Julia Seeliger
  • Geschlecht 2.0

    19
    30. May 2007 | Trackback | Internet ausdrucken
    scissors

    Im Rahmen der Bondea-PR-Aktion warf sich mir eine wichtige Frage auf:

    Welche Rolle wird das biologische Geschlecht in den Zukünften des digitalen Raums spielen?

    Hintergrund: Bondea will eine Frauen-Community auf den Markt bringen. Wie bewirbt mensch so etwas? Wie finden sich interessierte Frauen? Klar – Einfach einen Wettbewerb veranstalten. Meins und Paulas Blog waren da auch komischerweise nominiert. Wir fragten uns: Warum? Warum? Klar, man setzt da einfach auf den viralen Effekt und nominiert einfach mal alle fassbaren MultiplikatorInnen. Schlau gedacht, allerdings war Paula und mir der Wettbewerb schietegal. Das könnte auch daran gelegen haben, dass ein rosafarbener iPod verlost wurde.

    (für mich gilt: rosa + apple = pfui²)

    Und dann startete er, der Wettbewerb “Blogine 2007”. Gesucht war das beste, von einer Frau geschriebene deutschsprachige Blog. Der Wettbewerb ist inzwischen zu Ende, letzte Woche wurde gevotet.

    Lustiger Zwischenfall dabei: Ein Blog musste disqualifiziert werden Das bis dato führende Blog stieg freiwillig aus, zum einen, weil es sich angeblich “unsportlich verhalten” hatte – Ich fand die Idee mit dem Direkt-Button zum Klicken eigentlich sehr kreativ - und zweitens, dieses Blog wurde wohl nicht von "einer echten Frau" betrieben.Ist auch nicht so schwierig herauszufinden, einfach mal "Lanu" googlen. Offensichtlich Scheinbar hatte man sich im Vorfeld des Wettbewerbs über die Rahmenbedingungen nicht so viele Gedanken gemacht. Und vor allem: Man hatte sich wohl auch keine Worst-Case-Szenarios überlegt. Da der Wettbewerb jedoch (naturgemäß) nur eine begrenzte Zeit lief, blieb das PR-Desaster überschaubar und nahm nur entfernt an studiVZ erinnernde Züge an.

    Ich frage mich bei der ganzen Sache vor allem eines: Wenn schon die Feststellung des biologischen Geschlechts der Wettbewerbsteilnehmerinnen die Bondea-MacherInnen vor so große Probleme stellt derartige Diskussionen produziert, wie wird das erst in der wohl bald startenden Frauen-Community sein? Ich bin gespannt…

    Bondea Registrierung

    … und da hab ich mal angefangen und versucht, mir einen netten (Fake)-Account zu registrieren. Tja, und ratet mal, wie das biologische Geschlecht abgecheckt wird? Ihr müsst einfach nur bei Bondea euren Namen auf den AB reden – natürlich solltet Ihr schon so schlau sein, eine Person mit einer weiblich klingenden Stimme dort anrufen zu lassen.

    Nachtrag zu diesen ganzen Wettbewerbs-Verwirrungen: Angeblich haben die anderen Bloggerinnen “Lanu” wohl fies gemobbt. Deswegen stieg sie aus dem Wettbewerb aus. Oder es sind noch ganz andere Verschwörungen, die mich aber jetzt nicht interessieren, weil es eine bescheuerte selbstreferenzielle Debatte der deutschsprachigen BloggerInnen-Szene ist. Auch männliche Protagonisten derselben haben sich mit unqualifizierten, tendenziell sexistischen Kommentaren eingemischt, Stichwort: Zickenterror.

    Grundsätzlich, trotz meiner großen Recherchemängel, die mir bereits jetzt in den Kommentaren attestiert wurden – da hat aber jemand schnell Technorati benutzt oder sonstwie rumgeklickt, sehr gut! – frage ich mich aber immer noch nach der Zukunft der Geschlechter im digitalen Raum. Ich glaub, das ist ne Riesenchance – man kann ja noch ne Menge dekonstruieren.

    Es kann natürlich sein, dass alles bleibt, wie es ist, dass Frauenblogs rosa sind, Frauencommunities auch, und deswegen gibts auch einen rosa iPod.

    Update 2: Krasse Sache, fragt irgendwer auch die Kinder? Praktisch ist das ja vielleicht wirklich, zB um Krabbelgruppen zu bilden, aber haben Kinder nicht ein Recht darauf, dass ihre Eltern nicht einfach ihre Daten ins Netz streuen?

    bondea hat viele Besonderheiten und Innovationen im Detail, bondea ist ein soziales Netzwerk ausschließlich für Frauen. Neben den eigenen Profilen können Frauen, die Mütter sind, auch Kurzprofile der eigenen Kinder eingeben. So können sich Frauen nicht nur über die eigenen, sondern auch über Eigenschaften der Kinder finden.

