Julia Seeliger
  • Schluss mit Mager

    11
    26. December 2006 | Trackback | Internet ausdrucken
    scissors

    Wie ich eben spiegel online entnommen habe, setzt sich jetzt auch Italien gegen den Schlankheitswahn auf den Laufstegen ein. Zuvor hatten bereits Spanien und Brasilien Schritte unternommen. Ob die Maßnahmen – Mindest-BMI oder wie in Italien ein ärztliches Attest, keine Ess-Störung zu haben – wirken, muss die Zeit zeigen. Ich finde es jedoch richtig, dass sich jetzt auch die Regierungen des Problems annehmen. Vielleicht kann damit ein Mentalitätswechsel auf den Laufstegen unterstützt werden.

    Denn Models sind für viele junge Mädchen (und Jungen) die medialen Vorbilder, Schönheitsikonen. Das Thema Magerwahn war erstmals wieder in die Presse gekommen, als Spanien Mindestgewichte für Laufstegschönheiten festlegte. Der Tod eines brasilianischen Models im November hatte die Diskussion zusätzlich angeheizt. Im vergangenen Sommer waren auch Hollywood-Schönheiten mit Kleidergröße “Zero” in Thema in der Presse, wohl auch wegen der Premiere von “Fluch der Karibik 2” und der mageren Protagonistin Keira Knightley auf den roten Teppichen. Neben den im Text angegebenen Links findet sich auch beim ORF ein gut recherchiertes Dossier zum Thema.

    Grundsätzlich ist zu diesem Thema zu sagen, dass Ernährung erst einmal Privatsache ist. Ich meine aber, dass es notwendig ist, ein Klima zu schaffen, in dem Menschen keinen zu starken Drang zum Dünnsein entwickeln, das tun viele junge Menschen in der Pubertät von ganz alleine – und “versauen” sich damit ihr Essverhalten, oftmals nachhaltig. Deswegen ist es die Aufgabe auch des Staates, aber auch der Medien, dafür zu sorgen, dass eben nicht nur die Mager-Menschen als Vorbilder herhalten.

    Schon mehrfach habe ich in diesem Blog darauf hingewiesen, dass ich es nachteilig finde, wenn Politik ein gesellschaftliches Klima schafft, in dem dicke Menschen stigmatisiert, als “ungesund” bezeichnet werden. Ich meine, dass in den heutigen Zeiten, in denen immer mehr Menschen an Ess-Störungen der oben genannten Art leiden, Politik die Verantwortung hat, ein solches gesellschaftliches Klima nicht noch zu verstärken.


    Einsortiert: uncategorized


  • auch noch zum Thema




11 Responses to “Schluss mit Mager”

  1. Passend dazu: Dove-Videoclip zum Thema Schönheitsideale (schon ein paar Monate im Netz)

  2. Das Thema ist wichtig, Abmagern leider gerade Modetrend.
    Ebenfalls ein Modetrend ist allerdings der Versuch, mit einer so ungeeigneten und überzogenen Maßnahme wie dem Mindest-BMI für Laufstege am Ziel vorbeizuschießen.

    Ein Berufsverbot aufgrund der Körperfigur ist schlicht inakzeptabel und intolerant. Und wird überdies völlig nach hinten los gehen, weil die meisten gewichtsbezogenen Berufsverbote sich auf sog. “Übergewichtige” beziehen, deren Diskriminierung damit letztlich auch legitimiert wird, z.B. bei der Verbeamtung in Deutschland.
    Da nämlich die Anti-Dicken-Politik aus den USA mittlerweile im Rahmen des Gesundheitswahns überall Einzug hält, stark z.B. in England, aber auch in Ansätzen in Deutschland, wird der Tenor sehr bald in die Richtung gehen: Wenn schon gegen Dürre reguliert wird, dann bitte erst recht gegen Dicke.
    Manche, die heute gutwillig und naiv die Laufsteg-Gesetze bejubeln, sind dann in den (nicht ganz so mageren) Hintern gekniffen.

