zeitrafferin
Julia Seeliger-
13. August 2007 | 6 Kommentare | Trackback | Internet ausdrucken
Ich bin ja ganz froh, dass die Jamaika-Träume in Berlin erstmal in weitere Ferne gerückt sind. Barbara Oesterheld, Landesvorsitzende der Bündnisgrünen in Berlin, hatte vergangene Woche bemerkt, sie “habe den Kuschelkurs von Schwarz-Grün ohnehin für absurd gehalten”.
Jetzt meldet sich die Berliner FDP in Person ihres Fraktionsvorsitzenden Lindner zu Wort.
“Ich erwarte von den Grünen nicht, dass sie ihre Gesinnung über Bord werfen. Sie sollen keine FDP oder CDU werden. Aber sie müssen sich überlegen, ob sie die dritte Linksaußenpartei sind oder ob sie sich in der Mitte positionieren wollen. Die Entscheidung darüber müssen die Grünen innerhalb der nächsten anderthalb Jahre treffen.”
Klar, drei Linksaußenparteien. Ideologischer geht’s wohl nicht. Wann kommt der Stalinismus-Vorwurf?
Eigentlich hatte ich bei der FDP mehr Grips erwartet als bei der Berliner CDU, die – so wie mir sogar befreundete CDU-Kollegen aus dem Rheinland im Geheimen steckten – “ganz unmöglich”, ja sogar “unterirdisch” sein soll.
Mir ist nicht ganz klar, warum sich die Grünen jetzt, innerhalb der nächsten 1 1/2 Jahre, für eine mögliche Regierungskoalition entscheiden müssen. Wenn es an den Wahlkampf geht, wird ein Wahlprogramm gemacht, das demokratisch von der LDK beschlossen wird. Dann wird Wahlkampf gemacht – und nach der Wahl wird mit möglichen Koalitionspartnern verhandelt.
Da kann auch die FDP mit dabei sein. Die aber möchte offensichtlich unbedingt wieder regieren – und nicht Opposition gegen eine “Große Koalition” machen.
“Je wackliger der Kurs der Grünen ist, desto stärker werden innerhalb der CDU die Kräfte werden, die auf eine Neuauflage der großen Koalition setzen und ein Jamaika-Bündnis ablehnen. Pflüger hat in dieser Frage schon jetzt kräftigen internen Gegenwind. Da gibt es viele Funktionäre, die raten Pflüger, auf die SPD in der Ära nach Wowereit zu setzen und nicht auf die unberechenbaren Grünen zu schielen.”
Linder hat das Problem erkannt: Die Berliner CDU kann erstmal jamaikanisch antäuschen und dann doch Juniorpartnerin in einer “Großen Koalition” werden. Genau deswegen bin ich, was diese von den Medien hochgeschriebene Koalition betrifft, auch sehr skeptisch. Zum Glück ist diese Konstellation auch schon wieder out – sogar Franz Walter, der auf Spiegel-Online monatelang mit den “Träumen von Jamaika” nervte, ist jetzt wieder ein bisschen davon ab.
Bündelt man die Resultate dieser Verortungen, so existieren in der Bundesrepublik in der Tat zwei Lager: Eindeutig mehr rechts siedeln sich die Anhänger von CDU/CSU und FDP an; im Vergleich dazu stärker links sehen sich hingegen die Wähler der SPD, Grünen und der Linken. Der Abstand des SPD-Elektorats zur Unions-Wählerschaft ist dabei signifikant größer als zu den Sympathisanten der Linken des Herrn Lafontaine.
Das liegt bestimmt auch an der letztwöchentlichen ZEIT-Umfrage.
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12. August 2007 | 12 Kommentare | Trackback | Internet ausdrucken
Nicht ganz nachvollziehen kann ich die jüngsten Bemerkungen meines eigentlich sonst geschätzten Kollegen Omid Nouripour: Omid verteidigte die Entscheidung der “Bravo”, Bushido zum Anti-Gewalt-Botschafter zu machen. In einem Tagesspiegel-Kommentar warnte Omid vor “blinder Zensur”. “Wenn wir unsere CD-Regale aufgeräumt haben, kommen dann die Filme dran? Danach die Bücher? Michelangelo Antonionis ‚Zabriskie Point’ ist natürlich auch ein Aufruf zur Gewalt, Charles Bukowskis Lebenswerk frauenfeindlich, die vierte Staffel der Fernsehserie ‚24’ kann als Hetze gegen die Minderheit der Muslime in den USA verstanden werden. Wollen wir das alles verbieten? Wo ist die Grenze zwischen der Freiheit der Kunst und Hetze?”
