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zeitrafferin

Julia Seeliger
  • 9. October 2009 | 29 Kommentare | Trackback | Internet ausdrucken
    scissors

    Es ist nicht alles schlecht an Schwarz-Gelb: Immerhin, so ist in der Süddeutschen Zeitung heute zu lesen, ist jetzt die Ampel-Kennzeichnung für Lebensmittel vom Tisch.

    Süß muss sein.

    Süß und fettig.

    Mich freut das, auch wenn Schwarz-Gelb zumindest in Teilen damit wohl als verlängerter Arm der Ernährungs-Industrie wirken mag. Gleichwohl gibt es auch andere Argumente, die Ernährungs-Ampel als Schaumschlägerei abzulehnen.

    Erstens empfinde ich die Herangehensweise als tendenziell sozialchauvinistisch. Es wird angeführt, dass man doch auch “für diejenigen, die keinen Hochschulabschluss haben”, eine Hilfe bereitstellen sollte, damit sie sich gesund ernähren können. Hier nur ein Gegenbeispiel: Helmut Kohl.

    Zwar kann man feststellen, dass arme Menschen weniger gesund und auch weniger gesund ernährt sind als Akademiker. Doch woran liegt das? Wohl doch auch daran, dass es mit knapp 350 Euro schwierig ist, sich hochwertige Nahrungsmittel zu kaufen.

    Zudem kann grundsätzlich bezweifelt werden, dass wir genau wissen, was “gesundes Essen” ist. Alle paar Jahre ändern sich die Empfehlungen der Ernährungsforscher. Was letzte Woche noch als gesund da stand, kann heute schon der nächste Dickmacher sein.

    Auch ist fragwürdig, was ein ständiges Nachdenken über die eigene Gesundheit mit einem “Guten Leben” zu tun haben soll. Wer sich stets Schokolade versagt, kann schwerlich glücklich sein. Ins Bundestagswahlprogramm 2005 (PDF) von Bündnis 90/Die Grünen hatten Christoph Lövenich und ich den Passus hineingebracht:

    Eine Stigmatisierung von Menschen auf Grund ihrer Essgewohnheiten oder ihres Körpergewichts lehnen wir ab. Gesundheit und Genuss ergänzen sich.

    Und zuletzt: Mit “gesund” ist, so meine Beobachtung, im allgemeinen Diskurs eine Ernährung bezeichnet, die verhindert, dass man allzu dick wird. Auch diese Gleichsetzung kann angezweifelt werden.

    Sinnvoller als Feigenblatt-Aktionen wie die Ernährungs-Ampel wäre es, Hartz-IV zu erhöhen, damit sich die Menschen auch mal Obst und Gemüse kaufen können. In den Schulen sollte es genug Zeit und Muße für ein gesundes Schulfrühstück geben, man könnte ja auch ein paar Stunden Kochkurs in die Curricula der siebten oder achten Klasse einbauen. Wir sollten überdies zu einer Kultur des “Guten Essens” kommen, wie sie zum Beispiel in Frankreich üblich ist – Geiz ist da nicht geil. Und nicht zuletzt darf eine saftige Industriekritik nicht vergessen werden.


    Bildnachweis: mini chocolate cupcakes von chotda – Lizenz: CC-BY-NC-ND


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  • 29. September 2009 | 19 Kommentare | Trackback | Internet ausdrucken
    scissors

    SüddeutscheTV hat Ex-Innenminister Gerhart Baum, den Blogger Markus Beckedahl und mich gefragt: “Wozu brauchen wir die Piratenpartei?”.

    [youtube]http://www.youtube.com/watch?v=XzLncCz_d3E[/youtube]

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  • 19. September 2009 | 44 Kommentare | Trackback | Internet ausdrucken
    scissors

    Da bin ich jetzt schon einige Tage bei der “taz” (genauer gesagt: so 20) und es ist schon eine Menge passiert.

    Zuerst einmal habe ich das Content-Management-System kennengelernt und wie man Artikel dort online stellt und was hierbei zu beachten ist. Meine Aufgabe ist es, Artikel von der Print-taz zu nehmen und sie mit einem schönen Einstieg und einem Foto zu versehen, eventuell einer neuen Überschrift, und diese online zu stellen. Das ist in etwa so wie Twittern, nur mit anderen Zeichenzahlen.

    Außerdem schreibe ich, wenn es die Zeit erlaubt, eigene Artikel oder ich bestelle welche bei externen Autoren. An den vergangenen beiden Wochenenden habe ich bei der Berichterstattung bei den Demos “Freiheit statt Angst” (Ticker) und Anti-Atom-Demo (Ticker) mitgewirkt und bereits zwei Artikel für die Print-Ausgabe der “taz” verfasst.

