zeitrafferin
Julia Seeliger-
29. January 2008 | Ein Kommentar | Trackback | Internet ausdrucken
Ganz interessant, ich bereite mich gerade auf ein Interview vor, dabei habe ich diesen FAZ-Artikel zur aktuellen Lage der Musikindustrie gefunden. Eigentlich interessierte mich, wie viele LobbyistInnen und AnwältInnen die beschäftigen. Interessant aber auch die Fahndungsmethoden – genau das relevante Thema, Spannungsfeld Content-Wirtschaft vs. Bürgerrechte.
Neuerdings betreiben Polizei und Musikindustrie selbst eigene Tauschbörsen-Server, um Kinder und Jugendliche schneller zu ermitteln. Im vergangenen Jahr war ein solcher Server in das eDonkey-Netz eingebunden. Nach Auswertung der Daten fand eine spektakuläre Aktion statt: 130 Hausdurchsuchungen im gesamten Bundesgebiet, zirka 100 Computer und große Mengen Beweismaterial wurden sichergestellt. Federführend hier: Pro Media von Rechtsanwalt Rasch. Der verantwortliche Oberstaatsanwalt Jürgen Krautkremer legt aber Wert auf die Feststellung, dass die Überwachung des Servers von den Ermittlungsbehörden ausgeführt worden sei. Dieses Vorgehen halten andere Staatsanwälte für rechtlich grenzwertig. Gebracht hat die Aktion außer Medienecho wenig, denn die Menge der kopierten Dateien und deren Nutzer hat sich nicht verringert. Vor einigen Wochen mietete die Kriminalpolizei Hürth in Zusammenarbeit mit der „Gesellschaft zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen“ einen Server in den Niederlanden, um als „Agent provocateur“ aufzutreten. Auch das ist rechtlich zweifelhaft.
Und einen Ausblick auf die nicht zu leugnenden gesellschaftlichen Realitäten wagt die FAZ, auf die eigentliche Zukunft von Kultur im Netz und stellt das dem “Kampf gegen die Windmühlen”, den die Content-INdustrie gerade führt, gegenüber
Die CD im Ladengeschäft gilt der jungen Online-Generation als Relikt der Vergangenheit, und „die Plattenfirmen gehen langsam, aber sicher ein“, wie Bela B. von der Rockband „Die Ärzte“ sagt. Damit steht er nicht allein. Stars wie Madonna kehren der Plattenindustrie ganz den Rücken. Prince legt sein neues Album „Planet Earth“ kostenlos einer Zeitung bei, und Gruppen wie Radiohead, Nine Inch Nails und The Charlatans bringen ihre Titel über das Internet unter die Leute – den Preis bestimmt der Käufer selbst. Wie immer kann man auf den gesellschaftlichen Wandel in vielerlei Weise reagieren. Die Zeitungsverlage üben sich in geschmeidiger Anpassung an die neuen Gegebenheiten. Die Musikindustrie ist hingegen der Ansicht, dass ihr allein Justiz und Politik aus der Krise aufhelfen können.
Dazu passend: The Economist – “From major to minor”
Ein Kommentar“In 2007 it became clear that the recorded-music industry is contracting and that it will be a very different beast from what it was in the 20th century,” says Mark Mulligan, an analyst at JupiterResearch. Last year several big-name artists bypassed the record labels altogether. Madonna left Warner Music to strike a deal with Live Nation, a concert promoter, and the Eagles distributed a bestselling album in America without any help from a record label. Radiohead, a British band, deserted EMI to release an album over the internet. These were isolated, unusual deals, by artists whose careers had already brought years of profits to the big music companies. But they made the labels look irrelevant and will no doubt prompt other artists to think about leaving them too.”
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28. January 2008 | 4 Kommentare | Trackback | Internet ausdrucken
“Aftonbladet” (Schweden): “Wie lange will sich die Sozialdemokratie noch in einer Koalition mit den Christdemokraten quälen, wenn es doch eine Mehrheit für eine progressive Politik gibt?”
Und was sagen sie woanders? Eine unterhaltsame Auslandspresseschau zu den gestrigen Landtagswahlen findet sich auf SPIEGEL ONLINE.
Offenbar findet sich auch unter der gut merkbaren URL dradio.de/presseschau eine tägliche Auslandspresseschau. Sehr schön – werde ich mir merken.
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24. January 2008 | Ein Kommentar | Trackback | Internet ausdrucken
Gefunden auf welt.de:
Helsinki (dpa) – Nokia stellt heute in Helsinki seine Bilanz für das abgelaufene Jahr vor. Beobachter erwarten einen Rekordgewinn für den finnischen Handyhersteller, der in Deutschland wegen der geplanten Schließung seines Bochumer Werks in der Kritik steht. Für das gesamte Jahr wird ein Nettogewinn von acht Milliarden Euro erwartet. Konzernchef Olli-Pekka Kallasvuo erklärte vor der Bilanzveröffentlichung, dass Nokia auf der Stilllegung von Bochum bestehe, weil die Produktion in Rumänien deutlich billiger sei.
Da möchte ich nochmal auf die diese Woche gestartete attac-Kampagne zum Thema Nokia hinweisen. Im Mittelpunkt der Kampagne steht eine Stärkung der Rechte von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, sprich eine Demokratisierung der Wirtschaft.
Außerdem will attac – wie auch liberale Stimmen in der Debatte – die derzeitige Subventionspraxis beenden. Darüber hinaus fordert attac allerdings noch europäische Mindeststandards bei Löhnen und bei der Besteuerung von Kapital und Unternehmen, sowie ein Finanzmarktregulierungsgesetz.
Die an mehreren Stellen verwendeten Tiervergleiche – “Raubtierkapitalismus” – kritisierte ich allerdings harsch. Lieber das Hintergrundpapier lesen, das kommt sachlicher rüber.
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24. January 2008 | Comments Off on “Wir brauchen mehr Wettbewerb” | Trackback | Internet ausdrucken
Ist doch schön, wenn man auch mal marktwirtschaftlich argumentieren kann. Gestern wurde ich von Jetzt.de (Jugendportal der Süddeutschen) interviewt, jetzt ist es online.
Aufhänger ist die Kampagne “I wouldn’t steal” der schwedischen Grünen, gemeinsam mit der Europafraktion
Natürlich hat auch die Wirtschaft ein legitimes Interesse, mit Filmen und Musik Geld zu verdienen. Das will die Kampagne aber auch gar nicht verneinen. Vielmehr geht es um die momentane Konstellation auf dem Markt: „Wirtschaftspolitisch argumentiert sind Monopole ja genau das Falsche. Es ist doch nicht marktwirtschaftlich, wenn einige wenige Firmen den Markt kontrollieren und deren Position nicht dadurch gerechtfertigt ist, dass sie die besten Künstler bieten. Marktführer sind sie nur, weil es keinen ausreichenden Wettbewerb gibt und sie durch Lobbyarbeit ihre Position gefestigt haben. Wir brauchen wieder mehr Wettbewerb in diesem Bereich, aber dafür bietet das Internet auch Chancen, zum Beispiel über das Direktmarketing von Bands“, erläutert Julia.
Dezentrale Vermarktung anstatt große Labels.
Zum Weiterlesen
- netzpolitik.org: Zusammenfassung zweiter Korb Urheberrecht
- Mix, Burn and Rip: “Das Ende der Musikindustrie”
- irights.info: Urheberrecht in der digitalen Welt
- Nachhaltig und gerecht: Grüne Marktwirtschaft (PDF)
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