Julia Seeliger
  • iMarkenspießer im iKapitalismus

    17
    27. January 2007 | Trackback | Internet ausdrucken
    scissors

    Gestern noch im Wohnzimmer mit der Mitbewohnerin über die Marke Apple gelästert, O-Töne:

    • “Mich nervt dieser Hype.”
    • “Da zahlste ja nochmal 200 Euro für die Marke!”
    • “Wozu brauche ich MacOS?”
    • “Ich will doch mit meinem Telefon nicht podcasten!”

    und heute finde ich via netzpolitik.org einen interessanten Artikel: “Der Hype ums iPhone – Die Apple-Lüge”.

    Das iPhone kommt in Deutschland erst in etwa einem halben Jahr, Steve Jobs Keynote hat die Jünger aber schonmal auf das Gerät eingeschworen. Eine moderne Verkündigung:

    Ein adventlich-nervöser Glanz kehrt in die Augen der Apple-Jünger zurück, den man noch aus der Kindheit kennt: An den Weihnachtsmann glauben sie zwar nicht mehr, dafür haben sie jetzt Steve Jobs!

    Es gehe keinesfalls darum, Apple-Geräte abzuwerten, ist zu lesen, jedoch müsse mal deutlich gemacht werden, dass auch ein Apple lediglich ein Elektrogerät ist. Die Macht der Marke bzw der Markenfetischismus sei heute ein Massenphänomen: Der Begriff iKapitalismus wird geprägt. Das i stehe zum einen für “Imperativ” – also “must have” – aber auch für “Ideologie”. Die Entscheidung für ein Produkt sei entrationalisiert.

    Es ist also eine Art sakrosankter Konsum entstanden, eine Kategorie von Luxusartikeln, bei denen es einen gesellschaftlichen Konsens darüber gibt, dass sie unverzichtbar sind. Apple ist diesbezüglich einen genaueren Blick wert, da der Computerhersteller prototypisch für Artikel steht, die qua Design einen auratischen Abglanz absoluter Wahrheit besitzen, der dem Benutzer ein besseres Leben verspricht.

    Ich dagegen habe mir jetzt ein Laptop einer anderen Marke bestellt. Auch ein Stückweit Markenspießerei, aber anderes Image. Und Marken haben ja auch einen Sinn: Sie stehen ja für bestimmte Eigenschaften eines Produktes, für eine bestimmte Qualität und bieten den VerbraucherInnen eine Möglichkeit, sich auf dem Markt zu orientieren. Bei Apple jedoch, so mein Eindruck, überstrahlt das Image alles, die Inszenierung. Ich hab auch was gegen Massenbewegungen, diese quasi-religiöse Anbeterei. Ja, man könnte sagen: Apple ist das moderne “goldene Kalb”.

    Deswegen hat Apple allerdings eben auch bei mir ein so schlechtes Image, dass ich ein solches Gerät vor dem Kauf des anderen gar nicht in Erwägung zog. Ob das wohl eine gute Entscheidung war? Wer weiß, vielleicht wäre ich mit einem MacBook glücklich geworden …


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17 Responses to “iMarkenspießer im iKapitalismus”

  1. Wer weiß, vielleicht wäre ich mit einem MacBook glücklich geworden …

    bestimmt!

  2. Ja,
    und man kann ja sogar Ubuntu drauf installieren!

    Aber das werde ich jetzt niemals erfahren…

  3. Apple ist auch deswegen ne tolle Firma weil sie eben nicht fremdgesteuert wird – mit dem iphone wird diese ganze Internet-nur-im-Handynetz-Abzocke aufhören… so gern hätten die Mobielfunkbetreiber noch ihr UMTS-Angebot ausgebaut – aber Apple verzichtet darauf und stattet sein Handy statt mit UMTS mit Wlan aus – jeder hat’s kostenlos zuhause.

    Bisher wurden Wlan-Handies von den Netzbetreibern gekonnt vom deutschen Markt abgehalten – das wird spätestens zum nächsten Weihnachtsgeschäft mit dem Einzug zu ende sein.

