Julia Seeliger



12 Responses to “Dossier: Dem Leben Schönes schenken”

  1. Hmm, ich weiss nicht, aber diese ganze Anti-Monogamie-Geschichte ist nur bescheuert. Jeder soll seine Beziehung(en) so leben wie er will; hauptsache, alle involvierten Parteien sind mit der Situation zufrieden.

    Was mich an dieser ganze Diskussion ziemlich stört diese Ablehnung von konformistischen (wird mit schlecht gleichgesetzt) und der Huldigung des anderen, des hedonistischen, wie auch immer ihr es nennen wollt. Ich lebe in einem romantischen Beziehungsmodell und bin verheiratet. Macht mich das zu einem schlechteren Menschen? Meine Frau und ich sind beide glücklich damit, wir teilen uns unsere Aufgaben (Arbeit, Haushalt, usw) gerecht auf

    “Monogamie ist keine Lösung”, sowas beklopptes habe ich selten gehört. Viele Leute fühlen sich in einem monogamen Leben wohl, warum soll man ihren Lebensstil plötzlich in Frage stellen? Es ist eine Sache, für alternative Lebensmodelle zu werben, aber ein ganz andere Sache, andere Lebensmodelle, die vielleicht konservativer sein mögen, zu kritisieren und als schlecht darzustellen.

    Jeder soll sein Leben so führen, wie es ihm gefällt. Und wenn man ein bisschen tolerant ist, dann motzt man auch nicht an anderen Beziehungen rum, egal wie konformistisch oder andersartig sie sein mögen.

  2. Nein, das macht dich nicht zu einem schlechten Menschen. Auch wenn ich solche Modelle eingehe, macht mich das auch nicht zu einem schlechten Menschen.

    Aber das Steuer- und zB auch das Sorgerecht bevorzugen nun mal die Verheirateten, was nicht richtig ist.

  3. Klar macht es ne Menge Spass sich quer durch die Welt zu voegeln. Das ist aber nichts neues. Und – man glaubt es kaum – es kann auch ne Menge Spass machen, lange Zeit mit ein und derselben Person sein Leben zu teilen. Man muss das allerdings selbst wollen und nicht nur teilen, “weil es so ueblich ist” etc ..

    Als juengerer Mensch war ich fest davon ueberzeugt, dass ich niemals heraten, ja nicht einmal eine feste Beziehung eingehen wuerde. Inzwischen lebe ich seit 28 Jahren mit der gleichen Frau zusammen, davon 19 Jahre im sog. “heiligen Stand der Ehe”, Die Eheschliessung war eine reine Formalie, die nur wegen anstehenden Nachwuchses und der damals rechtlich problematischen Situation fuer unverheiratete Vaeter nach reiflicher Ueberlegung, quasi im Voruebergehen, einen Monat vor der Entbindung vollzogen wurde, obwohl wir ihn hinsichtlich unserer Beziehung eigentlich entbehrlich fanden.

    Dem tollen Artikel zufolge haben wir vermutlich “vor den Konventionen kapituliert” – was ich allerdings nicht einsehen mag. Aus meiner Sicht habe ich (was die dauer der Beziehung, nichtz die Rechtsform angeht) wenn, dann vor dem anderen Menschen “kapituliert”. Alles was haette folgenn koennen, waere vermutlich nur ein lasches Remake mit schlechterer Besetzung gewesen. Dem liegen Vorgaenge und Erlebnisse zugrunde, die sich nicht allgemein theoretisch abhandeln lassen. Klar habe ich auch spaeter noch viele liebenswerte Menschen getroffen und manchen auch gesagt, dass ich sie liebenswert finde – was um so leichter faellt, wenn man es nicht ergebnisfixiert ausspricht, und eine evtl. nicht gegebene Gegenseitigkeit dann womoeglich als Niederlage auffasst. Wenn man nichts will, sondern zu geben gelernt hat ohne sich aufzugeben, dann gibt sichs eben leichter.

    Uebrigens ist Eifersucht auch nicht dumm, genausowenig wie es dumm ist sich zu verlieben oder es dumm waere ueberhaupt zu lieben. Dumm kann nur der Umgang mit Gefuehlen (auch den Gefuehlen anderer) sein, niemals aber ein Gefuehl selbst.

  4. Das sind jetzt zwei Artikel, die eher auf die “Freie Liebe”Komponente des Themas eingehen, ihr habt recht, und langsam hängt es mir gelinde gesagt auch zum Halse heraus (weil sich die öffentliche Wahrnehmung dieser These auch auf mein Privatleben und die Wahrnehmung meiner Person niederschlägt, was mich sehr nervt)

    Jedoch ist dennoch zu konstatieren, dass zwischenmenschliche Solidarität bzw verantwortliche Beziehungen in einer Gesellschaft, in der es immer mehr Singles und Geschiedene gibt, auch anders institutionalisiert werden muss als nur in der Zweierbezeihung. Da müssen endlich Modelle entwickelt werden, Ideen, denn sonst steuern wir auf eine ganz unsolidarische Zukunft zu, in der viele Menschen allein gelassen werden (ob jetzt in Altenheimen oder als Singles).

    Ich weiss, dass das alles sehr wolkig ist, aber es gibt zu wenige Ideen in dem Bereich und dennoch sehen wir die Realitäten mit immer mehr Singles und immer mehr Scheidungen und ich weigere mich, als einzige Antwort auf diese Entwicklung die Rückbesinnung auf so genannte “klassische Familienbilder” zu akzeptieren.