    Die Netzwerkfunktionen bitten für Mütter einen zusätzliches Nutzen, den nicht nur die eigenen Interessen können eingebunden werden sondern auch die der eigenen Kinder. So finden Mütter leicht andere Mütter deren Kinder die gleiche Klasse besuchen oder im gleichen Verein sind. Aber auch Krabbelgruppen für die ganz Kleinen können leicht gebildet werden. Zusammen mit den leichten Einladungs- und Verwaltungsfunktionen entlastet bondea Frauen so zusätzlich und kann auch einen Beitrag zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf leisten.

    Vielleicht bin ich wirklich nicht Zielgruppe. Meine (zukünftigen) Kinder sollen von Mama, Papa und noch anderen aufgezogen werden, und wenn niemand aus der (Wahl-)Familie Zeit hat, kommen sie in die KiTa. Ich stell bestimmt auch keine Fotos von meinen Kindern ins Netz, oder Soundfiles von deren ersten Worten. Und meine Kinder dürfen sich selbst aussuchen, ob sie sich in irgendwelchen Communities anmelden – die Tricks mit dem Internet erklär ich denen vorher, bevor sie den Computer anschalten und anfangen, ihre Spuren im Netz zu verteilen.


    Einsortiert: gender, netz


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19 Responses to “Geschlecht 2.0”

  1. DAS ist Biologismus, Julia, nicht das insistieren auf der Wichtigkeit von bestimmten langkettigen Fettsaueren fuer das Immunsystem des Menschen.

  2. …wurde wohl nicht von “einer echten Frau” betrieben

    Eine “echte Frau”: Was ist das eigentlich?

  3. Äh Moment mal
    was ist hier Biologismus?

    Zum Glück hat der Kommentarmensch Nummer zwei hier eine weiter an dem Thema diskutiert, ich meine ja nicht, dass man sich sein Geschlecht digital signieren lassen müssen soll, sondern im Gegenteil, dass Geschlechterrollen im digitalen Raum möglicherweise noch mehr aufgebrochen werden.

  4. Ich empfehle, nochmals gründlich zu recherchieren! Es reicht sogar aus, bei bondea nachzulesen! mfg

  5. Aus Zeitrafferin wird Nixrafferin…

  6. @elle e. und Tim

    Wäre es nicht netter, das hier direkt hineinzuposten? Sonst muss ich vermuten, dass Ihr einfach nur FreundInnen oder gar Angestellte von Bondea seid. Achja, wenn Ihr das seid, wäre es um so netter, mich über die genauen Umstände aufzuklären. Dann wisst Ihr ja am besten bescheid!

    Und drüber hinaus: Das mit dem biologischen Geschlecht im digitalen Zeitalter bzw Geschleteridentitäten im digitalen Zeitalter finde ich immer noch höchst interessant … 🙂

  7. Esra Ygdrasir

    Julia, du bist so doof, dich beißen sogar die Schweine, wie man bei mir Zuhause sagt.

    Du willst zu einer gewissen Schlussfolgerung kommen, also werden alle gegenteiligen Fakten ignoriert. Leb weiter in deiner Lalawelt.

  8. Hallo Esra,

    kannst du mal die gegenteiligen Fakten nennen, dann raffe (!) ich es vielleicht. Ein paar Links wären auch gut, ihr alle scheint ja in der Debatte recht gut drin zu sein, da dürfte sowas doch eigentlich kein Problem sein …

    Danke.

  9. ..nicht dein beitrag, Julia, dieser bondea-Schmarrn ist ein haarstraeubender Biologismus und ich bin auch nicht optimistisch, dass der digitale Raum fuer eine weitere Dekonstruktion des Geschlechterbegriffs hinreicht, der digitale Raum ist in Gechlechterfragen, und nicht nur hier, regressiv, meienr Meinung nach deshalb, weil er ein normierendes Element aufweist, das der Dekonstruktion zuwiderlaeuft, siehe ‘studivz’.

  10. Das mit den zukünftigen Kindern ist nett. Mama und Papa sollen deine zukünftigen Kinder erziehen? Also bei Oma und Opa abgeben? Davon abgesehen stellen sich dass so wohl alle Frauen vor. Die Realität sieht anders aus. Und daran werden auch die Milliardenversprechungen der Bundesregierung nichts ändern. Weil sie am System nichts ändern, dass sehr unflexibel auf die Lebenswirklichkeiten der Familien reagiert.

    @Andreas
    Richtig. Damit hat sich nämich auch die neugierige Frage von Julia erledigt. Aber das hätte Julia auch gemerkt, wenn sie mal ein paar blogs von weiblichen Web2.0-Professionals und- Beraterinnen abgesurft wäre. Gegen die dort geschilderten Erlebnisse mit dem “Berufsumfeld” sind schlagende Verbindungen geradezu gender mainstreaming-Veranstaltungen. Wenn sich Frauen in rosa Nischen wie bondea abdrängen lassen, ist es ärgerlich, aber auch verständlich, Die Ausgangsfrage müsste daher nicht lauten “Welche Rolle spielt das biologische Geschlecht…” sondern “Welche Rolle spielen Frauen…”. Aber das wäre ja Feminismus, was bei Jungpolitikerinnen ja “bäh” ist.