    Apple räumt die Märkte ein bisschen auf – wenn dadurch die SMS Preise von 14 Cent für 14 Wörter auf kostenlos für unendlich lange Texte fällt – ist das doch gut. Und Apple zu verdanken.

    Vielleicht wird es auch noch selbstverständlich in zwei Jahren zu Hause einfach übers Internet zu telephonieren – Apple könnte das durchsetzen.

  4. “Apple hat keine Kunden – nur Fans” heißt es so schön.

    Apple bietet etwas, was man nicht überall bekommen kann. Formvollendete Produkte mit einer intuitiven Benutzerführung (Form follows Function), einmaligem Design, hoher Verarbeitungsqualität und last, but not least, das schon von Julia erwähnte iGefühl. Aber jede Werbung versucht uns zu vermittlen, dass eben genau dieses Produkt, was gerade beworben wird under Leben entscheidend verbessern wird. Ob ich mir Nike-Turnschuhe oder nen iPod kaufe ist egal. In beiden Fällen kaufe ich auch etwas dazu, was mir Anerkennung oder Respekt in einem gewissen Personenkreis gewähren soll. Man kauft sich mit einem Markenprodukt in gewisse Personengruppen ein.

    Wenn an Appleprodukten kritisiert wird, dass Apple versucht durch massive Patentsicherungen anderen Entwicklern das Leben schwer zu machen, muss man sehen, das dies auch für fast alle anderen Unternehmen gilt. Das gleiche gilt für die Kritik, dass man noch einen ordentlichen Betrag für das Apple-Logo zahlt.

    Zwei Kritikpunkte, die allerdings berechtigt sind und an denen Apple etwas ändern sollte, sind zum einen die Arbeitsbedingungen in den Zuliefererbetrieben in Asien und die Einhaltung von Umweltschutzvorschriften bei den Produktmaterialien und in der Produktion. Da hat Apple mMn eine Vorbildrolle einzunehmen und damit einer Verpflichtung als Opinionleader-Versorger nachzukommen. Zudem würde das Unternehmen damit mit Sicherheit seinen Kundenkreis erheblich erweitern können.

    Zudem wird gerne kritisiert, dass Apple-Fans oft nervig sind, weil sie bei jeder sich bietenden Gelegenheit von der Überlegenheit ihrer Appleprodukte schwärmen, aber das Abzustellen wird Apple wohl kaum möglich sein 😉

    MfG Krisse – Apple-Fan

  5. ..seltsame Diskussion, mein letzter ‘neuer Computer’ hat 75 euro + 5 euro Kubuntu gekostet, und selbst das schien mir noch weitaus zu teuer, die Marke heisst: ‘zweite Hand aus Hohenschoenhausen’ und wird zugegebenermassen nicht ganz so stromsparend sein wie Julias neues Laptop, nur erfahrungsgmaess ist es ja so, dass Laptop-Eigner meist parallel ihren stationaeren Rechner laufen haben, ausserdem noch den Fernseher, um den Wetterbericht nicht zu verpassen. Frage also: was macht Julia mit ihrem neuen Laptop, was sie mit dem alten Geraet nicht konnte, entschuldigt dass ich diese Fragen stelle, als Mathematiker ist mir diese Computerbegeisterung unserer Breiten relativ suspekt, diese scheinbar offensichtliche Form von Fortschritt, die sich im Produzieren immer neuer Muellberge und usability-Reflektionen erschoepft.