  5. Hmm, ob die Lobpreisung von sexuellem Hedonismus unsere Solidaritätsprobleme löst, wage ich zu bezweifeln. Ehrlicher gesagt, gibt es hierzu vielleicht etwas “intelligentere” Ansätze, oder etwa nicht? Zumindest statistisch bist Du ebenfalls im Unrecht, denn in den letzten Jahren ist die Scheidungsrate nicht weiter angestiegen. Vielleicht ist es ja die Trendwende?

    Solange es eine Mehrheit in der Bevölkerung gibt, die die Ehe als etwa erstrebenswertes betrachten, sehe ich keinen Grund, die Institution der Ehe zu schwächen. Vielmehr wurde ja schon einiges getan, um die Rechte nichtehelicher Partnerschaften zu stärken. Diese kann man von mir aus gerne weiter ausbauen.

    Die Menschen werden selber bestimmen, wie sie in der Zukunft Famiilie, Partnerschaft und Gemeinschaft definiert. Aber dies ist ein gesellschaftlicher Prozess, und es gibt keinerlei Gründe, dass die Politik dem irgendwie vorgreift. Die heutigen sozialen Probleme haben der Thematik Ehe/Scheidung/Single usw. nicht viel zu tun.

  6. Soeben die Jungle World gekauft, weil es am Bildschirm blöde zu lesen ist. Rückmeldung dann nach Lesen des ganzen Textes, nicht nur der Auszüge von hier.

  7. @Julia,
    absolut Deiner Meinung! So kann man es echt stehenlassen! Alles vorherige klang ein wenig nach “Revolution gegen die Mehrheit” Ziel sollte es nicht sein, irgendein Lebensmodell als überlegen darzustellen. Vielmehr sollten wir reale Möglichkeiten schaffen, durch die alle Menschen mit ihrem Lebensmodell glücklich werden können. Und auch dies klingt leider alles etwas wolkig, aber so isses nun mal

  8. nun ja – ich denke auch, dass man beim Streben nach neuen Lebensformen nicht vergessen darf, dass viele Leute mit dem “klassischen Familienmodell” zufrieden leben. die Diskussion darf nicht dahingehend abgleiten, dass sich die Befürworter der verschiedenen Lebensideale beschimpfen, als “veraltet” oder “unmoralisch” ansehen.

    ich finde auch, dass Monogamie keine Lösung ist – für mich, für meine Freundin, für uns. aber Monogamie ist sehr wohl eine Lösung und wer diese Lösung für sich als gut und passend empfindet, dem möge es hoffentlich gut damit ergehen. es geht doch nicht darum alte Modelle abzulösen, sondern dem Leben neue Möglichkeiten hinzuzufügen bzw. diesen anderen Modellen die gleichen Rechte zu verschaffen, wie sie das “klassische Familienbild” schon hat.

    und ja – es muss viel mehr über Liebe, Beziehungen und Sexualität gesprochen werden. zwar sind die Themen gegenwärtig – aber eher als Aufhänger oder Schlagzeile denn als Inhalt.

  9. Alles ist gut und gleichzeitig schlecht. Und weil sich vieles widerspricht, wird man nie alles unter einen Hut kriegen. Es ist natürlich alles eine Frage des jeweiligen Wertekatalogs. Für die einen ist ‘Sollense doch alle machen was sie wollen’ maßgeblich, für die anderen ist genau das verwerflich. Manchmal zermürbt mich die Sinnlosigkeit aller Versuche Dinge in ihrer Gesamtheit zu erfassen und zu bewerten. Vielleicht werd ich mal Nihilist wenn ich groß bin.

  10. absolut Deiner Meinung! So kann man es echt stehenlassen! Alles vorherige klang ein wenig nach “Revolution gegen die Mehrheit” Ziel sollte es nicht sein, irgendein Lebensmodell als überlegen darzustellen. Vielmehr sollten wir reale Möglichkeiten schaffen, durch die alle Menschen mit ihrem Lebensmodell glücklich werden können. Und auch dies klingt leider alles etwas wolkig, aber so isses nun mal

    na, wie fein, dann sind wir beide uns ja einig 🙂

  11. “Monogamie ist keine Lösung” wird ja gerne missverstanden, allerdings kann man da eine gewisse Bedeutungsvielfalt in Kauf nehmen.
    Auf die einschlägigen T-Shirts (danke, Julia) habe ich nur positive Reaktionen bekommen. Allerdings hatten wir ja keinen Sommer (s. anderer Eintrag) und so konnte ich sie leider nur selten tragen.

    Außerdem sind Ehe und Monogamie zwei völlig verschiedene Paar Schuhe.

    Ferner zitiere ich Oscar Wilde:
    “Bigamy is having one wife too many. Monogamy is the same.”

  12. hab in den weiten des web2.0 auch was pro monogamie gefunden: http://www.readers-edition.de/2007/09/05/vom-rueckzug-ins-private-oder-was-zerdepperte-teller-mit-gutem-sex-zu-tun-haben/
    finde weder die begründungen der jungle world, die eine irgendwie doch eine fast ausgestorbene politische schlagwort-argumentation aufnehmen und selbst teil einer verblebendung sind, noch diese biedermeier-begründungen des readers-edition-artikels sinnvoll. glaube aber, dass die revolution gegen irgendein deckedrüberlichtaus längst gelungen ist und man in dem bereich keine schattenkäpfe kämpfen sollte, gerade “linke” sollten eigentlich erkennen, dass sex einer der wenigen werte ist, den man noch davor retten kann, auch zum konsumgut zu werden. aber bin was das angeht auch sehr konservativ… wobei ich auch respekt habe, dass du das thema so in der öffentlichkeit besprichst, obwohl es komische blicke auf dein privatleben nach sich zieht, in dem punkt ist deine kampagne sinnvoll.