  11. Also ich als Mann fühle mich da entsprechend den §§19, 20 AGG (http://www.gesetze-im-internet.de/agg/__19.html) ungleich behandelt und klage gleich mal auf Zugang. Aber bevor ich das mache, muss ich bei der Flirt-Webseite meine Klage noch beenden, da klage ich nämlich ebenfalls auf Gleichberechtigung: Weil ich nicht so hübsch bin wie andere bekomme ich immer viel weniger Ansprachen, da muss ich mich doch diskriminiert fühlen…

    Es werden nicht die Menschen oder ihre Eigenschaften sein, die das Internet letztlich prägen: Es wird der Gesetzgeber sein (weltweit), der das Internet zur Farce verkommen lässt und es werden die Juristen sein, die es soweit einschränken, dass es keinem mehr Spass macht. Wartet nur ab LOL

  12. Bisschen Gaga?

    > Welche Rolle wird das biologische Geschlecht in den Zukünften des digitalen Raums spielen?

    Bitte, welches Geschlecht? Das Biologische?
    Bitte, welche Zukünfte? Und nur ein digitaler Raum?

    ‘Zeitrafferin’ kriegt da aber einen ganz hübschen ‘Nix Schnall’ Geschmack…

  13. @Markus
    In 2,5 Jahren sitzt Julia im Bundestag, wetten dass? Noch fragen zur Politik in Deutschland heute und in den Zukünften?

  14. bondea will also vor allem “interessierte Frauen” zusammenbringen, damit ein Netzwerk von Frauen entsteht. Bei soviel Innovation im Spiel muß ich ganz rosa im Gesicht werden vor … nein, nicht vor Respekt ob der tollen Idee, sondern weil mir gerade leicht übel wird wegen dieser fröhlich zur Schau gestellten Ignoranz für bereits vorhandene Netzwerke. Oder im BWL-Deutsch: echte Marktforschung würde klare Aufschlüsse über die angepeilte Zielgruppe hervorbringen, mußte hier aber leider im Sinne eines Cost-Managements entfallen.

    Da draußen existieren schon viele professionelle Frauennetzwerke auf den unterschiedlichsten Ebenen, die bestimmt mehr Erfahrungen haben und vor allem schon Erfolge für ihre Teilnehmerinnen aufweisen können. Allerdings posaunen sie das nicht mittels eines eher ergebnislosen Wettbewerbs in die Gegend, sondern betreiben vor allem persönliche Basisarbeit.

    Ein Bloggerinnen-Wettbewerb ist daher wohl die logische Konsequenz gewesen aus den Anforderungen “minimales Marketing-Budget, winzige Marktkenntnis, maximaler Medien-Recall”. Die Unternehmens-Gründerin und Inhaberin hat wenigstens an dieser Stelle echtes Gespür bewiesen. Kostenlose Besprechungen in Blogs landauf, landab (und seien es auch nur Verrisse …) zeigen, daß sie die AIDA-Formel schon ganz gut beherrscht. Bloß was kommt nach dem ersten Strohfeuer?

    Den Einwand mit der ungefragten Verhackstückung der kindlichen Erstlinge in Bild & Ton halte ich auch für sehr wichtig. Hier werden bereits frühzeitig Persönlichkeitsrechte strapaziert, über deren Auswirkungen weder die Macherin noch die künftigte Nutzerinnenschaft bisher hinreichend genau Auskunft geben können.

    Der sinnlose Steinhöfel-Text (blah, blah, 1998, blah) ist im Impressum enthalten, hingegen fehlt eine Datenschutzrichtlinie vollkommen. Auch die Unternehmensgründung als englisch Limited baut kein Vertrauen auf – wer mag schon mit jemand zu tun haben, der seine Haftung ganz radikal gegenüber dem Kunden begrenzt hat?

    Resümee: Spar’ ich mir, mir reichen die Fakten …

  15. Sowohl Frauencommunities als auch digitale Geschlechterverwirrungen sind eigentlich nicht so neu; Sherry Turkles “Life on the screen” (in dem es ausführlich auch um gender bending on the net geht), ist irgendwann Mitte der 1990er erschienen, und reine Frauennetze — da allerdings eher mit “Emma” als mit “Brigitte” oder gar “Allegra” als Leitbild — gab es schon im /CL-Netz (also einem Mailboxnetzwerk aus der Zeit vor der populären Verbreitung des Internets).

  16. Ach so, was ich noch sagen wollte: spannender als die Rosa-Eltern=Mütter=Frauen-Website finde ich genderblog.de, aber da hat Julia ja auch schon mal was zu geschrieben.

  17. ((Ach so: das ist übrigens auch rosa …))

  18. Hallo Julia,

    dein Blog ist jung und lebendig. Außerdem ist es das wohl authentischste Blog aller mir bekannten Grünen-Funktionäre. Dennoch habe ich schon häufiger bedauert, dass du manchmal ganz seltsame Abkürzungsformen verwendest. So auch in diesem Beitrag. Für “zum Beispiel” ist “z. B.” die einzige richtige Abkürzung. Du weißt: Mein beruflicher Hintergrund.

    Viele Grüße

    Niels

  19. dbH?

    🙂