zeitrafferin
Julia Seeliger-
15. October 2009 | 5 Kommentare | Trackback | Internet ausdrucken
Für den “Falter” habe ich einen Debatten-Beitrag verfasst. Hintergrund ist der Leitartikel des Falter-Chefredakteurs Armin Thurnherr “Warum ich mich weigere, das Internet als Medium wirklich ernst zu nehmen”. Jetzt hat der Falter hierzu eine Debatte gestartet und auch mich um einen 2000-Zeichen-Artikel gefragt.
Jenseits des Papiers
Selbstverständlich provokativ formulierte Armin Thurnherr die Titelzeile „Warum ich mich weigere, das Internet als Medium ernst zu nehmen.“ Ich vermute, der geschätzte Kollege meinte mit dieser Formulierung nicht die Kabel und Server, die das Internet ausmachen, sondern Online-Medien – Blogs, Webseiten, oder Dienste wie Twitter.
In der Netzwelt sind so einige zuhause, die meinen, dass die Informationsproduktion dort schon heute den klassischen Journalismus ersetzen kann. Das ist nicht richtig, da hat Armin Thurnherr recht. Zu gutem Journalismus gehört nicht nur das Verfassen flotter Texte, sondern auch eine umfassende, aufwändige und meist sehr teure Recherche, die sich nicht in der Benutzung der Suchmaschine Google erschöpft.
Gleichwohl ist zweierlei zu konstatieren. Erstens: Journalismus wird sich verändern müssen, wenn er im Post-Papier-Zeitalter noch wettbewerbsfähig sein will. Zweitens: Das Netz birgt großen Reichtum, der täglich weiter wächst. Eine Debatte jenseits der Beschränkung auf das so genannte „Geistige Eigentum“ muss ernsthaft geführt werden.
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11. October 2009 | 106 Kommentare | Trackback | Internet ausdrucken
Oder: Wer Grün wählt, wird sich Schwarz ärgern!
Nachdem der unwichtige Landesverband Saarland von Bündnis 90/Die Grünen die Bundespartei seit Wochen blamiert (in Thüringen hat diese Rolle ja die SPD übernommen), ist es jetzt amtlich: Das Saarland wird die erste Jamaika-Koalition auf Landesebene … ja, wie nennt man das … veranstalten.
Macht einen ähnlich tollen Eindruck wie in Hamburg, wo man mit “Kohle von Beust” antrat und dann einen schwarz-grünen Koalitionsvertrag unterschrieb. Im Saarland hätte man es besser wissen können – ignorierte aber die Erfahrung aus Hamburg. Oder aber: Man täuschte den Wähler bewusst. Das weiß wohl nur der Problem- äh Schad-Landesvorsitzende Hubert Ulrich, der, so sagt man, quasi alle Fäden in dem kleinen Grünen-Landesverband in seinen Händen hält.
Meine Hoffnung ist, dass die Jamaika-Koalition das Land privatisiert und nach Frankreich outsourct. Damit wären gleich mehrere Probleme gelöst. Zwischen den französischen Atomkraftwerken und dem deutschen Rheintal befände sich ab sofort eine – wenn auch kleine – Pufferzone. Der Schad-Landesvorsitzende Ulrich könnte sein Unwesen dann außerhalb der Partei Bündnis 90/Die Grünen treiben. Und nicht zuletzt würde der gebeutelte Haushalt der Bundesrepublik Deutschland ein wenig entlastet und die Bundes-Kumpels von Schwarz-Gelb können von dem Geld etwas Schönes kaufen.
Da hat man sich wohl vor Lafontaine erschreckt. Hui-Buh! Was für eine selbstbestimmte Politik! Was für eine souveräne Partei, die aus eigener Stärke agiert! Gratulation!
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- taz-Kommentar von Klaus-Peter Klingelschmitt: “Der Reiseführer“.
- Interview mit Dany Cohn-Bendit: “Der Ulrich ist ein Mafioso“
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9. October 2009 | 24 Kommentare | Trackback | Internet ausdrucken
Was mich wundert anlässlich der Verleihung des Friedens-Nobelpreises an Barack Obama sind die vielen Fragen, was ihn denn nun dazu qualifiziere.
