zeitrafferin
Julia Seeliger-
7. August 2007 | 8 Kommentare | Trackback | Internet ausdrucken
Mit schwerem Herzen habe ich einen Brief an Winne Hermann unterschrieben. Winne hatte am zweiten August in der “Jungle World” die Legalisierungspolitik infrage gestellt und die Vermutung geäußert, man müsse eventuell doch mal wieder für mehr Repression eintreten.
Umso verwunderlicher, dass gerade die Grünen die neue Law-and-Order-Partei sind …
Das mag insofern irritierend sein, weil die Grünen lange Zeit in Sachen Drogen sehr liberal aufgetreten sind und gesagt haben, da bringt das Strafgesetzbuch nichts. Ich persönlich bin aber schon lange nicht mehr dieser Meinung. Ganz früher habe ich das auch mal gedacht, aber ich bin sowohl im Drogenkampf für eine harte Linie als auch beim Doping. Ich halte aber fest: Doping und Drogen sind nicht das Gleiche. Drogen machen die Menschen krank und abhängig, Drogenabhängige sind eher Opfer.
Mein Problem mit dem Zitat sind zwei Aspekte: Zum einen kann man nicht per se die Aussage treffen, dass Drogen die Menschen krank und abhängig machen, zum anderen sollte man es vermeiden, eine harte Linie in der Drogenpolitik zu fordern.
Deswegen haben wir Winne einen Brief geschrieben, der die Unklarheiten zu beseitigen sucht.
Deine pauschale Behauptung, Drogen würden krank und abhängig machen, ist nicht haltbar. Klar ist: Legale wie illegalisierte Drogen können krank und abhängig machen. Jedoch ist für die Mehrheit der DrogengebraucherInnen ein gesundes Leben mit Drogen möglich – die massive Kriminalisierung von KonsumentInnen aber lässt eine verantwortungsvolle Politik in ihrem Sinne nicht zu. Und wenn es erstmal zu Problemen mit Drogen gekommen ist, stellt das Strafgesetzbuch die denkbar schlechteste Hilfe dar. Die mittelalterlich anmutende Dämonisierung des Drogenkonsums kostet vor allem eins: Viel Geld. Größte Nutznießerin der Prohibitions-Ideologie ist “die Mafia”, das organisierte Verbrechen und unterschiedlichste bewaffnete Gruppen in den Drogenanbauländern. Die Dämonisierung und die Repression tragen auf der anderen Seite überhaupt nichts dazu bei, dass Menschen auf eine gesündere Art und Weise Drogen konsumieren oder gar weniger Drogen konsumieren. Europaweite Studien legen vielmehr die Einschätzung nahe, dass die Härte der Repression und die gesetzliche Lage keinerlei Einfluss darauf haben, welcher Prozentsatz der EinwohnerInnen eines Landes Drogen konsumiert.
Warum es mir schwer fiel, diesen Brief zu unterschreiben? Nicht, weil ich ihn inhaltlich nicht teile. Sondern, weil es besser gewesen wäre, mit Winne direkt in den Dialog zu treten, anstatt ihm “einen vor den Koffer zu knallen”. Letztlich habe ich mich aber dafür entschieden, weil ich mir wünsche, dass sich unsere Partei drogenpolitisch weiterentwickelt – und weil es mich ärgert, dass diejenigen, die fundierte Drogenpolitik machen, oftmals belächelt werden, man unterstellt DrogenpolitikerInnen unterschwellig, sie würden sich hauptsächlich wegen der Freude am Drogenkonsum in diesem Politikfeld engagieren.
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Verschlagwortet: drogen, winne hermann