Das kann ich genau sagen: Bei Texten wie „Berlin wird wieder hart, denn wir verkloppen jede Schwuchtel.“ oder “Guck mir zu, wie ich jeden deiner Homies erschieß” ist die Grenze für mich schon erreicht. Und die Textzeile „Ihr Tunten werdet vergast“, die erst auf öffentlichen Druck hin von seinem damaligen Label „Universal“ nicht veröffentlicht wurde, ist eindeutig jenseits jeglicher vorstellbaren Grauzone. Ideologisches Räsionieren über Zensur und Kunstfreiheit ist in diesem konkreten Fall völlig fehl am Platz. Ein solcher Typ kann nicht Anti-Gewalt-Botschafter sein – das ist ja wohl glasklar!
Hintergrund
:- Popanz Bushido – Omids Kommentar im Tagesspiegel
- Kritische Berichterstattung zu Omids Tagesspiegel-Kommentar auf queer.de
- Presseerklärung von Thomas Birk, lesben- und schwulenpolitischer Sprecher der bündnisgrünen Abgeordnetenhausfraktion
- Bushidos Welt – Kommentar von Volker Beck im Tagesspiegel
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12. August 2007 | 10 Kommentare | Trackback | Internet ausdrucken
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11. August 2007 | Comments Off on Super Sache: Tramptour der GRÜNEN JUGEND | Trackback | Internet ausdrucken
Aktuell trampen AktivistInnen der GRÜNEN JUGEND quer durch die Bundesrepublik.
Auf der Sommerakademie hat sich das Team mit einem Tramp-Workshop vorbereitet – der erfahrene Tramper Karl Bär hatte in Rollenspielen mit den Tramp-Neulingen häufig vorkommende Situationen eingeübt.
Jetzt sind die TramperInnen schon ein paar Tage unterwegs und haben schon viele tolle Aktionen gemacht – unter anderem eine Aktion gegen die Versalzung der Werra. Die Firma K&S plant in den nahegelegenen Fluss Werra die Abfallprodukte vom Kalisalzabbau mit einer 60 Kilometer langen Pipeline einzuleiten. Die hessische Landesregierung argumentiert mit neuen Arbeitsplätzen, und hat ihre Erlaubnis für den Bau und die Einleitung in Hessen erteilt. Die Werra fließt nach der Einleitung nach Thüringen, wo die gestiegene Salzkonzentration droht die sich von früheren Umweltsünden erholende Flussvegetation erneut zu zerstören.
Am Mittwoch ging’s dann ins Eichsfeld.
Endlich angekommen im katholisch-konservativen und CDU-regierten Heiligenstadt, treffen wir Thomas von der dortigen GJ, die sich im Juli gegründet hat. Sein Plan: Heiligenstadts ersten Christopher Street Day zu veranstalten. Drei Stunden später haben wir rote Herzen, ein Banner, Flugblätter und passende Kostümierungen für alle gebastelt. Nachdem wir uns genug über Julius, Karls und Stephans neues Outfit gefreut haben, gehen wir ausgestattet mit Pfeifchen, Trommel, Ratsche und lauter Technomusik los. Vorm Rathaus vollziehen wir noch kurz eine symbolische gleichgeschlechtliche Trauung, um dann weiter tanzend durch die Fußgängerzone zu ziehen. Innerhalb kurzer Zeit hat Thomas alle Flyer verteilt und muss Flyer nachdrucken: Die Heiligenstädter sind eindeutig verblüfft und interessiert an unserer Aktion. Jugendliche verfolgen uns um uns mit ihrem Handy zu filmen …
Wo die TramperInnen morgen sind, kann ich nicht sagen. Es empfiehlt sich aber, regelmäßig ins Blog der Grünen Jugend zu klicken – dort finden sich schon jetzt viele Berichte über die Tramptour. Mal sehen, wo es sie morgen hingetrieben hat … Ich bin gespannt!
Update: Jetzt waren sie in Vechta, einer tiefschwarzen, katholischen Stadt in Nordwestniedersachsen. Ich blogge einfach mal kommentarlos das Bild von der Aktion in Vechta.
Trampen ist eine umweltfreundliche, kostengünstige und kommunikative Art des Reisens. Mehr Infos dazu finden sich bei der “Deutschen Autostopp Gesellschaft“, die Karl, der Organisator der Tramptour, mitgegründet hat.
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