    Zudem hat man nicht durchdacht, dass Catwalks keineswegs die einzigen Arenen zur Präsentation eines irren Magerkeits-‘Ideals’ sind. Konsequenterweise müssten auch SchauspielerInnen und TV-ModeratorInnen der gleichen Maßnahme unterzogen werden, schließlich sind nicht zuletzt Hollywood-Starlets Vorlagen für Teenie-Hungern. Das gilt selbst für Personen ohne konkrete, gesetzlich beeinflussbare berufliche Tätigkeit wie etwa “Partygirls”. Demensprechend müsste eine Art Abbildungsverbot für bestimmte (Frauen)Körper her, und das ginge dann doch zu weit. Denn nicht die Existenz untergewichtiger Personen ist das Problem, sondern das Diätparadigma.

    Wenn man nun aber unbedingt aktionistisch die Laufstege regulieren will, dann bitte nicht durch Berufsverbote für Personen und Skelette unter BMI 18, sondern liberaler und pluralistischer, nämlich durch die Festlegung eines Durchschnitts-BMIs für die einzelnen Modeshows. Dieser könnte sich in der Mitte des sog. “Normalgewichts” befinden, also bei ca. 22. Auf jedes Gerippe käme so statistisch ein molliges Model.
    Das wäre dann so richtig eine Revolution gegen die Lagerfelds mit ihren weggehungerten Gehirnen.

  3. bemerke kurz, hierin nicht mit Christoph übereinzustimmen, es ist durchaus gerechtfertigt, Menschen mit (temporaer) hart an der Grenze zur Gesundheitsschaedlichkeit befindlichem Gewicht deutlich darauf aufmerksam zu machen, dass ‘dem so ist’. Formal trifft es zwar die ‘Schwaechsten’ und man sollte erwaegen, ob man nicht evtl. die Veranstalter haerter als jene sanktionierte, nur ich denke es ist kein Problem, jemanden vor dem freien Fall auf einen BMI 16 zu bewahren. Ein BMI 18 bedeutet, dass ein Mensch mit 1,80 Groesse noch 57 Kilo wiegen kann, ohne formalen Kriterien zu widersprechen, ein ‘Verbot’ bedeutet also individuelle Konsequenzen zu ziehen, bevor die physischen Konsequenzen dies vorwegnehmen, es geht auch darum eine ‘Bewusstheit’ zu entwickeln, ein festgelegter Durchschnitts-BMI schuetzt am Ende niemanden vor dem Zusammenbruch seines Immunsystems, Nierenversagen etc., aus medizinischer Sicht ist also bei einem BMI von

  4. (Moment da blieb etwas auf der Strecke)

    ..aus medizinischer Sicht ist also bei einem BMI von

  5. ok, jetzt verstand ich, Julia, dein CSS-weiss-ich-nicht-was-Skript vertraegt keine ‘kleiner gleich’-Zeichen (bzw. interpretiert sie als korruptes HTML-tag), also noch einmal im Klartext:

    ..aus medizinischer Sicht ist also bei einem BMI ‘kleiner gleich’ 17 durchaus etwas zu tun.

    Ich bemerke weiterhin, dass das Magerkeitsideal weitgehend nur fuer Frauen gilt, auch in der Modebranche (auch wenn Lagerfeld dies inzw. anders interpretiert), Magerkeit ist eine Art Fortsetzung des Objektideals fuer die Frau, das ‘schwache’, kindliche Charakteristika aufweisende Objekt, es ist also zu undifferenziert zu sagen, weibliche Magerkeit sei das Gegenteil der McDonalds-Welt, im Gegenteil ist das maennliche Gegenstueck zum BMI 17 Model durchaus nicht ganz selten der Mensch aus der all-you-can-eat-Fraktion. Was allerdings im Kontext etwas nervt, dass die Gegenbewegung zum mageren Model wiederum auf die ‘weiblich-.gerundete’ (i.e. gebaerfaehige) Frau konvergiert, warum nicht stattdessen die durchtrainierte Frau, die androgyne Frau, die ‘intellektuelle’ Frau, die ‘mein Gott ihr seid mir hier alle zu stereotyp’-Frau.

  6. ..verweise an dieser Stelle auf jene Seite, die als ‘anorektisches Grenzgewicht’ einen BMI von 17,5 angibt, ungefaehr exakt der hier diskutierte Wert, ich denke man schiesst hier also nicht übers Ziel hinaus.