  6. Amazeman, Handies, PDAs und deren Zwischentöne mit WLAN-Funktionalität gibt es seit ca. 2 Jahren bei verschiedensten Netzbetreibern, von Motorola über Sony-Ericsson bis hin zu Nokia, direkt zu ordern im Internet oder käuflich in den Shops üblicher Einkaufsmeilen zu erwerben. Dabei ist WLAN mitnichten die Antwort auf UMTS, sondern einfach ein zusätzliches Feature, was schon hinsichtlich der Einsatzorte (was will ich damit zuhause?) und Zielgruppen eigentlich deutlich sein sollte – UMTS als Must-Have vieler Geschäftsreisenden wird genau deshalb auch im iPhone kommen. Das Telefonieren über’s Internet für die breitere Masse wahrscheinlich ebenfalls, was nun aber wirklich alles ist, nur nicht Apples Verdienst. Sollte Apple etablierten Mobilfunkbetreibern etwas vom Kuchen abjagen wollen, dann sicherlich nicht, um dir Gutes zu tun, sondern um selbst dort einzusteigen.

    So ernüchternd es für manche erstaunlicherweise klingen mag: Die Firma Apple ist von Shareholder’s Value (einer davon: Microsoft, die mit ihrem Investment Apple erstmal den Arsch retteten und sich selbst ein paar Kartellrechtsproblemen entledigten) und Marktanteilen genauso getrieben oder “fremdgesteuert” wie jede andere börsennotierte Firma auch – und eben das proviziert in vielen Teilbereichen ein ähnliches Verhalten. Künstliche Markteintrittsbarrieren für potentielle Mitbewerber mittels DRM und proprietäre Schutzmechanismen sprechen da eine deutliche Sprache, kleinliche Klagen, heftiger Lobbyismus und abschottende Patentauswüchse ebenso. Erschreckend, dass man das anscheinend immer wieder verdeutlichen muss.

    Worin lag jetzt nochmal der selig machende Unterschied?

  7. ich glaub ich muss mir auch mal UMPF oder ipond anschaffen, vielleicht loesen sich damit ja ein paar Probleme auf dem Felde der symplektischen geometrie. wer weiss? vielleicht quaekt das handy mir ein paar beweisideen herbei, das wäre wahrer fortschritt.

  8. Lieber Andreas,

    mein alter Laptop ist lieb, aber beim Bildbearbeiten manchmal etwas langsam. Und Filme schauen kann ich damit praktisch auch nicht. Außerdem wollte ich ein leichteres Teil, zum unter-den-arm-klemmen.

    Ansonsten: Zustimmung. Wobei sich natürlich die ethische Frage stellt, warum dein Laptop derart preisgünstig sein kann … An- und Verkauf funktioniert ja besonders gut über soziale Notlagen, nicht wahr?

  9. soziale Notllage, nun ja, ich glaube jener Mensch in Hohenschoenhausen wollte vor allem einen besseren Rechner und den alten Schrott an irgendeinen dummen Mathematiker loswerden, was ihm auch zur Gaenze gelungen ist, wahrscheinlich fragte er sich noch, aus welchem Ghetto dieser Typ eigentlich kaeme und schenkte mir aus lauter Mitleid ein Diskettenlaufwerk. Es handelte sich uebrigens um ein mainboard, nicht um ein Laptop, sicherlich nicht besonders energiesparend, dafuer sitze ich aber immer im dunkeln vorm rechner und schalte den kuehlschrank ab.

  10. Das iPhone ist irgendwie viel zu früh angekündigt und hat sehr viele vorschusslorbeeren bekommen. ob die berechtigt sind werden wir noch sehen. fakt ist allerdings dass das produkt handy durchaus mal einen hersteller vertragen kann der ein schön einfach zu bedienendes konzpet durchzieht. die produkte sind durch die bank so schlecht, dass es ein leichtes für apple ist, da was anständiges abzuliefern. aber das ist ja im kompletten computermarkt so. in diversen sparten tummeln sich halbherzige geräte die weit hinter ihrem potential zurückstehen. apple macht auch nicht die eierlegendewollmilchsau – aber zumindest ein gerät das das was es tun soll einfach und gut macht. vorausgesetzt das display verfettet und verkratzt nicht leicht.

