen. Es braucht eine drogenmündige Gesellschaft.

    Ich persönlich bin für 16 Jahre als Altersgrenze für Cannabis. Man muss sich ja auch mal den gesellschaftlichen Realitäten stellen: Wie komme ich an 16jährige KifferInnen ran, die Probleme mit ihrem Konsum haben? Wie kann ich eine Vertrauensbasis aufbauen, ohne gleich das Strafrecht im Hinterkopf zu haben? Auf der anderen Seite ist es aber auch ein berechtigtes Anliegen, das Angebot an legalen und illegalisierten Drogen für Kinder und Jugendliche so zu verknappen, dass sie nach Möglichkeit keinen Zugang dazu haben.

    Da muss man an der Anbieter-Seite ansetzen – und nicht bei den Nachfragern. Und genau das wollen die Grünen.


    Einsortiert: drogen
    Verschlagwortet: ,

  • auch noch zum Thema




2 Responses to “Niedersachsen: Drogenpolitische Wahlempfehlungen”

  1. Ola Julia!

    Vielleicht sehe ich das ja fatalistischer als du, aber man kann aus meiner Sicht nicht das Eine verbieten und das Andere entkriminalisieren.

    1. Ist das Verbot von Flata-Rate-Parties ebenso ungeeignet Jugendliche vom Komasaufen abzuhalten, wie es das Cannabisverbot für unseren eigenen Konsum ist 😉

    2. Deine Trennung in Verbote, die sich an “Konsumenten” bzw. “Anbieter” richten nicht nachvollziehen. Auch das BtMG versucht das Angebot zu reduzieren und verfolgt deshalb z.B. den Handel mit Cannabis. Außerdem wirken sich Anbieter-Verbote auch auf Konsumenten aus.

    Was denkst du wo der Jugendschutz eher gewährleistet wird – bei einer legalen Flate-Rate-Party in der Dorfdisko oder beim gemeinschaftlichen illegalen Flat-Rate-Besäufnis auf einer Privatparty?

    Wer den Konsum von Drogen aus der Öffentlichkeit verbannt, nimmt sich und den Konsumenten Möglichkeiten Missbrauch frühzeitig zu erkennen und schafft ein Klima des Misstrauens, das vernünftiger Präventionsarbeit zuwiderläuft.

    Wenn Grüne in Niedersachsen keine Flatrate-Partys mehr wollen, ist das ein Zeichen dafür, dass sie die Folgen der Kriminalisierung der vier Millionen Cannabiskonsumenten noch immer nicht begriffen haben.

    Mit hanfigen Grüßen
    Steffen

  2. ich finde die entwicklung, drogen aus dem öffentlichen raum verbannen zu wollen, auch grundfalsch.

    darum ging es mir aber nicht, ich hab das doch eigentlich rundum beschrieben. ich hab auch meine kritik an dem nichtraucherwahn meiner partei, und an paternalistischen umtrieben, um es mal freundlich auszudrücken, aber ich meine, in meiner begründung dargestellt zu haben, warum man das ganze mit dem jugendschutz – das soll jetzt nicht nur ein schlagwort sein! – im hinterkopf eben doch konsequent denken kann.

    wie gesagt, die versuche, drogen aus dem öffentlichen raum zu verbannen, halte ich ebenfalls für unsinn.

    aus jugendschutzgründen sind einschränkungen des angebots – so wie es heute schon beim alkohol der fall ist – angebracht.