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Urheberrecht: Noch vor der Sommerpause im Bundestag
0Update: Markus hat in seinem Blog eine umfassene Übersicht mit vielen tollen Beiträgen aus den vergangenen Jahren bis heute zusammengestellt. Alles zum Thema Urheberrecht: Filmchen, Audios, und alles weitere, was das Multimedia-Herz begehrt. Klicken und absurfen. Ich mach auch in einem der Filme mit. Ich sag aber nicht, wo.
Der umstrittene “Zweite Korb” des Urheberrechts soll noch vor der Sommerpause im Bundestag abgestimmt werden. Am Dienstag hat die Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen noch mal über das Thema diskutiert. Eigentlich ist die Beschlusslage klar: Im Programm für die laufende Legislatur, also im Bundestagswahlprogramm 2005, sprechen wir uns für eine starke Privatkopie aus.
Es muss weiterhin möglich sein, Musik für private Zwecke zu kopieren oder Filme aus dem Fernsehen aufzunehmen – auch wenn es sich um digitale Medien handelt. Wir wollen eine durchsetzungsstarke digitale Privatkopie im Urheberrecht, die nicht durch Kopierschutzmaßnahmen ausgehebelt werden darf. Moderne Mediennutzungsformen wie Tauschbörsen sind Teil der heutigen Jugendkultur. Einer “Kriminalisierung der Schulhöfe” und einem Auskunftsrecht von Rechteinhabern gegenüber Internet-Providern erteilen wir daher eine klare Absage. Wir setzen uns vielmehr für eine gerechte Balance zwischen den Interessen der VerbraucherInnen und den UrheberInnen und VerwerterInnen kultureller Güter ein.
Es sieht wohl so aus, als wäre die Mehrheit der Fraktion dafür, sich zu enthalten. Und das, obwohl der “Zweite Korb” weder die Forderungen des bündnisgrünen Bundestagswahlprogramms bezüglich einer starken Privatkopie und einer Bagatellklausel erfüllt – das wurde im geplanten Gesetz ausgeklammert und auf die Zukunft, also den “Dritten Korb” bzw den “n-ten Korb” verschoben – noch die Bedürfnisse von Wissenschaft, Forschung und Bibliotheken erfüllt. Zweiteres wurde noch einmal unterstrichen durch ein Mailing des Aktionsbündnisses “Urheberrecht in Bildung und Wissenschaft”, die haben sich noch mal in die Debatte eingemischt und gestern Nacht einen langen Brief vermailt, in dem kurz erklärt wird, warum dieser Gesetzentwurf abzulehnen ist.
Obgleich, soweit das bekannt geworden ist, in letzter Minute offenbar kleinere Zugestaendnisse an Bildung und Wissenschaft gemacht worden sind, sieht das Aktionsbuendnis seine schlimmsten Befuerchtungen dennoch bestaetigt: Mit den gegenueber dem Regierungsentwurf erneuten Einschraenkungen zu Lasten eines freien Umgangs mit Wissen und Information in der Wissenschaft hat die Bundesregierung ihr selbst erklaertes Ziel, naemlich ein “bildungs- und wissenschaftsfreundliches Urheberrecht” zu schaffen, vollstaendig verfehlt.
Die politische Dimension, Rahmenbedingungen fuer eine Informationsgesellschaft zu schaffen, die auch und vor allem bezueglich Bildung und Wissenschaft diesen Namen verdient und die diese in die Lage versetzt, kreativ und auch international kompetitiv zu agieren, blieb weitgehend ausgeklammert.
Außerdem rief das Aktionsbündnis dazu auf, jetzt noch mal den zuständigen Bundestagsabgeordneten (also allen!) zu schreiben. Dazu rufe auch ich auf. Und ich hoffe natürlich, dass es sich die bündnisgrüne Fraktion noch einmal überlegt und mit “Nein” stimmt. Noch besser wäre es natürlich, wenn die Große Koalition das Gesetz nicht loben würde, sondern es wieder einpacken, in den Urlaub fahren, am Südseestrand leisen, aber feinen Klängen hochqualitativer, weil nicht kopiergeschützter Musik lauschen und dabei noch mal über die Zukunft der Wissens-Ökonomie meditieren würde.
Denn ich weigere mich hinzunehmen, dass auf uns (junge Menschen) eine DRM-verschlossene Zukunft wartet, mit minderwertiger Musik, Musik mit Verfallsdatum, Musik, die sich nicht auf allen Geräten abspielen lässt. DRM entmündigt! Die Novellen des Urheberrechts stehen für eine talibaneske, musikfeindliche Zukunft, eine technokratische Zukunft der Kriminalisierung, mit jahrelangen Haftstrafen für diejenigen, die sich einfach nur in Tauschbörsen nach neuem Ohrenschmaus umgeschaut haben.
Ich wünsche mir eine Zukunft, in der MusikerInnen von ihrer Kunst leben können. In der diejenigen, die gute Musik machen, dafür auch gerecht vergütet werden. Und keine Zukunft, in der diejenigen abkassieren, die sich Scharen von AnwältInnen, knallharte Rechtsabteilungen und gewiefte LobbyistInnen leisten können. Die Position, das Recht auf Privatkopie zu erhalten und neue Formen der Vergütung für die digitale Zeit zu entwickeln, ist keine kommunistische, wie so manche in gewissen Kreisen zu witzeln pflegen. Im Gegenteil: Da geht’s um fairen Wettbewerb! Dem läuft die durch ein scharfes Urheberrecht vorangetriebene Monopolisierung von Wissen diametral entgegen. Dieses Gesetz muss man doch einfach ablehnen!
Man muss es ja nicht ganz so undurchdacht wie die Linkspartei tun, die ja jetzt auch zustimmen könnte – die Bagatellklausel ist ja raus.
Luc Jochimsen (MdB aus der Linkspartei-Fraktion): Sollte die Bagatellklausel kommen, “könnten wir auch gleich ‘Ladendiebstahl unter 20 Euro’ legalisieren”.
Zum Weiterlesen: Übersicht zum Thema auf heise.de
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