    ideologisch gesehen ist apple auch nur eine marke – die im musikmarkt ein durchaus bedenkliches monopol hat. und im computermarkt eine anhängerschaft die auch eine ordentliche macht ausstrahlt. blind verteidigen? nein danke. apple versaut gerne die erste generation von produkten. das preisargument zieht zumindest bei den macs nicht mehr wirklich. ähnliche hardware kostet gleich viel oder bei desktop geräten sogar mehr wenn nicht von apple. und dabei sind der formfaktor oder so dinge wie der magnet beim stromkabel und andere details noch nichtmal berücksichtigt.

    ein einfaches dagegen, aus prinzip, halte ich für genauso problematisch wie ein kritikloses hinterhereifern und alles kaufen müssen.

    und das mit dem goldenen kalb: Apple ist im computersector ein aussenseiter. es gab genügend andere aussenseiter die teilweise bessere hard und software gemacht haben, die sind untergegangen. ein apple ohne diese inszenierung und positionierung gäbe es nicht. ginge einfach unter. das hat die geschichte mit atari, commodore, acorn, beos, geoworks ziemlich klar gezeigt. und auch apple wäre in der zeit ohne die inszenierung und ohne steve jobs beinahe untergegangen. die frage ist doch einfach: wie kann ein underdog auf dauer überleben und genügend menschen erreichen. apple braucht dieses image, und damit auch leider alles negative was dem anheftet.

  11. Hallo Judith,

    erstmal ein Kompliment für Dein Blog! Ich lese das wirklich gerne.

    An dieser Stelle muss ich Dir jedoch leider doch widersprechen. Apple ist im Vergleich zu vielen anderen PC-Herstellern ein relativ kleines Licht. Apple war z.B. im letzten April nichtmal unter den Top 5 der führenden PC-Hersteller (nachzulesen z.B. bei ZDNet)). Auf der großen Mehrheit der Desktop-PCs und Notebooks weltweit läuft nach wie vor Windows.

    Ich weiss, dass das in manchen Kreisen durchaus anders aussieht, aber einfach nur deswegen nicht Apple zu kaufen, weil man sich absetzen will, macht wirklich keinen Sinn. Apple mag im Bereich der mobilen Musikplayer Marktführer sein, aber im Computerbereich ist es das lange nicht.

    Es gibt durchaus gute Gründe, keinen Apple zu kaufen. Dazu gehört sicher u.a. auch der Preis. Aber so finde ich Deine Argumentation ehrlich gesagt nicht ganz schlüssig.

    Achja, dieser Artikel wurde an einem MacBook geschrieben, dessen Besitzer seinen Kauf keine Sekunde bereut hat. 🙂

    Ciao
    Marvis

  12. Hi Marvis,

    ich heiße nicht Judith,

    achja, und beziehst du dich noch auf die Marken-Thematik?

    🙂

  13. Hi Julia,

    sorry, ich sollte meine Kommentare vor dem Absenden wirklich nochmal lesen. Sorry. 🙂

    Und ja, ich bezog das durchaus noch auf die Markenproblematik. Ich wollte damit sagen, dass man in dieser Sache mal sehen sollte, welchen Stellenwert Apple insgesamt hat. Apples Medienpräsenz suggeriert ja doch eine deutlich höhere Bedeutung als die Marktanteile. Für sehr, sehr viele Computerbesitzer ist ein Mac nach wie vor etwas höchst exotisches.

    Grüße
    Marvis

  14. @marvis

    Jau, vielleicht habe ich da eine sehr eingeschränkte Sichtweise. Im grünen Milleu, und auch in der Computerszene tummeln sich die kleinen und großen Apples schon sehr.

  15. Also in den Informatikveranstaltungen sind inzwischen auch recht viele Apple-Nutzer, also nicht auf Grüne beschränkt. Aber besonders bei Grünen finde ich diese Apple-Affinität irgendwie seltsam, schliesslich ist Apple nicht gerade für seine umweltfreundlichkeit berühmt (http://www.greenpeace.org/apple/). Außerdem war Apple schon von Anfang an das properitärere System (auf Hardwareebene bezogen, bei Software hat sich das in letzter Zeit ein wenig geändert).

  16. Ich hab mir übrigens auch so ein i-Ding gekauft. “iBeat”, aber…

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