  7. > bemerke kurz, hierin nicht mit Christoph übereinzustimmen, es ist durchaus gerechtfertigt, Menschen mit (temporaer) hart an der Grenze zur Gesundheitsschaedlichkeit befindlichem Gewicht deutlich darauf aufmerksam zu machen, dass ‘dem so ist’.

    Aber doch nicht durch ein Berufsverbot. Dann müsste man Boxen ganz verbieten, weil es zu Verletzung und möglichen Langzeitschäden führt.

    > ..aus medizinischer Sicht ist also bei einem BMI ‘kleiner gleich’ 17 durchaus etwas zu tun.

    Leider wird auch “medizinisch” gegen BMIs höher als 25 argumentiert, deshalb überzeugt mich das nicht.
    Klar ist jedenfalls, dass Magersucht bzw. ein sehr niedriger BMI in kurzer Zeit zum Tode führen kann.

    Ansonsten gehe ich soweit d’accord mit den Anmerkungen von Adreas K.

  8. ..bemerke noch kurz, dass die evidente Nicht-Gemeinsamkeit von Modemagerkeit und etwa Boxen (nicht dass mir dies nicht supekt waere) die ist, dass ein gewisser Grad von Abmagerung unter gewissen Umstaenden (i.e. dem momentanen Trend der Modeszene) implizit von der Szene ‘gefordert’ wird, sie (die Magerkeit) ist nicht nur Korrelat sondern zumindest in Teilen konstituierendes Element, d.h. Frauen werden zu geseundheitsschaedlichem (und aus frauenrechtlicher und jedweder Sicht sehr fragwuerdigem) Verhalten implizit gezwungen. Ich waere auch fuer Gewichtsobergrenzen bei etwa Sumo-Ringern, wo es aehnliche Aesthetikideale mit umgekehrtem Vorzeichen gibt (mit enspechenden individuellen Folgen).
    Ich kann also nicht sehen, dass es sich um ein Berufsverbot handelt und was dies mit Diskriminierung von Übergewichtigen in anderen Berufssparten zu tun haette, es geht darum implizite, sehr fragwuerdige gesellschaftliche Zwaenge durch gewisse medizinische bzw. gesetzliche Rahmen zu mildern, fuer jedes Model ist es zudem (sofern es kein ausgepraegtes Krankheitsbild der Anorexie gibt), ein leichtes, einen BMI von ~18 zu erreichen. Der Aufschrei in der Modewelt kam uebrigens bezeichnenderweise nach jener Verfuegung nicht von den Models, sondern von der Industrie, sie formulierte: ‘man duerfe dem Designern nicht in ihre Aesthetik pfuschen’, Frauen als Variable von Männerphantasien.

  9. > bemerke noch kurz, dass die evidente Nicht-Gemeinsamkeit von Modemagerkeit und etwa Boxen (nicht dass mir dies nicht supekt waere) die ist, dass ein gewisser Grad von Abmagerung unter gewissen Umstaenden (i.e. dem momentanen Trend der Modeszene) implizit von der Szene ‘gefordert’ wird,

    Und beim Boxen wird gefordert, dass man Verletzungen risikiert. So war die Parallele gemeint.

    > Ich waere auch fuer Gewichtsobergrenzen bei etwa Sumo-Ringern, wo es aehnliche Aesthetikideale mit umgekehrtem Vorzeichen gibt (mit enspechenden individuellen Folgen).

    Ästhetikidealen kann man nicht sinnvollerweise mit Verboten begegnen.

    > Ich kann also nicht sehen, dass es sich um ein Berufsverbot handelt und was dies mit Diskriminierung von Übergewichtigen in anderen Berufssparten zu tun haette,

    In beiden Fällen werden Menschen nicht mit ihrem derzeitigen Gewicht akzeptiert, sondern deshalb diskriminiert.

    > fuer jedes Model ist es zudem (sofern es kein ausgepraegtes Krankheitsbild der Anorexie gibt), ein leichtes, einen BMI von ~18 zu erreichen.

    Das kann nicht das Argument sein, denn man verlangt von den Menschen, dass sie ihren Lebenswandel ändern.

