Julia Seeliger
  • Kreuzberg: Spiegel-Online redet Krawalle herbei

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    16. November 2006 | Trackback | Internet ausdrucken
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    Gestern abend gerieten in Kreuzberg Jugendliche und die Polizei aneinander – Spiegel-Online berichtete. Heute findet sich eine neue Story – der Titel: “Eskalation im Kiez – Krawalle alarmieren Polizei“. Dick aufgetragen: Es wird eine Stimmung herbeigeredet, als wäre das (Über)leben im Wrangelkiez ein täglicher Kampf.

    Nach einem solchen Hoffnungsschimmer muss man in Gegenden wie der Wrangelstraße lange suchen. Und vergleichbare Konfrontationen häufen sich.

    Und vor allem: Der Eindruck wird erweckt, als wäre es heute wieder zu ähnlichen Zwischenfällen gekommen. Dies war aber laut Polizeiticker gar nicht nicht der Fall.

    Erdacht werden in dem heutigen Artikel zwar keine neuen Ausschreitungen, jedoch eine zweite Story zu dem Thema und dann noch diese Überschrift – nicht wenige LeserInnen nahmen den Artikel als Berichterstattung über weitere Krawalle; dies schlug sich auch in den Postings im Forum nieder.

    Und das nur 1 Tag nach dem Bericht über die angeblich so sehr verbesserte Lage bei der ‘objektiven’ und ‘subjektiven’ Sicherheit… Prost Mahlzeit!

    Aber auch einige kritische Bemerkungen zu dem hetzerischen Artikel fanden dort zum Glück.

    Ich bin völlig schockiert von Anna Reimanns Artikel, auf den sich diese Diskussion hier bezieht. Eine solche Anhäufung von Stereotypen und Vorurteilen kennt man sonst nur aus der Bildzeitung.

    Auch AnwohnerInnen melden sich zu Wort:

    Wer die Wrangelstraße und ihr Umfeld kennt, der weiss das es sich nicht um einen Hort der Hoffnungslosen handelt. Da kann sich jeder Tag und Nacht ohne Angst bewegen. Wer allerdings meint, er könne dort oder woanders (aus welchen Grund auch immer) Menschen beleidigen, der braucht sich ob der Reaktion nicht zu wundern! Mein Rat – Ball flach halten und nicht jede Schlagzeile mitnehmen

    So ein Unsinn, Berlin ist meilenweit von Zuständen wie in Pariser Vorstädten entfernt. Ich wohne in Berlin-Kreuzberg, ganz in der Nähe der Wrangelstraße. Solche Zwischenfälle sind die absolute Ausnahme. Man muss sich in Kreuzberg nicht fürchten. Gerade die Wrangelstraße ist gerade sehr im Aufwind, neue Läden machen auf, Kneipen, Cafes. Eigentlich herrscht ganz gute Stimmung. Nicht dass es keine Probleme gäbe, aber wie die Medien Kreuzberg darstellen, das ist einfach falsch. Vorurteile werden leider auch durch solche Artikel wie hier im Spiegel geschürt.

    Leider können solche Meinungen die Kreuzberg-Hetze bei weitem nicht aufwiegen – wer klickt schon auf das Forum? Ich im allgemeinen nicht. Ich wundere mich doch sehr, was mit der ansonsten doch sehr lesenswerten Seite Spiegel Online – lesenswert vor allem im Vergleich zum Print-Spiegel – geschehen ist.

    Update: Die traditionellen Medien haben nun inzwischen auch die Aufregung etwas relativiert. So ist zum Beispiel in der Süddeutschen zu lesen:

    Der Wrangelkiez in Berlin-Kreuzberg ist so ein Stadtteil, der die Phantasie anregt. Vor allen die von Menschen, die nicht dort leben.

    Besser könnte man es nicht sagen.


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3 Responses to “Kreuzberg: Spiegel-Online redet Krawalle herbei”

  1. Hallo Julia,
    da hast du absolut Recht! Das schlimme ist: Der Spiegel berichtet heute in einem so weiter und ich glaube die Berichterstattung heitzt das Ganze sogar noch mehr an und trägt alles andere als zur Eskalation bei. Schlimm!

  2. Julia,

    ich bemerke zurueckschauend, dass etwa Zeitungen wie der ‘Tagesspiegel’ eine wirklich unertraeglich duemmliche Hetze zu diesem Vorfall vom Zaum gebrochen haben, was man in dortigen Kommentarforen las, war sogar noch schlimmer, ich gebe das jetzt nicht wieder, die Berichterstattung war allgemein schauerlich und entfesselte eine Hassreaktion ohne gleichen, der Biedermann voll in seinem Element, schrecklich.

    Andreas

  3. […] eine Reportage zum Thema Prostitution in Berlin, verfasst von Anna Reimann, die immer wieder durch reißerische Artikel auffällt, und Marie Preuß. Sex sells haben die beiden Redakteurinnen sich wohl gedacht, und den latenten […]