    Zwei Kontroversen gab es in diesen meinen ersten “taz” Tagen: Zum einen die um das Internet-Manifest, ich mischte mich in die Debatte mit einem Kommentar ein. Außerdem habe ich die Piratenpartei begleitet und ihr die Frage danach, wie politisch sie ist, gestellt. Das finde ich nicht unwichtig, immerhin ist sie eine zur Bundestagswahl 2009 antretende Partei und da dürfen Fragen zu ihrem Freiheitsbegriff oder zur Abgrenzung nach Rechts ja wohl erlaubt sein.

    Nebenbei esse ich jeden Tag leckeres Essen im “taz café”, wo man Montags fleischlos den “Sinneswandel gegen Klimawandel” vorantreibt, ansonsten aber auch köstliche Salate mit Roastbeef oder Schweinebraten mit Polenta essen kann.

    Verhungern muss ich also nicht, ich bekomme das ganze sogar bezahlt und sogar über meine Krankenversicherung muss ich mir nun keine Sorgen mehr machen. Eine grundlegend zufriedenstellende Situation.

    Meine Artikel

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  • 9. September 2009 | 7 Kommentare | Trackback | Internet ausdrucken
    scissors

    Ein paar Bekannte von mir haben ein mittelmäßiges Papier namens “Internet-Manifest” vorgelegt. Ich habe auf “taz online” den Kommentar “Bitte redet über Geld!” veröffentlicht. Debatte bitte auch dort.


    Liebe Kolleginnen und Kollegen vom „Internet-Manifest“,

    mal wieder also ein Papier mit Thesen. Schön. Der Anlass sind ja die „Heidelberger Erklärung“, die „Hamburger Erklärung“ und die Äußerungen von Hubert Burda und Frank Walter Steinmeier zu Google News. Die haben ja alle keine Ahnung vom Netz, sagt ihr, und legt ein eigenes Papier vor.

    Ihr sagt das ja schon länger. Schade, dass euch nicht mehr eingefallen ist, als „den alten Männern, die keine Ahnung vom Netz“ haben. Sonderlich manifest ist euer Papier nicht. Erst im Nachhinein wurde ein Wiki eingerichtet, in dem alle eure Thesen weiterentwickeln können: Damit habt ihr die eigenen, stets hochgelobten Prinzipien der Transparenz, der Offenheit und des kollaborativen Arbeitens verletzt – das ist eine Fußnote, die keinesfalls zu verschweigen ist.

    Ihr habt ja recht: Es muss etwas passieren. Politik, Wirtschaft und Gesellschaft müssen sich an die neuen vernetzten und digitalisierten Realitäten anpassen. Viele von uns müssen noch lernen, Wirtschaft anders zu denken, die milliardenfache, verlustfreie Kopierbarkeit von Werken anzuerkennen und aus diesem Reichtum etwas Positives für die Welt – aber auch für das eigene Auskommen – zu erzielen.

    Nach den ganzen Schlammschlachten „Journalismus vs. Blogger“ der letzten Jahre ist nun die Zeit reif für eine sachliche Debatte um die Zukunft von Journalismus. Es tut not, Modelle zu entwickeln, die die Wissensproduktion gerecht vergüten. Gleichzeitig soll die Qualität erhalten und im besten Falle gesteigert werden.

    Für das alles braucht es Geld.

    Da habt ihr keine Antwort als nur eine neoliberale: Die unsichtbare Hand der Werbung soll es regeln. Wer Content produziert, soll sich eben ein neues, kreatives Geschäftsmodell überlegen – oder im Wettbewerb sterben. Das Urheberrecht wird irgendwie zur „Bürgerpflicht“ – übrigens ein interessanter Gedanke – es wird aber nicht gesagt, wie es durchgesetzt werden soll.

    Habt ihr keine anderen Vorschläge?

    Was ist mit dem guten alten Prinzip des öffentlich-rechtlichen Rundfunks? Was ist mit der VG Wort – wäre es nicht sinnvoll, diese derart zu reformieren, dass Blogger leichter von ihr profitieren können? Wenn ihr wirklich glaubt, dass der klassische Journalismus ausstirbt – seht ihr dann darin kein Problem für die Demokratie? Wer soll denn in Zukunft langwierige, teure Recherchen bezahlen?

    In eurem Papier werft ihr die Wissensproduktion dem Markt zum Fraße vor. Es liest sich so, als wünschtet ihr euch direkt in die Entstaatlichung, in einen rechtsfreien Raum. Mit diesem Papier treibt ihr die Entpolitisierung von Netzpolitik voran!

    Vor allem ist es vor dem Hintergrund, dass die meisten von euch für „Totholzmedien“, für das „Staatsfernsehen“ oder auch mal in Agenturen festangestellt arbeiten, reichlich unglaubwürdig.

    Ihr hättet es besser gekonnt.

    Herzlich

    Julia Seeliger

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