    Und das lenkt davon ab, dass es eigentlich darum gehen sollte, den Druck auf den BMI aufzuheben. Das Problem besteht eben nicht darin, dass einige Menschen mager sind, sondern darin, dass Menschen sich zum Abnehmen gezwungen fühlen. Egal, bei welchem BMI sie dann landen.

  10. “Und das lenkt davon ab, dass es eigentlich darum gehen sollte, den Druck auf den BMI aufzuheben. Das Problem besteht eben nicht darin, dass einige Menschen mager sind, sondern darin, dass Menschen sich zum Abnehmen gezwungen fühlen. Egal, bei welchem BMI sie dann landen.”

    ‘eben’, das Verbot trifft auch nicht diejenigen die ‘mager sind’, zumindest ist es nicht so gemeint, sondern diejenigen, die sich unter dem Druck der Modeindustrie zu infantilen Moechtegernelfen hinabhungern., evtl. koennte man den ‘erlaubten’ BMI hierzu noch etwas senken, niemand wird mit BMI 16 geboren, Schwachsinn, ich selbst hatte vor zehn Jahren ein schweres Autoimmunsysndrom, das dazu fuehrte, dass ich auf BMI 18 abmagerte, ich stand damals kurz vor dem Tod, ein befreundetes (und damals in fanatischer Abmagerung befindliches) maennliches ‘Topmodel’ hatte mich GLEICHZEITIG tatsaechlich eingeladen, in Mailand mitzulaufen, ich versuchte ihn darauf hinzuweisen, dass ich zu schwach war um mehr als hundert Meter zu laufen.

    Christoph, eine Frage, deine Argumentation auch in der Drogenfrage ist hochgradig liberalistisch und antisozial, ich hoffe du kommst eher aus der FDP-Ecke, sonst muesste ich schon wieder an den Gruenen zweifeln, Ein sozialer Staat muss sich, im Zweifelsfalle auch durch Verbote, dafuer interessieren koennen, ‘Menschen vor Menschen’ oder im Zweifel vor sich selbst zu schuetzen, ich bin GEGEN eine Freigabe etwa von Zyankali zum Selbstmord, waere ein ‘humaner&schmerzfreier’ Todescocktail frei erhältlich, waere ich schon lange tot, kein Scherz.

  11. > Christoph, eine Frage, deine Argumentation auch in der Drogenfrage ist hochgradig liberalistisch und antisozial, ich hoffe du kommst eher aus der FDP-Ecke, sonst muesste ich schon wieder an den Gruenen zweifeln,

    Ich bin libertärer Grüner und lasse mich nicht in die FDP-Ecke abdrängen.

    > Ein sozialer Staat muss sich, im Zweifelsfalle auch durch Verbote, dafuer interessieren koennen, ‘Menschen vor Menschen’ oder im Zweifel vor sich selbst zu schuetzen,

    Auf den Schutz von Menschen vor Menschen kann ein sozialer Staat in der Tat nicht verzichten. Was aber “sozial” daran sein soll, den Menschen “vor sich selbst zu schützen”, also vor seiner Freiheit, vermag ich nicht einzusehen. Das ist Bevormundung. Der Schutz vor Menschen muss immer auch ein Schutz vor dem Staat sein, der dem Individuum seine Entscheidungsfreiheit abnehmen will.

    > ch bin GEGEN eine Freigabe etwa von Zyankali zum Selbstmord,

    Ich bin für die Selbstbestimmung des Menschen über sein Leben und seinen Tod. So kann auch viel Leiden Sterbender vermieden werden, und das ist sozial.

    > waere ein ‘humaner&schmerzfreier’ Todescocktail frei erhältlich, waere ich schon lange tot, kein Scherz.

    Das ist deine Sache, das geht mich nichts an. Wenn du lieber sterben möchtest, als in diesem Weblog zu schreiben, bleibt dir das völlig unbenommen.

    In der Sachfrage, die Tendenz zu “infantilen Möchtegernelfen” zu kritisieren, sind wir uns völlig einig. Ich halte nur aus diversen dargelegten Gründen den Mindest-BMI für Laufstege für ein ungeeignetes Instrument. Einerseits übermäßig, andererseits viel zu kurz gegriffen.