Klar wäre es schön gewesen, wenn jemand ausgezeichnet worden wäre, der sich für die Landlosen in Südamerika und Südostasien einsetzt, oder eine Frau, die in Afrika gegen Genitalverstümmelung kämpft.
Gleichwohl hat Barack Obama die Wahl in den USA trotz seiner Politik der internationalen Kooperation – statt Domination – gewonnen und damit schon jetzt eine Menge bewegt. Obama sah sich in den USA großen Anfeindungen für diese Linie ausgesetzt, man beschimpfte diesen Wandel als unpatriotisch, unamerikanisch und als Zeichen der Schwäche.
Auch wenn Obama aktuell mit großen Problemen – innen- und außenpolitisch – zu kämpfen hat, die Schließung von Guantanamo und die Aufklärung der Verbrechen ins Stocken gekommen ist, so ist seine Leistung doch dennoch würdigenswert. Ich bin verwundert, dass viele Menschen so schnell vergessen haben, unter welchen Voraussetzungen er die Wahl gewann und in seine Präsidentschaft startete.
Bildnachweis: we can von Jack – Lizenz: CC-BY-NC-ND
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9. October 2009 | 29 Kommentare | Trackback | Internet ausdrucken
Es ist nicht alles schlecht an Schwarz-Gelb: Immerhin, so ist in der Süddeutschen Zeitung heute zu lesen, ist jetzt die Ampel-Kennzeichnung für Lebensmittel vom Tisch.
Mich freut das, auch wenn Schwarz-Gelb zumindest in Teilen damit wohl als verlängerter Arm der Ernährungs-Industrie wirken mag. Gleichwohl gibt es auch andere Argumente, die Ernährungs-Ampel als Schaumschlägerei abzulehnen.
Erstens empfinde ich die Herangehensweise als tendenziell sozialchauvinistisch. Es wird angeführt, dass man doch auch “für diejenigen, die keinen Hochschulabschluss haben”, eine Hilfe bereitstellen sollte, damit sie sich gesund ernähren können. Hier nur ein Gegenbeispiel: Helmut Kohl.
Zwar kann man feststellen, dass arme Menschen weniger gesund und auch weniger gesund ernährt sind als Akademiker. Doch woran liegt das? Wohl doch auch daran, dass es mit knapp 350 Euro schwierig ist, sich hochwertige Nahrungsmittel zu kaufen.
Zudem kann grundsätzlich bezweifelt werden, dass wir genau wissen, was “gesundes Essen” ist. Alle paar Jahre ändern sich die Empfehlungen der Ernährungsforscher. Was letzte Woche noch als gesund da stand, kann heute schon der nächste Dickmacher sein.
Auch ist fragwürdig, was ein ständiges Nachdenken über die eigene Gesundheit mit einem “Guten Leben” zu tun haben soll. Wer sich stets Schokolade versagt, kann schwerlich glücklich sein. Ins Bundestagswahlprogramm 2005 (PDF) von Bündnis 90/Die Grünen hatten Christoph Lövenich und ich den Passus hineingebracht:
Eine Stigmatisierung von Menschen auf Grund ihrer Essgewohnheiten oder ihres Körpergewichts lehnen wir ab. Gesundheit und Genuss ergänzen sich.
Und zuletzt: Mit “gesund” ist, so meine Beobachtung, im allgemeinen Diskurs eine Ernährung bezeichnet, die verhindert, dass man allzu dick wird. Auch diese Gleichsetzung kann angezweifelt werden.
Sinnvoller als Feigenblatt-Aktionen wie die Ernährungs-Ampel wäre es, Hartz-IV zu erhöhen, damit sich die Menschen auch mal Obst und Gemüse kaufen können. In den Schulen sollte es genug Zeit und Muße für ein gesundes Schulfrühstück geben, man könnte ja auch ein paar Stunden Kochkurs in die Curricula der siebten oder achten Klasse einbauen. Wir sollten überdies zu einer Kultur des “Guten Essens” kommen, wie sie zum Beispiel in Frankreich üblich ist – Geiz ist da nicht geil. Und nicht zuletzt darf eine saftige Industriekritik nicht vergessen werden.
Bildnachweis: mini chocolate cupcakes von chotda – Lizenz: CC-BY-NC-ND
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